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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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bey den Beicht-Stühlen überhaupt.
schauen/ so wird man viele Fehler bemercken/ aus welchen
viele Unordnungen entstehen können. Darum muß der-
jenige/ so Macht und Gewalt hat/ die unruhigen Gemü-
ther im Zaum halten c).

§. III.

Wie hält es aber um die Abschaffung, der vor-Ob ein Für-
ste Ceremo-
nien, die vor-
längst ein-
geführet, ab-
schaffen kön-
ne?

längst eingeführten Gebräuche? Kan ein Fürste derglei-
chen unternehmen? Jch dencke allerdings/ daß er solches
zu thun befugt sey. Denn wie viele Dinge sind recht aber-
gläubisch,
und kommet einem Fürsten allerdings zu/ Sor-
ge zu tragen/ daß die Unterthanen von allem Aberglauben
abgezogen,
und zur wahren Gottesfurcht angeführet werden.
Uber dieses so ist ja auch bekannt/ daß die Kirchen-Gebräu-
che/ vor sich weder ein Gottesdienst, noch Stück desselben

seyn
c) Bey andern Collegiis sind dergleichen Unordnungen nicht zu be-Warum es a-
ber vielmehr
dem Fürsten zu-
komme.

fahren. Es bestehen dieselbe nicht aus so vielen Gliedern. Dar-
um muß ein Fürste daran seyn, daß keine Unordnung entstehe,
und keiner in der Kirchen sich über den andern einer Gewalt
anmasset.
Das Volck ist abergläubisch. Es hanget an de-
nen Ceremonien, und meinet, solche machten die Religion aus.
Wolten nun die Geistlichen etwas ändern oder neues einfüh-
ren,
so kan man leicht erachten, was es nach sich ziehen wür-
de. Diesem Ubel vorzubeugen, muß ein Fürste die Sache ent-
scheiden. Was machen die Priester nicht öffters unter sich vor
Lermen? Einige verwerffen gewisse Ceremonien, die andern
vertheidigen dieselben. Jch will von andern Ländern nichts er-
wehnen, sondern nur unser Teutschland betrachten. Der Streit
wegen der Mitteldinge
ist mehr als zu bekannt. Was zur
Zeit der Reformation vor unnöthige Händel wegen der Ceremo-
nien vorgefallen, ist auch allen wissend. Da hat man unter
dem Schein der Evangelischen Freyheit alles bemänteln wol-
len. Solchem unnöthigen Eifer vorzubeugen, ist das sicherste,
daß ein Fürste, die Ceremonien durch öffentliche Gesetze
vorschreibt.
a) Die-
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bey den Beicht-Stuͤhlen uͤberhaupt.
ſchauen/ ſo wird man viele Fehler bemercken/ aus welchen
viele Unordnungen entſtehen koͤnnen. Darum muß der-
jenige/ ſo Macht und Gewalt hat/ die unruhigen Gemuͤ-
ther im Zaum halten c).

§. III.

Wie haͤlt es aber um die Abſchaffung, der vor-Ob ein Fuͤr-
ſte Ceremo-
nien, die vor-
laͤngſt ein-
gefuͤhret, ab-
ſchaffen koͤn-
ne?

laͤngſt eingefuͤhrten Gebraͤuche? Kan ein Fuͤrſte derglei-
chen unternehmen? Jch dencke allerdings/ daß er ſolches
zu thun befugt ſey. Denn wie viele Dinge ſind recht aber-
glaͤubiſch,
und kommet einem Fuͤrſten allerdings zu/ Sor-
ge zu tragen/ daß die Unterthanen von allem Aberglauben
abgezogen,
und zur wahren Gottesfurcht angefuͤhret werden.
Uber dieſes ſo iſt ja auch bekannt/ daß die Kirchen-Gebraͤu-
che/ vor ſich weder ein Gottesdienſt, noch Stuͤck deſſelben

ſeyn
c) Bey andern Collegiis ſind dergleichen Unordnungen nicht zu be-Warum es a-
ber vielmehr
dem Fuͤrſten zu-
komme.

