Eine Höflichkeit ist der andern werth. Der HerrCriticus Incognito hat, in seinem Tempel des guten Geschmacks, einiger mei- ner Gönner und Freunde Erwehnung gethan. Zum schuldigen Gratial dafür verehre ich ihm, als ein bescheiden Essen, folgende vier und zwanzig Couverts, oder verdeckte Schau-Ge- richte. Er hat darunter das Auslesen, wel- ches am besten nach seinem Geschmacke seyn mögte. Weil ich aber, meiner Profeßion nach, ein Koch bin: So ist es wider meine Gewohn- heit, lange Vorreden zu machen; sondern ich trage meine Tractamenten flugs auf. Wer Belieben hat, kann anbeissen; wer keinen Ap- petit hat, kann es stehen lassen: es verdirbt nicht, und kömmt nicht um! Vom Hause, den 17ten Junius, 1743.
Hans Carl Gutschmecker, Mund-Koch E. Löbl. Froschmäus- ler-Gesellschaft zu Liebenseeburg.
Erstes
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Ganz kleine Vorrede.
Jhr Freunde vom guten Geſchmacke!
Eine Hoͤflichkeit iſt der andern werth. Der HerrCriticus Incognito hat, in ſeinem Tempel des guten Geſchmacks, einiger mei- ner Goͤnner und Freunde Erwehnung gethan. Zum ſchuldigen Gratial dafuͤr verehre ich ihm, als ein beſcheiden Eſſen, folgende vier und zwanzig Couverts, oder verdeckte Schau-Ge- richte. Er hat darunter das Ausleſen, wel- ches am beſten nach ſeinem Geſchmacke ſeyn moͤgte. Weil ich aber, meiner Profeßion nach, ein Koch bin: So iſt es wider meine Gewohn- heit, lange Vorreden zu machen; ſondern ich trage meine Tractamenten flugs auf. Wer Belieben hat, kann anbeiſſen; wer keinen Ap- petit hat, kann es ſtehen laſſen: es verdirbt nicht, und koͤmmt nicht um! Vom Hauſe, den 17ten Junius, 1743.
Hans Carl Gutſchmecker, Mund-Koch E. Loͤbl. Froſchmaͤus- ler-Geſellſchaft zu Liebenſeeburg.
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Ganz kleine Vorrede.
Jhr Freunde vom guten Geſchmacke!
Eine Hoͤflichkeit iſt der andern werth. Der
Herr Criticus Incognito hat, in ſeinem
Tempel des guten Geſchmacks, einiger mei-
ner Goͤnner und Freunde Erwehnung gethan.
Zum ſchuldigen Gratial dafuͤr verehre ich ihm,
als ein beſcheiden Eſſen, folgende vier und
zwanzig Couverts, oder verdeckte Schau-Ge-
richte. Er hat darunter das Ausleſen, wel-
ches am beſten nach ſeinem Geſchmacke ſeyn
moͤgte. Weil ich aber, meiner Profeßion nach,
ein Koch bin: So iſt es wider meine Gewohn-
heit, lange Vorreden zu machen; ſondern ich
trage meine Tractamenten flugs auf. Wer
Belieben hat, kann anbeiſſen; wer keinen Ap-
petit hat, kann es ſtehen laſſen: es verdirbt
nicht, und koͤmmt nicht um! Vom Hauſe,
den 17ten Junius, 1743.
Hans Carl Gutſchmecker,
Mund-Koch E. Loͤbl. Froſchmaͤus-
ler-Geſellſchaft zu Liebenſeeburg.
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Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/267>, abgerufen am 03.03.2025.
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