Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite
8. Hundsposttag.

Gewissens-Examinatorium und Dehortatorium -- Die trans¬
zendenten Flitterwochen eines Gelehrten -- Das Natura¬
lienkabinet -- Antwort von Emanuel -- emballirtes Kinn
-- Ankunft des Fürsten -- erster Schalttag.


Ich wollte, die Historie wäre aus, damit ich sie
könnte drucken lassen: denn ich habe schon zu viele
Pränumeranten darauf unter dem gemeinen Volk.
Ein Schriftsteller nimmt in unsern Tagen Voraus¬
bezahlung auf sein Buch vom schlechtesten Kerl an
-- der Schneider thut seinen Vorschuß in Kleidern,
der Friseur in Puder, der Hauswirth in Studier¬
stuben. --

Jeden Morgen hunzte sich Viktor unter der Bet¬
decke aus wegen des Adends: das Bette ist ein gu¬
ter Beichtstuhl und die Audienza des Gewissens. Er
wünschte, die gestrige Garten-Unität hielt ihn
für einen wahren Narren anstatt für einen -- Lieb¬
haber. "Ach wenn gar Flamin selber sich mit Mi߬
"trauen kränkte und wenn unsre Herzen, die so lange
"geschieden waren, schon jetzt wieder es würden!"
Hier wurde die Bettlade aus einem Beichtstuhl ein
feuriger Ofen. Aber ein Engel legte sich zu ihm

hin¬
8. Hundspoſttag.

Gewiſſens-Examinatorium und Dehortatorium — Die tranſ¬
zendenten Flitterwochen eines Gelehrten — Das Natura¬
lienkabinet — Antwort von Emanuel — emballirtes Kinn
— Ankunft des Fuͤrſten — erſter Schalttag.


Ich wollte, die Hiſtorie waͤre aus, damit ich ſie
koͤnnte drucken laſſen: denn ich habe ſchon zu viele
Praͤnumeranten darauf unter dem gemeinen Volk.
Ein Schriftſteller nimmt in unſern Tagen Voraus¬
bezahlung auf ſein Buch vom ſchlechteſten Kerl an
— der Schneider thut ſeinen Vorſchuß in Kleidern,
der Friſeur in Puder, der Hauswirth in Studier¬
ſtuben. —

Jeden Morgen hunzte ſich Viktor unter der Bet¬
decke aus wegen des Adends: das Bette iſt ein gu¬
ter Beichtſtuhl und die Audienza des Gewiſſens. Er
wuͤnſchte, die geſtrige Garten-Unitaͤt hielt ihn
fuͤr einen wahren Narren anſtatt fuͤr einen — Lieb¬
haber. »Ach wenn gar Flamin ſelber ſich mit Mi߬
»trauen kraͤnkte und wenn unſre Herzen, die ſo lange
»geſchieden waren, ſchon jetzt wieder es wuͤrden!«
Hier wurde die Bettlade aus einem Beichtſtuhl ein
feuriger Ofen. Aber ein Engel legte ſich zu ihm

hin¬
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0171" n="160"/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#g">8. Hundspo&#x017F;ttag.</hi><lb/>
        </head>
        <argument>
          <p rendition="#c">Gewi&#x017F;&#x017F;ens-Examinatorium und Dehortatorium &#x2014; Die tran&#x017F;¬<lb/>
zendenten Flitterwochen eines Gelehrten &#x2014; Das Natura¬<lb/>
lienkabinet &#x2014; Antwort von Emanuel &#x2014; emballirtes Kinn<lb/>
&#x2014; Ankunft des Fu&#x0364;r&#x017F;ten &#x2014; er&#x017F;ter Schalttag.</p>
        </argument><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p><hi rendition="#in">I</hi>ch wollte, die Hi&#x017F;torie wa&#x0364;re aus, damit ich &#x017F;ie<lb/>
ko&#x0364;nnte drucken la&#x017F;&#x017F;en: denn ich habe &#x017F;chon zu viele<lb/>
Pra&#x0364;numeranten darauf unter dem gemeinen Volk.<lb/>
Ein Schrift&#x017F;teller nimmt in un&#x017F;ern Tagen Voraus¬<lb/>
bezahlung auf &#x017F;ein Buch vom &#x017F;chlechte&#x017F;ten Kerl an<lb/>
&#x2014; der Schneider thut &#x017F;einen Vor&#x017F;chuß in Kleidern,<lb/>
der Fri&#x017F;eur in Puder, der Hauswirth in Studier¬<lb/>
&#x017F;tuben. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Jeden Morgen hunzte &#x017F;ich Viktor unter der Bet¬<lb/>
decke aus wegen des Adends: das Bette i&#x017F;t ein gu¬<lb/>
ter Beicht&#x017F;tuhl und die Audienza des Gewi&#x017F;&#x017F;ens. Er<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;chte, die ge&#x017F;trige Garten-Unita&#x0364;t hielt ihn<lb/>
fu&#x0364;r einen wahren Narren an&#x017F;tatt fu&#x0364;r einen &#x2014; Lieb¬<lb/>
haber. »Ach wenn gar Flamin &#x017F;elber &#x017F;ich mit Mi߬<lb/>
»trauen kra&#x0364;nkte und wenn un&#x017F;re Herzen, die &#x017F;o lange<lb/>
»ge&#x017F;chieden waren, &#x017F;chon jetzt wieder es wu&#x0364;rden!«<lb/>
Hier wurde die Bettlade aus einem Beicht&#x017F;tuhl ein<lb/>
feuriger Ofen. Aber ein Engel legte &#x017F;ich zu ihm<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">hin¬<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[160/0171] 8. Hundspoſttag. Gewiſſens-Examinatorium und Dehortatorium — Die tranſ¬ zendenten Flitterwochen eines Gelehrten — Das Natura¬ lienkabinet — Antwort von Emanuel — emballirtes Kinn — Ankunft des Fuͤrſten — erſter Schalttag. Ich wollte, die Hiſtorie waͤre aus, damit ich ſie koͤnnte drucken laſſen: denn ich habe ſchon zu viele Praͤnumeranten darauf unter dem gemeinen Volk. Ein Schriftſteller nimmt in unſern Tagen Voraus¬ bezahlung auf ſein Buch vom ſchlechteſten Kerl an — der Schneider thut ſeinen Vorſchuß in Kleidern, der Friſeur in Puder, der Hauswirth in Studier¬ ſtuben. — Jeden Morgen hunzte ſich Viktor unter der Bet¬ decke aus wegen des Adends: das Bette iſt ein gu¬ ter Beichtſtuhl und die Audienza des Gewiſſens. Er wuͤnſchte, die geſtrige Garten-Unitaͤt hielt ihn fuͤr einen wahren Narren anſtatt fuͤr einen — Lieb¬ haber. »Ach wenn gar Flamin ſelber ſich mit Mi߬ »trauen kraͤnkte und wenn unſre Herzen, die ſo lange »geſchieden waren, ſchon jetzt wieder es wuͤrden!« Hier wurde die Bettlade aus einem Beichtſtuhl ein feuriger Ofen. Aber ein Engel legte ſich zu ihm hin¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/171
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/171>, abgerufen am 21.11.2024.