fahren. Es beſtehen dieſelbe nicht aus ſo vielen Gliedern. Dar-
um muß ein Fuͤrſte daran ſeyn, daß keine Unordnung entſtehe,
und keiner in der Kirchen ſich uͤber den andern einer Gewalt
anmaſſet.
Das Volck iſt aberglaͤubiſch. Es hanget an de-
nen Ceremonien, und meinet, ſolche machten die Religion aus.
Wolten nun die Geiſtlichen etwas aͤndern oder neues einfuͤh-
ren,
ſo kan man leicht erachten, was es nach ſich ziehen wuͤr-
de. Dieſem Ubel vorzubeugen, muß ein Fuͤrſte die Sache ent-
ſcheiden. Was machen die Prieſter nicht oͤffters unter ſich vor
Lermen? Einige verwerffen gewiſſe Ceremonien, die andern
vertheidigen dieſelben. Jch will von andern Laͤndern nichts er-
wehnen, ſondern nur unſer Teutſchland betrachten. Der Streit
wegen der Mitteldinge
iſt mehr als zu bekannt. Was zur
Zeit der Reformation vor unnoͤthige Haͤndel wegen der Ceremo-
nien vorgefallen, iſt auch allen wiſſend. Da hat man unter
dem Schein der Evangeliſchen Freyheit alles bemaͤnteln wol-
len. Solchem unnoͤthigen Eifer vorzubeugen, iſt das ſicherſte,
daß ein Fuͤrſte, die Ceremonien durch oͤffentliche Geſetze
vorſchreibt.
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[363/0382] bey den Beicht-Stuͤhlen uͤberhaupt. ſchauen/ ſo wird man viele Fehler bemercken/ aus welchen viele Unordnungen entſtehen koͤnnen. Darum muß der- jenige/ ſo Macht und Gewalt hat/ die unruhigen Gemuͤ- ther im Zaum halten c). §. III. Wie haͤlt es aber um die Abſchaffung, der vor- laͤngſt eingefuͤhrten Gebraͤuche? Kan ein Fuͤrſte derglei- chen unternehmen? Jch dencke allerdings/ daß er ſolches zu thun befugt ſey. Denn wie viele Dinge ſind recht aber- glaͤubiſch, und kommet einem Fuͤrſten allerdings zu/ Sor- ge zu tragen/ daß die Unterthanen von allem Aberglauben abgezogen, und zur wahren Gottesfurcht angefuͤhret werden. Uber dieſes ſo iſt ja auch bekannt/ daß die Kirchen-Gebraͤu- che/ vor ſich weder ein Gottesdienſt, noch Stuͤck deſſelben ſeyn Ob ein Fuͤr- ſte Ceremo- nien, die vor- laͤngſt ein- gefuͤhret, ab- ſchaffen koͤn- ne? c) Bey andern Collegiis ſind dergleichen Unordnungen nicht zu be- fahren. Es beſtehen dieſelbe nicht aus ſo vielen Gliedern. Dar- um muß ein Fuͤrſte daran ſeyn, daß keine Unordnung entſtehe, und keiner in der Kirchen ſich uͤber den andern einer Gewalt anmaſſet. Das Volck iſt aberglaͤubiſch. Es hanget an de- nen Ceremonien, und meinet, ſolche machten die Religion aus. Wolten nun die Geiſtlichen etwas aͤndern oder neues einfuͤh- ren, ſo kan man leicht erachten, was es nach ſich ziehen wuͤr- de. Dieſem Ubel vorzubeugen, muß ein Fuͤrſte die Sache ent- ſcheiden. Was machen die Prieſter nicht oͤffters unter ſich vor Lermen? Einige verwerffen gewiſſe Ceremonien, die andern vertheidigen dieſelben. Jch will von andern Laͤndern nichts er- wehnen, ſondern nur unſer Teutſchland betrachten. Der Streit wegen der Mitteldinge iſt mehr als zu bekannt. Was zur Zeit der Reformation vor unnoͤthige Haͤndel wegen der Ceremo- nien vorgefallen, iſt auch allen wiſſend. Da hat man unter dem Schein der Evangeliſchen Freyheit alles bemaͤnteln wol- len. Solchem unnoͤthigen Eifer vorzubeugen, iſt das ſicherſte, daß ein Fuͤrſte, die Ceremonien durch oͤffentliche Geſetze vorſchreibt. a) Die- z z 2

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/382>, abgerufen am 21.11.2024.