Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite
I. Abth. III. Cap. Von der solennen Ohren-Beichte,
Innocentii
Beichte
wird von ei-
nigen ver-worffen.
§. X.

Jch muß aber doch wieder einmahl einlencken/
und auf meinen Zweck kommen. Als Innocentius seine
Verordnung von der Beichte an den Tag gegeben/ so ist
von daran die geheime Beichte und absolution allezeit ge-
blieben a). Es fehlete aber doch nicht an solchen Männern/
die sich wieder die Beichte setzten. Selbst der glossator Gra-
tiani,
der Johannes Semeca, hat nicht alleine die Nothwen-
digkeit zu beichten
in Zweiffel gezogen/ sondern sich auch der
Beichte selbst gewaltig und standhafft wiedersetzt b). Zu

Zeiten
biß an den Himmel. Man machet ein Stück der Gottseeligkeit
daraus. Dennoch aber hat es der Pabst hier zu einer Straffe
geordnet. Also kan man auch die Gottesfurcht zu einer Straffe
machen.
a) Beicht-Stüh-
le.
Um der Beichtenden willen machte man gewisse Oerter in der Kir-
chen aus, und nennete solche die Beicht-Stühle. vid. Calvoer
in ritual. eccles. Part. II. sect. I. cap. 31.
b) Joh. Semeca
bestreitet die
Beichte.
Es wurde Teutonicus, der Teutsche genennet, und ware der
Kirche zu Goßlar Praepositus. vid. Monachus Halmersleb. bey dem
Herrn von Leibnitz, Tom. I. Script. Brunsuic. p. 507. da er Teutoni-
cus Magister & Doctor
genennet wird. Als er im Jahr 1240 Prae-
positus
zu Halberstadt worden/ so wendete er vielen Fleiß an, die
Decreta zu erleutern. Es ist auch seine Glosse nicht zu verachten,
indem er vieles darinnen hat, so dem groben Pabstthum zu wie-
der ist. Man rechnet ihn also unter die Zeugen der Wahrheit,
wie denn solches der Herr Heineccius in Hist. Goslar. Lib. II. p. 253.
gethan, er verdienet auch solches wegen seiner Aufrichtigkeit, und
daß er darum in den Bann gethan worden, weil der Pabst solchen
Wiedersacher nicht vertragen kunte. Jn dem Thom zu Halber-
stadt siehet man noch sein Epitaphium, da er genennet wird:
Lux Decretorum, Dux Doctorum, via morum.
Ein Licht des Decreti, ein Führer der Lehrer, ein Weg guter
Sitten.

Er schriebe frey, daß es falsch wäre, wenn man vorgäbe, einem er-
wach-
I. Abth. III. Cap. Von der ſolennen Ohren-Beichte,
Innocentii
Beichte
wiꝛd von ei-
nigen ver-worffen.
§. X.

Jch muß aber doch wieder einmahl einlencken/
und auf meinen Zweck kommen. Als Innocentius ſeine
Verordnung von der Beichte an den Tag gegeben/ ſo iſt
von daran die geheime Beichte und abſolution allezeit ge-
blieben a). Es fehlete aber doch nicht an ſolchen Maͤnnern/
die ſich wieder die Beichte ſetzten. Selbſt der gloſſator Gra-
tiani,
der Johannes Semeca, hat nicht alleine die Nothwen-
digkeit zu beichten
in Zweiffel gezogen/ ſondern ſich auch der
Beichte ſelbſt gewaltig und ſtandhafft wiederſetzt b). Zu

Zeiten
biß an den Himmel. Man machet ein Stuͤck der Gottſeeligkeit
daraus. Dennoch aber hat es der Pabſt hier zu einer Straffe
geordnet. Alſo kan man auch die Gottesfurcht zu einer Straffe
machen.
a) Beicht-Stuͤh-
le.
Um der Beichtenden willen machte man gewiſſe Oerter in der Kir-
chen aus, und nennete ſolche die Beicht-Stuͤhle. vid. Calvoer
in ritual. eccleſ. Part. II. ſect. I. cap. 31.
b) Joh. Semeca
beſtreitet die
Beichte.
Es wurde Teutonicus, der Teutſche genennet, und ware der
Kirche zu Goßlar Præpoſitus. vid. Monachus Halmersleb. bey dem
Herrn von Leibnitz, Tom. I. Script. Brunſuic. p. 507. da er Teutoni-
cus Magiſter & Doctor
genennet wird. Als er im Jahr 1240 Præ-
poſitus
zu Halberſtadt worden/ ſo wendete er vielen Fleiß an, die
Decreta zu erleutern. Es iſt auch ſeine Gloſſe nicht zu verachten,
indem er vieles darinnen hat, ſo dem groben Pabſtthum zu wie-
der iſt. Man rechnet ihn alſo unter die Zeugen der Wahrheit,
wie denn ſolches der Herr Heineccius in Hiſt. Goslar. Lib. II. p. 253.
gethan, er verdienet auch ſolches wegen ſeiner Aufrichtigkeit, und
daß er darum in den Bann gethan worden, weil der Pabſt ſolchen
Wiederſacher nicht vertragen kunte. Jn dem Thom zu Halber-
ſtadt ſiehet man noch ſein Epitaphium, da er genennet wird:
Lux Decretorum, Dux Doctorum, via morum.
Ein Licht des Decreti, ein Fuͤhrer der Lehrer, ein Weg guter
Sitten.

