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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stühle,
Es ist auch
nach der
Theologen
Meinung
noch nicht
ausge-
macht, wel-
che Perso-
nen die
Sünden

vergebenkönnen.
§. XII.

Aus demjenigen so bißher gesaget worden/
wird ein jeder Kluger erkennen/ daß wenn man ein absur-
dum
zulässet/ noch mehrere daraus enstehen. Dieses soll
auch bald noch deutlicher gezeiget werden. Diejenigen/ so
da behaupten/ denen Aposteln wäre das Recht Sünde zu ver-
geben und zu behalten nicht alleine zugestanden worden/
sind nicht einmahl einig/ wem solches anjetzo zuzueignen.
Sie wollen solches nicht allen und jeden zustehen/ die Cle-
rici
oder Kirchen-Diener heissen. Diejenigen sollen sich der
Gewalt Sünde zu vergeben nur zu erfreuen haben/ welche
auf eine rechtmäßige Art und Weise beruffen worden sind a).
Andern stehet auch dieses nicht an/ sondern sie geben für/
die Gläubigen, die Christum mit wahrem Glauben ergrif-
fen/ hätten Macht und Fug dieses Recht auszuüben. Al-

lein
a) Von dem gött-
lichen Beruffe.
Jn dieser Zahl treffe ich abermahls den Herrn Löber cit. l. an.
Jch wolte weiter nichts wünschen, als daß er zugleich gemeldet
hätte/ woran ich erkennen könne, was ein göttlicher Beruff sey.
Denn was insgemein von solchem Beruff gesaget wird, ist nicht
allzuweit her. Man verwirret die Sache zum öfftern dadurch
mehr, als daß man solche deutlich machte. Wenn man auch die-
jenigen, so diese Materie auf ein Härgen abmessen wollen, etwas
genau einsiehet, so ist es zwar an dem, daß man in abstracto sie-
het, was derselbe sey. Jn concreto ist es anders beschaffen. Jch
verbleibe immer im Zweiffel, ob dieser oder jener ein göttlich
beruffener Diener sey.
Denn wem ist wohl unbekant, wie vie-
le intriguen bey solchen Beförderungen gespielet werden. Die
contractus innominati sind hier gar gebräuchlich. Wenn aber nun
einer unrechtmäßiger Weise die Pfarre bekommt, kan der auch
Sünden vergeben? Der Herr Löber verneinet solches, indem er
saget, die rechtmäßig Beruffenen hätten nur solche Gewalt.
Wenn aber nun an dem Beicht-Wesen so viel gelegen, als man
sich einbildet, so sind diejenigen Zuhörer übel daran, deren Lehrer
durch einen casum obliquum in das ministerium gekommen.
b) So
I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,
Es iſt auch
nach der
Theologen
Meinung
noch nicht
ausge-
macht, wel-
che Perſo-
nen die
Suͤnden

vergebenkoͤnnen.
§. XII.

Aus demjenigen ſo bißher geſaget worden/
wird ein jeder Kluger erkennen/ daß wenn man ein abſur-
dum
zulaͤſſet/ noch mehrere daraus enſtehen. Dieſes ſoll
auch bald noch deutlicher gezeiget werden. Diejenigen/ ſo
da behaupten/ denen Apoſteln waͤre das Recht Suͤnde zu ver-
geben und zu behalten nicht alleine zugeſtanden worden/
ſind nicht einmahl einig/ wem ſolches anjetzo zuzueignen.
Sie wollen ſolches nicht allen und jeden zuſtehen/ die Cle-
rici
oder Kirchen-Diener heiſſen. Diejenigen ſollen ſich der
Gewalt Suͤnde zu vergeben nur zu erfreuen haben/ welche
auf eine rechtmaͤßige Art und Weiſe beruffen worden ſind a).
Andern ſtehet auch dieſes nicht an/ ſondern ſie geben fuͤr/
die Glaͤubigen, die Chriſtum mit wahrem Glauben ergrif-
fen/ haͤtten Macht und Fug dieſes Recht auszuuͤben. Al-

