Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 52.
Am Morgen sehr früh ist viel zu spät für
das, was man am Abend vorher hätte
thun sollen.

Am Morgen aber sehr früh, so bald der Mäurer
erwachte, hörte er jemand ihm vor dem Fenster
rufen.

Er stuhnd alsobald auf, und öffnete die Thüre.

Es war Flink, der Harschier aus dem Schloß.
Er grüßte den Mäurer und sagte:

Mäurer! ich habe dir schon gestern den Befehl
bringen sollen, daß man ungesäumt heute mit dem
Steinbrechen anfangen soll.

Mäurer. So viel ich gehört habe, hat der
Vogt die Arbeiter heute in's Schloß gehn heissen;
doch es ist noch früh, ich denk, sie werden noch
nicht fort seyn; ich will es ihnen sagen.

Da rief er dem Lenk, der in der Nähe wohnte,
vor seinem Fenster; aber es antwortete Niemand.

Nach einer Weile kam Killer, der mit ihm un-
ter einem Dache wohnt, hervor und sagte: Der
Lenk ist bey einer halben Stunde schon fort, mit
den andern ins Schloß. Der Vogt hat ihnen ge-
stern nach dem Nachtessen noch sagen lassen, daß

sie

§. 52.
Am Morgen ſehr fruͤh iſt viel zu ſpaͤt fuͤr
das, was man am Abend vorher haͤtte
thun ſollen.

Am Morgen aber ſehr fruͤh, ſo bald der Maͤurer
erwachte, hoͤrte er jemand ihm vor dem Fenſter
rufen.

Er ſtuhnd alſobald auf, und oͤffnete die Thuͤre.

Es war Flink, der Harſchier aus dem Schloß.
Er gruͤßte den Maͤurer und ſagte:

Maͤurer! ich habe dir ſchon geſtern den Befehl
bringen ſollen, daß man ungeſaͤumt heute mit dem
Steinbrechen anfangen ſoll.

Maͤurer. So viel ich gehoͤrt habe, hat der
Vogt die Arbeiter heute in’s Schloß gehn heiſſen;
doch es iſt noch fruͤh, ich denk, ſie werden noch
nicht fort ſeyn; ich will es ihnen ſagen.

Da rief er dem Lenk, der in der Naͤhe wohnte,
vor ſeinem Fenſter; aber es antwortete Niemand.

Nach einer Weile kam Killer, der mit ihm un-
ter einem Dache wohnt, hervor und ſagte: Der
Lenk iſt bey einer halben Stunde ſchon fort, mit
den andern ins Schloß. Der Vogt hat ihnen ge-
ſtern nach dem Nachteſſen noch ſagen laſſen, daß

ſie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0275" n="250"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>§. 52.<lb/><hi rendition="#b">Am Morgen &#x017F;ehr fru&#x0364;h i&#x017F;t viel zu &#x017F;pa&#x0364;t fu&#x0364;r<lb/>
das, was man am Abend vorher ha&#x0364;tte<lb/>
thun &#x017F;ollen.</hi></head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">A</hi>m Morgen aber &#x017F;ehr fru&#x0364;h, &#x017F;o bald der Ma&#x0364;urer<lb/>
erwachte, ho&#x0364;rte er jemand ihm vor dem Fen&#x017F;ter<lb/>
rufen.</p><lb/>
          <p>Er &#x017F;tuhnd al&#x017F;obald auf, und o&#x0364;ffnete die Thu&#x0364;re.</p><lb/>
          <p>Es war Flink, der Har&#x017F;chier aus dem Schloß.<lb/>
Er gru&#x0364;ßte den Ma&#x0364;urer und &#x017F;agte:</p><lb/>
          <p>Ma&#x0364;urer! ich habe dir &#x017F;chon ge&#x017F;tern den Befehl<lb/>
bringen &#x017F;ollen, daß man unge&#x017F;a&#x0364;umt heute mit dem<lb/>
Steinbrechen anfangen &#x017F;oll.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Ma&#x0364;urer.</hi> So viel ich geho&#x0364;rt habe, hat der<lb/>
Vogt die Arbeiter heute in&#x2019;s Schloß gehn hei&#x017F;&#x017F;en;<lb/>
doch es i&#x017F;t noch fru&#x0364;h, ich denk, &#x017F;ie werden noch<lb/>
nicht fort &#x017F;eyn; ich will es ihnen &#x017F;agen.</p><lb/>
          <p>Da rief er dem Lenk, der in der Na&#x0364;he wohnte,<lb/>
vor &#x017F;einem Fen&#x017F;ter; aber es antwortete Niemand.</p><lb/>
          <p>Nach einer Weile kam Killer, der mit ihm un-<lb/>
ter einem Dache wohnt, hervor und &#x017F;agte: Der<lb/>
Lenk i&#x017F;t bey einer halben Stunde &#x017F;chon fort, mit<lb/>
den andern ins Schloß. Der Vogt hat ihnen ge-<lb/>
&#x017F;tern nach dem Nachte&#x017F;&#x017F;en noch &#x017F;agen la&#x017F;&#x017F;en, daß<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ie</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[250/0275] §. 52. Am Morgen ſehr fruͤh iſt viel zu ſpaͤt fuͤr das, was man am Abend vorher haͤtte thun ſollen. Am Morgen aber ſehr fruͤh, ſo bald der Maͤurer erwachte, hoͤrte er jemand ihm vor dem Fenſter rufen. Er ſtuhnd alſobald auf, und oͤffnete die Thuͤre. Es war Flink, der Harſchier aus dem Schloß. Er gruͤßte den Maͤurer und ſagte: Maͤurer! ich habe dir ſchon geſtern den Befehl bringen ſollen, daß man ungeſaͤumt heute mit dem Steinbrechen anfangen ſoll. Maͤurer. So viel ich gehoͤrt habe, hat der Vogt die Arbeiter heute in’s Schloß gehn heiſſen; doch es iſt noch fruͤh, ich denk, ſie werden noch nicht fort ſeyn; ich will es ihnen ſagen. Da rief er dem Lenk, der in der Naͤhe wohnte, vor ſeinem Fenſter; aber es antwortete Niemand. Nach einer Weile kam Killer, der mit ihm un- ter einem Dache wohnt, hervor und ſagte: Der Lenk iſt bey einer halben Stunde ſchon fort, mit den andern ins Schloß. Der Vogt hat ihnen ge- ſtern nach dem Nachteſſen noch ſagen laſſen, daß ſie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/275
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/275>, abgerufen am 21.11.2024.