Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Abth. II. Cap. Vom Recht eines Fürsten
seyn a). Dannenhero solte man meinen/ man würde gar
keinen Zweiffel wieder dergleichen Befugnüsse eines Für-
sten/ machen können.

Ob ein Für-
ste die allge-
meinen Ge-
bräuche bey
der Kirchen
abschaffen
könne. Ge-
meine Mei-nung hievon.
§. IV.

Allein es finden sich einige/ die einen Unter-
scheid machen/ unter denen allgemeinen und besondern Ge-
bräuchen a). Die vornehmste Wirckung hievon/ suchen sie
darinnen/ daß man die besondern zwar abschaffen könne,
aber nicht so leicht die allgemeinen. Dieses ist absonderlich
die Meinung Hildebrands/ und saget er: Daß man die
alten allgemeinen Gebräuche beybehalten müsse, und eine
einzelne Kirche solche nicht leicht abschaffen könne
b). Die

Ab-
a) Was die Cere-
monien sind.
Dieses ist auch überaus wohl in der Magdeburgischen Kirchen-
Ordnung c. 11. §. 1. ausgedruckt, da es heist: Es sollen die Pre-
diger von denen Ceremonien und Ordnungen in den Kir-
chen ihre Zuhörer aus GOttes Wort und nach Anleitung
dieser Kirchen-Ordnung, so offt es die Gelegenheit giebet,
berichten, daß solche äusserliche Ceremonien und Ordnungen

vor sich selbst kein Gottes dienst seyn, noch ein Stück desselben,
sondern daß sie allein der Ursachen halber verordnet, auf
daß der Gottesdienst zu gehöriger Zeit und dem gewöhn-
lichen Ort fein ordentlich und ehrlich gehalten werde.
a) Unterscheid der
Kirchen-Ge-
bräuche.
Diese sind allen Kirchen eigen, und machen den meisten Theil
aus. Jene haben von uhralten Zeiten in denen meisten Kirchen
geblühet. Man hat dafür gehalten, daß solche von denen A-
posteln angeordnet worden, und per traditionem auf die Nach-
kommen gelanget. Dergleichen allgemeine Gebräuche führet
der berühmte Helmstädtische Theologus Joach. Hildebrand, in
seiner disp. de ritibus sacris §. 17. an.
b) Hildebrands
Meinung von
denen oecume-
ni
schen Cere-
monien.
Hildebrand cit. l. Prisci ritus vniuersales per ecclesias omnes re-
cepti, sancte retineri, nec ab vlla particulari ecclesia abrogari
temere debent.
Er ist also nicht wohl auf die Reformirten
zu sprechen, daß dieselben die Beschwörung des Satans bey der
Tauffe abgeschafft. Es sey solches ein alter und allgemeiner
Ge-

III. Abth. II. Cap. Vom Recht eines Fuͤrſten
ſeyn a). Dannenhero ſolte man meinen/ man wuͤrde gar
keinen Zweiffel wieder dergleichen Befugnuͤſſe eines Fuͤr-
ſten/ machen koͤnnen.

Ob ein Fuͤr-
ſte die allge-
meinen Ge-
braͤuche bey
der Kirchen
abſchaffen
koͤnne. Ge-
meine Mei-nũg hievon.
§. IV.

Allein es finden ſich einige/ die einen Unter-
ſcheid machen/ unter denen allgemeinen und beſondern Ge-
braͤuchen a). Die vornehmſte Wirckung hievon/ ſuchen ſie
darinnen/ daß man die beſondern zwar abſchaffen koͤnne,
aber nicht ſo leicht die allgemeinen. Dieſes iſt abſonderlich
die Meinung Hildebrands/ und ſaget er: Daß man die
alten allgemeinen Gebraͤuche beybehalten muͤſſe, und eine
einzelne Kirche ſolche nicht leicht abſchaffen koͤnne
b). Die

Ab-
a) Was die Cere-
monien ſind.
Dieſes iſt auch uͤberaus wohl in der Magdeburgiſchen Kirchen-
Ordnung c. 11. §. 1. ausgedruckt, da es heiſt: Es ſollen die Pre-
diger von denen Ceremonien und Ordnungen in den Kir-
chen ihre Zuhoͤrer aus GOttes Wort und nach Anleitung
dieſer Kirchen-Ordnung, ſo offt es die Gelegenheit giebet,
berichten, daß ſolche aͤuſſerliche Ceremonien und Ordnungen

