Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.Studio in der Theologie. recht/ wenn er von solchen Sachen öffentlich schriebe? Jchdencke nicht/ sondern halte dafür/ daß es seines Amts wäre. Es würde auch nichts hindern/ wenn solche Arbeit anders als die Erklärungen der gemeinen Postillen gerathen solte. Wol- te sich aber jemand dergleichen Arbeit unterziehen/ wie könte er es thun/ wenn er von der Theologie nichts wüste[?] Also sie- hest du abermahls einen Grund/ daß ein Jurist sich der Theo- logie befleißigen muß. §. XVI. Ein Jurist muß sich in der Kirchen-HistorieVierte Ur- wah- (a) Man weiß daß einige Gelehrte die Frage auff die Bahn gebracht, ob die Atheisterey oder der Aberglauben schlimmer und dem gemeinen Wesen schädlicher sey. Bayle in seiner continuation des pensees diverses sur la comete redet der Atheisterey das Wort. Er behauptet, daß eine Repu- blique aus lauter Atheisten bestehen könte. Hierüber empfande er, wie leicht zu erachten, viele Verfolgung. Mons. Bernard war unter an- dern einer der sich ihm wiedersetzte. Alleine Bayle brachte in seinen repon- ses aux questions d'un provincial Tom. IV. pag. 232. sqq. neue Gründe her- für seine Meinung zu behaupten. Der bekannte Ioh. Tolland ware der erste der Baylens Meynung noch weiter poussiren wolte, in seinem Adeisi- daemon, sive Tito Livio a superstitione vindicato. Wieder diesen setzte sich der Prediger der Walonischen Kirche zu Deist, Elias Bonoit in seiner melenge des remarques critiques, historiques, philosophiques, Theologiques sur les deux dissertation de Mons. Tolland & c. Die Meynung des Herrn Geheimden Rath Gundlings von solchen Streit, ist wohl die beste. Die- ser hat in seinem via ad veritatem moralem cap. VIII. §. 29. gesaget, der- gleichen Frage, ob der Atheismus besser als die superstition, wäre abge- schmackt, indem sie solche Sachen vergliche, die einander gantz zu wieder. Dieses Urtheil hat dem Herrn von Elswig zu Wittenberg nicht angestan- den. Er hat derowegen in seiner disputation de controuersiis nouis circa Atheismum den Herrn Geheimden Rath Gundling wiederlegen wollen. Allein in denen Gundlingianis part. XIV. cap. 3. pag. 357. sq. ist seinen un- gegründeten Einwürffen ein völliges Genügen geschehen. c 2
Studio in der Theologie. recht/ wenn er von ſolchen Sachen oͤffentlich ſchriebe? Jchdencke nicht/ ſondern halte dafuͤr/ daß es ſeines Amts waͤre. Es wuͤrde auch nichts hindern/ wenn ſolche Arbeit anders als die Erklaͤrungen der gemeinen Poſtillen gerathen ſolte. Wol- te ſich aber jemand dergleichen Arbeit unterziehen/ wie koͤnte er es thun/ wenn er von der Theologie nichts wuͤſte[?] Alſo ſie- heſt du abermahls einen Grund/ daß ein Juriſt ſich der Theo- logie befleißigen muß. §. XVI. Ein Juriſt muß ſich in der Kirchen-HiſtorieVierte Ur- wah- (a) Man weiß daß einige Gelehrte die Frage auff die Bahn gebracht, ob die Atheiſterey oder der Aberglauben ſchlimmer und dem gemeinen Weſen ſchaͤdlicher ſey. Bayle in ſeiner continuation des penſees diverſes ſur la comete redet der Atheiſterey das Wort. Er behauptet, daß eine Repu- blique aus lauter Atheiſten beſtehen koͤnte. Hieruͤber empfande er, wie leicht zu erachten, viele Verfolgung. Monſ. Bernard war unter an- dern einer der ſich ihm wiederſetzte. Alleine Bayle brachte in ſeinen repon- ſes aux queſtions d’un provincial Tom. IV. pag. 232. ſqq. neue Gruͤnde her- fuͤr ſeine Meinung zu behaupten. Der bekannte Ioh. Tolland ware der erſte der Baylens Meynung noch weiter pouſſiren wolte, in ſeinem Adeiſi- dæmon, ſive Tito Livio a ſuperſtitione vindicato. Wieder dieſen ſetzte ſich der Prediger der Waloniſchen Kirche zu Deiſt, Elias Bonoit in ſeiner melenge des remarques critiques, hiſtoriques, philoſophiques, Theologiques ſur les deux diſſertation de Monſ. Tolland & c. Die Meynung des Herrn Geheimden Rath Gundlings von ſolchen Streit, iſt wohl die beſte. Die- ſer hat in ſeinem via ad veritatem moralem cap. VIII. §. 29. geſaget, der- gleichen Frage, ob der Atheiſmus beſſer als die ſuperſtition, waͤre abge- ſchmackt, indem ſie ſolche Sachen vergliche, die einander gantz zu wieder. Dieſes Urtheil hat dem Herrn von Elswig zu Wittenberg nicht angeſtan- den. Er hat derowegen in ſeiner diſputation de controuerſiis nouis circa Atheiſmum den Herrn Geheimden Rath Gundling wiederlegen wollen. Allein in denen Gundlingianis part. XIV. cap. 3. pag. 357. ſq. iſt ſeinen un- gegruͤndeten Einwuͤrffen ein voͤlliges Genuͤgen geſchehen. c 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0038" n="19"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Studio</hi></hi> in der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Theologie.