Ein anders Gesezbuch zu machen, dachte er wohl, aber die es konnten, sagten, sie können es nicht; und die, so es nicht konnten, wollten es machen, aber er sah, daß sie es nicht konnten.
Das war seine Lage. Er sah im Allgemeinen wohl, wo er hindenken sollte, aber er irrte sich Stück für Stück in den Mitteln, und kam endlich dahin, wo viele Menschen in ähnlichen Fällen hin- kommen, zu glauben, es sey unmöglich zu seinem Ziel zu gelangen.
§. 39. Grundsätze des Dickhalses, der dem Teu- fel in der Lavaterischen Physiognomik gleich sieht.
In dieser Lag und in dieser Stimmung war er, als er mit Helidor Bekanntschaft machte, und sich an ihm irrte. Zeitvertreib und Zerstreuung waren ihm wieder körperliche Bedürfnisse geworden, und die unerschöpfliche Kunst des Manns, jeden Spiegel umzukehren, der etwas unangenehmes darstell- te, und jeden Gedanken wegzubannen, den er weg wünschte, der Anschein eines unerschütter- ten Muths, und seine Kunst immer zu lachen
Ein anders Geſezbuch zu machen, dachte er wohl, aber die es konnten, ſagten, ſie koͤnnen es nicht; und die, ſo es nicht konnten, wollten es machen, aber er ſah, daß ſie es nicht konnten.
Das war ſeine Lage. Er ſah im Allgemeinen wohl, wo er hindenken ſollte, aber er irrte ſich Stuͤck fuͤr Stuͤck in den Mitteln, und kam endlich dahin, wo viele Menſchen in aͤhnlichen Faͤllen hin- kommen, zu glauben, es ſey unmoͤglich zu ſeinem Ziel zu gelangen.
§. 39. Grundſaͤtze des Dickhalſes, der dem Teu- fel in der Lavateriſchen Phyſiognomik gleich ſieht.
In dieſer Lag und in dieſer Stimmung war er, als er mit Helidor Bekanntſchaft machte, und ſich an ihm irrte. Zeitvertreib und Zerſtreuung waren ihm wieder koͤrperliche Beduͤrfniſſe geworden, und die unerſchoͤpfliche Kunſt des Manns, jeden Spiegel umzukehren, der etwas unangenehmes darſtell- te, und jeden Gedanken wegzubannen, den er weg wuͤnſchte, der Anſchein eines unerſchuͤtter- ten Muths, und ſeine Kunſt immer zu lachen
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0175"n="157"/><p>Ein anders Geſezbuch zu machen, dachte er<lb/>
wohl, aber die es konnten, ſagten, ſie koͤnnen es<lb/>
nicht; und die, ſo es nicht konnten, wollten es<lb/>
machen, aber er ſah, daß ſie es nicht konnten.</p><lb/><p>Das war ſeine Lage. Er ſah im Allgemeinen<lb/>
wohl, wo er hindenken ſollte, aber er irrte ſich<lb/>
Stuͤck fuͤr Stuͤck in den Mitteln, und kam endlich<lb/>
dahin, wo viele Menſchen in aͤhnlichen Faͤllen hin-<lb/>
kommen, zu glauben, es ſey unmoͤglich zu ſeinem<lb/>
Ziel zu gelangen.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="1"><head><hirendition="#b">§. 39.<lb/>
Grundſaͤtze des Dickhalſes, der dem Teu-<lb/>
fel in der Lavateriſchen Phyſiognomik<lb/>
gleich ſieht.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">I</hi>n dieſer Lag und in dieſer Stimmung war er,<lb/>
als er mit Helidor Bekanntſchaft machte, und ſich<lb/>
an ihm irrte. Zeitvertreib und Zerſtreuung waren<lb/>
ihm wieder koͤrperliche Beduͤrfniſſe geworden, und<lb/>
die unerſchoͤpfliche Kunſt des Manns, jeden Spiegel<lb/>
umzukehren, der etwas unangenehmes darſtell-<lb/>
te, und jeden Gedanken wegzubannen, den er<lb/>
weg wuͤnſchte, der Anſchein eines unerſchuͤtter-<lb/>
ten Muths, und ſeine Kunſt immer zu lachen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[157/0175]
Ein anders Geſezbuch zu machen, dachte er
wohl, aber die es konnten, ſagten, ſie koͤnnen es
nicht; und die, ſo es nicht konnten, wollten es
machen, aber er ſah, daß ſie es nicht konnten.
Das war ſeine Lage. Er ſah im Allgemeinen
wohl, wo er hindenken ſollte, aber er irrte ſich
Stuͤck fuͤr Stuͤck in den Mitteln, und kam endlich
dahin, wo viele Menſchen in aͤhnlichen Faͤllen hin-
kommen, zu glauben, es ſey unmoͤglich zu ſeinem
Ziel zu gelangen.
§. 39.
Grundſaͤtze des Dickhalſes, der dem Teu-
fel in der Lavateriſchen Phyſiognomik
gleich ſieht.
In dieſer Lag und in dieſer Stimmung war er,
als er mit Helidor Bekanntſchaft machte, und ſich
an ihm irrte. Zeitvertreib und Zerſtreuung waren
ihm wieder koͤrperliche Beduͤrfniſſe geworden, und
die unerſchoͤpfliche Kunſt des Manns, jeden Spiegel
umzukehren, der etwas unangenehmes darſtell-
te, und jeden Gedanken wegzubannen, den er
weg wuͤnſchte, der Anſchein eines unerſchuͤtter-
ten Muths, und ſeine Kunſt immer zu lachen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/175>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.