Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

die Sünde zu vergeben und zu behalten.
Anhauchen und Schenckung des heiligen Geistes einig und
alleine geschehen/ und Christus hat seine Rede zu niemand
anders als zu ihnen gerichtet a). Sie besassen auch unter
andern hier zu gehörigen Gnaden-Mitteln allein den Geist
der Wahrheit/ dessen kräfftige Würckung sich überall äu-
serte b). Dieses aber ware bey der Vergebung und Behal-
tung der Sünde höchst nothwendig/ welches abermahls
unsern heutigen Dienern des Worts mangelt.

§. VII.

Jch habe weiter behauptet/ daß bey der denen4) Waren
bey dieser
Macht
wunder-
bahre

Würckun-
gen.

Aposteln verliehenen und von ihnen aus geübten Gewalt
wunderbare Würckungen zu sehen gewesen. Denn da sie den
Geist der Wahrheit hatten/ sahen sie in das innerste des mensch-
lichen Hertzens/ und vergaben nur denemenigen/ denen die
Busse ein rechter Ernst war/ ihre Sünden. Der Geist der
Wahrheit würckete bey ihnen so viel/ daß sie in dem Werck
der Vergebung ohnmöglich irren und etwas menschliches
leiden kunten a). Ohne Zweiffel ist auch damahls die Ver-

gebung
a) Mir ist zwar mehr als zuwohl bekant/ was einige zur Vertheidi-Ob die Apo-
stel die Kirche
vorgestellt?

gung ihrer Meinung, daß nemlich allen Kirchen-Dienern diese
Macht zustünde, vorzubringen pflegen. Sie sagen, die Apostel
haben die gantze Kirche vorgestellt, da Christus zu ihnen geredet,
und die Macht Sünde zu vergeben und zu behalten mit getheilet.
Es sey also diese Gewalt der Kirchen gegeben. Wie abgeschmackt
aber dergleichen Einwurff ist, soll unten mit mehrern gewiesen
werden.
b) Denn so stehet Joh. XVI. 13. Wenn aber jener, to pneuma tesSie hatten
den Geist der
Wahrheit.

aletheias, der Geist der Wahrheit kommen wird, der wird
euch in alle Wahrheit leiten.
a) Burmann schliesset derowegen an angeführtem Ort §. 3. recht undDie Apostel
haben die
Sünden ohne
Bedingung
vergeben.

billig, daß die Apostel die Sünden absolut ohne einige Bedin-
gung
vergeben; dieses aber käme sonsten GOtt allein zu, und
sey niemand zuzueignen, als denen, so Christus dazumahl den
heiligen Geist unmittelbahr geschencket.
b) Die-
h 3

die Suͤnde zu vergeben und zu behalten.
Anhauchen und Schenckung des heiligen Geiſtes einig und
alleine geſchehen/ und Chriſtus hat ſeine Rede zu niemand
anders als zu ihnen gerichtet a). Sie beſaſſen auch unter
andern hier zu gehoͤrigen Gnaden-Mitteln allein den Geiſt
der Wahrheit/ deſſen kraͤfftige Wuͤrckung ſich uͤberall aͤu-
ſerte b). Dieſes aber ware bey der Vergebung und Behal-
tung der Suͤnde hoͤchſt nothwendig/ welches abermahls
unſern heutigen Dienern des Worts mangelt.

§. VII.

Jch habe weiter behauptet/ daß bey der denen4) Waren
bey dieſer
Macht
wunder-
bahre

Wuͤrckun-
gen.

Apoſteln verliehenen und von ihnen aus geuͤbten Gewalt
wunderbare Wuͤrckungen zu ſehen geweſen. Denn da ſie den
Geiſt deꝛ Wahrheit hatten/ ſahen ſie in das iñerſte des menſch-
lichen Hertzens/ und vergaben nur denemenigen/ denen die
Buſſe ein rechter Ernſt war/ ihre Suͤnden. Der Geiſt der
Wahrheit wuͤrckete bey ihnen ſo viel/ daß ſie in dem Werck
der Vergebung ohnmoͤglich irren und etwas menſchliches
leiden kunten a). Ohne Zweiffel iſt auch damahls die Ver-

gebung
a) Mir iſt zwar mehr als zuwohl bekant/ was einige zur Vertheidi-Ob die Apo-
ſtel die Kirche
vorgeſtellt?

gung ihrer Meinung, daß nemlich allen Kirchen-Dienern dieſe
Macht zuſtuͤnde, vorzubringen pflegen. Sie ſagen, die Apoſtel
haben die gantze Kirche vorgeſtellt, da Chriſtus zu ihnen geredet,
und die Macht Suͤnde zu vergeben und zu behalten mit getheilet.
Es ſey alſo dieſe Gewalt der Kirchen gegeben. Wie abgeſchmackt
aber dergleichen Einwurff iſt, ſoll unten mit mehrern gewieſen
werden.
b) Denn ſo ſtehet Joh. XVI. 13. Wenn aber jener, τὸ πνεῦμα τῆςSie hatten
den Geiſt der
Wahrheit.