</hi></hi></hi></fw><lb/> recht/ wenn er von ſolchen Sachen oͤffentlich ſchriebe? Jch<lb/> dencke nicht/ ſondern halte dafuͤr/ daß es ſeines Amts waͤre.<lb/> Es wuͤrde auch nichts hindern/ wenn ſolche Arbeit anders als<lb/> die Erklaͤrungen der <hi rendition="#fr">gemeinen Poſtillen</hi> gerathen ſolte. Wol-<lb/> te ſich aber <hi rendition="#aq">j</hi>emand dergleichen Arbeit unterziehen/ wie koͤnte<lb/> er es thun/ wenn er <hi rendition="#fr">von der</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Theologie</hi></hi> <hi rendition="#fr">nichts wuͤſte<supplied>?</supplied></hi> Alſo ſie-<lb/> heſt du abermahls einen Grund/ daß ein Juriſt ſich der <hi rendition="#aq">Theo-<lb/> logie</hi> befleißigen muß.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head>§. <hi rendition="#aq">XVI.</hi></head> <p>Ein Juriſt muß ſich in der Kirchen-Hiſtorie<note place="right">Vierte Ur-<lb/> ſache warum<lb/> ein <hi rendition="#aq">Juriſt</hi> von<lb/> der <hi rendition="#aq">Theo-<lb/> logie</hi> unter-<lb/> richtet ſeyn<lb/> muß.<lb/> Anmerckung<lb/> von der Athei-<lb/> ſterey und A-<lb/> berglauͤben.</note><lb/> umſehen. Denn es hindert ſo wohl die Atheiſterey als den<lb/> Aberglauben/ des Menſchen wahre Gluͤckſeligkeit. <note place="foot" n="(a)">Man weiß daß einige Gelehrte die Frage auff die Bahn gebracht, ob<lb/> die <hi rendition="#aq">Atheiſter</hi>ey oder der Aberglauben ſchlimmer und dem gemeinen Weſen<lb/> ſchaͤdlicher ſey. <hi rendition="#aq">Bayle</hi> in ſeiner <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">continuation des penſees diverſes ſur la<lb/> comete</hi></hi> redet der Atheiſterey das Wort. Er behauptet, daß eine <hi rendition="#aq">Repu-<lb/> blique</hi> aus lauter Atheiſten beſtehen koͤnte. Hieruͤber empfande er, wie<lb/> leicht zu erachten, viele Verfolgung. <hi rendition="#aq">Monſ. Bernard</hi> war unter an-<lb/> dern einer der ſich ihm wiederſetzte. Alleine <hi rendition="#aq">Bayle</hi> brachte in ſeinen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">repon-<lb/> ſes aux queſtions d’un provincial Tom. IV. pag. 232. ſqq.</hi></hi> neue Gruͤnde her-<lb/> fuͤr ſeine Meinung zu behaupten. Der bekannte <hi rendition="#aq">Ioh. Tolland</hi> ware der<lb/> erſte der <hi rendition="#aq">Baylens</hi> Meynung noch weiter <hi rendition="#aq">pouſſir</hi>en wolte, in ſeinem <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Adeiſi-<lb/> dæmon, ſive Tito Livio a ſuperſtitione vindicato.</hi></hi> Wieder dieſen ſetzte<lb/> ſich der Prediger der Waloniſchen Kirche zu <hi rendition="#aq">Deiſt, Elias Bonoit</hi> in ſeiner<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">melenge des remarques critiques, hiſtoriques, philoſophiques, Theologiques<lb/> ſur les deux diſſertation de Monſ. Tolland & c.</hi></hi> Die Meynung des Herrn<lb/> Geheimden Rath Gundlings von ſolchen Streit, iſt wohl die beſte. Die-<lb/> ſer hat in ſeinem <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">via ad veritatem moralem cap. VIII.</hi> §. 29.</hi> geſaget, der-<lb/> gleichen Frage, ob der <hi rendition="#aq">Atheiſmus</hi> beſſer als die <hi rendition="#aq">ſuperſtition,</hi> waͤre abge-<lb/> ſchmackt, indem ſie ſolche Sachen vergliche, die einander gantz zu wieder.<lb/> Dieſes Urtheil hat dem Herrn von <hi rendition="#aq">Elswig</hi> zu Wittenberg nicht angeſtan-<lb/> den. Er hat derowegen in ſeiner <hi rendition="#aq">diſputation <hi rendition="#i">de controuerſiis nouis circa<lb/> Atheiſmum</hi></hi> den Herrn Geheimden Rath Gundling wiederlegen wollen.<lb/> Allein in denen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Gundlingianis part. XIV. cap. 3. pag. 357. ſq.</hi></hi> iſt ſeinen un-<lb/> gegruͤndeten Einwuͤrffen ein voͤlliges Genuͤgen geſchehen.</note> Durch<lb/> beyde wird man nicht allein hier/ ſondern auch dort des<lb/> <fw place="bottom" type="sig">c 2</fw><fw place="bottom" type="catch">wah-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [19/0038]
Studio in der Theologie.
