Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.Vorbericht von der Juristen stus denen Menschen eine systematische Theologie gegeben habensolte, können die Sachen nicht klüglich beurtheilen. Die Kunst zu leben wird durch gemeine Gespräche, und Zeugnisse, wie es die Sache erfordert, viel besser vorgetragen, als durch die mühsame Kunst der definitionum und spitzigen Fragen, wel- ches man ein systema nennet. Man gehe also auff die Quelle selbsten. Diese zeiget den Weg zur Seeligkeit auff das deut- lichste. Nun wollen aber die Juristen so gerne alß andere Leu- te in den Himmel kommen. Sie halten darum dafür/ das Forschen in der Schrifft, sey so wohl ihnen als andern Menschen anbefohlen. der Schrifft,was es heist. §. VI. Was heist aber in der Schrifft forschen? Ge- Was (a) Gedancken von
der biblischen Schreib-Art.La vanite des sciences, ou ref lection d'un Philosophe Chretien sur le verita- ble bonheur pag. 232. seq. Pour moy, je vous avoue qu' apres l'etude que i'ay pau faire jusqu'a present, je ne me felicite d'autre chose que de ce que je reconnois, que je ne suis pas plus savant que le plus simple des Chrestiens; que le Saint Esprit n'a point eu deslein de nous rendre Phi- Vorbericht von der Juriſten ſtus denen Menſchen eine ſystematiſche Theologie gegeben habenſolte, koͤnnen die Sachen nicht kluͤglich beurtheilen. Die Kunſt zu leben wird durch gemeine Geſpraͤche, und Zeugniſſe, wie es die Sache erfordert, viel beſſer vorgetragen, als durch die muͤhſame Kunſt der definitionum und ſpitzigen Fragen, wel- ches man ein ſystema nennet. Man gehe alſo auff die Quelle ſelbſten. Dieſe zeiget den Weg zur Seeligkeit auff das deut- lichſte. Nun wollen aber die Juriſten ſo gerne alß andere Leu- te in den Himmel kommen. Sie halten darum dafuͤr/ das Forſchen in der Schrifft, ſey ſo wohl ihnen als andern Menſchen anbefohlen. der Schrifft,was es heiſt. §. VI. Was heiſt aber in der Schrifft forſchen? Ge- Was (a) Gedancken von
der bibliſchen Schreib-Art.La vanite des ſciences, ou ref lection d’un Philoſophe Chretien ſur le verita- ble bonheur pag. 232. ſeq. Pour moy, je vous avouë qu’ apres l’étude que i’ay pû faire juſqu’à préſent, je ne me félicite d’autre choſe que de ce que je reconnois, que je ne ſuis pas plus ſavant que le plus ſimple des Chreſtiens; que le Saint Eſprit n’a point eu deſlein de nous rendre Phi- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0025" n="6"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorbericht von der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Juriſten</hi></hi></hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">ſtus denen Menſchen eine</hi><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ſystemati</hi></hi><hi rendition="#fr">ſche</hi><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Theologie</hi></hi><hi rendition="#fr">gegeben haben<lb/> ſolte, koͤnnen die Sachen nicht kluͤglich beurtheilen. Die<lb/> Kunſt zu leben wird durch gemeine Geſpraͤche, und Zeugniſſe,<lb/> wie es die Sache erfordert, viel beſſer vorgetragen, als durch<lb/> die muͤhſame Kunſt der</hi><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">definitionum</hi></hi><hi rendition="#fr">und ſpitzigen Fragen, wel-<lb/> ches man ein</hi><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ſystema</hi></hi><hi rendition="#fr">nennet.</hi> Man gehe alſo auff die Quelle<lb/> ſelbſten. Dieſe zeiget den Weg zur Seeligkeit auff das deut-<lb/> lichſte. Nun wollen aber die <hi rendition="#aq">Juriſt</hi>en ſo gerne alß andere Leu-<lb/> te in den Himmel kommen. Sie halten darum dafuͤr/<lb/><hi rendition="#fr">das Forſchen in der Schrifft,</hi> ſey ſo wohl ihnen als andern<lb/> Menſchen anbefohlen.</p><lb/> <note place="left">Forſchen in<lb/> der Schrifft,was es heiſt.</note> </div><lb/> <div n="2"> <head>§. <hi rendition="#aq">VI.