Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite
II. Abth. IV. Cap. Von der
5) Todes-Straffe.
§. XXXI.

Zu denen ausserordentlichen Straffen zeh-
len einige in diesen Fällen auch die Todes-Straffe, nach
Beschaffenheit der Umstände. Denn wenn der Beicht-
Vater bößlicher Weise eine grosse Sünde/ einer vorneh-
men ansehnlichen Person unter die Leute bringet/ und das
Siegel der Beichte bricht/ so halten sie dafür/ daß er gar
wohl am Leben könte gestraffet werden. Die Papisten ü-
bergeben sie also/ wenn sie dieselbe degradiret/ der weltli-
chen Obrigkeit über. Denn es ist bekannt/ daß die Kirche
nicht blutdürstig ist a). Die Todes-Straffe beschönigen sie

damit/
sem Fall nicht den geringsten Glauben, darum müste er einer
ausserordentlichen Straffe unterworffen seyn. Carocius in
c. 12 X. de poe[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]it. & remiss.
saget: daß dieses die durchgehende
allgemeine Meinung wäre. Menochius cit. l. Lib. 2. cas. 414. n. 5.
scheinet auch dieser Meinung zu seyn. Diejenigen müsten auch
mit einer ausserordentlichen Straffe beleget werden, die da sag-
ten: Titius hätte solche Sünden begangen, daß sie ihm die
Hände nicht aufflegen könten.
Uberhaupt aber bringen die
Canonisten ein Mittel bey, daß die Beicht-Väter diese Straffe
von sich abwenden können. Sie solten nur beweisen, daß ih-
nen die Sache von andern sey entdecket worden. Conf. Beyer
cit. l. §. 17. seq.
a) Die Kirche ist
nicht blutdür-
stig.
C. 5. X. ne cler. vel Monach. sec. Diese aber, so sie gerne aus dem
Weg geräumet wissen will, übergiebet sie gemeiniglich den welt-
lichen Gerichten, sie lebendig zu verbrennen. Doch wenn es ei-
ne geistliche Person ist, wird solche zuvorher aller Würden und
des geistlichen characters beraubet. Denn ein Laye darff sich
nicht unterfangen, wider einen Geistlichen etwas vorzunehmen.
Die Kirche aber dürstet nicht alleine nicht nach Blut, sondern
ein Bischoff soll auch keinen peinlichen Ankläger abgeben können.
Wie wohl aber diese Philosophie zusammen hänget, hat Limborch
in Hist. inquis. Lib. I. cap. 4. p. 10.
gezeiget. Aber zu unserm Zweck
zu kommen, so hat man unter denen Catholicken Exempel, daß
geistliche Personen, darum, daß sie aus der Beichte geschwatzet,
am
II. Abth. IV. Cap. Von der
5) Todes-Straffe.
§. XXXI.

Zu denen auſſerordentlichen Straffen zeh-
len einige in dieſen Faͤllen auch die Todes-Straffe, nach
Beſchaffenheit der Umſtaͤnde. Denn wenn der Beicht-
Vater boͤßlicher Weiſe eine groſſe Suͤnde/ einer vorneh-
men anſehnlichen Perſon unter die Leute bringet/ und das
Siegel der Beichte bricht/ ſo halten ſie dafuͤr/ daß er gar
wohl am Leben koͤnte geſtraffet werden. Die Papiſten uͤ-
bergeben ſie alſo/ wenn ſie dieſelbe degradiret/ der weltli-
chen Obrigkeit uͤber. Denn es iſt bekannt/ daß die Kirche
nicht blutduͤrſtig iſt a). Die Todes-Straffe beſchoͤnigen ſie

damit/
ſem Fall nicht den geringſten Glauben, darum muͤſte er einer
auſſerordentlichen Straffe unterworffen ſeyn. Carocius in
c. 12 X. de pœ[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]it. & remiſſ.
ſaget: daß dieſes die durchgehende
allgemeine Meinung waͤre. Menochius cit. l. Lib. 2. caſ. 414. n. 5.
ſcheinet auch dieſer Meinung zu ſeyn. Diejenigen muͤſten auch
mit einer auſſerordentlichen Straffe beleget werden, die da ſag-
ten: Titius haͤtte ſolche Suͤnden begangen, daß ſie ihm die
Haͤnde nicht aufflegen koͤnten.
Uberhaupt aber bringen die
Canoniſten ein Mittel bey, daß die Beicht-Vaͤter dieſe Straffe
von ſich abwenden koͤnnen. Sie ſolten nur beweiſen, daß ih-
nen die Sache von andern ſey entdecket worden. Conf. Beyer
cit. l. §. 17. ſeq.
a) Die Kirche iſt
nicht blutduͤr-
ſtig.