vor ſich ſelbſt kein Gottes dienſt ſeyn, noch ein Stuͤck deſſelbẽ,
ſondern daß ſie allein der Urſachen halber verordnet, auf
daß der Gottesdienſt zu gehoͤriger Zeit und dem gewoͤhn-
lichen Ort fein ordentlich und ehrlich gehalten werde.
a) Unterſcheid der
Kirchen-Ge-
braͤuche.
Dieſe ſind allen Kirchen eigen, und machen den meiſten Theil
aus. Jene haben von uhralten Zeiten in denen meiſten Kirchen
gebluͤhet. Man hat dafuͤr gehalten, daß ſolche von denen A-
poſteln angeordnet worden, und per traditionem auf die Nach-
kommen gelanget. Dergleichen allgemeine Gebraͤuche fuͤhret
der beruͤhmte Helmſtaͤdtiſche Theologus Joach. Hildebrand, in
ſeiner diſp. de ritibus ſacris §. 17. an.
b) Hildebrands
Meinung von
denen œcume-
ni
ſchen Cere-
monien.
Hildebrand cit. l. Priſci ritus vniuerſales per eccleſias omnes re-
cepti, ſancte retineri, nec ab vlla particulari eccleſia abrogari
temere debent.
Er iſt alſo nicht wohl auf die Reformirten
zu ſprechen, daß dieſelben die Beſchwoͤrung des Satans bey der
Tauffe abgeſchafft. Es ſey ſolches ein alter und allgemeiner
Ge-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0383" n="364"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Abth. <hi rendition="#aq">II.</hi> Cap. Vom Recht eines Fu&#x0364;r&#x017F;ten</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;eyn</hi><note place="foot" n="a)"><note place="left">Was die Cere-<lb/>
monien &#x017F;ind.</note>Die&#x017F;es i&#x017F;t auch u&#x0364;beraus wohl in der Magdeburgi&#x017F;chen Kirchen-<lb/>
Ordnung <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">c. 11.</hi> §. <hi rendition="#i">1.</hi></hi> ausgedruckt, da es hei&#x017F;t: <hi rendition="#fr">Es &#x017F;ollen die Pre-<lb/>
diger von denen Ceremonien und Ordnungen in den Kir-<lb/>
chen ihre Zuho&#x0364;rer aus GOttes Wort und nach Anleitung<lb/>
die&#x017F;er Kirchen-Ordnung, &#x017F;o offt es die Gelegenheit giebet,<lb/>
berichten, daß &#x017F;olche a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erliche Ceremonien und Ordnungen</hi><lb/>
vor &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t kein Gottes dien&#x017F;t &#x017F;eyn, noch ein Stu&#x0364;ck de&#x017F;&#x017F;elbe&#x0303;,<lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;ondern daß &#x017F;ie allein der Ur&#x017F;achen halber verordnet, auf<lb/>
daß der Gottesdien&#x017F;t zu geho&#x0364;riger Zeit und dem gewo&#x0364;hn-<lb/>
lichen Ort fein ordentlich und ehrlich gehalten werde.</hi></note>. Dannenhero &#x017F;olte man meinen/ man wu&#x0364;rde gar<lb/>
keinen Zweiffel wieder dergleichen Befugnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e eines Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;ten/ machen ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
            <note place="left">Ob ein Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;te die allge-<lb/>
meinen Ge-<lb/>
bra&#x0364;uche bey<lb/>
der Kirchen<lb/>
ab&#x017F;chaffen<lb/>
ko&#x0364;nne. Ge-<lb/>
meine Mei-nu&#x0303;g hievon.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. <hi rendition="#aq">IV.</hi></head>
            <p>Allein es finden &#x017F;ich einige/ die einen Unter-<lb/>
&#x017F;cheid machen/ unter denen <hi rendition="#fr">allgemeinen</hi> und <hi rendition="#fr">be&#x017F;ondern</hi> Ge-<lb/>
bra&#x0364;uchen <note place="foot" n="a)"><note place="left">Unter&#x017F;cheid der<lb/>
Kirchen-Ge-<lb/>
bra&#x0364;uche.</note>Die&#x017F;e &#x017F;ind allen Kirchen eigen, und machen den mei&#x017F;ten Theil<lb/>
aus. Jene haben von uhralten Zeiten in denen mei&#x017F;ten Kirchen<lb/>
geblu&#x0364;het. Man hat dafu&#x0364;r gehalten, daß &#x017F;olche von denen A-<lb/>
po&#x017F;teln angeordnet worden, und <hi rendition="#aq">per traditionem</hi> auf die Nach-<lb/>
kommen gelanget. Dergleichen allgemeine Gebra&#x0364;uche fu&#x0364;hret<lb/>
