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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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Studio in der Theologie.
§. XXXIX.

Was in dem canonischen Recht von Ehe-Bey denen
Materien
des cano-
ni
schen
Rechts, ist
die Theo-
logie
zur
Hand zu
nehmen.

Sachen/ andern Sacramenten/ Kirchen-Güthern/ rebus
und personis Sacris, von der Simonie, Buße/ Kirchen-
Bann/ Ketzerey und andern Materien vorkommt/ kan nim-
mermehr in eine deutliche Richtigkeit gesetzet werden/ wenn
man die Theologie nicht zur Hand nimt. Das Jus cano-
nicum
überhaupt affectiret eine Heiligkeit, Gottesfurcht etc.
Um nun dahinter zu kommen/ ob es dergleichen auch würck-
lich vorträgt so muß ich wissen/ worinnen die wahre Hei-
ligkeit und Gottesfurcht
bestehet. Dieses muß ich aus der
rechten Theologie erlernen. Außer dem werde ich nicht
vermögend seyn/ dem juri canonico seine Schmincke und
Larve
abzuziehen. Jch werde dessen Scheinheiligkeit, und
falsche
Pietät nicht zeigen können (a). Viele Dinge giebtes
vor solche Sachen aus/ die zur Ehre GOttes gereichten.
Darum muß ich ja wiederum aus der Theologie unterrich-
tet seyn/ worinn eigentlich die Ehre GOttes bestehe. Hab
ich solches wohl gefast/ so wird es sich zeigen/ daß unter dem
Vorwand/ die Ehre GOttes zu befördern/ die leichtfertig-
sten fleischlichen Absichten
zum öfftern verborgen liegen.

§. XL.

Alle rechte Ideen von erzehlten und andernBeschluß.
Dingen kan man/ wie bereits gemeldet/ nirgends anders/
als aus der Theologie herhohlen. Darum so sage ich noch-
mahls: Ein Jurist muß die Theologie mit excoliren. Die
Nothwendigkeit erfordert es/ daß er zum öfftern von Theo-
logi
schen Sachen redet/ schreibet und urtheilet. Derienige
ist erstlich ein gründlich gelehrter Jurist, der nebst Erlernung

an-
(a) Man giebet zwar vor, das canonische Recht suche die Wohlfahrt der Seelen-wolteScheinbare
Pietät des
Canonischen
Rechts.

gerne alle Sünden vermieden wissen, u. s. w. dahero es dem juri civili weit vorzu-
ziehen. Also preisen fast alle Doctores solche Pietät heraus. Allein Petrus de
Ferrariis
hat schon Ao. 1400. in seiner praxi aurea tit. IV. n. 44. sq. den Schwe-
ren desselben aufgestochen, und gewiesen, daß nichts darunter verborgen, als das In-
teresse
der Geistlichkeit.
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Studio in der Theologie.
§. XXXIX.

Was in dem canoniſchen Recht von Ehe-Bey denen
Materien
des cano-
ni
ſchen
Rechts, iſt
die Theo-
logie
zur
Hand zu
nehmen.

Sachen/ andern Sacramenten/ Kirchen-Guͤthern/ rebus
und perſonis Sacris, von der Simonie, Buße/ Kirchen-
Bann/ Ketzerey und andern Materien vorkommt/ kan nim-
mermehr in eine deutliche Richtigkeit geſetzet werden/ wenn
man die Theologie nicht zur Hand nimt. Das Jus cano-
nicum
uͤberhaupt affectiret eine Heiligkeit, Gottesfurcht ꝛc.
Um nun dahinter zu kommen/ ob es dergleichen auch wuͤrck-
lich vortraͤgt ſo muß ich wiſſen/ worinnen die wahre Hei-
ligkeit und Gottesfurcht
beſtehet. Dieſes muß ich aus der
rechten Theologie erlernen. Außer dem werde ich nicht
vermoͤgend ſeyn/ dem juri canonico ſeine Schmincke und
Larve
abzuziehen. Jch werde deſſen Scheinheiligkeit, und
falſche
Pietaͤt nicht zeigen koͤnnen (a). Viele Dinge giebtes
vor ſolche Sachen aus/ die zur Ehre GOttes gereichten.
Darum muß ich ja wiederum aus der Theologie unterrich-
tet ſeyn/ worinn eigentlich die Ehre GOttes beſtehe. Hab
ich ſolches wohl gefaſt/ ſo wird es ſich zeigen/ daß unter dem
Vorwand/ die Ehre GOttes zu befoͤrdern/ die leichtfertig-
ſten fleiſchlichen Abſichten
zum oͤfftern verborgen liegen.

