Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.I. Abth. II. Cap. Von der Beichte Ein gewis-ser Aeltester wird zum Beichthö-ren gesetzt. §. III. Alleine der Kirchen-Väter ihre Worte nah- ge- Worte recht erwäget, so sagen sie nichts anders, als daß derjeni- ge, so ein Laster bey sich vermerckte, sich zu solchen nahen und sie zu Rathe ziehen solte, welche die Gabe hätten, dergleichen Ubel zu steuren, und die Kranckheit zu heben; besiehe Dallaeum de confess. auricul. Lib. III. cap. 10. pag. 259. seq. a) Ursachen der
öffentlichen Busse.Der Ursprung dieser öffentlichen Busse ist aus denen Verträgen, so die Christen unter sich errichtet, herzuleiten, davon anderwärts mit mehrern soll gehandelt werden. Dieses will ich jetzo nur ge- dencken, daß die Gemeinde dazumahl mit allem Recht von de- nenjenigen, welche sich mit Sünden beflecket, satisfaction gefor- dert. Denn durch solche wurde der errichtete Vertrag violiret, und der ersten Christen gantzes Dichten ware dahin gerichtet, daß sie ein unbeflecktes Leben führen möchten. Weil sie nun solche Begierde zur Gottseeligkeit trugen, so ware auch die Zucht unter ihnen scharff, damit sie denen Heyden zeigten, sie hätten einen an- dern Gottesdienst, als man ihnen zueignete. Die Christliche Re- ligion erfordere andere Sitten, als man ihr Schuld gäbe. Auf solche Art musten denn diejenigen, so von dem Glauben abgefal- len, und wiederkehrten, sich absonderlich der öffentlichen Busse unterwerffen. b) Cal- I. Abth. II. Cap. Von der Beichte Ein gewiſ-ſer Aelteſter wird zum Beichthoͤ-ren geſetzt. §. III. Alleine der Kirchen-Vaͤter ihre Worte nah- ge- Worte recht erwaͤget, ſo ſagen ſie nichts anders, als daß derjeni- ge, ſo ein Laſter bey ſich vermerckte, ſich zu ſolchen nahen und ſie zu Rathe ziehen ſolte, welche die Gabe haͤtten, dergleichen Ubel zu ſteuren, und die Kranckheit zu heben; beſiehe Dallæum de confeſſ. auricul. Lib. III. cap. 10. pag. 259. ſeq. a) Urſachen der
oͤffentlichen Buſſe.Der Urſprung dieſer oͤffentlichen Buſſe iſt aus denen Vertraͤgen, ſo die Chriſten unter ſich errichtet, herzuleiten, davon anderwaͤrts mit mehrern ſoll gehandelt werden. Dieſes will ich jetzo nur ge- dencken, daß die Gemeinde dazumahl mit allem Recht von de- nenjenigen, welche ſich mit Suͤnden beflecket, ſatisfaction gefor- dert. Denn durch ſolche wurde der errichtete Vertrag violiret, und der erſten Chriſten gantzes Dichten ware dahin gerichtet, daß ſie ein unbeflecktes Leben fuͤhren moͤchten. Weil ſie nun ſolche Begierde zur Gottſeeligkeit trugen, ſo ware auch die Zucht unter ihnen ſcharff, damit ſie denen Heyden zeigten, ſie haͤtten einen an- dern Gottesdienſt, als man ihnen zueignete. Die Chriſtliche Re- ligion erfordere andere Sitten, als man ihr Schuld gaͤbe. Auf ſolche Art muſten denn diejenigen, ſo von dem Glauben abgefal- len, und wiederkehrten, ſich abſonderlich der oͤffentlichen Buſſe unterwerffen. b) Cal- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0101" n="82"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Abth. <hi rendition="#aq">II.</hi> Cap. Von der Beichte</hi> </fw><lb/> <note place="left">Ein gewiſ-<lb/> ſer Aelteſter<lb/> wird zum<lb/> Beichthoͤ-ren geſetzt.</note> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. <hi rendition="#aq">III.</hi></head> <p>Alleine der Kirchen-Vaͤter ihre Worte nah-<lb/> me man in gantz anderm Verſtande auf. Man findet auch/<lb/> daß bereits zu Ende des dritten <hi rendition="#aq">ſeculi</hi> eine gewiſſe Art der<lb/> geheimen Beichte und <hi rendition="#aq">abſolution</hi> eingefuͤhret geweſen.<lb/> Denn durch die <hi rendition="#aq">Deciani</hi>ſche Verfolgung wurden viele von<lb/> denen Chriſten zum Abfall bewogen. Da aber ſolche zu<lb/> Ende gegangen/ und die Kirche wiederum Friede hatte/<lb/> wuͤnſchten ſie auch wieder in derſelben Schoß aufgenom-<lb/> men zu werden. Nach der Vereinigung aber/ ſo die Chri-<lb/> ſten unter ſich gemacht/ kunten ſie nicht eher Glieder der Kir-<lb/> chen abgeben/ als nach vollbrachter oͤffentlicher Buſſe <note place="foot" n="a)"><note place="left">Urſachen der<lb/> oͤffentlichen<lb/> Buſſe.