Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

Das ist gut gegangen, recht gut, sagte der
Vogt zu sich selber; besser als ich geglaubt habe,
und noch um den halben Preis. Ich hätte ihm
zehn Thaler versprochen wie fünfe, wenn er den
Handel verstanden hätte. Wie's mich freut, daß
der Handel in Ordnung ist! Nein, nein! man
muß den Muth nie fallen lassen. Wär' nur auch
die Mauer schon ausser dem Boden! Geduld! Am
Montag brechen sie schon Steine dazu. -- O du
guter Maurer! Deine Frau hat dir ein böses Fres-
sen gekochet, und du meynst, du sitzest oben auf dem
Thron.


§. 12.
Haushaltungsfreuden.

Der Mäurer Lienhard, der am Morgen früh ins
Schloß gegangen war, war nun auch wieder zu-
rück und bey seiner Frau.

Diese hatte geeilt, ihre Samstagsarbeit zu vollen-
den, ehe ihr Mann wieder zurück käme. Sie hatte
die Kinder gekämmt, ihnen die Haare geflochten,
ihre Kleider durchgesehn, die kleine Stube gereiniget,
und während der Arbeit ihre Lieben ein Lied ge-
lehrt --

Das

Das iſt gut gegangen, recht gut, ſagte der
Vogt zu ſich ſelber; beſſer als ich geglaubt habe,
und noch um den halben Preis. Ich haͤtte ihm
zehn Thaler verſprochen wie fuͤnfe, wenn er den
Handel verſtanden haͤtte. Wie’s mich freut, daß
der Handel in Ordnung iſt! Nein, nein! man
muß den Muth nie fallen laſſen. Waͤr’ nur auch
die Mauer ſchon auſſer dem Boden! Geduld! Am
Montag brechen ſie ſchon Steine dazu. — O du
guter Maurer! Deine Frau hat dir ein boͤſes Freſ-
ſen gekochet, und du meynſt, du ſitzeſt oben auf dem
Thron.


§. 12.
Haushaltungsfreuden.

Der Maͤurer Lienhard, der am Morgen fruͤh ins
Schloß gegangen war, war nun auch wieder zu-
ruͤck und bey ſeiner Frau.

Dieſe hatte geeilt, ihre Samſtagsarbeit zu vollen-
den, ehe ihr Mann wieder zuruͤck kaͤme. Sie hatte
die Kinder gekaͤmmt, ihnen die Haare geflochten,
ihre Kleider durchgeſehn, die kleine Stube gereiniget,
und waͤhrend der Arbeit ihre Lieben ein Lied ge-
lehrt —

Das
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0093" n="70"/>
          <p>Das i&#x017F;t gut gegangen, recht gut, &#x017F;agte der<lb/>
Vogt zu &#x017F;ich &#x017F;elber; be&#x017F;&#x017F;er als ich geglaubt habe,<lb/>
und noch um den halben Preis. Ich ha&#x0364;tte ihm<lb/>
zehn Thaler ver&#x017F;prochen wie fu&#x0364;nfe, wenn er den<lb/>
Handel ver&#x017F;tanden ha&#x0364;tte. Wie&#x2019;s mich freut, daß<lb/>
der Handel in Ordnung i&#x017F;t! Nein, nein! man<lb/>
muß den Muth nie fallen la&#x017F;&#x017F;en. Wa&#x0364;r&#x2019; nur auch<lb/>
die Mauer &#x017F;chon au&#x017F;&#x017F;er dem Boden! Geduld! Am<lb/>
Montag brechen &#x017F;ie &#x017F;chon Steine dazu. &#x2014; O du<lb/>
guter Maurer! Deine Frau hat dir ein bo&#x0364;&#x017F;es Fre&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en gekochet, und du meyn&#x017F;t, du &#x017F;itze&#x017F;t oben auf dem<lb/>
Thron.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>§. 12.<lb/><hi rendition="#b">Haushaltungsfreuden.</hi></head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>er Ma&#x0364;urer Lienhard, der am Morgen fru&#x0364;h ins<lb/>
Schloß gegangen war, war nun auch wieder zu-<lb/>
ru&#x0364;ck und bey &#x017F;einer Frau.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;e hatte geeilt, ihre Sam&#x017F;tagsarbeit zu vollen-<lb/>
den, ehe ihr Mann wieder zuru&#x0364;ck ka&#x0364;me. Sie hatte<lb/>
die Kinder geka&#x0364;mmt, ihnen die Haare geflochten,<lb/>
ihre Kleider durchge&#x017F;ehn, die kleine Stube gereiniget,<lb/>
und wa&#x0364;hrend der Arbeit ihre Lieben ein Lied ge-<lb/>
lehrt &#x2014;</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[70/0093] Das iſt gut gegangen, recht gut, ſagte der Vogt zu ſich ſelber; beſſer als ich geglaubt habe, und noch um den halben Preis. Ich haͤtte ihm zehn Thaler verſprochen wie fuͤnfe, wenn er den Handel verſtanden haͤtte. Wie’s mich freut, daß der Handel in Ordnung iſt! Nein, nein! man muß den Muth nie fallen laſſen. Waͤr’ nur auch die Mauer ſchon auſſer dem Boden! Geduld! Am Montag brechen ſie ſchon Steine dazu. — O du guter Maurer! Deine Frau hat dir ein boͤſes Freſ- ſen gekochet, und du meynſt, du ſitzeſt oben auf dem Thron. §. 12. Haushaltungsfreuden. Der Maͤurer Lienhard, der am Morgen fruͤh ins Schloß gegangen war, war nun auch wieder zu- ruͤck und bey ſeiner Frau. Dieſe hatte geeilt, ihre Samſtagsarbeit zu vollen- den, ehe ihr Mann wieder zuruͤck kaͤme. Sie hatte die Kinder gekaͤmmt, ihnen die Haare geflochten, ihre Kleider durchgeſehn, die kleine Stube gereiniget, und waͤhrend der Arbeit ihre Lieben ein Lied ge- lehrt — Das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/93
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/93>, abgerufen am 21.12.2024.