Ihr Wirthshaus war ein Posthaus, und zwar glücklicherweise für den Doktor. Denn wäh- rend der Posthalter sich mit der Misgeburt ab- gab: fand jener Gelegenheit einen dicken un- frankirten Briefwürfel, an sich überschrieben, ungesehen einzustecken als Selbst-Briefträger. "Warum, sagt' er sich, das wichtige Paquet einen gefährlichen Umweg zu mir hin und her machen soll, dieß seh' ich nicht recht. Noch dazu will ich den unschuldigen Posthalter nicht im Ge- ringsten zur Rede stellen, wenn er mir den Brief nicht schickt."
Im Ganzen bewahrte er sich durch einen ge- wissen Egoismus vor allem Nepotismus. Eigent- lich ist jede Menschenliebe, sobald sie auf beson- deres Beglücken, nicht auf ruhiges Liebhaben anderer ausgeht, vom Nepotismus wenig un- terschieden, da alle Menschen ja, von Adam her,
17. Summula. Station.
Ihr Wirthshaus war ein Poſthaus, und zwar gluͤcklicherweiſe fuͤr den Doktor. Denn waͤh- rend der Poſthalter ſich mit der Misgeburt ab- gab: fand jener Gelegenheit einen dicken un- frankirten Briefwuͤrfel, an ſich uͤberſchrieben, ungeſehen einzuſtecken als Selbſt-Brieftraͤger. „Warum, ſagt’ er ſich, das wichtige Paquet einen gefaͤhrlichen Umweg zu mir hin und her machen ſoll, dieß ſeh’ ich nicht recht. Noch dazu will ich den unſchuldigen Poſthalter nicht im Ge- ringſten zur Rede ſtellen, wenn er mir den Brief nicht ſchickt.”
Im Ganzen bewahrte er ſich durch einen ge- wiſſen Egoismus vor allem Nepotismus. Eigent- lich iſt jede Menſchenliebe, ſobald ſie auf beſon- deres Begluͤcken, nicht auf ruhiges Liebhaben anderer ausgeht, vom Nepotismus wenig un- terſchieden, da alle Menſchen ja, von Adam her,
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17. Summula.
Station.
Ihr Wirthshaus war ein Poſthaus, und zwar
gluͤcklicherweiſe fuͤr den Doktor. Denn waͤh-
rend der Poſthalter ſich mit der Misgeburt ab-
gab: fand jener Gelegenheit einen dicken un-
frankirten Briefwuͤrfel, an ſich uͤberſchrieben,
ungeſehen einzuſtecken als Selbſt-Brieftraͤger.
„Warum, ſagt’ er ſich, das wichtige Paquet
einen gefaͤhrlichen Umweg zu mir hin und her
machen ſoll, dieß ſeh’ ich nicht recht. Noch dazu
will ich den unſchuldigen Poſthalter nicht im Ge-
ringſten zur Rede ſtellen, wenn er mir den Brief
nicht ſchickt.”
Im Ganzen bewahrte er ſich durch einen ge-
wiſſen Egoismus vor allem Nepotismus. Eigent-
lich iſt jede Menſchenliebe, ſobald ſie auf beſon-
deres Begluͤcken, nicht auf ruhiges Liebhaben
anderer ausgeht, vom Nepotismus wenig un-
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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/119>, abgerufen am 04.03.2025.
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