recht/ wenn er von ſolchen Sachen oͤffentlich ſchriebe? Jch
dencke nicht/ ſondern halte dafuͤr/ daß es ſeines Amts waͤre.
Es wuͤrde auch nichts hindern/ wenn ſolche Arbeit anders als
die Erklaͤrungen der gemeinen Poſtillen gerathen ſolte. Wol-
te ſich aber jemand dergleichen Arbeit unterziehen/ wie koͤnte
er es thun/ wenn er von der Theologie nichts wuͤſte? Alſo ſie-
heſt du abermahls einen Grund/ daß ein Juriſt ſich der Theo-
logie befleißigen muß.
§. XVI. Ein Juriſt muß ſich in der Kirchen-Hiſtorie
umſehen. Denn es hindert ſo wohl die Atheiſterey als den
Aberglauben/ des Menſchen wahre Gluͤckſeligkeit. (a) Durch
beyde wird man nicht allein hier/ ſondern auch dort des
wah-
Vierte Ur-
ſache warum
ein Juriſt von
der Theo-
logie unter-
richtet ſeyn
muß.
Anmerckung
von der Athei-
ſterey und A-
berglauͤben.
(a) Man weiß daß einige Gelehrte die Frage auff die Bahn gebracht, ob
die Atheiſterey oder der Aberglauben ſchlimmer und dem gemeinen Weſen
ſchaͤdlicher ſey. Bayle in ſeiner continuation des penſees diverſes ſur la
comete redet der Atheiſterey das Wort. Er behauptet, daß eine Repu-
blique aus lauter Atheiſten beſtehen koͤnte. Hieruͤber empfande er, wie
leicht zu erachten, viele Verfolgung. Monſ. Bernard war unter an-
dern einer der ſich ihm wiederſetzte. Alleine Bayle brachte in ſeinen repon-
ſes aux queſtions d’un provincial Tom. IV. pag. 232. ſqq. neue Gruͤnde her-
fuͤr ſeine Meinung zu behaupten. Der bekannte Ioh. Tolland ware der
erſte der Baylens Meynung noch weiter pouſſiren wolte, in ſeinem Adeiſi-
dæmon, ſive Tito Livio a ſuperſtitione vindicato. Wieder dieſen ſetzte
ſich der Prediger der Waloniſchen Kirche zu Deiſt, Elias Bonoit in ſeiner
melenge des remarques critiques, hiſtoriques, philoſophiques, Theologiques
ſur les deux diſſertation de Monſ. Tolland & c. Die Meynung des Herrn
Geheimden Rath Gundlings von ſolchen Streit, iſt wohl die beſte. Die-
ſer hat in ſeinem via ad veritatem moralem cap. VIII. §. 29. geſaget, der-
gleichen Frage, ob der Atheiſmus beſſer als die ſuperſtition, waͤre abge-
ſchmackt, indem ſie ſolche Sachen vergliche, die einander gantz zu wieder.
Dieſes Urtheil hat dem Herrn von Elswig zu Wittenberg nicht angeſtan-
den. Er hat derowegen in ſeiner diſputation de controuerſiis nouis circa
Atheiſmum den Herrn Geheimden Rath Gundling wiederlegen wollen.
Allein in denen Gundlingianis part. XIV. cap. 3. pag. 357. ſq. iſt ſeinen un-
gegruͤndeten Einwuͤrffen ein voͤlliges Genuͤgen geſchehen.
c 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |