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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

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Sie sagten es nicht bloß. Eh es 11 Uhr
läutete, war wirklich ein Steg da, daß die Kin-
der nach der Schul trokenen Fusses über den
Bach gehen konnten.

Und auch die Klage über seinen Hochmuth
verlohr sich, jezt da die zwey Nachbarswei-
ber, die am schlimsten über diesen Punkt über
ihn klagten, das Lied darüber anderst anstimm-
ten.

Wenn dich das viel dunkt, Leser! oder un-
gläublich, so probiers nur selber, und stehe
auch einmal für andrer Leuthen Kinder, ohne
daß dich jemand heißt, und ohne daß du etwas
davon hast, in den Regen hinaus bis du trop-
fend naß wirst, und sieh denn, ob die Leuth,
die die Kinder etwas angehen, dir nicht gern
auch liebes und guts nachreden, und liebs und
guts thun, und gewiß auch böses nicht mehr
von dir sagen werden, als was gewiß bös,
und recht bös, oder was sie einmal nicht an-
derst ansehen, oder begreifen können.

§. 70.
Narrenwort und Schulstrafen.

Aber es gieng nicht lang, so hatten die Leu-
the wieder etwas über ihn zu klagen, und
noch etwas viel härters.


Sie ſagten es nicht bloß. Eh es 11 Uhr
laͤutete, war wirklich ein Steg da, daß die Kin-
der nach der Schul trokenen Fuſſes uͤber den
Bach gehen konnten.

Und auch die Klage uͤber ſeinen Hochmuth
verlohr ſich, jezt da die zwey Nachbarswei-
ber, die am ſchlimſten uͤber dieſen Punkt uͤber
ihn klagten, das Lied daruͤber anderſt anſtimm-
ten.

Wenn dich das viel dunkt, Leſer! oder un-
glaͤublich, ſo probiers nur ſelber, und ſtehe
auch einmal fuͤr andrer Leuthen Kinder, ohne
daß dich jemand heißt, und ohne daß du etwas
davon haſt, in den Regen hinaus bis du trop-
fend naß wirſt, und ſieh denn, ob die Leuth,
die die Kinder etwas angehen, dir nicht gern
auch liebes und guts nachreden, und liebs und
guts thun, und gewiß auch boͤſes nicht mehr
von dir ſagen werden, als was gewiß boͤs,
und recht boͤs, oder was ſie einmal nicht an-
derſt anſehen, oder begreifen koͤnnen.

§. 70.
Narrenwort und Schulſtrafen.

Aber es gieng nicht lang, ſo hatten die Leu-
the wieder etwas uͤber ihn zu klagen, und
noch etwas viel haͤrters.


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[313/0335] Sie ſagten es nicht bloß. Eh es 11 Uhr laͤutete, war wirklich ein Steg da, daß die Kin- der nach der Schul trokenen Fuſſes uͤber den Bach gehen konnten. Und auch die Klage uͤber ſeinen Hochmuth verlohr ſich, jezt da die zwey Nachbarswei- ber, die am ſchlimſten uͤber dieſen Punkt uͤber ihn klagten, das Lied daruͤber anderſt anſtimm- ten. Wenn dich das viel dunkt, Leſer! oder un- glaͤublich, ſo probiers nur ſelber, und ſtehe auch einmal fuͤr andrer Leuthen Kinder, ohne daß dich jemand heißt, und ohne daß du etwas davon haſt, in den Regen hinaus bis du trop- fend naß wirſt, und ſieh denn, ob die Leuth, die die Kinder etwas angehen, dir nicht gern auch liebes und guts nachreden, und liebs und guts thun, und gewiß auch boͤſes nicht mehr von dir ſagen werden, als was gewiß boͤs, und recht boͤs, oder was ſie einmal nicht an- derſt anſehen, oder begreifen koͤnnen. §. 70. Narrenwort und Schulſtrafen. Aber es gieng nicht lang, ſo hatten die Leu- the wieder etwas uͤber ihn zu klagen, und noch etwas viel haͤrters.

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/335>, abgerufen am 21.11.2024.