</hi></head> <p>Was heiſt aber in der Schrifft forſchen? Ge-<lb/> wißlich wird es etwas mehr/ als eine bloſſe Leſung und Erler-<lb/> nung einiger Stellen aus derſelben bedeuten. Die Wahrheit<lb/> kan ohne Muͤhe nicht wohl erfunden werden. Es ſind offt we-<lb/> nig Worte/ die aber einen deſto groͤſſern Nachdruck haben.<lb/> Einige Stellen ſind oder ſcheinen dunckel. Dunckle Reden wer-<lb/> den aus <hi rendition="#aq">obſeruationibus ſingularibus</hi> erklaͤret. Solche <hi rendition="#aq">ob-<lb/> ſei uationes</hi> gruͤnden ſich auf eine Erfahrung/ die man nach und<lb/> nach erlanget. Eine ſolche Erfahrung/ bringet beſondere Saͤ-<lb/> tze und Muthmaſſungen herfuͤr. Alſo beruhen alle<lb/><hi rendition="#fr">Erklaͤrungen auff Muthmaſſungen.</hi> Dieſe koͤnnen aber von<lb/> iedem/ welchen GOtt mit einem geſunden und auffgeraͤumten<lb/> Verſtand begabet/ gemacht werden. GOTT hat in ſeinem<lb/> Wort uns keine ſolche Sachen vorgetragen/ die gaͤntzlich unbe-<lb/> greifflich waͤren. Der <hi rendition="#aq">Autor</hi> des Buchs <hi rendition="#aq">de la vanite des ſci-<lb/> ences</hi> hat ſchoͤne Gedancken davon/ da er ſaget: <note xml:id="f07" next="#f08" place="foot" n="(a)"><note place="left">Gedancken von<lb/> der bibliſchen<lb/> Schreib-Art.</note><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">La vanite des ſciences, ou ref lection d’un Philoſophe Chretien ſur le verita-<lb/> ble bonheur pag. 232. ſeq.</hi> Pour moy, je vous avouë qu’ apres l’étude<lb/> que i’ay pû faire juſqu’à préſent, je ne me félicite d’autre choſe que<lb/> de ce que je reconnois, que je ne ſuis pas plus ſavant que le plus ſimple<lb/> des Chreſtiens; que le Saint Eſprit n’a point eu deſlein de nous rendre</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">Phi-</hi></fw></note><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Was</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [6/0025]
Vorbericht von der Juriſten
ſtus denen Menſchen eine ſystematiſche Theologie gegeben haben
ſolte, koͤnnen die Sachen nicht kluͤglich beurtheilen. Die
Kunſt zu leben wird durch gemeine Geſpraͤche, und Zeugniſſe,
wie es die Sache erfordert, viel beſſer vorgetragen, als durch
die muͤhſame Kunſt der definitionum und ſpitzigen Fragen, wel-
ches man ein ſystema nennet. Man gehe alſo auff die Quelle
ſelbſten. Dieſe zeiget den Weg zur Seeligkeit auff das deut-
lichſte. Nun wollen aber die Juriſten ſo gerne alß andere Leu-
te in den Himmel kommen. Sie halten darum dafuͤr/
das Forſchen in der Schrifft, ſey ſo wohl ihnen als andern
Menſchen anbefohlen.
§. VI. Was heiſt aber in der Schrifft forſchen? Ge-
wißlich wird es etwas mehr/ als eine bloſſe Leſung und Erler-
nung einiger Stellen aus derſelben bedeuten. Die Wahrheit
kan ohne Muͤhe nicht wohl erfunden werden. Es ſind offt we-
nig Worte/ die aber einen deſto groͤſſern Nachdruck haben.
Einige Stellen ſind oder ſcheinen dunckel. Dunckle Reden wer-
den aus obſeruationibus ſingularibus erklaͤret. Solche ob-
ſei uationes gruͤnden ſich auf eine Erfahrung/ die man nach und
nach erlanget. Eine ſolche Erfahrung/ bringet beſondere Saͤ-
tze und Muthmaſſungen herfuͤr. Alſo beruhen alle
Erklaͤrungen auff Muthmaſſungen. Dieſe koͤnnen aber von
iedem/ welchen GOtt mit einem geſunden und auffgeraͤumten
Verſtand begabet/ gemacht werden. GOTT hat in ſeinem
Wort uns keine ſolche Sachen vorgetragen/ die gaͤntzlich unbe-
greifflich waͤren. Der Autor des Buchs de la vanite des ſci-
ences hat ſchoͤne Gedancken davon/ da er ſaget: (a)
Was
(a) La vanite des ſciences, ou ref lection d’un Philoſophe Chretien ſur le verita-
ble bonheur pag. 232. ſeq. Pour moy, je vous avouë qu’ apres l’étude
que i’ay pû faire juſqu’à préſent, je ne me félicite d’autre choſe que
de ce que je reconnois, que je ne ſuis pas plus ſavant que le plus ſimple
des Chreſtiens; que le Saint Eſprit n’a point eu deſlein de nous rendre
Phi-
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