Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795.24. Hundsposttag. Schminke -- Krankheit Klotildens -- Schauspiel Iphigenie -- Den 24ten Februar fand Viktor Morgens bei Jo¬ 24. Hundspoſttag. Schminke — Krankheit Klotildens — Schauſpiel Iphigenie — Den 24ten Februar fand Viktor Morgens bei Jo¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0220" n="210"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#g">24. Hundspoſttag.</hi><lb/> </head> <argument> <p rendition="#c">Schminke — Krankheit Klotildens — Schauſpiel Iphigenie —<lb/> Unterſchied der bürgerlichen und der ſtiftsfähigen Liebe.</p> </argument><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p><hi rendition="#in">D</hi>en 24ten Februar fand Viktor Morgens bei Jo¬<lb/> achimen — die ſtolze Klotilde. Ich weiß nicht, war<lb/> ſie aus Zufall oder Hoͤflichkeit oder deswegen da,<lb/> um einer Perſon, die von Viktor mit einigem In¬<lb/> tereſſe behandelt wurde, mit der Diogenes-Laterne<lb/> ins Geſicht zu leuchten. Aber o Himmel! die Wan¬<lb/> gen dieſer Klotilde waren blaß, die Augen wie von<lb/> einer ewigen Thraͤne uͤberhaucht, die Stimme ge¬<lb/> ruͤhrt gleichſam gebrochen und der bleiche Marmor¬<lb/> koͤrper ſchien nur die Statue zu ſeyn, die am Grab¬<lb/> mal der Seele ſteht. Viktor vergaß die ganze Ver¬<lb/> gangenheit und ſein Innerſtes weinte vor Sehnſucht,<lb/> ihr beizuſtehen und aus ihrem Leben alle truͤbe Win¬<lb/> terlandſchaften weg zu loͤſchen. »Ich befinde mich<lb/> »heute wie gewoͤhnlich« ſagte ſie auf ſeine Frage<lb/> und er wußte nichts aus dieſer unerwarteten Erblei¬<lb/> chung zu machen — er konnte heute uͤberhaupt nichts<lb/> machen, nicht einmal einen Spas oder eine Schmei¬<lb/> chelei — ſeine in Mitleid zergangne Seele wollte<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [210/0220]
24. Hundspoſttag.
Schminke — Krankheit Klotildens — Schauſpiel Iphigenie —
Unterſchied der bürgerlichen und der ſtiftsfähigen Liebe.
Den 24ten Februar fand Viktor Morgens bei Jo¬
achimen — die ſtolze Klotilde. Ich weiß nicht, war
ſie aus Zufall oder Hoͤflichkeit oder deswegen da,
um einer Perſon, die von Viktor mit einigem In¬
tereſſe behandelt wurde, mit der Diogenes-Laterne
ins Geſicht zu leuchten. Aber o Himmel! die Wan¬
gen dieſer Klotilde waren blaß, die Augen wie von
einer ewigen Thraͤne uͤberhaucht, die Stimme ge¬
ruͤhrt gleichſam gebrochen und der bleiche Marmor¬
koͤrper ſchien nur die Statue zu ſeyn, die am Grab¬
mal der Seele ſteht. Viktor vergaß die ganze Ver¬
gangenheit und ſein Innerſtes weinte vor Sehnſucht,
ihr beizuſtehen und aus ihrem Leben alle truͤbe Win¬
terlandſchaften weg zu loͤſchen. »Ich befinde mich
»heute wie gewoͤhnlich« ſagte ſie auf ſeine Frage
und er wußte nichts aus dieſer unerwarteten Erblei¬
chung zu machen — er konnte heute uͤberhaupt nichts
machen, nicht einmal einen Spas oder eine Schmei¬
chelei — ſeine in Mitleid zergangne Seele wollte
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |