Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.Das menschliche Gehirn. Verhältniss zur Breite wächst, dass schmale Schädel im Allgemeinenhoch, breite Schädel flach sind, dass mit andern Worten der Höhen- index bei Dolichocephalen den Breitenindex übersteigt, bei Brachy- cephalen hinter ihm zurückbleibt, so dass also eine geringere Aus- dehnung in die Breite durch ein gesteigertes Höhenwachsthum aus- geglichen wird. Doch ist dieses Verhalten weder ein strenges noch ein ebenmässiges. Das Schwanken der Höhenindices ist viel ge- ringer als bei der Breite, es bewegt sich zwischen 70,2 und 82,4, denn der Höhenindex von 86,8 bei Altperuanern ist nicht ohne Verdacht eines künstlichen Ursprunges. Wir kennen ausserdem Völkerschaften, die für ihren Breitenindex eine viel zu geringe Höhe besitzen, wie die Hottentotten, die als Schmalschädel (69,2) es doch nur zu einem Höhenindex von 70,2 bringen, während er um mindestens drei volle Indexziffern höher steigen sollte. Um- gekehrt vereinigen die Bewohner der Insel Madura, eine der höch- sten Schädelbreiten (82,5) mit dem grössten Höhenindex, nämlich 82,4, während wir bei ihnen einen solchen von 75 etwa erwarten sollten. Solche Fälle gewähren nun gerade der Völkerkunde für die Beschreibung vortreffliche Schlagworte, so dass wir die Hotten- totten als flache Schmalschädel (Platystenocephalen), die malayischen Bewohner Maduras als hohe Breitschädel (Hypsibrachycephalen) be- zeichnen können. Der Breitenindex gibt uns einen Ersatz für die Gestalt des Schädels bei einer Betrachtung der Hirnschale von oben, wenn das Auge senkrecht den Mittelpunkt der Längenaxe trifft (Norma verticalis). Der Höhenindex wiederum bietet einen Ersatz für die Ansicht des Schädels von der Rückseite (Norma occipitalis). Freilich können bei gleichlautenden Indices die Um- risse bald eckig bald abgerundet sein, die grössten Breiten bald in der Mitte bald weiter nach rückwärts auftreten. Der Vergleich der gemessenen Ziffern untereinander ist indessen das einzige Verfahren, welches bisher der Wissenschaft zu Gebote stand, während die Aus- wahl von Typen nach dem Augenmasse zu künstlerischer Willkür verleiden würde. 2. Das menschliche Gehirn. Wenn wir einen durchschnittnen Todtenkopf auseinanderlegen, Das menschliche Gehirn. Verhältniss zur Breite wächst, dass schmale Schädel im Allgemeinenhoch, breite Schädel flach sind, dass mit andern Worten der Höhen- index bei Dolichocephalen den Breitenindex übersteigt, bei Brachy- cephalen hinter ihm zurückbleibt, so dass also eine geringere Aus- dehnung in die Breite durch ein gesteigertes Höhenwachsthum aus- geglichen wird. Doch ist dieses Verhalten weder ein strenges noch ein ebenmässiges. Das Schwanken der Höhenindices ist viel ge- ringer als bei der Breite, es bewegt sich zwischen 70,2 und 82,4, denn der Höhenindex von 86,8 bei Altperuanern ist nicht ohne Verdacht eines künstlichen Ursprunges. Wir kennen ausserdem Völkerschaften, die für ihren Breitenindex eine viel zu geringe Höhe besitzen, wie die Hottentotten, die als Schmalschädel (69,2) es doch nur zu einem Höhenindex von 70,2 bringen, während er um mindestens drei volle Indexziffern höher steigen sollte. Um- gekehrt vereinigen die Bewohner der Insel Madura, eine der höch- sten Schädelbreiten (82,5) mit dem grössten Höhenindex, nämlich 82,4, während wir bei ihnen einen solchen von 75 etwa erwarten sollten. Solche Fälle gewähren nun gerade der Völkerkunde für die Beschreibung vortreffliche Schlagworte, so dass wir die Hotten- totten als flache Schmalschädel (Platystenocephalen), die malayischen Bewohner Maduras als hohe Breitschädel (Hypsibrachycephalen) be- zeichnen können. Der Breitenindex gibt uns einen Ersatz für die Gestalt des Schädels bei einer Betrachtung der Hirnschale von oben, wenn das Auge senkrecht den Mittelpunkt der Längenaxe trifft (Norma verticalis). Der Höhenindex wiederum bietet einen Ersatz für die Ansicht des Schädels von der Rückseite (Norma occipitalis). Freilich können bei gleichlautenden Indices die Um- risse bald eckig bald abgerundet sein, die grössten Breiten bald in der Mitte bald weiter nach rückwärts auftreten. Der Vergleich der gemessenen Ziffern untereinander ist indessen das einzige Verfahren, welches bisher der Wissenschaft zu Gebote stand, während die Aus- wahl von Typen nach dem Augenmasse zu künstlerischer Willkür verleiden würde. 2. Das menschliche Gehirn. 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Das menschliche Gehirn.
