Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite
Vorrede.

Schon in mehreren Zeitungen ward ich Touri-
stin
genannt; dieser Name gebührt mir indessen, seiner
gewöhnlichen Bedeutung nach, leider nicht. Einerseits
besitze ich zu wenig Witz und Laune, um unter-
haltend schreiben, und andrerseits zu wenig Kennt-
nisse, um über das Erlebte gediegene Urtheile fällen
zu können. Ich vermag nur schmucklos das zu erzählen,
was mir begegnet, was ich gesehen, und will ich et-
was beurtheilen, so kann ich es blos von dem Stand-
puncte einfacher Anschauung aus.

Manche glauben vielleicht, Eitelkeit sei die Veran-
lassung zu dieser großen Reise gewesen. Ich kann
darauf nichts erwiedern, als: wer dies denkt, möge selbst
eine ähnliche Reise unternehmen, um zu sehen, daß
solche Beschwerden, solche Entbehrungen und Gefahren
nur durch angeborne Reiselust, durch unbegränzte
Mißbegierde überwunden werden können.

Wie es den Maler drängt, ein Bild zu malen,
den Dichter, seine Gedanken auszusprechen, so drängt

Vorrede.

Schon in mehreren Zeitungen ward ich Touri-
stin
genannt; dieser Name gebührt mir indessen, seiner
gewöhnlichen Bedeutung nach, leider nicht. Einerseits
besitze ich zu wenig Witz und Laune, um unter-
haltend schreiben, und andrerseits zu wenig Kennt-
nisse, um über das Erlebte gediegene Urtheile fällen
zu können. Ich vermag nur schmucklos das zu erzählen,
was mir begegnet, was ich gesehen, und will ich et-
was beurtheilen, so kann ich es blos von dem Stand-
puncte einfacher Anschauung aus.

Manche glauben vielleicht, Eitelkeit sei die Veran-
lassung zu dieser großen Reise gewesen. Ich kann
darauf nichts erwiedern, als: wer dies denkt, möge selbst
eine ähnliche Reise unternehmen, um zu sehen, daß
solche Beschwerden, solche Entbehrungen und Gefahren
nur durch angeborne Reiselust, durch unbegränzte
Mißbegierde überwunden werden können.

Wie es den Maler drängt, ein Bild zu malen,
den Dichter, seine Gedanken auszusprechen, so drängt

<TEI>
  <text>
    <front>
      <pb facs="#f0006"/>
      <div type="preface">
        <head> <hi rendition="#g">Vorrede.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p><hi rendition="#in">S</hi>chon in mehreren Zeitungen ward ich <hi rendition="#g">Touri-<lb/>
stin</hi> genannt; dieser Name gebührt mir indessen, seiner<lb/>
gewöhnlichen Bedeutung nach, leider nicht. Einerseits<lb/>
besitze ich zu wenig Witz und Laune, um unter-<lb/>
haltend schreiben, und andrerseits zu wenig Kennt-<lb/>
nisse, um über das Erlebte gediegene Urtheile fällen<lb/>
zu können. Ich vermag nur schmucklos das zu erzählen,<lb/>
was mir begegnet, was ich gesehen, und will ich et-<lb/>
was beurtheilen, so kann ich es blos von dem Stand-<lb/>
puncte einfacher Anschauung aus.</p>
        <p> Manche glauben vielleicht, Eitelkeit sei die Veran-<lb/>
lassung zu dieser großen Reise gewesen. Ich kann<lb/>
darauf nichts erwiedern, als: wer dies denkt, möge selbst<lb/>
eine ähnliche Reise unternehmen, um zu sehen, daß<lb/>
solche Beschwerden, solche Entbehrungen und Gefahren<lb/>
nur durch angeborne Reiselust, durch unbegränzte<lb/>
Mißbegierde überwunden werden können.</p>
        <p> Wie es den Maler drängt, ein Bild zu malen,<lb/>
den Dichter, seine Gedanken auszusprechen, so drängt
</p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0006] Vorrede. Schon in mehreren Zeitungen ward ich Touri- stin genannt; dieser Name gebührt mir indessen, seiner gewöhnlichen Bedeutung nach, leider nicht. Einerseits besitze ich zu wenig Witz und Laune, um unter- haltend schreiben, und andrerseits zu wenig Kennt- nisse, um über das Erlebte gediegene Urtheile fällen zu können. Ich vermag nur schmucklos das zu erzählen, was mir begegnet, was ich gesehen, und will ich et- was beurtheilen, so kann ich es blos von dem Stand- puncte einfacher Anschauung aus. Manche glauben vielleicht, Eitelkeit sei die Veran- lassung zu dieser großen Reise gewesen. Ich kann darauf nichts erwiedern, als: wer dies denkt, möge selbst eine ähnliche Reise unternehmen, um zu sehen, daß solche Beschwerden, solche Entbehrungen und Gefahren nur durch angeborne Reiselust, durch unbegränzte Mißbegierde überwunden werden können. Wie es den Maler drängt, ein Bild zu malen, den Dichter, seine Gedanken auszusprechen, so drängt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition (2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.) sind nicht konsequent wie in der Vorlage gekennzeichnet



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt01_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt01_1850/6
Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt01_1850/6>, abgerufen am 17.11.2024.