und zwar ohne alle Entscheidungsgründe. "Wenn "sie nur löge und mir sagte: darum, oder darum! "so wärs doch was" sagt' er; aber sie that ihm den Gefallen nicht. Für mein Geschlecht ist Abschlagen ohne Gründe, sogar ohne errathene, ein Schwefel¬ pfuhl, ein dreifacher Tod; auf Joachime wirkten Gründe und Kabinetspredigten gleichviel.
Extrablatt darüber.
Ich habe hundertmal, mit meinem juristischen onus probandi auf dem Buckel, an die Weiber gedacht, die im Stande sind, durch einige Anstrengung ohne alle Gründe sowohl zu handeln als zu glauben. Je¬ der Grund beruft sich auf einen neuen, dieser schickt uns wieder zu einem entferntern, der wieder seinen eignen haben muß, bis wir endlich zu einem kommen, den wir ohne Grund annehmen. Der Gelehrte fehlt aber darin, daß er gerade die wichtigsten Wahrhei¬ ten -- die obersten Prinzipien der Moral, der Meta¬ physik etc. -- ohne Gründe glaubt und sie in der Angst -- er will sich dadurch helfen -- nothwendige Wahrheiten benennt. Die Frau hingegen macht klei¬ nere Wahrheiten -- z. B. es muß morgen weggefahren, traktirt, gewaschen werden etc. -- zu nothwendigen Wahrheiten, die ohne die Assekuranz und Reasseku¬ ranz der Gründe angenommen werden müssen -- und dies ist's eben, was ihr einen solchen Schein von
und zwar ohne alle Entſcheidungsgruͤnde. »Wenn »ſie nur loͤge und mir ſagte: darum, oder darum! »ſo waͤrs doch was« ſagt' er; aber ſie that ihm den Gefallen nicht. Fuͤr mein Geſchlecht iſt Abſchlagen ohne Gruͤnde, ſogar ohne errathene, ein Schwefel¬ pfuhl, ein dreifacher Tod; auf Joachime wirkten Gruͤnde und Kabinetspredigten gleichviel.
Extrablatt daruͤber.
Ich habe hundertmal, mit meinem juriſtiſchen onus probandi auf dem Buckel, an die Weiber gedacht, die im Stande ſind, durch einige Anſtrengung ohne alle Gruͤnde ſowohl zu handeln als zu glauben. Je¬ der Grund beruft ſich auf einen neuen, dieſer ſchickt uns wieder zu einem entferntern, der wieder ſeinen eignen haben muß, bis wir endlich zu einem kommen, den wir ohne Grund annehmen. Der Gelehrte fehlt aber darin, daß er gerade die wichtigſten Wahrhei¬ ten — die oberſten Prinzipien der Moral, der Meta¬ phyſik ꝛc. — ohne Gruͤnde glaubt und ſie in der Angſt — er will ſich dadurch helfen — nothwendige Wahrheiten benennt. Die Frau hingegen macht klei¬ nere Wahrheiten — z. B. es muß morgen weggefahren, traktirt, gewaſchen werden ꝛc. — zu nothwendigen Wahrheiten, die ohne die Aſſekuranz und Reaſſeku¬ ranz der Gruͤnde angenommen werden muͤſſen — und dies iſt's eben, was ihr einen ſolchen Schein von
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und zwar ohne alle Entſcheidungsgruͤnde. »Wenn
»ſie nur loͤge und mir ſagte: darum, oder darum!
»ſo waͤrs doch was« ſagt' er; aber ſie that ihm den
Gefallen nicht. Fuͤr mein Geſchlecht iſt Abſchlagen
ohne Gruͤnde, ſogar ohne errathene, ein Schwefel¬
pfuhl, ein dreifacher Tod; auf Joachime wirkten
Gruͤnde und Kabinetspredigten gleichviel.
Extrablatt daruͤber.
Ich habe hundertmal, mit meinem juriſtiſchen onus
probandi auf dem Buckel, an die Weiber gedacht,
die im Stande ſind, durch einige Anſtrengung ohne
alle Gruͤnde ſowohl zu handeln als zu glauben. Je¬
der Grund beruft ſich auf einen neuen, dieſer ſchickt
uns wieder zu einem entferntern, der wieder ſeinen
eignen haben muß, bis wir endlich zu einem kommen,
den wir ohne Grund annehmen. Der Gelehrte fehlt
aber darin, daß er gerade die wichtigſten Wahrhei¬
ten — die oberſten Prinzipien der Moral, der Meta¬
phyſik ꝛc. — ohne Gruͤnde glaubt und ſie in der
Angſt — er will ſich dadurch helfen — nothwendige
Wahrheiten benennt. Die Frau hingegen macht klei¬
nere Wahrheiten — z. B. es muß morgen weggefahren,
traktirt, gewaſchen werden ꝛc. — zu nothwendigen
Wahrheiten, die ohne die Aſſekuranz und Reaſſeku¬
ranz der Gruͤnde angenommen werden muͤſſen — und
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/174>, abgerufen am 21.11.2024.
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