C. 5. X. ne cler. vel Monach. ſec. Dieſe aber, ſo ſie gerne aus dem
Weg geraͤumet wiſſen will, uͤbergiebet ſie gemeiniglich den welt-
lichen Gerichten, ſie lebendig zu verbrennen. Doch wenn es ei-
ne geiſtliche Perſon iſt, wird ſolche zuvorher aller Wuͤrden und
des geiſtlichen characters beraubet. Denn ein Laye darff ſich
nicht unterfangen, wider einen Geiſtlichen etwas vorzunehmen.
Die Kirche aber duͤrſtet nicht alleine nicht nach Blut, ſondern
ein Biſchoff ſoll auch keinen peinlichen Anklaͤger abgeben koͤnnen.
Wie wohl aber dieſe Philoſophie zuſam̃en haͤnget, hat Limborch
in Hiſt. inquiſ. Lib. I. cap. 4. p. 10.
gezeiget. Aber zu unſerm Zweck
zu kommen, ſo hat man unter denen Catholicken Exempel, daß
geiſtliche Perſonen, darum, daß ſie aus der Beichte geſchwatzet,
am
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0361" n="342"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Abth. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Cap. Von der</hi> </fw><lb/>
            <note place="left">5) Todes-Straffe.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. <hi rendition="#aq">XXXI.</hi></head>
            <p>Zu denen au&#x017F;&#x017F;erordentlichen Straffen zeh-<lb/>
len einige in die&#x017F;en Fa&#x0364;llen auch die <hi rendition="#fr">Todes-Straffe,</hi> nach<lb/>
Be&#x017F;chaffenheit der Um&#x017F;ta&#x0364;nde. Denn wenn der Beicht-<lb/>
Vater <hi rendition="#fr">bo&#x0364;ßlicher Wei&#x017F;e</hi> eine gro&#x017F;&#x017F;e Su&#x0364;nde/ einer vorneh-<lb/>
men an&#x017F;ehnlichen Per&#x017F;on unter die Leute bringet/ und das<lb/>
Siegel der Beichte bricht/ &#x017F;o halten &#x017F;ie dafu&#x0364;r/ daß er gar<lb/>
wohl <hi rendition="#fr">am Leben</hi> ko&#x0364;nte ge&#x017F;traffet werden. Die Papi&#x017F;ten u&#x0364;-<lb/>
bergeben &#x017F;ie al&#x017F;o/ wenn &#x017F;ie die&#x017F;elbe <hi rendition="#aq">degradi</hi>ret/ der weltli-<lb/>
chen Obrigkeit u&#x0364;ber. Denn es i&#x017F;t bekannt/ daß die Kirche<lb/>
nicht blutdu&#x0364;r&#x017F;tig i&#x017F;t <note xml:id="i39" next="#i40" place="foot" n="a)"><note place="left">Die Kirche i&#x017F;t<lb/>
nicht blutdu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;tig.</note><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">C. 5. X. ne cler. vel Monach. &#x017F;ec.</hi></hi> Die&#x017F;e aber, &#x017F;o &#x017F;ie gerne aus dem<lb/>
Weg gera&#x0364;umet wi&#x017F;&#x017F;en will, u&#x0364;bergiebet &#x017F;ie gemeiniglich den welt-<lb/>
lichen Gerichten, &#x017F;ie lebendig zu verbrennen. Doch wenn es ei-<lb/>
ne gei&#x017F;tliche Per&#x017F;on i&#x017F;t, wird &#x017F;olche zuvorher aller Wu&#x0364;rden und<lb/>
des gei&#x017F;tlichen <hi rendition="#aq">characters</hi> beraubet. Denn ein Laye darff &#x017F;ich<lb/>
nicht unterfangen, wider einen Gei&#x017F;tlichen etwas vorzunehmen.<lb/>
Die Kirche aber du&#x0364;r&#x017F;tet nicht alleine nicht nach Blut, &#x017F;ondern<lb/>
ein Bi&#x017F;choff &#x017F;oll auch keinen peinlichen Ankla&#x0364;ger abgeben ko&#x0364;nnen.<lb/>
Wie wohl aber die&#x017F;e <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophie</hi> zu&#x017F;am&#x0303;en ha&#x0364;nget, hat <hi rendition="#aq">Limborch<lb/><hi rendition="#i">in Hi&#x017F;t. inqui&#x017F;. Lib. I. cap. 4. p. 10.</hi></hi> gezeiget. Aber zu un&#x017F;erm Zweck<lb/>
zu kommen, &#x017F;o hat man unter denen Catholicken Exempel, daß<lb/>
gei&#x017F;tliche Per&#x017F;onen, darum, daß &#x017F;ie aus der Beichte ge&#x017F;chwatzet,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">am</fw></note>. Die Todes-Straffe be&#x017F;cho&#x0364;nigen &#x017F;ie<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">damit/</fw><lb/><note xml:id="i38" prev="#i37" place="foot" n="(a)">&#x017F;em Fall nicht den gering&#x017F;ten Glauben, darum mu&#x0364;&#x017F;te er einer<lb/><hi rendition="#fr">au&#x017F;&#x017F;erordentlichen Straffe</hi> unterworffen &#x017F;eyn. <hi rendition="#aq">Carocius <hi rendition="#i">in<lb/>
