Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pahl, Johann Gottfried: Bertha von Wöllstein. Eine Reihe von Briefen aus dem Mittelalter. Nördlingen, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

Hof, wo die Pferde schon gesattelt standen. "Wir sehen uns bald wieder -" war sein letztes Wort.

Seitdem, Mechthilde! schwebt er mir immer vor dem Blike, wie er im Zweikampfe die Lanze schwingt. Bald bin ich voll Freude; bald aber muß ich wieder weinen, wie ein Wiegenkind, und weiß doch nicht warum? Ich schaue hundertmal das Thal hinab, ob ich die weiße Feder nicht am buschigten Gestade des Kochers herauf schwanken sehe. Die Münze hab' ich in das Schmukkästchen meiner Mutter gelegt. Ich schließ' es oft auf, und - denke! ich habe die Münze schon einmal geküßt. - Wenn er nur bald käme.

2.

Gestern Vormittag gieng ich drausen auf der Wiese umher, im Schatten der hohen Eichen, die an das Gestade des Baches gepflanzt sind. Husch - sprengte ein Reuter aus dem Walde heraus; - ich erschrak und wollte schreien. "Erschreket nicht, Fräulein! - sprach er, und hielt mit dem Rosse im Saum des Waldes

Hof, wo die Pferde schon gesattelt standen. „Wir sehen uns bald wieder –“ war sein letztes Wort.

Seitdem, Mechthilde! schwebt er mir immer vor dem Blike, wie er im Zweikampfe die Lanze schwingt. Bald bin ich voll Freude; bald aber muß ich wieder weinen, wie ein Wiegenkind, und weiß doch nicht warum? Ich schaue hundertmal das Thal hinab, ob ich die weiße Feder nicht am buschigten Gestade des Kochers herauf schwanken sehe. Die Münze hab’ ich in das Schmukkästchen meiner Mutter gelegt. Ich schließ’ es oft auf, und – denke! ich habe die Münze schon einmal geküßt. – Wenn er nur bald käme.

2.

Gestern Vormittag gieng ich drausen auf der Wiese umher, im Schatten der hohen Eichen, die an das Gestade des Baches gepflanzt sind. Husch – sprengte ein Reuter aus dem Walde heraus; – ich erschrak und wollte schreien. „Erschreket nicht, Fräulein! – sprach er, und hielt mit dem Rosse im Saum des Waldes

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0018" n="14"/>
Hof, wo die Pferde schon gesattelt standen. &#x201E;Wir sehen uns bald wieder &#x2013;&#x201C; war sein letztes Wort.</p>
          <p>Seitdem, <hi rendition="#g">Mechthilde</hi>! schwebt er mir immer vor dem Blike, wie er im Zweikampfe die Lanze schwingt. Bald bin ich voll Freude; bald aber muß ich wieder weinen, wie ein Wiegenkind, und weiß doch nicht warum? Ich schaue hundertmal das Thal hinab, ob ich die weiße Feder nicht am buschigten Gestade des Kochers herauf schwanken sehe. Die Münze hab&#x2019; ich in das Schmukkästchen meiner Mutter gelegt. Ich schließ&#x2019; es oft auf, und &#x2013; denke! ich habe die Münze schon einmal geküßt. &#x2013; Wenn er nur bald käme.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head>2.</head>
          <p>Gestern Vormittag gieng ich drausen auf der Wiese umher, im Schatten der hohen Eichen, die an das Gestade des Baches gepflanzt sind. Husch &#x2013; sprengte ein Reuter aus dem Walde heraus; &#x2013; ich erschrak und wollte schreien. &#x201E;Erschreket nicht, Fräulein! &#x2013; sprach er, und hielt mit dem Rosse im Saum des Waldes
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0018] Hof, wo die Pferde schon gesattelt standen. „Wir sehen uns bald wieder –“ war sein letztes Wort. Seitdem, Mechthilde! schwebt er mir immer vor dem Blike, wie er im Zweikampfe die Lanze schwingt. Bald bin ich voll Freude; bald aber muß ich wieder weinen, wie ein Wiegenkind, und weiß doch nicht warum? Ich schaue hundertmal das Thal hinab, ob ich die weiße Feder nicht am buschigten Gestade des Kochers herauf schwanken sehe. Die Münze hab’ ich in das Schmukkästchen meiner Mutter gelegt. Ich schließ’ es oft auf, und – denke! ich habe die Münze schon einmal geküßt. – Wenn er nur bald käme. 2. Gestern Vormittag gieng ich drausen auf der Wiese umher, im Schatten der hohen Eichen, die an das Gestade des Baches gepflanzt sind. Husch – sprengte ein Reuter aus dem Walde heraus; – ich erschrak und wollte schreien. „Erschreket nicht, Fräulein! – sprach er, und hielt mit dem Rosse im Saum des Waldes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_bertha_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_bertha_1794/18
Zitationshilfe: Pahl, Johann Gottfried: Bertha von Wöllstein. Eine Reihe von Briefen aus dem Mittelalter. Nördlingen, 1794, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_bertha_1794/18>, abgerufen am 30.12.2024.