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Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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54. Vorlesung, 16. April 1828

Wir gehen in dieser Stunde zur Geographie
der Organismus über: Viele Physiker haben
die Electricität der Materie, die Chemie selbst
als Lebensthätigkeit betrachtet u. diese
Erscheinung Leben genannt; diesem bin ich
fremd u. rede hier vom organischen [unleserliches Material - 1 Wort fehlt]im Ge-
gensatz des unorganischen. Von ersterm
konnen wir nur das tellurische, indem ich
der organische Dinge, die man auf dem Monde
gesehen haben will, nicht erwähne. Sollte es
selbst Gewächse wie auf der Erde von 200
Fuß Höhe dort geben, so wäre mit unsern Jnstrumen-
ten bei ihrer Dünnigkeit doch der Schatten der-
selben nicht zu beobachten. Hier [unleserliches Material - 1 Wort fehlt]auf der Erde
ist gleichsam eine organische Rinde, auf u. in
welcher das Leben ausgegossen ist auf die star-
re Masse. Jm Starren u. flüßigen bemerkt
man die größte Unregelmäßigkeit, die Masse
besiegt die Form, im Organischen Leben ist dies
umgekehrt der Fall; dort ist Ordnung als
Ausnahme, hier Regel. Dies Auffinden der
Ordnung ist das versöhnende Princip mit
den Erscheinungen in denen unser Leben treibt.
Besonders giebt ein ruhiges Bild der Eindruck
der Pflanzenwelt. Die Blumen die den ewi-
gen Gesetzen getreu sich seit Jahrtausenden
enthalten, werden jeden Frühling nach Jahr-
tausenden noch eben so schmücken. Der Physi-
ker, der im Sturm bewegten Meer die Höhen
der Wellen mißt, oder die Klüfte des innern
untersucht, wird von dem entgegen gesetzten
widerstreitenden ergriffen. Jn die Pflan-
zen u. Thierwelt läßt sich der tellurische
Zusammenhang leichter bringen, u. eine geogra-
phische Beschreibung des Aufenthalts derselben
entwerfen. Die Unterscheidung des orga-
nischen vom unorganischen giebt ein

sicheres
54. Vorlesung, 16. April 1828

Wir gehen in dieſer Stunde zur Geographie
der Organismus über: Viele Phyſiker haben
die Electricität der Materie, die Chemie ſelbſt
als Lebensthätigkeit betrachtet u. dieſe
Erſcheinung Leben genañt; dieſem bin ich
fremd u. rede hier vom organiſchen [unleserliches Material – 1 Wort fehlt]im Ge-
genſatz des unorganiſchen. Von erſterm
koñen wir nur das telluriſche, indem ich
der organiſche Dinge, die man auf dem Monde
geſehen haben will, nicht erwähne. Sollte es
ſelbſt Gewächſe wie auf der Erde von 200
Fuß Höhe dort geben, ſo wäre mit unſern Jnſtrumen-
ten bei ihrer Düñigkeit doch der Schatten der-
ſelben nicht zu beobachten. Hier [unleserliches Material – 1 Wort fehlt]auf der Erde
iſt gleichſam eine organiſche Rinde, auf u. in
welcher das Leben ausgegoſſen iſt auf die ſtar-
re Maſſe. Jm Starren u. flüßigen bemerkt
man die größte Unregelmäßigkeit, die Maſſe
beſiegt die Form, im Organiſchen Leben iſt dies
umgekehrt der Fall; dort iſt Ordnung als
Ausnahme, hier Regel. Dies Auffinden der
Ordnung iſt das verſöhnende Princip mit
den Erſcheinungen in denen unſer Leben treibt.
Beſonders giebt ein ruhiges Bild der Eindruck
der Pflanzenwelt. Die Blumen die den ewi-
gen Geſetzen getreu ſich ſeit Jahrtauſenden
enthalten, werden jeden Frühling nach Jahr-
tauſenden noch eben ſo ſchmücken. Der Phyſi-
ker, der im Sturm bewegten Meer die Höhen
der Wellen mißt, oder die Klüfte des iñern
unterſucht, wird von dem entgegen geſetzten
widerſtreitenden ergriffen. Jn die Pflan-
zen u. Thierwelt läßt ſich der telluriſche
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phiſche Beſchreibung des Aufenthalts derſelben
entwerfen. Die Unterſcheidung des orga-
niſchen vom unorganiſchen giebt ein

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[337./0354] D. 16 April. Wir gehen in dieſer Stunde zur Geographie der Organismus über: Viele Phyſiker haben die Electricität der Materie, die Chemie ſelbſt als Lebensthätigkeit betrachtet u. dieſe Erſcheinung Leben genañt; dieſem bin ich fremd u. rede hier vom organiſch im Ge- genſatz des unorganiſchen. Von erſterm koñen wir nur das telluriſche, indem ich der organiſche Dinge, die man auf dem Monde geſehen haben will, nicht erwähne. Sollte es ſelbſt Gewächſe wie auf der Erde von 200 Fuß Höhe dort geben, ſo wäre mit unſern Jnſtrumen- ten bei ihrer Düñigkeit doch der Schatten der- ſelben nicht zu beobachten. Hier auf der Erde iſt gleichſam eine organiſche Rinde, auf u. in welcher das Leben ausgegoſſen iſt auf die ſtar- re Maſſe. Jm Starren u. flüßigen bemerkt man die größte Unregelmäßigkeit, die Maſſe beſiegt die Form, im Organiſchen Leben iſt dies umgekehrt der Fall; dort iſt Ordnung als Ausnahme, hier Regel. Dies Auffinden der Ordnung iſt das verſöhnende Princip mit den Erſcheinung in denen unſer Leben treibt. Beſonders giebt ein ruhiges Bild der Eindruck der Pflanzenwelt. Die Blumen die den ewi- gen Geſetzen getreu ſich ſeit Jahrtauſenden enthalten, werden jeden Frühling nach Jahr- tauſenden noch eben ſo ſchmücken. Der Phyſi- ker, der im Sturm bewegten Meer die Höhen der Wellen mißt, oder die Klüfte des iñern unterſucht, wird von dem entgegen geſetzten widerſtreitenden ergriffen. Jn die Pflan- zen u. Thierwelt läßt ſich der telluriſche Zuſam̃enhang leichter bringen, u. eine geogra- phiſche Beſchreibung des Aufenthalts derſelben entwerfen. Die Unterſcheidung des orga- niſchen vom unorganiſchen giebt ein ſicheres

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Zitationshilfe: Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 337.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828/354>, abgerufen am 21.11.2024.