Pataky, Sophie: Lexikon deutscher Frauen der Feder. 2. Band: M-Z. Berlin, 1898.[Obermayer, Frau Aurelia] *Obermayer, Frau Aurelia, geb. Wallner, Ps. Anonyma, Wien XV, Mariahilferstrasse 140, geboren am 25. September 1845 zu Dobromil in Galizien, genoss eine vorzügliche Erziehung, vermählte sich frühzeitig und ist nun seit dem 3. September 1888 Witwe nach dem k. k. Hofrat, Verkehrsdirektor der k. k. Staatsbahnen, August Obermayer. Um den Verlust teurer Kinder leichter zu verschmerzen, widmete sie sich schon in jungen Jahren der Waisen- und Armenpflege und wurde ihr, als sie aus Gesundheitsrücksichten das Ehrenamt einer Waisenmutter nach zwölfjähriger Thätigkeit niederlegte, vom Gemeinderat der Stadt Wien die goldene Salvator-Medaille verliehen. In der Ausübung dieser Mission hat A. O. tieferen Einblick in die Volksseele gewonnen und viele Übelstände kennen gelernt; so war die Anregung zu einschlägigen Aufsätzen und Stoff für Feuilletons und Novellen gegeben, die seit 1889 in den verschiedensten österreichischen und deutschen Zeitungen und Familienblättern aus ihrer Feder erschienen sind. Zumeist schrieb sie unter dem Pseudonym "Anonyma"; erst ihre letzten Novellen sind mit ihrem Namen gezeichnet. Doch die schriftstellerische Thätigkeit allein genügte ihr für die Dauer nicht. - Sie versuchte einer arg in den Hintergrund gedrängten Frauenarbeit, der Strickerei, neue Anerkennung zu verschaffen, sie wieder in die Reihen des lohnenden Frauenerwerbes zu stellen. Es gelang ihr auf dem Gebiete der Kunststrickerei Erfindungen zu machen, für welche sie zwei Patente erhielt, auf Grund derer sie nach Überwindung namhafter Schwierigkeiten im Jahre 1895 von der österreichischen Statthalterei in Wien eine Konzession zur Errichtung und Führung einer Privat-Lehranstalt für Kunststrickerei für der Schulpflicht entwachsene weibliche Personen erhielt. Diese ihre Ersten österreichische Privatlehranstalt für Kunststrickerei wurde den 15. Oktober 1895 eröffnet (Wien XV, Mariahilferstrasse 140) und hat trotz ihres kurzen Bestandes sehr schöne Erfolge aufzuweisen. Im September 1896 erschien im Verlag von Carl Konegen in Wien ein umfangreiches Werk von A. O., betitelt die "Technik der Kunststrickerei". Die Herausgabe dieses Werkes wurde subventioniert von dem Kaiser Franz Josef I., dem Erzherzog Rainer und der Wiener Handels- und Gewerbekammer, und wurde dasselbe nach Erscheinen der Familien-Fideikommissbibliothek des Kaisers eingereiht. Kaiser Franz Josef I., das k. k. österreichische Ministerium für Kultus und Unterricht, das k. k. österreichische Handelsministerium, das k. k. österreichische Reichskriegsministerium, der niederösterreichische Landesausschuss, der Bezirksschulrat, sowie der Stadtrat zu Wien, die Schuldeputation des Magistrates in Berlin, kauften grössere Partieen des genannten Werkes. Frau Obermayer verzichtete freiwillig auf alle von ihr erworbenen Patente zu Gunsten der Allgemeinheit und veröffentlichte dieselben in ihrem Buche. Frau A. O. hielt in Brünn und Wien Vorträge über "Die Geschichte der Kunststrickerei". Das Gedeihen ihrer Lehranstalt, der stets steigende Absatz ihres Buches lassen hoffen, dass mit der Gründung dieses neuen weiblichen Erwerbszweiges der Kunst-Strickerei, einem Bedürfnisse entsprochen wurde, da bei dieser [Obermayer, Frau Aurelia] *Obermayer, Frau Aurelia, geb. Wallner, Ps. Anonyma, Wien XV, Mariahilferstrasse 140, geboren am 25. September 1845 zu Dobromil in Galizien, genoss eine vorzügliche Erziehung, vermählte sich frühzeitig und ist nun seit dem 3. September 1888 Witwe nach dem k. k. Hofrat, Verkehrsdirektor der k. k. Staatsbahnen, August Obermayer. Um den Verlust teurer Kinder leichter zu verschmerzen, widmete sie sich schon in jungen Jahren der Waisen- und Armenpflege und wurde ihr, als sie aus Gesundheitsrücksichten das Ehrenamt einer Waisenmutter nach zwölfjähriger Thätigkeit niederlegte, vom Gemeinderat der Stadt Wien die goldene Salvator-Medaille verliehen. In der Ausübung dieser Mission hat A. O. tieferen Einblick in die Volksseele gewonnen und viele Übelstände kennen gelernt; so