Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.I. Abth. I. Cap. Vom Ursprung der Macht die Sünden etc. Alte Lehrevon Verge- gebung derSünden. §. X. Dieses ware also der Gebrauch der ersten Kir- Das wenigen, daß alles auf das Gutdüncken der Bischöffe angekom- men. Sie bedienten sich dieser öffentlichen Busse zur Vermeh- rung ihrer Herrschafft. Jhre Politische Absichten hat der Herr Tho- masius in Not. ad Lancellot. Instit. Lib. II. Tit. V. gar wohl gezeiget. a) Die Verge- bung der Sün- den wird GOtt allein zugeeig- net, und stehet de- nen Bischöffen nicht zu.Hist. eccles Lib. I. cap. 10. Jn der Lateinischen Ubersetzung lauten die Worte also: Spes remissionis non a sacerdotibus, sed ab ipso Deo expectanda, qui & potest, & potestatem habet remittendi peccata. b) Unter denen Apostolischen Freyheiten aber ware die Gewalt,
Sünden zu vergeben und zu behalten, nicht die geringste. Diese solte auch also denen Bischöffen eigen seyn. Jch kan mir aber im geringsten nicht einbilden, daß die Bischöffe denen Aposteln nach- gefolget, wegen des grossen und vielfältigen Unterscheids, so zwi- schen beyden zu finden, siehe Burmann am angeführten Ort. Die Bi- I. Abth. I. Cap. Vom Urſprung der Macht die Suͤnden ꝛc. Alte Lehrevon Verge- gebung derSuͤnden. §. X. Dieſes ware alſo der Gebrauch der erſten Kir- Das wenigen, daß alles auf das Gutduͤncken der Biſchoͤffe angekom- men. Sie bedienten ſich dieſer oͤffentlichen Buſſe zur Vermeh- rung ihrer Herrſchafft. Jhre Politiſche Abſichten hat der Herr Tho- maſius in Not. ad Lancellot. Inſtit. Lib. II. Tit. V. gar wohl gezeiget. a) Die Verge- bung der Suͤn- den wird GOtt allein zugeeig- net, und ſtehet de- nen Biſchoͤffen nicht zu.Hiſt. eccleſ Lib. I. cap. 10. Jn der Lateiniſchen Uberſetzung lauten die Worte alſo: Spes remiſſionis non a ſacerdotibus, ſed ab ipſo Deo expectanda, qui & poteſt, & poteſtatem habet remittendi peccata. b) Unter denen Apoſtoliſchen Freyheiten aber ware die Gewalt,
Suͤnden zu vergeben und zu behalten, nicht die geringſte. Dieſe ſolte auch alſo denen Biſchoͤffen eigen ſeyn. Jch kan mir aber im geringſten nicht einbilden, daß die Biſchoͤffe denen Apoſteln nach- gefolget, wegen des groſſen und vielfaͤltigen Unterſcheids, ſo zwi- ſchen beyden zu finden, ſiehe Burmann am angefuͤhrten Ort. Die Bi- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0089" n="70"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Abth. <hi rendition="#aq">I.</hi> Cap. Vom Urſprung der Macht die Suͤnden ꝛc.</hi> </fw><lb/> <note place="left">Alte Lehre<lb/> von Verge-<lb/> gebung derSuͤnden.</note> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. <hi rendition="#aq">X.</hi></head> <p>Dieſes ware alſo der Gebrauch der erſten Kir-<lb/> che/ da das Chriſtenthum noch nicht ſo verfallen war. Man<lb/> hegte die beſtaͤndige Lehre/ daß die Kirche das Unrecht/ ſo <hi rendition="#fr">ihr</hi><lb/> durch grobe Suͤnden wiederfahren/ vergeben koͤnne/ das<lb/> uͤbrige ſey GOtt vorbehalten. <hi rendition="#aq">Socrates</hi> ſchreibet noch zu<lb/> ſeiner Zeit <note place="foot" n="a)"><note place="left">Die Verge-<lb/> bung der Suͤn-<lb/> den wird GOtt<lb/> allein zugeeig-<lb/> net,<lb/> und ſtehet de-<lb/> nen Biſchoͤffen<lb/> nicht zu.</note><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Hiſt. eccleſ Lib.</hi> I. <hi rendition="#i">cap. 10.</hi></hi> Jn der Lateiniſchen Uberſetzung lauten<lb/> die Worte alſo: <hi rendition="#aq">Spes remiſſionis non a ſacerdotibus, ſed ab ipſo<lb/> Deo expectanda, qui & poteſt, & poteſtatem habet remittendi<lb/> peccata.</hi></note>: <hi rendition="#fr">Die Vergebung der Suͤnden iſt nicht von denen<lb/> Prieſtern, ſondern von GOtt ſelbſt zu erwarten, als der da kan,<lb/> und die Gewalt hat, die Suͤnden zu vergeben.