ἀληϑείας, der Geiſt der Wahrheit kommen wird, der wird
euch in alle Wahrheit leiten.
a) Burmann ſchlieſſet derowegen an angefuͤhrtem Ort §. 3. recht undDie Apoſtel
haben die
Suͤnden ohne
Bedingung
vergeben.

billig, daß die Apoſtel die Suͤnden abſolut ohne einige Bedin-
gung
vergeben; dieſes aber kaͤme ſonſten GOtt allein zu, und
ſey niemand zuzueignen, als denen, ſo Chriſtus dazumahl den
heiligen Geiſt unmittelbahr geſchencket.
b) Die-
h 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0080" n="61"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">die Su&#x0364;nde zu vergeben und zu behalten.</hi></fw><lb/>
Anhauchen und Schenckung des heiligen Gei&#x017F;tes einig und<lb/>
alleine ge&#x017F;chehen/ und Chri&#x017F;tus hat &#x017F;eine Rede zu niemand<lb/>
anders als zu ihnen gerichtet <note place="foot" n="a)">Mir i&#x017F;t zwar mehr als zuwohl bekant/ was einige zur Vertheidi-<note place="right">Ob die Apo-<lb/>
&#x017F;tel die Kirche<lb/>
vorge&#x017F;tellt?</note><lb/>
gung ihrer Meinung, daß nemlich allen Kirchen-Dienern die&#x017F;e<lb/>
Macht zu&#x017F;tu&#x0364;nde, vorzubringen pflegen. Sie &#x017F;agen, die Apo&#x017F;tel<lb/>
haben die gantze Kirche vorge&#x017F;tellt, da Chri&#x017F;tus zu ihnen geredet,<lb/>
und die Macht Su&#x0364;nde zu vergeben und zu behalten mit getheilet.<lb/>
Es &#x017F;ey al&#x017F;o die&#x017F;e Gewalt der Kirchen gegeben. Wie abge&#x017F;chmackt<lb/>
aber dergleichen Einwurff i&#x017F;t, &#x017F;oll unten mit mehrern gewie&#x017F;en<lb/>
werden.</note>. Sie be&#x017F;a&#x017F;&#x017F;en auch unter<lb/>
andern hier zu geho&#x0364;rigen Gnaden-Mitteln allein den Gei&#x017F;t<lb/>
der Wahrheit/ de&#x017F;&#x017F;en kra&#x0364;fftige Wu&#x0364;rckung &#x017F;ich u&#x0364;berall a&#x0364;u-<lb/>
&#x017F;erte <note place="foot" n="b)">Denn &#x017F;o &#x017F;tehet <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Joh. XVI. 13.</hi></hi> <hi rendition="#fr">Wenn aber jener,</hi> &#x03C4;&#x1F78; &#x03C0;&#x03BD;&#x03B5;&#x1FE6;&#x03BC;&#x03B1; &#x03C4;&#x1FC6;&#x03C2;<note place="right">Sie hatten<lb/>
den Gei&#x017F;t der<lb/>
Wahrheit.</note><lb/>
&#x1F00;&#x03BB;&#x03B7;&#x03D1;&#x03B5;&#x03AF;&#x03B1;&#x03C2;, <hi rendition="#fr">der Gei&#x017F;t der Wahrheit kommen wird, der wird<lb/>
euch in alle Wahrheit leiten.</hi></note>. Die&#x017F;es aber ware bey der Vergebung und Behal-<lb/>
tung der Su&#x0364;nde ho&#x0364;ch&#x017F;t nothwendig/ welches abermahls<lb/>
un&#x017F;ern heutigen Dienern des Worts mangelt.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. <hi rendition="#aq">VII.</hi></head>
            <p>Jch habe weiter behauptet/ daß bey der denen<note place="right">4) Waren<lb/>
bey die&#x017F;er<lb/><hi rendition="#g">Macht<lb/>
wunder-<lb/>
bahre</hi><lb/>
Wu&#x0364;rckun-<lb/>
gen.</note><lb/>
Apo&#x017F;teln verliehenen und von ihnen aus geu&#x0364;bten Gewalt<lb/><hi rendition="#fr">wunderbare Wu&#x0364;rckungen</hi> zu &#x017F;ehen gewe&#x017F;en. Denn da &#x017F;ie den<lb/>
Gei&#x017F;t de&#xA75B; Wahrheit hatten/ &#x017F;ahen &#x017F;ie in das in&#x0303;er&#x017F;te des men&#x017F;ch-<lb/>
lichen Hertzens/ und vergaben nur denemenigen/ denen die<lb/>
Bu&#x017F;&#x017F;e ein rechter Ern&#x017F;t war/ ihre Su&#x0364;nden. Der Gei&#x017F;t der<lb/>