§. XL.

Alle rechte Ideen von erzehlten und andernBeſchluß.
Dingen kan man/ wie bereits gemeldet/ nirgends anders/
als aus der Theologie herhohlen. Darum ſo ſage ich noch-
mahls: Ein Juriſt muß die Theologie mit excoliren. Die
Nothwendigkeit erfordert es/ daß er zum oͤfftern von Theo-
logi
ſchen Sachen redet/ ſchreibet und urtheilet. Derienige
iſt erſtlich ein gruͤndlich gelehrter Juriſt, der nebſt Erlernung

an-
(a) Man giebet zwar vor, das canoniſche Recht ſuche die Wohlfahrt der Seelen-wolteScheinbare
Pietaͤt des
Canoniſchen
Rechts.

gerne alle Suͤnden vermieden wiſſen, u. ſ. w. dahero es dem juri civili weit vorzu-
ziehen. Alſo preiſen faſt alle Doctores ſolche Pietaͤt heraus. Allein Petrus de
Ferrariis
hat ſchon Ao. 1400. in ſeiner praxi aurea tit. IV. n. 44. ſq. den Schwe-
ren deſſelben aufgeſtochen, und gewieſen, daß nichts darunter verborgen, als das In-
tereſſe
der Geiſtlichkeit.
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[51/0070] Studio in der Theologie. §. XXXIX. Was in dem canoniſchen Recht von Ehe- Sachen/ andern Sacramenten/ Kirchen-Guͤthern/ rebus und perſonis Sacris, von der Simonie, Buße/ Kirchen- Bann/ Ketzerey und andern Materien vorkommt/ kan nim- mermehr in eine deutliche Richtigkeit geſetzet werden/ wenn man die Theologie nicht zur Hand nimt. Das Jus cano- nicum uͤberhaupt affectiret eine Heiligkeit, Gottesfurcht ꝛc. Um nun dahinter zu kommen/ ob es dergleichen auch wuͤrck- lich vortraͤgt ſo muß ich wiſſen/ worinnen die wahre Hei- ligkeit und Gottesfurcht beſtehet. Dieſes muß ich aus der rechten Theologie erlernen. Außer dem werde ich nicht vermoͤgend ſeyn/ dem juri canonico ſeine Schmincke und Larve abzuziehen. Jch werde deſſen Scheinheiligkeit, und falſche Pietaͤt nicht zeigen koͤnnen (a). Viele Dinge giebtes vor ſolche Sachen aus/ die zur Ehre GOttes gereichten. Darum muß ich ja wiederum aus der Theologie unterrich- tet ſeyn/ worinn eigentlich die Ehre GOttes beſtehe. Hab ich ſolches wohl gefaſt/ ſo wird es ſich zeigen/ daß unter dem Vorwand/ die Ehre GOttes zu befoͤrdern/ die leichtfertig- ſten fleiſchlichen Abſichten zum oͤfftern verborgen liegen. Bey denen Materien des cano- niſchen Rechts, iſt die Theo- logie zur Hand zu nehmen. §. XL. Alle rechte Ideen von erzehlten und andern Dingen kan man/ wie bereits gemeldet/ nirgends anders/ als aus der Theologie herhohlen. Darum ſo ſage ich noch- mahls: Ein Juriſt muß die Theologie mit excoliren. Die Nothwendigkeit erfordert es/ daß er zum oͤfftern von Theo- logiſchen Sachen redet/ ſchreibet und urtheilet. Derienige iſt erſtlich ein gruͤndlich gelehrter Juriſt, der nebſt Erlernung an- Beſchluß. (a) Man giebet zwar vor, das canoniſche Recht ſuche die Wohlfahrt der Seelen-wolte gerne alle Suͤnden vermieden wiſſen, u. ſ. w. dahero es dem juri civili weit vorzu- ziehen. Alſo preiſen faſt alle Doctores ſolche Pietaͤt heraus. Allein Petrus de Ferrariis hat ſchon Ao. 1400. in ſeiner praxi aurea tit. IV. n. 44. ſq. den Schwe- ren deſſelben aufgeſtochen, und gewieſen, daß nichts darunter verborgen, als das In- tereſſe der Geiſtlichkeit. g 2

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/70>, abgerufen am 21.11.2024.