Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

erlöst, knirschte er mit den Zähnen. Da schlug
die Glocke in Bonnal sechs Uhr; und die Mäu-
rer giengen vom Feld heim, und der Vogt folgete
ihnen nach.


§. 69.
Wie man seyn muß, wenn man mit den
Leuten etwas ausrichten will.

Die meisten Arbeiter des Mäurers hatten ihn schon
an diesem ersten Abend, an dem sie bey ihm schaff-
ten, lieb gewonnen. Er arbeitete die ganze Zeit
mit ihnen, wie sie, griff die schwersten Steine sel-
ber an, stuhnd in Koth und in Wasser, wo es nöthig
war, hinein, wie ein anderer, und noch vor ihnen.
Er zeigte ihnen, da sie ganz ungeübt in dieser Ar-
beit waren, mit Liebe und Gedult, ihre Art und
Weise und ihre Vortheile, und ließ auch gegen die
Ungeschicktesten keine Ungedult blicken; kein du Narr,
du Ochs entfuhr ihm gegen einen Einzigen, ob er
gleich hundertmal Anlaß und Gelegenheit dazu ge-
habt hätte.

Diese Gedult und diese bescheidene Sorgfalt des
Meisters und sein Eifer, selber zu arbeiten, mach-
ten, daß alles sehr wohl von statten gieng.

§. 70.

erloͤst, knirſchte er mit den Zaͤhnen. Da ſchlug
die Glocke in Bonnal ſechs Uhr; und die Maͤu-
rer giengen vom Feld heim, und der Vogt folgete
ihnen nach.


§. 69.
Wie man ſeyn muß, wenn man mit den
Leuten etwas ausrichten will.

Die meiſten Arbeiter des Maͤurers hatten ihn ſchon
an dieſem erſten Abend, an dem ſie bey ihm ſchaff-
ten, lieb gewonnen. Er arbeitete die ganze Zeit
mit ihnen, wie ſie, griff die ſchwerſten Steine ſel-
ber an, ſtuhnd in Koth und in Waſſer, wo es noͤthig
war, hinein, wie ein anderer, und noch vor ihnen.
Er zeigte ihnen, da ſie ganz ungeuͤbt in dieſer Ar-
beit waren, mit Liebe und Gedult, ihre Art und
Weiſe und ihre Vortheile, und ließ auch gegen die
Ungeſchickteſten keine Ungedult blicken; kein du Narr,
du Ochs entfuhr ihm gegen einen Einzigen, ob er
gleich hundertmal Anlaß und Gelegenheit dazu ge-
habt haͤtte.

Dieſe Gedult und dieſe beſcheidene Sorgfalt des
Meiſters und ſein Eifer, ſelber zu arbeiten, mach-
ten, daß alles ſehr wohl von ſtatten gieng.

§. 70.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0313" n="288"/>
erlo&#x0364;st, knir&#x017F;chte er mit den Za&#x0364;hnen. Da &#x017F;chlug<lb/>
die Glocke in Bonnal &#x017F;echs Uhr; und die Ma&#x0364;u-<lb/>
rer giengen vom Feld heim, und der Vogt folgete<lb/>
ihnen nach.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>§. 69.<lb/><hi rendition="#b">Wie man &#x017F;eyn muß, wenn man mit den<lb/>
Leuten etwas ausrichten will.</hi></head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>ie mei&#x017F;ten Arbeiter des Ma&#x0364;urers hatten ihn &#x017F;chon<lb/>
an die&#x017F;em er&#x017F;ten Abend, an dem &#x017F;ie bey ihm &#x017F;chaff-<lb/>
ten, lieb gewonnen. Er arbeitete die ganze Zeit<lb/>
mit ihnen, wie &#x017F;ie, griff die &#x017F;chwer&#x017F;ten Steine &#x017F;el-<lb/>
ber an, &#x017F;tuhnd in Koth und in Wa&#x017F;&#x017F;er, wo es no&#x0364;thig<lb/>
war, hinein, wie ein anderer, und noch vor ihnen.<lb/>
Er zeigte ihnen, da &#x017F;ie ganz ungeu&#x0364;bt in die&#x017F;er Ar-<lb/>
beit waren, mit Liebe und Gedult, ihre Art und<lb/>
Wei&#x017F;e und ihre Vortheile, und ließ auch gegen die<lb/>
Unge&#x017F;chickte&#x017F;ten keine Ungedult blicken; kein du Narr,<lb/>
du Ochs entfuhr ihm gegen einen Einzigen, ob er<lb/>
gleich hundertmal Anlaß und Gelegenheit dazu ge-<lb/>
habt ha&#x0364;tte.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;e Gedult und die&#x017F;e be&#x017F;cheidene Sorgfalt des<lb/>
Mei&#x017F;ters und &#x017F;ein Eifer, &#x017F;elber zu arbeiten, mach-<lb/>
ten, daß alles &#x017F;ehr wohl von &#x017F;tatten gieng.</p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">§. 70.</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[288/0313] erloͤst, knirſchte er mit den Zaͤhnen. Da ſchlug die Glocke in Bonnal ſechs Uhr; und die Maͤu- rer giengen vom Feld heim, und der Vogt folgete ihnen nach. §. 69. Wie man ſeyn muß, wenn man mit den Leuten etwas ausrichten will. Die meiſten Arbeiter des Maͤurers hatten ihn ſchon an dieſem erſten Abend, an dem ſie bey ihm ſchaff- ten, lieb gewonnen. Er arbeitete die ganze Zeit mit ihnen, wie ſie, griff die ſchwerſten Steine ſel- ber an, ſtuhnd in Koth und in Waſſer, wo es noͤthig war, hinein, wie ein anderer, und noch vor ihnen. Er zeigte ihnen, da ſie ganz ungeuͤbt in dieſer Ar- beit waren, mit Liebe und Gedult, ihre Art und Weiſe und ihre Vortheile, und ließ auch gegen die Ungeſchickteſten keine Ungedult blicken; kein du Narr, du Ochs entfuhr ihm gegen einen Einzigen, ob er gleich hundertmal Anlaß und Gelegenheit dazu ge- habt haͤtte. Dieſe Gedult und dieſe beſcheidene Sorgfalt des Meiſters und ſein Eifer, ſelber zu arbeiten, mach- ten, daß alles ſehr wohl von ſtatten gieng. §. 70.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/313
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/313>, abgerufen am 21.11.2024.