§. 42. Wie, und wie weit Lumpenvolk, wenn es sich im Vortheil spürt, das Maul braucht.
Es ist nicht zusagen, was es alle Augenblike vor Auftritte gab. Eine Kreblerin, die schon mehr als vor einem halben Jahr ihres Manns silberne Schnallen dem Vogt versezt, und damit er sie nicht im Verdacht habe, ihre Dienstmagd, die allein im Haus war, als ei- ne Diebin auf der Stelle fortgeschikt, hatte auch eine Jobs Stunde.
Die Ringgen lagen jezt unter der Linde auf dem Tisch, und des Josen Conrad, der der Bruder war von der Margreth, die sie hat sol- len gestohlen haben, kennte sie im Augenblik, und sprang was giebst was hast heim, seiner Schwester zusagen, was er für einen Fund gemacht.
Das war ein Jubel für Bruder und Schwe- ster. So geschwind als er heimkam, so ge- schwind sprangen beyde wieder gegen die Lin- den dem Krebler und seiner Frauen jezt den Meister zu zeigen.
Er aber roch Feuer, gieng ihnen noch zu rechter Zeit entgegen, er traf sie oben an der Kirchgaß an, stellte sich vor sie hin, daß sie an ihn anstossen mußten und sagte. --
§. 42. Wie, und wie weit Lumpenvolk, wenn es ſich im Vortheil ſpuͤrt, das Maul braucht.
Es iſt nicht zuſagen, was es alle Augenblike vor Auftritte gab. Eine Kreblerin, die ſchon mehr als vor einem halben Jahr ihres Manns ſilberne Schnallen dem Vogt verſezt, und damit er ſie nicht im Verdacht habe, ihre Dienſtmagd, die allein im Haus war, als ei- ne Diebin auf der Stelle fortgeſchikt, hatte auch eine Jobs Stunde.
Die Ringgen lagen jezt unter der Linde auf dem Tiſch, und des Joſen Conrad, der der Bruder war von der Margreth, die ſie hat ſol- len geſtohlen haben, kennte ſie im Augenblik, und ſprang was giebſt was haſt heim, ſeiner Schweſter zuſagen, was er fuͤr einen Fund gemacht.
Das war ein Jubel fuͤr Bruder und Schwe- ſter. So geſchwind als er heimkam, ſo ge- ſchwind ſprangen beyde wieder gegen die Lin- den dem Krebler und ſeiner Frauen jezt den Meiſter zu zeigen.
Er aber roch Feuer, gieng ihnen noch zu rechter Zeit entgegen, er traf ſie oben an der Kirchgaß an, ſtellte ſich vor ſie hin, daß ſie an ihn anſtoſſen mußten und ſagte. —
<TEI><text><body><pbfacs="#f0208"n="186"/><divn="1"><head>§. 42.<lb/>
Wie, und wie weit Lumpenvolk, wenn<lb/>
es ſich im Vortheil ſpuͤrt, das Maul<lb/>
braucht.</head><lb/><p><hirendition="#in">E</hi>s iſt nicht zuſagen, was es alle Augenblike<lb/>
vor Auftritte gab. Eine Kreblerin, die<lb/>ſchon mehr als vor einem halben Jahr ihres<lb/>
Manns ſilberne Schnallen dem Vogt verſezt,<lb/>
und damit er ſie nicht im Verdacht habe, ihre<lb/>
Dienſtmagd, die allein im Haus war, als ei-<lb/>
ne Diebin auf der Stelle fortgeſchikt, hatte<lb/>
auch eine Jobs Stunde.</p><lb/><p>Die Ringgen lagen jezt unter der Linde auf<lb/>
dem Tiſch, und des Joſen Conrad, der der<lb/>
Bruder war von der Margreth, die ſie hat ſol-<lb/>
len geſtohlen haben, kennte ſie im Augenblik,<lb/>
und ſprang was giebſt was haſt heim, ſeiner<lb/>
Schweſter zuſagen, was er fuͤr einen Fund<lb/>
gemacht.</p><lb/><p>Das war ein Jubel fuͤr Bruder und Schwe-<lb/>ſter. So geſchwind als er heimkam, ſo ge-<lb/>ſchwind ſprangen beyde wieder gegen die Lin-<lb/>
den dem Krebler und ſeiner Frauen jezt den<lb/>
Meiſter zu zeigen.</p><lb/><p>Er aber roch Feuer, gieng ihnen noch zu<lb/>
rechter Zeit entgegen, er traf ſie oben an der<lb/>
Kirchgaß an, ſtellte ſich vor ſie hin, daß ſie<lb/>
an ihn anſtoſſen mußten und ſagte. —</p><lb/></div></body></text></TEI>
[186/0208]
§. 42.
Wie, und wie weit Lumpenvolk, wenn
es ſich im Vortheil ſpuͤrt, das Maul
braucht.
Es iſt nicht zuſagen, was es alle Augenblike
vor Auftritte gab. Eine Kreblerin, die
ſchon mehr als vor einem halben Jahr ihres
Manns ſilberne Schnallen dem Vogt verſezt,
und damit er ſie nicht im Verdacht habe, ihre
Dienſtmagd, die allein im Haus war, als ei-
ne Diebin auf der Stelle fortgeſchikt, hatte
auch eine Jobs Stunde.
Die Ringgen lagen jezt unter der Linde auf
dem Tiſch, und des Joſen Conrad, der der
Bruder war von der Margreth, die ſie hat ſol-
len geſtohlen haben, kennte ſie im Augenblik,
und ſprang was giebſt was haſt heim, ſeiner
Schweſter zuſagen, was er fuͤr einen Fund
gemacht.
Das war ein Jubel fuͤr Bruder und Schwe-
ſter. So geſchwind als er heimkam, ſo ge-
ſchwind ſprangen beyde wieder gegen die Lin-
den dem Krebler und ſeiner Frauen jezt den
Meiſter zu zeigen.
Er aber roch Feuer, gieng ihnen noch zu
rechter Zeit entgegen, er traf ſie oben an der
Kirchgaß an, ſtellte ſich vor ſie hin, daß ſie
an ihn anſtoſſen mußten und ſagte. —
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/208>, abgerufen am 30.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.