Verhältniss zur Breite wächst, dass schmale Schädel im Allgemeinen
hoch, breite Schädel flach sind, dass mit andern Worten der Höhen-
index bei Dolichocephalen den Breitenindex übersteigt, bei Brachy-
cephalen hinter ihm zurückbleibt, so dass also eine geringere Aus-
dehnung in die Breite durch ein gesteigertes Höhenwachsthum aus-
geglichen wird. Doch ist dieses Verhalten weder ein strenges noch
ein ebenmässiges. Das Schwanken der Höhenindices ist viel ge-
ringer als bei der Breite, es bewegt sich zwischen 70,2 und 82,4,
denn der Höhenindex von 86,8 bei Altperuanern ist nicht ohne
Verdacht eines künstlichen Ursprunges. Wir kennen ausserdem
Völkerschaften, die für ihren Breitenindex eine viel zu geringe
Höhe besitzen, wie die Hottentotten, die als Schmalschädel (69,2)
es doch nur zu einem Höhenindex von 70,2 bringen, während er
um mindestens drei volle Indexziffern höher steigen sollte. Um-
gekehrt vereinigen die Bewohner der Insel Madura, eine der höch-
sten Schädelbreiten (82,5) mit dem grössten Höhenindex, nämlich
82,4, während wir bei ihnen einen solchen von 75 etwa erwarten
sollten. Solche Fälle gewähren nun gerade der Völkerkunde für
die Beschreibung vortreffliche Schlagworte, so dass wir die Hotten-
totten als flache Schmalschädel (Platystenocephalen), die malayischen
Bewohner Maduras als hohe Breitschädel (Hypsibrachycephalen) be-
zeichnen können. Der Breitenindex gibt uns einen Ersatz für die
Gestalt des Schädels bei einer Betrachtung der Hirnschale von
oben, wenn das Auge senkrecht den Mittelpunkt der Längenaxe
trifft (Norma verticalis). Der Höhenindex wiederum bietet einen
Ersatz für die Ansicht des Schädels von der Rückseite (Norma
occipitalis). Freilich können bei gleichlautenden Indices die Um-
risse bald eckig bald abgerundet sein, die grössten Breiten bald in
der Mitte bald weiter nach rückwärts auftreten. Der Vergleich der
gemessenen Ziffern untereinander ist indessen das einzige Verfahren,
welches bisher der Wissenschaft zu Gebote stand, während die Aus-
wahl von Typen nach dem Augenmasse zu künstlerischer Willkür
verleiden würde.
2. Das menschliche Gehirn.
Wenn wir einen durchschnittnen Todtenkopf auseinanderlegen,
müssen wir uns gestehen, dass wir nichts weiter in der Hand halten,
als gleichsam die Hülse einer abgeschossnen Patrone oder den
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