nen Stein so lange Unsichtbarkeit ertheilen, bis die Plantage flügge ist.
O.
Ostrazismus. Er war bekanntlich bei den Griechen keine Strafe: nur Leute von großen Ver¬ diensten errangen ihn und sobald man diese Landes¬ verweisung an schlechte Menschen verschwendete, ging sie völlig ein. Beklagen muß es ein Reichsbürger, daß wir, da wir eine ähnliche öffentliche Erziehungs¬ anstalt, nämlich die Landesverweisung haben, diese oft an die aller elendesten Schelme verschleudern und daher -- in der Absicht, einen Kreis, ein Land zum Spucknapf und zum Absonderungsgefäß des andern zu machen -- Hallunken aus dem Lande jagen, die kaum werth sind, daß sie darin bleiben. Dadurch wird der Gebietsräumung das Ehrenhafte und Aus¬ zeichnende, was sie für den Mann von Verdiensten haben könnte, ganz benommen und ein ehrlicher Mann -- z. B. Bahrdt -- schämt sich beinahe, daß man ihn mit einer solchen Ehre nur belegt. Es sollte daher Reichspolizeimäßig werden, daß nur Mi¬ nister, Professoren und Offiziere von entschiedenem Werthe gleich wichtigen Akten verschickt und rele¬ girt würden. Auf ähnliche Männer würd' ich auch das Henken einschränken: bei den Römern wurden wahrhaftig nur große Köpfe und Lichter auf Kosten
nen Stein ſo lange Unſichtbarkeit ertheilen, bis die Plantage fluͤgge iſt.
O.
Oſtrazismus. Er war bekanntlich bei den Griechen keine Strafe: nur Leute von großen Ver¬ dienſten errangen ihn und ſobald man dieſe Landes¬ verweiſung an ſchlechte Menſchen verſchwendete, ging ſie voͤllig ein. Beklagen muß es ein Reichsbuͤrger, daß wir, da wir eine aͤhnliche oͤffentliche Erziehungs¬ anſtalt, naͤmlich die Landesverweiſung haben, dieſe oft an die aller elendeſten Schelme verſchleudern und daher — in der Abſicht, einen Kreis, ein Land zum Spucknapf und zum Abſonderungsgefaͤß des andern zu machen — Hallunken aus dem Lande jagen, die kaum werth ſind, daß ſie darin bleiben. Dadurch wird der Gebietsraͤumung das Ehrenhafte und Aus¬ zeichnende, was ſie fuͤr den Mann von Verdienſten haben koͤnnte, ganz benommen und ein ehrlicher Mann — z. B. Bahrdt — ſchaͤmt ſich beinahe, daß man ihn mit einer ſolchen Ehre nur belegt. Es ſollte daher Reichspolizeimaͤßig werden, daß nur Mi¬ niſter, Profeſſoren und Offiziere von entſchiedenem Werthe gleich wichtigen Akten verſchickt und rele¬ girt wuͤrden. Auf aͤhnliche Maͤnner wuͤrd' ich auch das Henken einſchraͤnken: bei den Roͤmern wurden wahrhaftig nur große Koͤpfe und Lichter auf Koſten
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0132"n="122"/>
nen Stein ſo lange Unſichtbarkeit ertheilen, bis die<lb/>
Plantage fluͤgge iſt.</p><lb/></div><divn="3"><head>O.<lb/></head><p><hirendition="#g">Oſtrazismus</hi>. Er war bekanntlich bei den<lb/>
Griechen keine Strafe: nur Leute von großen Ver¬<lb/>
dienſten errangen ihn und ſobald man dieſe Landes¬<lb/>
verweiſung an ſchlechte Menſchen verſchwendete, ging<lb/>ſie voͤllig ein. Beklagen muß es ein Reichsbuͤrger,<lb/>
daß wir, da wir eine aͤhnliche oͤffentliche Erziehungs¬<lb/>
anſtalt, naͤmlich die Landesverweiſung haben, dieſe<lb/>
oft an die aller elendeſten Schelme verſchleudern und<lb/>
daher — in der Abſicht, einen Kreis, ein Land zum<lb/>
Spucknapf und zum Abſonderungsgefaͤß des andern<lb/>
zu machen — Hallunken aus dem Lande jagen, die<lb/>
kaum werth ſind, daß ſie darin bleiben. Dadurch<lb/>
wird der Gebietsraͤumung das Ehrenhafte und Aus¬<lb/>
zeichnende, was ſie fuͤr den Mann von Verdienſten<lb/>
haben koͤnnte, ganz benommen und ein ehrlicher<lb/>
Mann — z. B. Bahrdt —ſchaͤmt ſich beinahe, daß<lb/>
man ihn mit einer ſolchen Ehre nur belegt. Es<lb/>ſollte daher Reichspolizeimaͤßig werden, daß nur Mi¬<lb/>
niſter, Profeſſoren und Offiziere von entſchiedenem<lb/>
Werthe gleich wichtigen Akten verſchickt und rele¬<lb/>
girt wuͤrden. Auf aͤhnliche Maͤnner wuͤrd' ich auch<lb/>
das Henken einſchraͤnken: bei den Roͤmern wurden<lb/>
wahrhaftig nur große Koͤpfe und Lichter auf Koſten<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[122/0132]
nen Stein ſo lange Unſichtbarkeit ertheilen, bis die
Plantage fluͤgge iſt.
O.
Oſtrazismus. Er war bekanntlich bei den
Griechen keine Strafe: nur Leute von großen Ver¬
dienſten errangen ihn und ſobald man dieſe Landes¬
verweiſung an ſchlechte Menſchen verſchwendete, ging
ſie voͤllig ein. Beklagen muß es ein Reichsbuͤrger,
daß wir, da wir eine aͤhnliche oͤffentliche Erziehungs¬
anſtalt, naͤmlich die Landesverweiſung haben, dieſe
oft an die aller elendeſten Schelme verſchleudern und
daher — in der Abſicht, einen Kreis, ein Land zum
Spucknapf und zum Abſonderungsgefaͤß des andern
zu machen — Hallunken aus dem Lande jagen, die
kaum werth ſind, daß ſie darin bleiben. Dadurch
wird der Gebietsraͤumung das Ehrenhafte und Aus¬
zeichnende, was ſie fuͤr den Mann von Verdienſten
haben koͤnnte, ganz benommen und ein ehrlicher
Mann — z. B. Bahrdt — ſchaͤmt ſich beinahe, daß
man ihn mit einer ſolchen Ehre nur belegt. Es
ſollte daher Reichspolizeimaͤßig werden, daß nur Mi¬
niſter, Profeſſoren und Offiziere von entſchiedenem
Werthe gleich wichtigen Akten verſchickt und rele¬
girt wuͤrden. Auf aͤhnliche Maͤnner wuͤrd' ich auch
das Henken einſchraͤnken: bei den Roͤmern wurden
wahrhaftig nur große Koͤpfe und Lichter auf Koſten
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/132>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.