</hi> Mit der Zeit<lb/> aber/ da das Chriſtenthum immer mehr und mehr ver-<lb/> ſchlimmert wurde/ ſo kunte auch die Lehre von der Verge-<lb/> bung der Suͤnden nicht rein/ lauter und unbefleckt bleiben.<lb/> Die Biſchoͤffe beredeten ſich und andere/ daß ſie an ſtatt der<lb/> Apoſtel da waͤren/ welcher Jrꝛthum als eine fruchtbare Mut-<lb/> ter noch ſehr viele andere gezeuget hat/ die ſehr ſchaͤdlich wa-<lb/> ren. Sie wolten ſich alſo alle Apoſtoliſche Gerechtſame und<lb/> Freyheiten zueignen <note xml:id="f56" next="#f57" place="foot" n="b)">Unter denen Apoſtoliſchen Freyheiten aber ware die Gewalt,<lb/> Suͤnden zu vergeben und zu behalten, nicht die geringſte. Dieſe<lb/> ſolte auch alſo denen Biſchoͤffen eigen ſeyn. Jch kan mir aber im<lb/> geringſten nicht einbilden, daß die Biſchoͤffe denen Apoſteln nach-<lb/> gefolget, wegen des groſſen und vielfaͤltigen Unterſcheids, ſo zwi-<lb/> ſchen beyden zu finden, ſiehe <hi rendition="#aq">Burmann</hi> am angefuͤhrten Ort. Die<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Bi-</fw></note>/ ob ſie ſchon in denjenigen/ ſo ih-<lb/> nen nicht in den Kram taugten/ gantz und gar nichts von<lb/> der Apoſtoliſchen Nachfolge zu hoͤren verlangten.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Das</hi> </fw><lb/> <p> <note xml:id="f55" prev="#f54" place="foot" n="e)">wenigen, daß alles auf das Gutduͤncken der Biſchoͤffe angekom-<lb/> men. Sie bedienten ſich dieſer oͤffentlichen Buſſe zur Vermeh-<lb/> rung ihrer Herrſchafft. Jhre Politiſche Abſichten hat der Herr <hi rendition="#aq">Tho-<lb/> maſius <hi rendition="#i">in Not. ad Lancellot. Inſtit. Lib.</hi> II. <hi rendition="#i">Tit. V.</hi></hi> gar wohl gezeiget.</note> </p> </div> </div><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [70/0089]
I. Abth. I. Cap. Vom Urſprung der Macht die Suͤnden ꝛc.
§. X. Dieſes ware alſo der Gebrauch der erſten Kir-
che/ da das Chriſtenthum noch nicht ſo verfallen war. Man
hegte die beſtaͤndige Lehre/ daß die Kirche das Unrecht/ ſo ihr
durch grobe Suͤnden wiederfahren/ vergeben koͤnne/ das
uͤbrige ſey GOtt vorbehalten. Socrates ſchreibet noch zu
ſeiner Zeit a): Die Vergebung der Suͤnden iſt nicht von denen
Prieſtern, ſondern von GOtt ſelbſt zu erwarten, als der da kan,
und die Gewalt hat, die Suͤnden zu vergeben. Mit der Zeit
aber/ da das Chriſtenthum immer mehr und mehr ver-
ſchlimmert wurde/ ſo kunte auch die Lehre von der Verge-
bung der Suͤnden nicht rein/ lauter und unbefleckt bleiben.
Die Biſchoͤffe beredeten ſich und andere/ daß ſie an ſtatt der
Apoſtel da waͤren/ welcher Jrꝛthum als eine fruchtbare Mut-
ter noch ſehr viele andere gezeuget hat/ die ſehr ſchaͤdlich wa-
ren. Sie wolten ſich alſo alle Apoſtoliſche Gerechtſame und
Freyheiten zueignen b)/ ob ſie ſchon in denjenigen/ ſo ih-
nen nicht in den Kram taugten/ gantz und gar nichts von
der Apoſtoliſchen Nachfolge zu hoͤren verlangten.
Das
e)
a) Hiſt. eccleſ Lib. I. cap. 10. Jn der Lateiniſchen Uberſetzung lauten
die Worte alſo: Spes remiſſionis non a ſacerdotibus, ſed ab ipſo
Deo expectanda, qui & poteſt, & poteſtatem habet remittendi
peccata.
b) Unter denen Apoſtoliſchen Freyheiten aber ware die Gewalt,
Suͤnden zu vergeben und zu behalten, nicht die geringſte. Dieſe
ſolte auch alſo denen Biſchoͤffen eigen ſeyn. Jch kan mir aber im
geringſten nicht einbilden, daß die Biſchoͤffe denen Apoſteln nach-
gefolget, wegen des groſſen und vielfaͤltigen Unterſcheids, ſo zwi-
ſchen beyden zu finden, ſiehe Burmann am angefuͤhrten Ort. Die
Bi-
e) wenigen, daß alles auf das Gutduͤncken der Biſchoͤffe angekom-
men. Sie bedienten ſich dieſer oͤffentlichen Buſſe zur Vermeh-
rung ihrer Herrſchafft. Jhre Politiſche Abſichten hat der Herr Tho-
maſius in Not. ad Lancellot. Inſtit. Lib. II. Tit. V. gar wohl gezeiget.
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