lein
a) Von dem goͤtt-
lichen Beruffe.
Jn dieſer Zahl treffe ich abermahls den Herrn Loͤber cit. l. an.
Jch wolte weiter nichts wuͤnſchen, als daß er zugleich gemeldet
haͤtte/ woran ich erkennen koͤnne, was ein goͤttlicher Beruff ſey.
Denn was insgemein von ſolchem Beruff geſaget wird, iſt nicht
allzuweit her. Man verwirret die Sache zum oͤfftern dadurch
mehr, als daß man ſolche deutlich machte. Wenn man auch die-
jenigen, ſo dieſe Materie auf ein Haͤrgen abmeſſen wollen, etwas
genau einſiehet, ſo iſt es zwar an dem, daß man in abſtracto ſie-
het, was derſelbe ſey. Jn concreto iſt es anders beſchaffen. Jch
verbleibe immer im Zweiffel, ob dieſer oder jener ein goͤttlich
beruffener Diener ſey.
Denn wem iſt wohl unbekant, wie vie-
le intriguen bey ſolchen Befoͤrderungen geſpielet werden. Die
contractus innominati ſind hier gar gebraͤuchlich. Wenn aber nun
einer unrechtmaͤßiger Weiſe die Pfarre bekommt, kan der auch
Suͤnden vergeben? Der Herr Loͤber verneinet ſolches, indem er
ſaget, die rechtmaͤßig Beruffenen haͤtten nur ſolche Gewalt.
Wenn aber nun an dem Beicht-Weſen ſo viel gelegen, als man
ſich einbildet, ſo ſind diejenigen Zuhoͤrer uͤbel daran, deren Lehrer
durch einen caſum obliquum in das miniſterium gekommen.
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[152/0171] I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle, §. XII. Aus demjenigen ſo bißher geſaget worden/ wird ein jeder Kluger erkennen/ daß wenn man ein abſur- dum zulaͤſſet/ noch mehrere daraus enſtehen. Dieſes ſoll auch bald noch deutlicher gezeiget werden. Diejenigen/ ſo da behaupten/ denen Apoſteln waͤre das Recht Suͤnde zu ver- geben und zu behalten nicht alleine zugeſtanden worden/ ſind nicht einmahl einig/ wem ſolches anjetzo zuzueignen. Sie wollen ſolches nicht allen und jeden zuſtehen/ die Cle- rici oder Kirchen-Diener heiſſen. Diejenigen ſollen ſich der Gewalt Suͤnde zu vergeben nur zu erfreuen haben/ welche auf eine rechtmaͤßige Art und Weiſe beruffen worden ſind a). Andern ſtehet auch dieſes nicht an/ ſondern ſie geben fuͤr/ die Glaͤubigen, die Chriſtum mit wahrem Glauben ergrif- fen/ haͤtten Macht und Fug dieſes Recht auszuuͤben. Al- lein a) Jn dieſer Zahl treffe ich abermahls den Herrn Loͤber cit. l. an. Jch wolte weiter nichts wuͤnſchen, als daß er zugleich gemeldet haͤtte/ woran ich erkennen koͤnne, was ein goͤttlicher Beruff ſey. Denn was insgemein von ſolchem Beruff geſaget wird, iſt nicht allzuweit her. Man verwirret die Sache zum oͤfftern dadurch mehr, als daß man ſolche deutlich machte. Wenn man auch die- jenigen, ſo dieſe Materie auf ein Haͤrgen abmeſſen wollen, etwas genau einſiehet, ſo iſt es zwar an dem, daß man in abſtracto ſie- het, was derſelbe ſey. Jn concreto iſt es anders beſchaffen. Jch verbleibe immer im Zweiffel, ob dieſer oder jener ein goͤttlich beruffener Diener ſey. Denn wem iſt wohl unbekant, wie vie- le intriguen bey ſolchen Befoͤrderungen geſpielet werden. Die contractus innominati ſind hier gar gebraͤuchlich. Wenn aber nun einer unrechtmaͤßiger Weiſe die Pfarre bekommt, kan der auch Suͤnden vergeben? Der Herr Loͤber verneinet ſolches, indem er ſaget, die rechtmaͤßig Beruffenen haͤtten nur ſolche Gewalt. Wenn aber nun an dem Beicht-Weſen ſo viel gelegen, als man ſich einbildet, ſo ſind diejenigen Zuhoͤrer uͤbel daran, deren Lehrer durch einen caſum obliquum in das miniſterium gekommen. b) So

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/171>, abgerufen am 21.11.2024.