Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 89.
Ein Urtheil.

Unglücklicher Mann!

Es thut mir von Herzen weh, dir in deinen alten
Tagen die Strafen anzuthun, die auf Verbrechen,
wie die Deinigen sind, folgen müssen. Du hast
den Tod verdient, nicht weil des Hübelrudis Matte
oder mein Markstein eines Menschen Leben werth
sind; sondern weil meyneidige Thaten und ein fre-
ches Räuberleben über ein Land gränzenlose Ge-
fahren und Unglück bringen können.

Der meyneidige Mann und der Räuber werden
Mörder beym Anlaß, und sind Mörder im vielfa-
chen Sinn durch die Folgen der Verwirrung, des
Verdachts, des Jammers und des Elends, das sie
anrichten.

Darum hast du den Tod verdient. Ich schenke
zwar wegen deinem Alter, und weil du einen Theil
deiner Verbrechen gegen mich versönlich ausge-
übt hast, dir das Leben. -- Deine Strafe aber ist
diese:

Du sollst noch heute, in Begleitung aller Vor-
gesetzten, und wer sonst mitgehn will, zu meinem

Mark-

§. 89.
Ein Urtheil.

Ungluͤcklicher Mann!

Es thut mir von Herzen weh, dir in deinen alten
Tagen die Strafen anzuthun, die auf Verbrechen,
wie die Deinigen ſind, folgen muͤſſen. Du haſt
den Tod verdient, nicht weil des Huͤbelrudis Matte
oder mein Markſtein eines Menſchen Leben werth
ſind; ſondern weil meyneidige Thaten und ein fre-
ches Raͤuberleben uͤber ein Land graͤnzenloſe Ge-
fahren und Ungluͤck bringen koͤnnen.

Der meyneidige Mann und der Raͤuber werden
Moͤrder beym Anlaß, und ſind Moͤrder im vielfa-
chen Sinn durch die Folgen der Verwirrung, des
Verdachts, des Jammers und des Elends, das ſie
anrichten.

Darum haſt du den Tod verdient. Ich ſchenke
zwar wegen deinem Alter, und weil du einen Theil
deiner Verbrechen gegen mich verſoͤnlich ausge-
uͤbt haſt, dir das Leben. — Deine Strafe aber iſt
dieſe:

Du ſollſt noch heute, in Begleitung aller Vor-
geſetzten, und wer ſonſt mitgehn will, zu meinem

Mark-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0372" n="347"/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <div n="2">
        <head>§. 89.<lb/><hi rendition="#b">Ein Urtheil.</hi></head><lb/>
        <p> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#fr">Unglu&#x0364;cklicher Mann!</hi> </hi> </p><lb/>
        <p><hi rendition="#in">E</hi>s thut mir von Herzen weh, dir in deinen alten<lb/>
Tagen die Strafen anzuthun, die auf Verbrechen,<lb/>
wie die Deinigen &#x017F;ind, folgen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Du ha&#x017F;t<lb/>
den Tod verdient, nicht weil des Hu&#x0364;belrudis Matte<lb/>
oder mein Mark&#x017F;tein eines Men&#x017F;chen Leben werth<lb/>
&#x017F;ind; &#x017F;ondern weil meyneidige Thaten und ein fre-<lb/>
ches Ra&#x0364;uberleben u&#x0364;ber ein Land gra&#x0364;nzenlo&#x017F;e Ge-<lb/>
fahren und Unglu&#x0364;ck bringen ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
        <p>Der meyneidige Mann und der Ra&#x0364;uber werden<lb/>
Mo&#x0364;rder beym Anlaß, und &#x017F;ind Mo&#x0364;rder im vielfa-<lb/>
chen Sinn durch die Folgen der Verwirrung, des<lb/>
Verdachts, des Jammers und des Elends, das &#x017F;ie<lb/>
anrichten.</p><lb/>
        <p>Darum ha&#x017F;t du den Tod verdient. Ich &#x017F;chenke<lb/>
zwar wegen deinem Alter, und weil du einen Theil<lb/>
deiner Verbrechen gegen mich ver&#x017F;o&#x0364;nlich ausge-<lb/>
u&#x0364;bt ha&#x017F;t, dir das Leben. &#x2014; Deine Strafe aber i&#x017F;t<lb/>
die&#x017F;e:</p><lb/>
        <p>Du &#x017F;oll&#x017F;t noch heute, in Begleitung aller Vor-<lb/>
ge&#x017F;etzten, und wer &#x017F;on&#x017F;t mitgehn will, zu meinem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Mark-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[347/0372] §. 89. Ein Urtheil. Ungluͤcklicher Mann! Es thut mir von Herzen weh, dir in deinen alten Tagen die Strafen anzuthun, die auf Verbrechen, wie die Deinigen ſind, folgen muͤſſen. Du haſt den Tod verdient, nicht weil des Huͤbelrudis Matte oder mein Markſtein eines Menſchen Leben werth ſind; ſondern weil meyneidige Thaten und ein fre- ches Raͤuberleben uͤber ein Land graͤnzenloſe Ge- fahren und Ungluͤck bringen koͤnnen. Der meyneidige Mann und der Raͤuber werden Moͤrder beym Anlaß, und ſind Moͤrder im vielfa- chen Sinn durch die Folgen der Verwirrung, des Verdachts, des Jammers und des Elends, das ſie anrichten. Darum haſt du den Tod verdient. Ich ſchenke zwar wegen deinem Alter, und weil du einen Theil deiner Verbrechen gegen mich verſoͤnlich ausge- uͤbt haſt, dir das Leben. — Deine Strafe aber iſt dieſe: Du ſollſt noch heute, in Begleitung aller Vor- geſetzten, und wer ſonſt mitgehn will, zu meinem Mark-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/372
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/372>, abgerufen am 23.11.2024.