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[N. N.]: Von der Ode. In: Vermischte Beyträge zur Philosophie und den schönen Wissenschaften, 2,1 (1763), S. 152–177.

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Empfindung der größten Vollkommenheit, außer dem scharfsinnigen Witz, noch Triebfedern hinzukommen, welche das lebhafte Bild zu der größten Höhe erheben, und nicht mehr Wege möglich sind, auf denen wir zu dem Erhabnen gelangen, nämlich entweder durch die Gedanken, in genau bestimmter Bedeutung genommen, oder durch die Empfindungen; so folgt, daß die größte Empfindung der höchste Grad des Erhabnen ist. Der höchste Grad des Erhabnen ist der größte Affekt. Eine Ode aber, wo der größte Affekt herrscht, ist die vollkommenste; also ist die erhabne Ode die vollkommenste. Also muß in der Ode, mit allen andern Gedichten verglichen, die größte Erhabenheit herrschen. Man wird diese vorzügliche Eigenschaft in vielen Davidischen Psalmen, in den Oden des Pindars, Horaz, und einigen neuen Dichtern antreffen. Besonders aber ist des H. v. Hallers Ode über die Ewigkeit reich an erhabenen Gemälden.

Das Wunderbare.

Die Kunstrichter, welche ihre Begriffe von den Schönheiten eines Gedichtes nur aus dem Homer und Virgil geschöpft haben, geben uns eine so enge Erklärung von dieser Eigenschaft, daß man sich nicht einmal einfallen lassen könnte, wenn man ihnen folgen wollte, in der Ode diese Schönheit zu finden. Weil sie in dem griechischen und römischen Dichter kein ander Wunderbares finden konnten, als das Wunderbare der Maschinen, (ministerium Deorum, Petron.); so glaubten sie berechtigt zu seyn, alles andere davon auszuschliessen. Laßt uns einen bestimmtern Begriff festsetzen. Das Wunderbare gränzt am nächsten an das Erhabne, es wird also etwas mit demselben gemein haben. Das Außerordentliche, welches die uns bekannten Kräfte zu übersteigen scheint, ist das Wunderbare. Es mögen Handlungen, Begebenheiten, oder Vorfälle seyn; wenn sie uns unglaublich vorkommen, so haben sie die Eigenschaften des Wunderbaren an sich. Die Empfindungen, welche durch außerordentliche Wirkungen unbekannter Kräfte verursacht worden, sind wunderbar.

Empfindung der größten Vollkommenheit, außer dem scharfsinnigen Witz, noch Triebfedern hinzukommen, welche das lebhafte Bild zu der größten Höhe erheben, und nicht mehr Wege möglich sind, auf denen wir zu dem Erhabnen gelangen, nämlich entweder durch die Gedanken, in genau bestimmter Bedeutung genommen, oder durch die Empfindungen; so folgt, daß die größte Empfindung der höchste Grad des Erhabnen ist. Der höchste Grad des Erhabnen ist der größte Affekt. Eine Ode aber, wo der größte Affekt herrscht, ist die vollkommenste; also ist die erhabne Ode die vollkommenste. Also muß in der Ode, mit allen andern Gedichten verglichen, die größte Erhabenheit herrschen. Man wird diese vorzügliche Eigenschaft in vielen Davidischen Psalmen, in den Oden des Pindars, Horaz, und einigen neuen Dichtern antreffen. Besonders aber ist des H. v. Hallers Ode über die Ewigkeit reich an erhabenen Gemälden.

Das Wunderbare.

Die Kunstrichter, welche ihre Begriffe von den Schönheiten eines Gedichtes nur aus dem Homer und Virgil geschöpft haben, geben uns eine so enge Erklärung von dieser Eigenschaft, daß man sich nicht einmal einfallen lassen könnte, wenn man ihnen folgen wollte, in der Ode diese Schönheit zu finden. Weil sie in dem griechischen und römischen Dichter kein ander Wunderbares finden konnten, als das Wunderbare der Maschinen, (ministerium Deorum, Petron.); so glaubten sie berechtigt zu seyn, alles andere davon auszuschliessen. Laßt uns einen bestimmtern Begriff festsetzen. Das Wunderbare gränzt am nächsten an das Erhabne, es wird also etwas mit demselben gemein haben. Das Außerordentliche, welches die uns bekannten Kräfte zu übersteigen scheint, ist das Wunderbare. Es mögen Handlungen, Begebenheiten, oder Vorfälle seyn; wenn sie uns unglaublich vorkommen, so haben sie die Eigenschaften des Wunderbaren an sich. Die Empfindungen, welche durch außerordentliche Wirkungen unbekannter Kräfte verursacht worden, sind wunderbar.

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[168/0018] Empfindung der größten Vollkommenheit, außer dem scharfsinnigen Witz, noch Triebfedern hinzukommen, welche das lebhafte Bild zu der größten Höhe erheben, und nicht mehr Wege möglich sind, auf denen wir zu dem Erhabnen gelangen, nämlich entweder durch die Gedanken, in genau bestimmter Bedeutung genommen, oder durch die Empfindungen; so folgt, daß die größte Empfindung der höchste Grad des Erhabnen ist. Der höchste Grad des Erhabnen ist der größte Affekt. Eine Ode aber, wo der größte Affekt herrscht, ist die vollkommenste; also ist die erhabne Ode die vollkommenste. Also muß in der Ode, mit allen andern Gedichten verglichen, die größte Erhabenheit herrschen. Man wird diese vorzügliche Eigenschaft in vielen Davidischen Psalmen, in den Oden des Pindars, Horaz, und einigen neuen Dichtern antreffen. Besonders aber ist des H. v. Hallers Ode über die Ewigkeit reich an erhabenen Gemälden. Das Wunderbare. Die Kunstrichter, welche ihre Begriffe von den Schönheiten eines Gedichtes nur aus dem Homer und Virgil geschöpft haben, geben uns eine so enge Erklärung von dieser Eigenschaft, daß man sich nicht einmal einfallen lassen könnte, wenn man ihnen folgen wollte, in der Ode diese Schönheit zu finden. Weil sie in dem griechischen und römischen Dichter kein ander Wunderbares finden konnten, als das Wunderbare der Maschinen, (ministerium Deorum, Petron.); so glaubten sie berechtigt zu seyn, alles andere davon auszuschliessen. Laßt uns einen bestimmtern Begriff festsetzen. Das Wunderbare gränzt am nächsten an das Erhabne, es wird also etwas mit demselben gemein haben. Das Außerordentliche, welches die uns bekannten Kräfte zu übersteigen scheint, ist das Wunderbare. Es mögen Handlungen, Begebenheiten, oder Vorfälle seyn; wenn sie uns unglaublich vorkommen, so haben sie die Eigenschaften des Wunderbaren an sich. Die Empfindungen, welche durch außerordentliche Wirkungen unbekannter Kräfte verursacht worden, sind wunderbar.

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Zitationshilfe: [N. N.]: Von der Ode. In: Vermischte Beyträge zur Philosophie und den schönen Wissenschaften, 2,1 (1763), S. 152–177, hier S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_ode_1763/18>, abgerufen am 21.11.2024.