Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].Tante Jettchen. Ein sehr schönes Verhältniß entspann sich für meine Schwester und mich zur Tante Jettchen, der jüngeren Tochter des Grosvaters Eichmann, die, wie ich schon erwähnte, nach Nicolais Tode ihr freundliches Gartenzimmer in unsrer Wohnung beibehielt. Es verging selten ein Tag, ohne daß wir zu ihr hinübersprangen, um sie etwas zu fragen oder ihr etwas zu zeigen: denn sie war eben so belehrend als theilnehmend. Von Jugend auf fühlte sie einen unwiderstehlichen Trieb, etwas zu lernen und sich nützlich zu beschäftigen. Mit dem Französischen und Italiänischen machte sie sich schon früh bekannt; als sich einmal die Aussicht zeigte, mit einer verwandten Familie nach England zu reisen, lernte sie noch geschwind das Englische; aber die Reise kam nicht zu Stande. Ihre feste klare, fast möchte ich sagen edle Handschrift übte von Jugend an einen unwiderstehlichen Zauber auf mich aus. Da ich mich immer bemühte, meine eigne Handschrift zu verbessern, so nahm ich mir die ihrige zum Muster, das in unerreichbarer Vollendung vor mir stand. Noch jetzt erfreuen mich ihre Briefe, wenn sie mir zufällig in die Hand kommen, nach Inhalt Form und Schrift in hohem Maaße. Die feinsten Federmesser auf einem kleinen Oelsteine Tante Jettchen. Ein sehr schönes Verhältniß entspann sich für meine Schwester und mich zur Tante Jettchen, der jüngeren Tochter des Grosvaters Eichmann, die, wie ich schon erwähnte, nach Nicolais Tode ihr freundliches Gartenzimmer in unsrer Wohnung beibehielt. Es verging selten ein Tag, ohne daß wir zu ihr hinübersprangen, um sie etwas zu fragen oder ihr etwas zu zeigen: denn sie war eben so belehrend als theilnehmend. Von Jugend auf fühlte sie einen unwiderstehlichen Trieb, etwas zu lernen und sich nützlich zu beschäftigen. Mit dem Französischen und Italiänischen machte sie sich schon früh bekannt; als sich einmal die Aussicht zeigte, mit einer verwandten Familie nach England zu reisen, lernte sie noch geschwind das Englische; aber die Reise kam nicht zu Stande. Ihre feste klare, fast möchte ich sagen edle Handschrift übte von Jugend an einen unwiderstehlichen Zauber auf mich aus. Da ich mich immer bemühte, meine eigne Handschrift zu verbessern, so nahm ich mir die ihrige zum Muster, das in unerreichbarer Vollendung vor mir stand. Noch jetzt erfreuen mich ihre Briefe, wenn sie mir zufällig in die Hand kommen, nach Inhalt Form und Schrift in hohem Maaße. Die feinsten Federmesser auf einem kleinen Oelsteine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0260" n="248"/> <div> <head rendition="#c">Tante Jettchen.</head><lb/> <p>Ein sehr schönes Verhältniß entspann sich für meine Schwester und mich zur Tante Jettchen, der jüngeren Tochter des Grosvaters Eichmann, die, wie ich schon erwähnte, nach Nicolais Tode ihr freundliches Gartenzimmer in unsrer Wohnung beibehielt. Es verging selten ein Tag, ohne daß wir zu ihr hinübersprangen, um sie etwas zu fragen oder ihr etwas zu zeigen: denn sie war eben so belehrend als theilnehmend. Von Jugend auf fühlte sie einen unwiderstehlichen Trieb, etwas zu lernen und sich nützlich zu beschäftigen. Mit dem Französischen und Italiänischen machte sie sich schon früh bekannt; als sich einmal die Aussicht zeigte, mit einer verwandten Familie nach England zu reisen, lernte sie noch geschwind das Englische; aber die Reise kam nicht zu Stande. </p><lb/> <p>Ihre feste klare, fast möchte ich sagen edle Handschrift übte von Jugend an einen unwiderstehlichen Zauber auf mich aus. Da ich mich immer bemühte, meine eigne Handschrift zu verbessern, so nahm ich mir die ihrige zum Muster, das in unerreichbarer Vollendung vor mir stand. Noch jetzt erfreuen mich ihre Briefe, wenn sie mir zufällig in die Hand kommen, nach Inhalt Form und Schrift in hohem Maaße. </p><lb/> <p>Die feinsten Federmesser auf einem kleinen Oelsteine </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [248/0260]
Tante Jettchen.
Ein sehr schönes Verhältniß entspann sich für meine Schwester und mich zur Tante Jettchen, der jüngeren Tochter des Grosvaters Eichmann, die, wie ich schon erwähnte, nach Nicolais Tode ihr freundliches Gartenzimmer in unsrer Wohnung beibehielt. Es verging selten ein Tag, ohne daß wir zu ihr hinübersprangen, um sie etwas zu fragen oder ihr etwas zu zeigen: denn sie war eben so belehrend als theilnehmend. Von Jugend auf fühlte sie einen unwiderstehlichen Trieb, etwas zu lernen und sich nützlich zu beschäftigen. Mit dem Französischen und Italiänischen machte sie sich schon früh bekannt; als sich einmal die Aussicht zeigte, mit einer verwandten Familie nach England zu reisen, lernte sie noch geschwind das Englische; aber die Reise kam nicht zu Stande.
Ihre feste klare, fast möchte ich sagen edle Handschrift übte von Jugend an einen unwiderstehlichen Zauber auf mich aus. Da ich mich immer bemühte, meine eigne Handschrift zu verbessern, so nahm ich mir die ihrige zum Muster, das in unerreichbarer Vollendung vor mir stand. Noch jetzt erfreuen mich ihre Briefe, wenn sie mir zufällig in die Hand kommen, nach Inhalt Form und Schrift in hohem Maaße.
Die feinsten Federmesser auf einem kleinen Oelsteine
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