war die Anregung zu einschlägigen Aufsätzen und Stoff für Feuilletons und Novellen gegeben, die seit 1889 in den verschiedensten österreichischen und deutschen Zeitungen und Familienblättern aus ihrer Feder erschienen sind. Zumeist schrieb sie unter dem Pseudonym »Anonyma«; erst ihre letzten Novellen sind mit ihrem Namen gezeichnet. Doch die schriftstellerische Thätigkeit allein genügte ihr für die Dauer nicht. – Sie versuchte einer arg in den Hintergrund gedrängten Frauenarbeit, der Strickerei, neue Anerkennung zu verschaffen, sie wieder in die Reihen des lohnenden Frauenerwerbes zu stellen. Es gelang ihr auf dem Gebiete der Kunststrickerei Erfindungen zu machen, für welche sie zwei Patente erhielt, auf Grund derer sie nach Überwindung namhafter Schwierigkeiten im Jahre 1895 von der österreichischen Statthalterei in Wien eine Konzession zur Errichtung und Führung einer Privat-Lehranstalt für Kunststrickerei für der Schulpflicht entwachsene weibliche Personen erhielt. Diese ihre Ersten österreichische Privatlehranstalt für Kunststrickerei wurde den 15. Oktober 1895 eröffnet (Wien XV, Mariahilferstrasse 140) und hat trotz ihres kurzen Bestandes sehr schöne Erfolge aufzuweisen. Im September 1896 erschien im Verlag von Carl Konegen in Wien ein umfangreiches Werk von A. O., betitelt die »Technik der Kunststrickerei«. Die Herausgabe dieses Werkes wurde subventioniert von dem Kaiser Franz Josef I., dem Erzherzog Rainer und der Wiener Handels- und Gewerbekammer, und wurde dasselbe nach Erscheinen der Familien-Fideikommissbibliothek des Kaisers eingereiht. Kaiser Franz Josef I., das k. k. österreichische Ministerium für Kultus und Unterricht, das k. k. österreichische Handelsministerium, das k. k. österreichische Reichskriegsministerium, der niederösterreichische Landesausschuss, der Bezirksschulrat, sowie der Stadtrat zu Wien, die Schuldeputation des Magistrates in Berlin, kauften grössere Partieen des genannten Werkes. Frau Obermayer verzichtete freiwillig auf alle von ihr erworbenen Patente zu Gunsten der Allgemeinheit und veröffentlichte dieselben in ihrem Buche. Frau A. O. hielt in Brünn und Wien Vorträge über »Die Geschichte der Kunststrickerei«. 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Um den Verlust teurer Kinder leichter zu verschmerzen, widmete sie sich schon in jungen Jahren der Waisen- und Armenpflege und wurde ihr, als sie aus Gesundheitsrücksichten das Ehrenamt einer Waisenmutter nach zwölfjähriger Thätigkeit niederlegte, vom Gemeinderat der Stadt Wien die goldene Salvator-Medaille verliehen. In der Ausübung dieser Mission hat A. O. tieferen Einblick in die Volksseele gewonnen und viele Übelstände kennen gelernt; so war die Anregung zu einschlägigen Aufsätzen und Stoff für Feuilletons und Novellen gegeben, die seit 1889 in den verschiedensten österreichischen und deutschen Zeitungen und Familienblättern aus ihrer Feder erschienen sind. Zumeist schrieb sie unter dem Pseudonym »Anonyma«; erst ihre letzten Novellen sind mit ihrem Namen gezeichnet. Doch die schriftstellerische Thätigkeit allein genügte ihr für die Dauer nicht. – Sie versuchte einer arg in den Hintergrund gedrängten Frauenarbeit, der Strickerei, neue Anerkennung zu verschaffen, sie wieder in die Reihen des lohnenden Frauenerwerbes zu stellen. Es gelang ihr auf dem Gebiete der Kunststrickerei Erfindungen zu machen, für welche sie zwei Patente erhielt, auf Grund derer sie nach Überwindung namhafter Schwierigkeiten im Jahre 1895 von der österreichischen Statthalterei in Wien eine Konzession zur Errichtung und Führung einer Privat-Lehranstalt für Kunststrickerei für der Schulpflicht entwachsene weibliche Personen erhielt. Diese ihre Ersten österreichische Privatlehranstalt für Kunststrickerei wurde den 15. Oktober 1895 eröffnet (Wien XV, Mariahilferstrasse 140) und hat trotz ihres kurzen Bestandes sehr schöne Erfolge aufzuweisen. Im September 1896 erschien im Verlag von Carl Konegen in Wien ein umfangreiches Werk von A. O., betitelt die »Technik der Kunststrickerei«. Die Herausgabe dieses Werkes wurde subventioniert von dem Kaiser Franz