Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.Nro. 57. Regenpfeifer. Doppel-Leben. "Der Himmel besteht wahrscheinlich aus Nro. 57. Regenpfeifer. Doppel-Leben. „Der Himmel beſteht wahrſcheinlich aus <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0146" n="140"/> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#aq #b">N</hi> <hi rendition="#aq #b #sup">ro</hi> <hi rendition="#b">. 57. Regenpfeifer.</hi><lb/> </head> <argument> <p rendition="#c"><hi rendition="#g">Doppel-Leben</hi>.</p> </argument><lb/> <p>„Der Himmel beſteht wahrſcheinlich aus<lb/> erſten Tagen — wiewohl die Hoͤlle auch — ſo<lb/> ſehr jauchzet mich heute dein elendes Neſt an,”<lb/> ſagte Vult beim Fruͤhſtuͤck. Beide gingen in ihre<lb/> Wohnungen an ihre Arbeiten nach Hauſe. Vult<lb/> ſchrieb am Tagebuch ein wenig und ſchnitt zwei<lb/> brauchbare Ausſchweifungen ſogleich heraus fuͤr<lb/> den Hoppelpoppel. Dann ſah er aus dem Fen¬<lb/> ſter und ſprach zur freundlichen Raphaela herab,<lb/> welche auf Vaters Befehl im Garten Wach-ſte¬<lb/> hen mußte, weil man die Bildſaͤulen wie die<lb/> Orangerie-Kaͤſten in die Winterquartiere trug.<lb/> Da er voraus ſah, daß Walt ihn hoͤren muͤßte,<lb/> ſo ſchneiete er zierlich-gefrorne Eisbluͤmchen von<lb/> Anſpielungen auf Liebe, Kaͤlte, Halbgoͤtterchen<lb/> und ganze Goͤttinnen hinab, welche, hofft' er,<lb/> Walts und Raphaelens Waͤrme ſchon zu ſchoͤnen<lb/> bunten Tropfen aufthauen wuͤrden. Raphaela<lb/> ließ aͤhnliche Eisblumen an ſeinen Scheiben an¬<lb/> ſchießen; und wurde im kalten Wetter des Gar¬<lb/> tens ſchoͤn geheitzt, blos weil Vult ein Mann<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [140/0146]
Nro. 57. Regenpfeifer.
Doppel-Leben.
„Der Himmel beſteht wahrſcheinlich aus
erſten Tagen — wiewohl die Hoͤlle auch — ſo
ſehr jauchzet mich heute dein elendes Neſt an,”
ſagte Vult beim Fruͤhſtuͤck. Beide gingen in ihre
Wohnungen an ihre Arbeiten nach Hauſe. Vult
ſchrieb am Tagebuch ein wenig und ſchnitt zwei
brauchbare Ausſchweifungen ſogleich heraus fuͤr
den Hoppelpoppel. Dann ſah er aus dem Fen¬
ſter und ſprach zur freundlichen Raphaela herab,
welche auf Vaters Befehl im Garten Wach-ſte¬
hen mußte, weil man die Bildſaͤulen wie die
Orangerie-Kaͤſten in die Winterquartiere trug.
Da er voraus ſah, daß Walt ihn hoͤren muͤßte,
ſo ſchneiete er zierlich-gefrorne Eisbluͤmchen von
Anſpielungen auf Liebe, Kaͤlte, Halbgoͤtterchen
und ganze Goͤttinnen hinab, welche, hofft' er,
Walts und Raphaelens Waͤrme ſchon zu ſchoͤnen
bunten Tropfen aufthauen wuͤrden. Raphaela
ließ aͤhnliche Eisblumen an ſeinen Scheiben an¬
ſchießen; und wurde im kalten Wetter des Gar¬
tens ſchoͤn geheitzt, blos weil Vult ein Mann
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