Wahrheit wu&#x0364;rckete bey ihnen &#x017F;o viel/ daß &#x017F;ie in dem Werck<lb/>
der Vergebung ohnmo&#x0364;glich irren und etwas men&#x017F;chliches<lb/>
leiden kunten <note place="foot" n="a)"><hi rendition="#aq">Burmann</hi> &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;et derowegen an angefu&#x0364;hrtem Ort §. <hi rendition="#i">3.</hi> recht und<note place="right">Die Apo&#x017F;tel<lb/>
haben die<lb/>
Su&#x0364;nden ohne<lb/>
Bedingung<lb/>
vergeben.</note><lb/>
billig, daß die Apo&#x017F;tel die Su&#x0364;nden <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ab&#x017F;olut</hi></hi> <hi rendition="#fr">ohne einige Bedin-<lb/>
gung</hi> vergeben; die&#x017F;es aber ka&#x0364;me &#x017F;on&#x017F;ten <hi rendition="#fr">GOtt allein</hi> zu, und<lb/>
&#x017F;ey niemand zuzueignen, als denen, &#x017F;o Chri&#x017F;tus dazumahl den<lb/>
heiligen Gei&#x017F;t unmittelbahr ge&#x017F;chencket.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">b)</hi> Die-</fw></note>. Ohne Zweiffel i&#x017F;t auch damahls die Ver-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gebung</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">h 3</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0080] die Suͤnde zu vergeben und zu behalten. Anhauchen und Schenckung des heiligen Geiſtes einig und alleine geſchehen/ und Chriſtus hat ſeine Rede zu niemand anders als zu ihnen gerichtet a). Sie beſaſſen auch unter andern hier zu gehoͤrigen Gnaden-Mitteln allein den Geiſt der Wahrheit/ deſſen kraͤfftige Wuͤrckung ſich uͤberall aͤu- ſerte b). Dieſes aber ware bey der Vergebung und Behal- tung der Suͤnde hoͤchſt nothwendig/ welches abermahls unſern heutigen Dienern des Worts mangelt. §. VII. Jch habe weiter behauptet/ daß bey der denen Apoſteln verliehenen und von ihnen aus geuͤbten Gewalt wunderbare Wuͤrckungen zu ſehen geweſen. Denn da ſie den Geiſt deꝛ Wahrheit hatten/ ſahen ſie in das iñerſte des menſch- lichen Hertzens/ und vergaben nur denemenigen/ denen die Buſſe ein rechter Ernſt war/ ihre Suͤnden. Der Geiſt der Wahrheit wuͤrckete bey ihnen ſo viel/ daß ſie in dem Werck der Vergebung ohnmoͤglich irren und etwas menſchliches leiden kunten a). Ohne Zweiffel iſt auch damahls die Ver- gebung 4) Waren bey dieſer Macht wunder- bahre Wuͤrckun- gen. a) Mir iſt zwar mehr als zuwohl bekant/ was einige zur Vertheidi- gung ihrer Meinung, daß nemlich allen Kirchen-Dienern dieſe Macht zuſtuͤnde, vorzubringen pflegen. Sie ſagen, die Apoſtel haben die gantze Kirche vorgeſtellt, da Chriſtus zu ihnen geredet, und die Macht Suͤnde zu vergeben und zu behalten mit getheilet. Es ſey alſo dieſe Gewalt der Kirchen gegeben. Wie abgeſchmackt aber dergleichen Einwurff iſt, ſoll unten mit mehrern gewieſen werden. b) Denn ſo ſtehet Joh. XVI. 13. Wenn aber jener, τὸ πνεῦμα τῆς ἀληϑείας, der Geiſt der Wahrheit kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit leiten. a) Burmann ſchlieſſet derowegen an angefuͤhrtem Ort §. 3. recht und billig, daß die Apoſtel die Suͤnden abſolut ohne einige Bedin- gung vergeben; dieſes aber kaͤme ſonſten GOtt allein zu, und ſey niemand zuzueignen, als denen, ſo Chriſtus dazumahl den heiligen Geiſt unmittelbahr geſchencket. b) Die- h 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/80
Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/80>, abgerufen am 30.12.2024.