überirdischer Glanz die Erden-Nacht umzieht und in eine zweite Welt umkleidet und alle Herzen lieben ihn weinend und die Nachtigal¬ len singen in seinen Strahlen.
Alles war nun bestimmt und geendigt. Lin¬ da hielt sich in ihrer Ferne und bloß aus Ge¬ setz der geselligen Artigkeit, das sie niemals übertrat. Idoine zog sich, eine Veränderung errathend, aus der vorigen Nähe sanft zurück. Früh am dunkeln Morgen schieden sie, aber Julienne sagte es ihrer Freundinn nicht, daß sie Idoinen, als sie von einander giengen, sich mit nassen Augen hatte wenden sehen.
126. Zykel.
Albano hatte während Linda's Abwesenheit von Roquairol die Bitte bekommen, nur jetzt nicht lange zu verreisen, damit er in einigen Tagen sein Trauerspiel "den Trauerspieler" noch sehen könne. Gaspard, den er unwillig über Linda's Ehescheu antraf, gab ihm ein sonderbares Kartenblatt für Linda mit, worauf von ihrem unsichtbaren Vater nichts stand als dies:
überirdiſcher Glanz die Erden-Nacht umzieht und in eine zweite Welt umkleidet und alle Herzen lieben ihn weinend und die Nachtigal¬ len ſingen in ſeinen Strahlen.
Alles war nun beſtimmt und geendigt. Lin¬ da hielt ſich in ihrer Ferne und bloß aus Ge¬ ſetz der geſelligen Artigkeit, das ſie niemals übertrat. Idoine zog ſich, eine Veränderung errathend, aus der vorigen Nähe ſanft zurück. Früh am dunkeln Morgen ſchieden ſie, aber Julienne ſagte es ihrer Freundinn nicht, daß ſie Idoinen, als ſie von einander giengen, ſich mit naſſen Augen hatte wenden ſehen.
126. Zykel.
Albano hatte während Linda's Abweſenheit von Roquairol die Bitte bekommen, nur jetzt nicht lange zu verreiſen, damit er in einigen Tagen ſein Trauerſpiel „den Trauerſpieler“ noch ſehen könne. Gaſpard, den er unwillig über Linda's Eheſcheu antraf, gab ihm ein ſonderbares Kartenblatt für Linda mit, worauf von ihrem unſichtbaren Vater nichts ſtand als dies:
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0361"n="349"/>
überirdiſcher Glanz die Erden-Nacht umzieht<lb/>
und in eine zweite Welt umkleidet und alle<lb/>
Herzen lieben ihn weinend und die Nachtigal¬<lb/>
len ſingen in ſeinen Strahlen.</p><lb/><p>Alles war nun beſtimmt und geendigt. Lin¬<lb/>
da hielt ſich in ihrer Ferne und bloß aus Ge¬<lb/>ſetz der geſelligen Artigkeit, das ſie niemals<lb/>
übertrat. Idoine zog ſich, eine Veränderung<lb/>
errathend, aus der vorigen Nähe ſanft zurück.<lb/>
Früh am dunkeln Morgen ſchieden ſie, aber<lb/>
Julienne ſagte es ihrer Freundinn nicht, daß<lb/>ſie Idoinen, als ſie von einander giengen, ſich<lb/>
mit naſſen Augen hatte wenden ſehen.</p><lb/></div><divn="2"><head>126. <hirendition="#aq">Zykel.</hi><lb/></head><p>Albano hatte während Linda's Abweſenheit<lb/>
von Roquairol die Bitte bekommen, nur jetzt<lb/>
nicht lange zu verreiſen, damit er in einigen<lb/>
Tagen ſein Trauerſpiel „den <hirendition="#g">Trauerſpieler</hi>“<lb/>
noch ſehen könne. Gaſpard, den er unwillig<lb/>
über Linda's Eheſcheu antraf, gab ihm ein<lb/>ſonderbares Kartenblatt für Linda mit, worauf<lb/>
von ihrem unſichtbaren Vater nichts ſtand als<lb/>
dies:<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[349/0361]
überirdiſcher Glanz die Erden-Nacht umzieht
und in eine zweite Welt umkleidet und alle
Herzen lieben ihn weinend und die Nachtigal¬
len ſingen in ſeinen Strahlen.
Alles war nun beſtimmt und geendigt. Lin¬
da hielt ſich in ihrer Ferne und bloß aus Ge¬
ſetz der geſelligen Artigkeit, das ſie niemals
übertrat. Idoine zog ſich, eine Veränderung
errathend, aus der vorigen Nähe ſanft zurück.
Früh am dunkeln Morgen ſchieden ſie, aber
Julienne ſagte es ihrer Freundinn nicht, daß
ſie Idoinen, als ſie von einander giengen, ſich
mit naſſen Augen hatte wenden ſehen.
126. Zykel.
Albano hatte während Linda's Abweſenheit
von Roquairol die Bitte bekommen, nur jetzt
nicht lange zu verreiſen, damit er in einigen
Tagen ſein Trauerſpiel „den Trauerſpieler“
noch ſehen könne. Gaſpard, den er unwillig
über Linda's Eheſcheu antraf, gab ihm ein
ſonderbares Kartenblatt für Linda mit, worauf
von ihrem unſichtbaren Vater nichts ſtand als
dies:
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/361>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.