Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.Dreyßig Fragestücke und den Geschmack der Leser lüstern machenwird. 12. Frage. Jst dem Herrn Candidaten bewußt, was ein Oden-Genus sey; und wie will er solches unsern Froschmäuslerinnen beybringen? Antwort. Jch will zu ihnen sagen: Es sey eine Abwech- So ist- dein Her-ze fel-senhart, Du Aus-bund al-ler un-srer Schö-nen! Willst du- denn mei-ne Lie-be höh-nen: Jch hat-te dir- mein Herz- gespart. Doch ists- dein Ernst- es zu- verschmä-hen: So sa-ge mirs- nur rund- heraus: So will- ich zu- der Nach-barn ge-hen, Und nen-ne dich- ein Schel-len-Tauß. 13. Frage. Die andern Poeten aber reden nur von männ- lichen und weiblichen Reimen; ist das nicht abgeschmackt geredet? Antwort. Was wir einen einsylbigten Reim nennen, muß
Dreyßig Frageſtuͤcke und den Geſchmack der Leſer luͤſtern machenwird. 12. Frage. Jſt dem Herrn Candidaten bewußt, was ein Oden-Genus ſey; und wie will er ſolches unſern Froſchmaͤuslerinnen beybringen? Antwort. Jch will zu ihnen ſagen: Es ſey eine Abwech- So iſt- dein Her-ze fel-ſenhart, Du Aus-bund al-ler un-ſrer Schoͤ-nen! Willſt du- denn mei-ne Lie-be hoͤh-nen: Jch hat-te dir- mein Herz- geſpart. Doch iſts- dein Ernſt- es zu- verſchmaͤ-hen: So ſa-ge mirs- nur rund- heraus: So will- ich zu- der Nach-barn ge-hen, Und nen-ne dich- ein Schel-len-Tauß. 13. Frage. Die andern Poeten aber reden nur von maͤnn- lichen und weiblichen Reimen; iſt das nicht abgeſchmackt geredet? Antwort. Was wir einen einſylbigten Reim nennen, muß
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Dreyßig Frageſtuͤcke
und den Geſchmack der Leſer luͤſtern machen
wird.
12. Frage.
Jſt dem Herrn Candidaten bewußt, was ein
Oden-Genus ſey; und wie will er ſolches
unſern Froſchmaͤuslerinnen beybringen?
Antwort.
Jch will zu ihnen ſagen: Es ſey eine Abwech-
ſelung von acht bis zehn Zeilen einſylbigter und
zweyſylbigter Reime, die man nach eigenem Gut-
duͤnken verſetzen kann, als:
So iſt- dein Her-ze fel-ſenhart,
Du Aus-bund al-ler un-ſrer Schoͤ-nen!
Willſt du- denn mei-ne Lie-be hoͤh-nen:
Jch hat-te dir- mein Herz- geſpart.
Doch iſts- dein Ernſt- es zu- verſchmaͤ-hen:
So ſa-ge mirs- nur rund- heraus:
So will- ich zu- der Nach-barn ge-hen,
Und nen-ne dich- ein Schel-len-Tauß.
13. Frage.
Die andern Poeten aber reden nur von maͤnn-
lichen und weiblichen Reimen; iſt das nicht
abgeſchmackt geredet?
Antwort.
Was wir einen einſylbigten Reim nennen,
heiſſen ſie einen maͤnnlichen; vermuthlich da-
her, weil eine Mannsperſonen nur ein einziges
Appetits-Jnſtrument bey ſich fuͤhrt; die zwey-
ſylbigten Reime aber heiſſen ſie gewiß darum
weibliche Reime, weil das Frauenzimmer ſon-
derlich zwey reizende Waffen beſitzet: Die
Bruͤſte, und den Jrrgarten der Liebe. Man
muß
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