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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 268. Köln, [10.] April 1849.

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lichen: denn um das Elend zu zerstören und das Eigenthum zu schaffen, genügt es nicht, die Arbeit zu vermehren; es ist gleichzeitig nothwendig, die Steuern zu vermindern. Der Staat darf nicht mit der einen Hand wieder zurücknehmen, was er mit der andern giebt. Gegenwärtig giebt er nichts und nimmt alles. Das ganze Steuersystem muß daher - radikal nach dem Prinzip der Gleichheit reformirt werden. Jeder Bürger muß zu den öffentlichen Lasten beitragen nach Verhältniß seines Vermögens; die Steuer muß proportionnell und progressiv sein. Heute ist sie weder das eine, noch das andere, oder vielmehr beides, aber in umgekehrtem Sinn, d. h. im Verhältnisse des Elends und nicht des Reichthums. Je ärmer der Bürger ist, desto mehr zahlt er. Wir wollen nur ein Beispiel citiren. Der Litre Wein, den der Arme kauft, zahlt sechsfache Steuer: Grundsteuer, Octroi, das Patent des Großhändlers, die Steuer, die der Makler zu zahlen hat, das Patent des Kleinhändlers und endlich die Steuer für das Recht, Wein zu verzapfen. Der Wein des Reichen dagegen, direkt auf seinen eignen Bergen gewachsen oder direkt gekauft, zahlt nur die Grundsteuer und das Octroi. So zahlt der Reiche zwei Steuern für das Getränke, wo der Arme deren sechs zaht. Alle andern Steuern sind ungefähr mit derselben Gerechtigkeit geregelt; überall zahlt der Arme für den Reichen, so sehr, das der Arme jährlich 400 Millionen mehr giebt, als er schuldet, was seit den 34 Jahren, während deren man ihm Gleichheit der Steuer verspricht, eine Summe von 34 Milliarden beträgt, (d. h. ungefähr 1/4 des Grundwerths von Frankreich) wovon der Reiche "honnett und gemäßigt" profitirt.

Militärdienst.

Die Blutsteuer ist eben so ungerecht vertheilt wie die Geldsteuer. Wir werden sie ebenfalls regeln. Wir werden außerdem der Armee die dreifache Garantie der Konkurrenz, der Wahl und der Anciennetät bei Besetzung der Stellen geben.

Unterricht.

Mit der materiellen Befreiung die moralische. Der Bürger hat ein Recht auf Unterricht wie auf Arbeit; der Staat muß den Unterricht geben, wie den Kredit. Der Konvent hatte ein Budget von 600 Millionen Francs: 50 Millionen davon, d. h. den 12ten Theil ihres Budgets bestimmte diese "Versammlung - von Barbaren" dem öffentlichen Unterricht. Die "honnetten und gemäßigten" Republikaner dagegen mit einem Budget von 1800 Millionen bestimmten davon für den öffentlichen Unterricht 18 Millionen, d. h. den 100sten Theil, so daß auf 6 Millionen Kinder 3 Millionen keinen Unterricht empfangen, daß die Hälfte der Wähler weder lesen noch ihr Votum schreiben können und daß das Bagno auf 100 Verurtheilte 80 Ununterrichtete zählt. Das Königthum hatte ein Interesse daran, das Volk zu verdummen, wie auszuhungern, um es besser knechten zu können; die Republik mit einem ganz entgegengesetzten Interesse, muß heraustreten aus den monarchischen Irrwegen und der vom Konvent vorgeschriebenen Bahn folgen. Um dem Beispiel des Konvents zu folgen, mußten auf ein Budget von 1800 Millionen 150 Millionen dem öffentlichen Unterricht angewiesen werden. So könnte der Staat nicht nur allen unentgeldlich den Primair- und den professionellen Unterricht geben, sondern noch die armen Kinder für die Zeit des Unterrichts entschädigen. Dann werden wir die Unwissenheit zerstören wie das Elend.

Ordnung.

Die Ordnung ist kein Prinzip, sie kann nur eine Konsequenz, ein Resultat sein. Sie ist die Harmonie der Rechte und nicht ihre Unterdrückung. Die Ordnung durch die Gewalt und die Unterdrückung, die Ordnung, die zu Warschau herrscht, ist falsch und gebrechlich, sie brütet unaufhörlich die Emeute aus und die Revolution. Die Parteigänger der Autorität, der kräftigen Staatsmacht sagen: Ordnung in der Freiheit! Wir glauben, daß nur die gerechte Macht stark ist und daß nur die Macht gerecht ist, welche allen Rechten genugthut, wir bestehen auf dem Wahlspruch: Durch die Freiheit Ordnung!