c. 12 X. de p&#x0153;<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/>it. &amp; remi&#x017F;&#x017F;.</hi></hi> &#x017F;aget: daß die&#x017F;es die durchgehende<lb/>
allgemeine Meinung wa&#x0364;re. <hi rendition="#aq">Menochius <hi rendition="#i">cit. l. Lib. 2. ca&#x017F;. 414. n. 5.</hi></hi><lb/>
&#x017F;cheinet auch die&#x017F;er Meinung zu &#x017F;eyn. Diejenigen mu&#x0364;&#x017F;ten auch<lb/>
mit einer au&#x017F;&#x017F;erordentlichen Straffe beleget werden, die da &#x017F;ag-<lb/>
ten: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Titius</hi></hi> <hi rendition="#fr">ha&#x0364;tte &#x017F;olche Su&#x0364;nden begangen, daß &#x017F;ie ihm die<lb/>
Ha&#x0364;nde nicht aufflegen ko&#x0364;nten.</hi> Uberhaupt aber bringen die<lb/>
Canoni&#x017F;ten ein Mittel bey, daß die Beicht-Va&#x0364;ter die&#x017F;e Straffe<lb/>
von &#x017F;ich abwenden ko&#x0364;nnen. Sie &#x017F;olten nur bewei&#x017F;en, daß ih-<lb/>
nen die Sache <hi rendition="#fr">von andern &#x017F;ey entdecket worden.</hi> <hi rendition="#aq">Conf. Beyer<lb/><hi rendition="#i">cit. l.</hi> §. <hi rendition="#i">17. &#x017F;eq.</hi></hi></note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[342/0361] II. Abth. IV. Cap. Von der §. XXXI. Zu denen auſſerordentlichen Straffen zeh- len einige in dieſen Faͤllen auch die Todes-Straffe, nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde. Denn wenn der Beicht- Vater boͤßlicher Weiſe eine groſſe Suͤnde/ einer vorneh- men anſehnlichen Perſon unter die Leute bringet/ und das Siegel der Beichte bricht/ ſo halten ſie dafuͤr/ daß er gar wohl am Leben koͤnte geſtraffet werden. Die Papiſten uͤ- bergeben ſie alſo/ wenn ſie dieſelbe degradiret/ der weltli- chen Obrigkeit uͤber. Denn es iſt bekannt/ daß die Kirche nicht blutduͤrſtig iſt a). Die Todes-Straffe beſchoͤnigen ſie damit/ (a) a) C. 5. X. ne cler. vel Monach. ſec. Dieſe aber, ſo ſie gerne aus dem Weg geraͤumet wiſſen will, uͤbergiebet ſie gemeiniglich den welt- lichen Gerichten, ſie lebendig zu verbrennen. Doch wenn es ei- ne geiſtliche Perſon iſt, wird ſolche zuvorher aller Wuͤrden und des geiſtlichen characters beraubet. Denn ein Laye darff ſich nicht unterfangen, wider einen Geiſtlichen etwas vorzunehmen. Die Kirche aber duͤrſtet nicht alleine nicht nach Blut, ſondern ein Biſchoff ſoll auch keinen peinlichen Anklaͤger abgeben koͤnnen. Wie wohl aber dieſe Philoſophie zuſam̃en haͤnget, hat Limborch in Hiſt. inquiſ. Lib. I. cap. 4. p. 10. gezeiget. Aber zu unſerm Zweck zu kommen, ſo hat man unter denen Catholicken Exempel, daß geiſtliche Perſonen, darum, daß ſie aus der Beichte geſchwatzet, am (a) ſem Fall nicht den geringſten Glauben, darum muͤſte er einer auſſerordentlichen Straffe unterworffen ſeyn. Carocius in c. 12 X. de pœ_it. & remiſſ. ſaget: daß dieſes die durchgehende allgemeine Meinung waͤre. Menochius cit. l. Lib. 2. caſ. 414. n. 5. ſcheinet auch dieſer Meinung zu ſeyn. Diejenigen muͤſten auch mit einer auſſerordentlichen Straffe beleget werden, die da ſag- ten: Titius haͤtte ſolche Suͤnden begangen, daß ſie ihm die Haͤnde nicht aufflegen koͤnten. Uberhaupt aber bringen die Canoniſten ein Mittel bey, daß die Beicht-Vaͤter dieſe Straffe von ſich abwenden koͤnnen. Sie ſolten nur beweiſen, daß ih- nen die Sache von andern ſey entdecket worden. Conf. Beyer cit. l. §. 17. ſeq.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/361
Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/361>, abgerufen am 21.12.2024.