Josef I., dem Erzherzog Rainer und der Wiener Handels- und Gewerbekammer, und wurde dasselbe nach Erscheinen der Familien-Fideikommissbibliothek des Kaisers eingereiht. Kaiser Franz Josef I., das k. k. österreichische Ministerium für Kultus und Unterricht, das k. k. österreichische Handelsministerium, das k. k. österreichische Reichskriegsministerium, der niederösterreichische Landesausschuss, der Bezirksschulrat, sowie der Stadtrat zu Wien, die Schuldeputation des Magistrates in Berlin, kauften grössere Partieen des genannten Werkes. Frau Obermayer verzichtete freiwillig auf alle von ihr erworbenen Patente zu Gunsten der Allgemeinheit und veröffentlichte dieselben in ihrem Buche. Frau A. O. hielt in Brünn und Wien Vorträge über »Die Geschichte der Kunststrickerei«. 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Obermayer, Frau Aurelia
*Obermayer, Frau Aurelia, geb. Wallner, Ps. Anonyma, Wien XV, Mariahilferstrasse 140, geboren am 25. September 1845 zu Dobromil in Galizien, genoss eine vorzügliche Erziehung, vermählte sich frühzeitig und ist nun seit dem 3. September 1888 Witwe nach dem k. k. Hofrat, Verkehrsdirektor der k. k. Staatsbahnen, August Obermayer. Um den Verlust teurer Kinder leichter zu verschmerzen, widmete sie sich schon in jungen Jahren der Waisen- und Armenpflege und wurde ihr, als sie aus Gesundheitsrücksichten das Ehrenamt einer Waisenmutter nach zwölfjähriger Thätigkeit niederlegte, vom Gemeinderat der Stadt Wien die goldene Salvator-Medaille verliehen. In der Ausübung dieser Mission hat A. O. tieferen Einblick in die Volksseele gewonnen und viele Übelstände kennen gelernt; so war die Anregung zu einschlägigen Aufsätzen und Stoff für Feuilletons und Novellen gegeben, die seit 1889 in den verschiedensten österreichischen und deutschen Zeitungen und Familienblättern aus ihrer Feder erschienen sind. Zumeist schrieb sie unter dem Pseudonym »Anonyma«; erst ihre letzten Novellen sind mit ihrem Namen gezeichnet. Doch die schriftstellerische Thätigkeit allein genügte ihr für die Dauer nicht. – Sie versuchte einer arg in den Hintergrund gedrängten Frauenarbeit, der Strickerei, neue Anerkennung zu verschaffen, sie wieder in die Reihen des lohnenden Frauenerwerbes zu stellen. Es gelang ihr auf dem Gebiete der Kunststrickerei Erfindungen zu machen, für welche sie zwei Patente erhielt, auf Grund derer sie nach Überwindung namhafter Schwierigkeiten im Jahre 1895 von der österreichischen Statthalterei in Wien eine Konzession zur Errichtung und Führung einer Privat-Lehranstalt für Kunststrickerei für der Schulpflicht entwachsene weibliche Personen erhielt. Diese ihre Ersten österreichische Privatlehranstalt für Kunststrickerei wurde den 15. Oktober 1895 eröffnet (Wien XV, Mariahilferstrasse 140) und hat trotz ihres kurzen Bestandes sehr schöne Erfolge aufzuweisen. Im September 1896 erschien im Verlag von Carl Konegen in Wien ein umfangreiches Werk von A. O., betitelt die »Technik der Kunststrickerei«. Die Herausgabe dieses Werkes wurde subventioniert von dem Kaiser Franz Josef I., dem Erzherzog Rainer und der Wiener Handels- und Gewerbekammer, und wurde dasselbe nach Erscheinen der Familien-Fideikommissbibliothek des Kaisers eingereiht. Kaiser Franz Josef I., das k. k. österreichische Ministerium für Kultus und Unterricht, das k. k. österreichische Handelsministerium, das k. k. österreichische Reichskriegsministerium, der niederösterreichische Landesausschuss, der Bezirksschulrat, sowie der Stadtrat zu Wien, die Schuldeputation des Magistrates in Berlin, kauften grössere Partieen des genannten Werkes. Frau Obermayer verzichtete freiwillig auf alle von ihr erworbenen Patente zu Gunsten der Allgemeinheit und veröffentlichte dieselben in ihrem Buche. Frau A. O. hielt in Brünn und Wien Vorträge über »Die Geschichte der Kunststrickerei«. Das Gedeihen ihrer Lehranstalt, der stets steigende Absatz ihres Buches lassen hoffen, dass mit der Gründung dieses neuen weiblichen Erwerbszweiges der Kunst-Strickerei, einem Bedürfnisse entsprochen wurde, da bei dieser
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