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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

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fand es unter sich, Verbindlichkeiten schuldig
zu seyn und zog zurück; bis Schoppe den Dia¬
gonalweg ausmittelte, er gebe seine Gesellschaft
als don gratuit, und erwarte daher auch vom
Ritter von Zeit zu Zeit ein don gratuit von
Belang. Übrigens war dem Ritter jetzt Schoppe
gerade so lieb wie der erste beste Hoftürke, der
ihm auf den Wagenfußtritt geholfen; seine
Prüfung eines Menschen war eine kalte Tod¬
tenbeschau
und nach dem Prüfen liebt' er
nicht stärker und haßt' er nicht stärker; für
ihn waren im Spektakelstück des polternden
Lebens der Regisseur und die ersten und zwei¬
ten Liebhaberinnen und die Lears und Iphi¬
genien und Helden weder Freunde, noch die
Kasperls und die Tyrannen und Figuranten
Feinde, sondern es waren verschiedene Akteurs
in verschiedenen Rollen. -- -- O Gaspard,
stehest denn du in der Frontloge und nicht
auch auf dem Theater? Und siehest du nicht
wie Hamlet, im großen Schauspiele einem klei¬
nern zu? Ja setzet nicht jede Bühne am Ende
ein doppeltes Leben voraus, ein kopirendes
und ein kopirtes? -- --

fand es unter ſich, Verbindlichkeiten ſchuldig
zu ſeyn und zog zurück; bis Schoppe den Dia¬
gonalweg ausmittelte, er gebe ſeine Geſellſchaft
als don gratuit, und erwarte daher auch vom
Ritter von Zeit zu Zeit ein don gratuit von
Belang. Übrigens war dem Ritter jetzt Schoppe
gerade ſo lieb wie der erſte beſte Hoftürke, der
ihm auf den Wagenfußtritt geholfen; ſeine
Prüfung eines Menſchen war eine kalte Tod¬
tenbeſchau
und nach dem Prüfen liebt' er
nicht ſtärker und haßt' er nicht ſtärker; für
ihn waren im Spektakelſtück des polternden
Lebens der Regiſſeur und die erſten und zwei¬
ten Liebhaberinnen und die Lears und Iphi¬
genien und Helden weder Freunde, noch die
Kaſperls und die Tyrannen und Figuranten
Feinde, ſondern es waren verſchiedene Akteurs
in verſchiedenen Rollen. — — O Gaſpard,
ſteheſt denn du in der Frontloge und nicht
auch auf dem Theater? Und ſieheſt du nicht
wie Hamlet, im großen Schauſpiele einem klei¬
nern zu? Ja ſetzet nicht jede Bühne am Ende
ein doppeltes Leben voraus, ein kopirendes
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[38/0058] fand es unter ſich, Verbindlichkeiten ſchuldig zu ſeyn und zog zurück; bis Schoppe den Dia¬ gonalweg ausmittelte, er gebe ſeine Geſellſchaft als don gratuit, und erwarte daher auch vom Ritter von Zeit zu Zeit ein don gratuit von Belang. Übrigens war dem Ritter jetzt Schoppe gerade ſo lieb wie der erſte beſte Hoftürke, der ihm auf den Wagenfußtritt geholfen; ſeine Prüfung eines Menſchen war eine kalte Tod¬ tenbeſchau und nach dem Prüfen liebt' er nicht ſtärker und haßt' er nicht ſtärker; für ihn waren im Spektakelſtück des polternden Lebens der Regiſſeur und die erſten und zwei¬ ten Liebhaberinnen und die Lears und Iphi¬ genien und Helden weder Freunde, noch die Kaſperls und die Tyrannen und Figuranten Feinde, ſondern es waren verſchiedene Akteurs in verſchiedenen Rollen. — — O Gaſpard, ſteheſt denn du in der Frontloge und nicht auch auf dem Theater? Und ſieheſt du nicht wie Hamlet, im großen Schauſpiele einem klei¬ nern zu? Ja ſetzet nicht jede Bühne am Ende ein doppeltes Leben voraus, ein kopirendes und ein kopirtes? — —

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/58>, abgerufen am 26.04.2024.