der beru&#x0364;hmte Helm&#x017F;ta&#x0364;dti&#x017F;che <hi rendition="#aq">Theologus Joach. Hildebrand,</hi> in<lb/>
&#x017F;einer <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">di&#x017F;p. de ritibus &#x017F;acris</hi> §. <hi rendition="#i">17.</hi></hi> an.</note>. Die vornehm&#x017F;te Wirckung hievon/ &#x017F;uchen &#x017F;ie<lb/>
darinnen/ daß man die <hi rendition="#fr">be&#x017F;ondern zwar ab&#x017F;chaffen ko&#x0364;nne,</hi><lb/>
aber nicht &#x017F;o leicht die <hi rendition="#fr">allgemeinen.</hi> Die&#x017F;es i&#x017F;t ab&#x017F;onderlich<lb/>
die Meinung Hildebrands/ und &#x017F;aget er: <hi rendition="#fr">Daß man die<lb/>
alten allgemeinen Gebra&#x0364;uche beybehalten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, und eine<lb/>
einzelne Kirche &#x017F;olche nicht leicht ab&#x017F;chaffen ko&#x0364;nne</hi> <note xml:id="i55" next="#i56" place="foot" n="b)"><note place="left">Hildebrands<lb/>
Meinung von<lb/>
denen <hi rendition="#aq">&#x0153;cume-<lb/>
ni</hi>&#x017F;chen Cere-<lb/>
monien.</note><hi rendition="#aq">Hildebrand <hi rendition="#i">cit. l.</hi> Pri&#x017F;ci ritus vniuer&#x017F;ales per eccle&#x017F;ias omnes re-<lb/>
cepti, &#x017F;ancte retineri, nec ab vlla particulari eccle&#x017F;ia abrogari<lb/>
temere debent.</hi> Er i&#x017F;t al&#x017F;o nicht wohl auf die Reformirten<lb/>
zu &#x017F;prechen, daß die&#x017F;elben die Be&#x017F;chwo&#x0364;rung des Satans bey der<lb/>
Tauffe abge&#x017F;chafft. Es &#x017F;ey &#x017F;olches ein alter und allgemeiner<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ge-</fw></note>. Die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ab-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[364/0383] III. Abth. II. Cap. Vom Recht eines Fuͤrſten ſeyn a). Dannenhero ſolte man meinen/ man wuͤrde gar keinen Zweiffel wieder dergleichen Befugnuͤſſe eines Fuͤr- ſten/ machen koͤnnen. §. IV. Allein es finden ſich einige/ die einen Unter- ſcheid machen/ unter denen allgemeinen und beſondern Ge- braͤuchen a). Die vornehmſte Wirckung hievon/ ſuchen ſie darinnen/ daß man die beſondern zwar abſchaffen koͤnne, aber nicht ſo leicht die allgemeinen. Dieſes iſt abſonderlich die Meinung Hildebrands/ und ſaget er: Daß man die alten allgemeinen Gebraͤuche beybehalten muͤſſe, und eine einzelne Kirche ſolche nicht leicht abſchaffen koͤnne b). Die Ab- a) Dieſes iſt auch uͤberaus wohl in der Magdeburgiſchen Kirchen- Ordnung c. 11. §. 1. ausgedruckt, da es heiſt: Es ſollen die Pre- diger von denen Ceremonien und Ordnungen in den Kir- chen ihre Zuhoͤrer aus GOttes Wort und nach Anleitung dieſer Kirchen-Ordnung, ſo offt es die Gelegenheit giebet, berichten, daß ſolche aͤuſſerliche Ceremonien und Ordnungen vor ſich ſelbſt kein Gottes dienſt ſeyn, noch ein Stuͤck deſſelbẽ, ſondern daß ſie allein der Urſachen halber verordnet, auf daß der Gottesdienſt zu gehoͤriger Zeit und dem gewoͤhn- lichen Ort fein ordentlich und ehrlich gehalten werde. a) Dieſe ſind allen Kirchen eigen, und machen den meiſten Theil aus. Jene haben von uhralten Zeiten in denen meiſten Kirchen gebluͤhet. Man hat dafuͤr gehalten, daß ſolche von denen A- poſteln angeordnet worden, und per traditionem auf die Nach- kommen gelanget. Dergleichen allgemeine Gebraͤuche fuͤhret der beruͤhmte Helmſtaͤdtiſche Theologus Joach. Hildebrand, in ſeiner diſp. de ritibus ſacris §. 17. an. b) Hildebrand cit. l. Priſci ritus vniuerſales per eccleſias omnes re- cepti, ſancte retineri, nec ab vlla particulari eccleſia abrogari temere debent. Er iſt alſo nicht wohl auf die Reformirten zu ſprechen, daß dieſelben die Beſchwoͤrung des Satans bey der Tauffe abgeſchafft. Es ſey ſolches ein alter und allgemeiner Ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/383
Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/383>, abgerufen am 21.12.2024.