</note>Der Urſprung dieſer oͤffentlichen Buſſe iſt aus denen Vertraͤgen,<lb/> ſo die Chriſten unter ſich errichtet, herzuleiten, davon anderwaͤrts<lb/> mit mehrern ſoll gehandelt werden. Dieſes will ich jetzo nur ge-<lb/> dencken, daß die Gemeinde dazumahl mit allem Recht von de-<lb/> nenjenigen, welche ſich mit Suͤnden beflecket, <hi rendition="#aq">ſatisfaction</hi> gefor-<lb/> dert. Denn durch ſolche wurde der errichtete Vertrag <hi rendition="#aq">violi</hi>ret,<lb/> und der erſten Chriſten gantzes Dichten ware dahin gerichtet, daß<lb/> ſie ein unbeflecktes Leben fuͤhren moͤchten. Weil ſie nun ſolche<lb/> Begierde zur Gottſeeligkeit trugen, ſo ware auch die Zucht unter<lb/> ihnen ſcharff, damit ſie denen Heyden zeigten, ſie haͤtten einen an-<lb/> dern Gottesdienſt, als man ihnen zueignete. Die Chriſtliche Re-<lb/> ligion erfordere andere Sitten, als man ihr Schuld gaͤbe. Auf<lb/> ſolche Art muſten denn diejenigen, ſo von dem Glauben abgefal-<lb/> len, und wiederkehrten, ſich abſonderlich der oͤffentlichen Buſſe<lb/> unterwerffen.<lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">b) Cal-</hi></fw></note>.<lb/> Es waren aber die <hi rendition="#aq">Novatianer</hi> ſo eigenſinnig/ daß ſie mit<lb/> ſolchen abgefallenen und wieder angenommenen und aus-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ge-</fw><lb/><note xml:id="f70" prev="#f69" place="foot" n="(h)">Worte recht erwaͤget, ſo ſagen ſie nichts anders, als daß derjeni-<lb/> ge, ſo ein Laſter bey ſich vermerckte, ſich zu ſolchen nahen und ſie<lb/> zu Rathe ziehen ſolte, welche die Gabe haͤtten, dergleichen Ubel zu<lb/> ſteuren, und die Kranckheit zu heben; beſiehe <hi rendition="#aq">Dallæum <hi rendition="#i">de confeſſ.<lb/> auricul. Lib. III. cap. 10. pag. 259. ſeq.</hi></hi></note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [82/0101]
I. Abth. II. Cap. Von der Beichte
§. III. Alleine der Kirchen-Vaͤter ihre Worte nah-
me man in gantz anderm Verſtande auf. Man findet auch/
daß bereits zu Ende des dritten ſeculi eine gewiſſe Art der
geheimen Beichte und abſolution eingefuͤhret geweſen.
Denn durch die Decianiſche Verfolgung wurden viele von
denen Chriſten zum Abfall bewogen. Da aber ſolche zu
Ende gegangen/ und die Kirche wiederum Friede hatte/
wuͤnſchten ſie auch wieder in derſelben Schoß aufgenom-
men zu werden. Nach der Vereinigung aber/ ſo die Chri-
ſten unter ſich gemacht/ kunten ſie nicht eher Glieder der Kir-
chen abgeben/ als nach vollbrachter oͤffentlicher Buſſe a).
Es waren aber die Novatianer ſo eigenſinnig/ daß ſie mit
ſolchen abgefallenen und wieder angenommenen und aus-
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(h)
a) Der Urſprung dieſer oͤffentlichen Buſſe iſt aus denen Vertraͤgen,
ſo die Chriſten unter ſich errichtet, herzuleiten, davon anderwaͤrts
mit mehrern ſoll gehandelt werden. Dieſes will ich jetzo nur ge-
dencken, daß die Gemeinde dazumahl mit allem Recht von de-
nenjenigen, welche ſich mit Suͤnden beflecket, ſatisfaction gefor-
dert. Denn durch ſolche wurde der errichtete Vertrag violiret,
und der erſten Chriſten gantzes Dichten ware dahin gerichtet, daß
ſie ein unbeflecktes Leben fuͤhren moͤchten. Weil ſie nun ſolche
Begierde zur Gottſeeligkeit trugen, ſo ware auch die Zucht unter
ihnen ſcharff, damit ſie denen Heyden zeigten, ſie haͤtten einen an-
dern Gottesdienſt, als man ihnen zueignete. Die Chriſtliche Re-
ligion erfordere andere Sitten, als man ihr Schuld gaͤbe. Auf
ſolche Art muſten denn diejenigen, ſo von dem Glauben abgefal-
len, und wiederkehrten, ſich abſonderlich der oͤffentlichen Buſſe
unterwerffen.
b) Cal-
(h) Worte recht erwaͤget, ſo ſagen ſie nichts anders, als daß derjeni-
ge, ſo ein Laſter bey ſich vermerckte, ſich zu ſolchen nahen und ſie
zu Rathe ziehen ſolte, welche die Gabe haͤtten, dergleichen Ubel zu
ſteuren, und die Kranckheit zu heben; beſiehe Dallæum de confeſſ.
auricul. Lib. III. cap. 10. pag. 259. ſeq.
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