Er ſchriebe frey, daß es falſch waͤre, wenn man vorgaͤbe, einem er-
wach-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0137" n="118"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Abth. <hi rendition="#aq">III.</hi> Cap. Von der <hi rendition="#aq">&#x017F;olenn</hi>en Ohren-Beichte,</hi> </fw><lb/>
            <note place="left"><hi rendition="#aq">Innocentii</hi><lb/><hi rendition="#g">Beichte</hi><lb/>
wi&#xA75B;d von ei-<lb/>
nigen ver-worffen.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. <hi rendition="#aq">X.</hi></head>
            <p>Jch muß aber doch wieder einmahl einlencken/<lb/>
und auf meinen Zweck kommen. Als <hi rendition="#aq">Innocentius</hi> &#x017F;eine<lb/>
Verordnung von der Beichte an den Tag gegeben/ &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
von daran die geheime Beichte und <hi rendition="#aq">ab&#x017F;olution</hi> allezeit ge-<lb/>
blieben <note place="foot" n="a)"><note place="left">Beicht-Stu&#x0364;h-<lb/>
le.</note>Um der Beichtenden willen machte man gewi&#x017F;&#x017F;e Oerter in der Kir-<lb/>
chen aus, und nennete &#x017F;olche die <hi rendition="#fr">Beicht-Stu&#x0364;hle.</hi> <hi rendition="#aq">vid. Calvoer<lb/><hi rendition="#i">in ritual. eccle&#x017F;. Part. II. &#x017F;ect. I. cap. 31.</hi></hi></note>. Es fehlete aber doch nicht an &#x017F;olchen Ma&#x0364;nnern/<lb/>
die &#x017F;ich wieder die Beichte &#x017F;etzten. Selb&#x017F;t der <hi rendition="#aq">glo&#x017F;&#x017F;ator Gra-<lb/>
tiani,</hi> der <hi rendition="#aq">Johannes Semeca,</hi> hat nicht alleine die <hi rendition="#fr">Nothwen-<lb/>
digkeit zu beichten</hi> in Zweiffel gezogen/ &#x017F;ondern &#x017F;ich auch der<lb/>
Beichte &#x017F;elb&#x017F;t gewaltig und &#x017F;tandhafft wieder&#x017F;etzt <note xml:id="g01" next="#g02" place="foot" n="b)"><note place="left"><hi rendition="#aq">Joh. Semeca</hi><lb/>
be&#x017F;treitet die<lb/>
Beichte.</note>Es wurde <hi rendition="#aq">Teutonicus,</hi><hi rendition="#fr">der Teut&#x017F;che</hi> genennet, und ware der<lb/>
Kirche zu Goßlar <hi rendition="#aq">Præpo&#x017F;itus. vid. Monachus Halmersleb.</hi> bey dem<lb/>
Herrn von Leibnitz, <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Tom. I. Script. Brun&#x017F;uic. p.</hi> 507.</hi> da er <hi rendition="#aq">Teutoni-<lb/>
cus Magi&#x017F;ter &amp; Doctor</hi> genennet wird. Als er im Jahr 1240 <hi rendition="#aq">Præ-<lb/>
po&#x017F;itus</hi> zu Halber&#x017F;tadt worden/ &#x017F;o wendete er vielen Fleiß an, die<lb/><hi rendition="#aq">Decreta</hi> zu erleutern. Es i&#x017F;t auch &#x017F;eine <hi rendition="#aq">Glo&#x017F;&#x017F;e</hi> nicht zu verachten,<lb/>
indem er vieles darinnen hat, &#x017F;o dem groben Pab&#x017F;tthum zu wie-<lb/>
der i&#x017F;t. Man rechnet ihn al&#x017F;o unter die <hi rendition="#fr">Zeugen der Wahrheit,</hi><lb/>
wie denn &#x017F;olches der Herr <hi rendition="#aq">Heineccius</hi> in <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Hi&#x017F;t. Goslar. Lib. II. p.</hi> 253.</hi><lb/>
gethan, er verdienet auch &#x017F;olches wegen &#x017F;einer Aufrichtigkeit, und<lb/>
