Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.VII. Ein Empfang.
Ferdinand Freiligrath. Das Jahr hatte sich seinem winterlichen Ende genaht. Elisabeths sehnlichster Wunsch war, aus dem Institut, in dem ihr der Aufenthalt, nachdem es Thalheim verlassen, unerträglich schien, sobald als möglich zu scheiden. Ihre Eltern hatten diesen Wunsch erfüllt. Sie verließ die Residenz zu Weihnachten mit Paulinen zugleich. Aber sie reis'ten in verschiednen Wagen, und zu verschiedenen Stunden ab. "Vielleicht," sagte Pauline bei'm Scheiden, "vermögen wir uns in der ersten Zelt nicht wiederzusehen; wir wollen uns aber ein großes Zeichen unsres Einverständnisses geben, ein Zeichen, das unsere ganze Umgebung sehen soll: wir wollen am Christmorgen den armen Kindern bescheeren, Du denen des Dorfes, ich denen unsrer Fabrik. Willigst Du ein?" VII. Ein Empfang.
Ferdinand Freiligrath. Das Jahr hatte sich seinem winterlichen Ende genaht. Elisabeths sehnlichster Wunsch war, aus dem Institut, in dem ihr der Aufenthalt, nachdem es Thalheim verlassen, unerträglich schien, sobald als möglich zu scheiden. Ihre Eltern hatten diesen Wunsch erfüllt. Sie verließ die Residenz zu Weihnachten mit Paulinen zugleich. Aber sie reis’ten in verschiednen Wagen, und zu verschiedenen Stunden ab. „Vielleicht,“ sagte Pauline bei’m Scheiden, „vermögen wir uns in der ersten Zelt nicht wiederzusehen; wir wollen uns aber ein großes Zeichen unsres Einverständnisses geben, ein Zeichen, das unsere ganze Umgebung sehen soll: wir wollen am Christmorgen den armen Kindern bescheeren, Du denen des Dorfes, ich denen unsrer Fabrik. Willigst Du ein?“ <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0125" n="115"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#g #b">VII.<lb/> Ein Empfang.</hi> </head><lb/> <cit rendition="#right"> <quote> <lg> <l>„O, meiner Mutter blasse Wangen,</l><lb/> <l>Im ganzen Haus kein Stückchen Brod!</l><lb/> <l>Der Vater schritt zu Markt mit Fluchen —“</l> </lg> </quote><lb/> <bibl> <hi rendition="#g #right">Ferdinand Freiligrath.</hi> </bibl> </cit> <p><hi rendition="#in">D</hi>as Jahr hatte sich seinem winterlichen Ende genaht. Elisabeths sehnlichster Wunsch war, aus dem Institut, in dem ihr der Aufenthalt, nachdem es Thalheim verlassen, unerträglich schien, sobald als möglich zu scheiden. Ihre Eltern hatten diesen Wunsch erfüllt. Sie verließ die Residenz zu Weihnachten mit Paulinen zugleich.</p> <p>Aber sie reis’ten in verschiednen Wagen, und zu verschiedenen Stunden ab. „Vielleicht,“ sagte Pauline bei’m Scheiden, „vermögen wir uns in der ersten Zelt nicht wiederzusehen; wir wollen uns aber ein großes Zeichen unsres Einverständnisses geben, ein Zeichen, das unsere ganze Umgebung sehen soll: wir wollen am Christmorgen den armen Kindern bescheeren, Du denen des Dorfes, ich denen unsrer Fabrik. Willigst Du ein?“</p> </div> </body> </text> </TEI> [115/0125]
VII.
Ein Empfang.
„O, meiner Mutter blasse Wangen,
Im ganzen Haus kein Stückchen Brod!
Der Vater schritt zu Markt mit Fluchen —“
Ferdinand Freiligrath. Das Jahr hatte sich seinem winterlichen Ende genaht. Elisabeths sehnlichster Wunsch war, aus dem Institut, in dem ihr der Aufenthalt, nachdem es Thalheim verlassen, unerträglich schien, sobald als möglich zu scheiden. Ihre Eltern hatten diesen Wunsch erfüllt. Sie verließ die Residenz zu Weihnachten mit Paulinen zugleich.
Aber sie reis’ten in verschiednen Wagen, und zu verschiedenen Stunden ab. „Vielleicht,“ sagte Pauline bei’m Scheiden, „vermögen wir uns in der ersten Zelt nicht wiederzusehen; wir wollen uns aber ein großes Zeichen unsres Einverständnisses geben, ein Zeichen, das unsere ganze Umgebung sehen soll: wir wollen am Christmorgen den armen Kindern bescheeren, Du denen des Dorfes, ich denen unsrer Fabrik. Willigst Du ein?“
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Zitationshilfe: | Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/125>, abgerufen am 22.07.2024. |