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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

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ser: Darüber hab' er seine erste Braut ver-
loren; denn er habe, da sie an einem schönen
Morgen von ihren Maigenüssen gesprochen,
versetzt, auch er habe nie so viele gehabt, als
in diesem Mai, wegen der unzähligen Maikäfer;
als er darauf zum Beweise einige von den Blät-
tern abgepflückt, und sie vor ihren Augen aus-
gesogen und genossen: so sey er ihr seitdem mehr
greuels- als liebenswürdig vorgekommen, und er
habe durch seine Röselsche Insektenbelustigun-
gen Brautkuchen und Honigwochen verscherzt
und vernascht.

Nieß aber sich mehr zur Tochter schlagend,
fuhr kühn mit dem Ernste des Naturgenusses
fort, und schilderte mehrere schöne Aussichten ab,
die man sah, und von manchen erhabenen Wol-
ken-Partien lieferte er gute Röthelzeichnun-
gen: -- als endlich die Partien zu regnen an-
fingen und selbst herunter kamen. Sogleich rief
der Doktor den langröckigen Flex in den Wagen
herein als einen Füllstein für Nieß. Diesem
entfuhr der Ausruf: Dieß zarte Gefühl hat
auch unser Dichter für seine Leute, Theoda! --

ſer: Daruͤber hab’ er ſeine erſte Braut ver-
loren; denn er habe, da ſie an einem ſchoͤnen
Morgen von ihren Maigenuͤſſen geſprochen,
verſetzt, auch er habe nie ſo viele gehabt, als
in dieſem Mai, wegen der unzaͤhligen Maikaͤfer;
als er darauf zum Beweiſe einige von den Blaͤt-
tern abgepfluͤckt, und ſie vor ihren Augen aus-
geſogen und genoſſen: ſo ſey er ihr ſeitdem mehr
greuels- als liebenswuͤrdig vorgekommen, und er
habe durch ſeine Roͤſelſche Inſektenbeluſtigun-
gen Brautkuchen und Honigwochen verſcherzt
und vernaſcht.

Nieß aber ſich mehr zur Tochter ſchlagend,
fuhr kuͤhn mit dem Ernſte des Naturgenuſſes
fort, und ſchilderte mehrere ſchoͤne Ausſichten ab,
die man ſah, und von manchen erhabenen Wol-
ken-Partien lieferte er gute Roͤthelzeichnun-
gen: — als endlich die Partien zu regnen an-
fingen und ſelbſt herunter kamen. Sogleich rief
der Doktor den langroͤckigen Flex in den Wagen
herein als einen Fuͤllſtein fuͤr Nieß. Dieſem
entfuhr der Ausruf: Dieß zarte Gefuͤhl hat
auch unſer Dichter fuͤr ſeine Leute, Theoda! —

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[41/0059] ſer: Daruͤber hab’ er ſeine erſte Braut ver- loren; denn er habe, da ſie an einem ſchoͤnen Morgen von ihren Maigenuͤſſen geſprochen, verſetzt, auch er habe nie ſo viele gehabt, als in dieſem Mai, wegen der unzaͤhligen Maikaͤfer; als er darauf zum Beweiſe einige von den Blaͤt- tern abgepfluͤckt, und ſie vor ihren Augen aus- geſogen und genoſſen: ſo ſey er ihr ſeitdem mehr greuels- als liebenswuͤrdig vorgekommen, und er habe durch ſeine Roͤſelſche Inſektenbeluſtigun- gen Brautkuchen und Honigwochen verſcherzt und vernaſcht. Nieß aber ſich mehr zur Tochter ſchlagend, fuhr kuͤhn mit dem Ernſte des Naturgenuſſes fort, und ſchilderte mehrere ſchoͤne Ausſichten ab, die man ſah, und von manchen erhabenen Wol- ken-Partien lieferte er gute Roͤthelzeichnun- gen: — als endlich die Partien zu regnen an- fingen und ſelbſt herunter kamen. Sogleich rief der Doktor den langroͤckigen Flex in den Wagen herein als einen Fuͤllſtein fuͤr Nieß. Dieſem entfuhr der Ausruf: Dieß zarte Gefuͤhl hat auch unſer Dichter fuͤr ſeine Leute, Theoda! —

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/59>, abgerufen am 26.04.2024.