daß er darum in den Bann gethan worden, weil der Pab&#x017F;t &#x017F;olchen<lb/>
Wieder&#x017F;acher nicht vertragen kunte. Jn dem Thom zu Halber-<lb/>
&#x017F;tadt &#x017F;iehet man noch &#x017F;ein <hi rendition="#aq">Epitaphium,</hi> da er genennet wird:<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">Lux Decretorum, Dux Doctorum, via morum.</hi><lb/>
Ein Licht des <hi rendition="#aq">Decreti,</hi> ein Fu&#x0364;hrer der Lehrer, ein Weg guter<lb/>
Sitten.</hi><lb/>
Er &#x017F;chriebe frey, daß es fal&#x017F;ch wa&#x0364;re, wenn man vorga&#x0364;be, einem er-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wach-</fw></note>. Zu<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Zeiten</fw><lb/><note xml:id="f98" prev="#f97" place="foot" n="(a)">biß an den Himmel. Man machet ein Stu&#x0364;ck der Gott&#x017F;eeligkeit<lb/>
daraus. Dennoch aber hat es der Pab&#x017F;t hier zu einer Straffe<lb/>
geordnet. Al&#x017F;o kan man auch die Gottesfurcht zu einer Straffe<lb/>
machen.</note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[118/0137] I. Abth. III. Cap. Von der ſolennen Ohren-Beichte, §. X. Jch muß aber doch wieder einmahl einlencken/ und auf meinen Zweck kommen. Als Innocentius ſeine Verordnung von der Beichte an den Tag gegeben/ ſo iſt von daran die geheime Beichte und abſolution allezeit ge- blieben a). Es fehlete aber doch nicht an ſolchen Maͤnnern/ die ſich wieder die Beichte ſetzten. Selbſt der gloſſator Gra- tiani, der Johannes Semeca, hat nicht alleine die Nothwen- digkeit zu beichten in Zweiffel gezogen/ ſondern ſich auch der Beichte ſelbſt gewaltig und ſtandhafft wiederſetzt b). Zu Zeiten (a) a) Um der Beichtenden willen machte man gewiſſe Oerter in der Kir- chen aus, und nennete ſolche die Beicht-Stuͤhle. vid. Calvoer in ritual. eccleſ. Part. II. ſect. I. cap. 31. b) Es wurde Teutonicus, der Teutſche genennet, und ware der Kirche zu Goßlar Præpoſitus. vid. Monachus Halmersleb. bey dem Herrn von Leibnitz, Tom. I. Script. Brunſuic. p. 507. da er Teutoni- cus Magiſter & Doctor genennet wird. Als er im Jahr 1240 Præ- poſitus zu Halberſtadt worden/ ſo wendete er vielen Fleiß an, die Decreta zu erleutern. Es iſt auch ſeine Gloſſe nicht zu verachten, indem er vieles darinnen hat, ſo dem groben Pabſtthum zu wie- der iſt. Man rechnet ihn alſo unter die Zeugen der Wahrheit, wie denn ſolches der Herr Heineccius in Hiſt. Goslar. Lib. II. p. 253. gethan, er verdienet auch ſolches wegen ſeiner Aufrichtigkeit, und daß er darum in den Bann gethan worden, weil der Pabſt ſolchen Wiederſacher nicht vertragen kunte. Jn dem Thom zu Halber- ſtadt ſiehet man noch ſein Epitaphium, da er genennet wird: Lux Decretorum, Dux Doctorum, via morum. Ein Licht des Decreti, ein Fuͤhrer der Lehrer, ein Weg guter Sitten. Er ſchriebe frey, daß es falſch waͤre, wenn man vorgaͤbe, einem er- wach- (a) biß an den Himmel. Man machet ein Stuͤck der Gottſeeligkeit daraus. Dennoch aber hat es der Pabſt hier zu einer Straffe geordnet. Alſo kan man auch die Gottesfurcht zu einer Straffe machen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/137
Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/137>, abgerufen am 21.11.2024.