Resume

Allgemeines und direktes Wahlrecht. Einheit der Staatsmacht, Unterscheidung der Funktionenen; die exekutive Gewalt widerrufbar und der legislativen untergeordnet; kein Präsident. Freiheit des Gedankens, welches seine Offenbarungsweise sei, eine individuelle oder kolletive, permanente oder periodische, durch das Wort und durch die Presse, absolute Freiheit ohne irgend ein präventives oder fiskalisches Hemmniß, ohne Kaution, Privilegien, Censur oder Autorisation; ohne andre Schranke als die Verantwortlichkeit. Möglichst ausgedehnte Anwendung des Wahlsystemes auf alle öffentlichen Funktionen, vollständige Abschaffung der Konsumtionssteuern auf Gegenstände erster Nothwendigkeit; Revision der Grundsteuer und der Patente; Einführung der progressiven und proportionellen Steuern auf das reine Grund- und Kapitaleinkommen Zurückzahlung der 45 Centimes. Ausbreitung der Eisenbahnen, Minen, Kanäle, Assekuranzen u. s. w. durch den Staat. Verminderung der großen Gehalte, Erhöhung der kleinen, u. s. w. u. s. w.

Unter andern haben dies Programm unterzeichnet: Theodor Bac, Baune, Martin Bernard, Gent, Greppo, Lammenais, Ledrü Rollin, Pierre Leroux, Felix Pyat, Eugen Raspail, Robert, Germain Sarrut, Schoelcher u. s. w.

Paris, 7. April.

Im Moniteur nichts als eine Darstellung der Festlichkeiten, mit welchen die Londoner Gäste in Boulogne, Amiens und Paris empfangen wurden, Eine Abtheilung derselben begab sich gestern nach der Börse in das Ministerium des Innern, wo sie Faucher mit einer englischen Rede empfing, die das offizielle Organ jedoch nicht mittheilt. Wir können daher über seinen Enthusiasmus nichts ertheilen.

- Also wieder eine Verschwörung!

Man liest in unsern demokratischen Morgenblättern hierüber: "Die Polizei verbreitet das Gerücht, morgen Sonntag (8) oder Montag (9. April) würden die Faubourgs aufstehen und die Regierung durch eine Manifestation stürzen. Es leuchtet ein, daß das Ministerium der ehrsamen Bürgerschaft von Neuem glauben machen möchte, es habe die Gesellschaft vor der Anarchie abermals gerettet, und sie auf diese Weise zu neuem Dank verpflichtet. Hr. Leon Faucher scheint einzusehen, daß er verloren sei, wenn er der Bürgerschaft nicht von Zeit zu Zeit das Schrekkensgemälde der Staatsgefahr und des Sozialismus vor die Augen halte."

- Gestern Mittag 11 1/2 Uhr langten die sieben Hauptverurtheilten aus Bourges unerwartet am Bahnhofe der Orleanslinie an und wurden unter starkem Militärgeleit nach dem Nordbahnhofe gebracht, von wo sie ein Spezialzug mit Windesschnelle in die Picardie (nach Doullens) führte. Raspail, Sobrier, Blanqui, Quentin und Flotte werden in der dortigen berüchtigten Citadelle aufbewahrt, während Barbes und Albert nur so lange dort bleiben sollen, bis die Reaktion irgend eine unwirthbare Insel gefunden, auf die diese beiden Volksvertreter geworfen werden sollen.

Huber sitzt in der Conciergerie.

- Hofrath Hübner, Gioberti und die übrigen Interessenten an Italien arbeiten im Hotel der Capuzinerinnen unausgesetzt an der diplomatischen Wiedergeburt dieses unglücklichen Landes.

- Heute steht Peuple (Louis Menard und Duchene für seine Proloque d'une Revolution) vor den Assisen.

- Eugen Banue (vom Berg) überreichte gestern einen neuen Stoß von Pedition für Restitution der berüchtigten Milliarde.

- Die Cholera-Angst steigt täglich höher. Ein Tollhäusler, Namens Doktor Duchesne-Dupare schlägt uns vor das zu thun, was Hippokrates den Atheniensern empfahl, nämlich große Feuer in den Straßen der Stadt anzuzünden, um die Luft zu reinigen.

Was wird die Rue de Poitiers dazu sagen?

- Die Zahl unserer erkrankten Volksvertreter wird diesen Morgen auf 20 angegeben. Der Sitzungssaal soll geräuchert werden. Unter den Kranken befindet sich Lagrange.

- De Lacollonge, Redaktor des Februarblattes "Organisation du Travail", das auf rothem Papier erschien, war schon lange Gegenstand der ministeriellen Sorgfalt. Endlich ist es gelungen, denselben gestern im Luxemburggarten einzufangen. Die Kriegsgerichte hatten ihn zu 20 Jahre Gefängniß per Contumaciam verurtheilt, und werden ihn jetzt definitiv zu verurtheilen haben.

- Granier de Cassagnac, dessen großartige Prellereien der Epoque-Aktionäre gewiß auch dem Auslande noch im Gedächtniß, tritt als Kammer-Kandidat im Gers-Departement auf.

Marseille, 4. April.

Ein Anschlag des Präsidenten der hiesigen Handelskammer zeigt an, daß laut Depeschen des neapolitanischen Konsuls in Marseille und des französischen Konsuls in Palermo die Feindseligkeiten gegen Sizilien wieder ihren Anfang nehmen.

- Die drei Präfekten der Rhone, Cher und Ober-Garonne haben in Folge der jungsten Kammerdebatten (bei Gelegenheit der Büdgetdiskussion) dem Minister des Innern ihre Entlassung eingereicht; Faucher aber hat dieselbe nicht angenommen. Dies sei, erklärt der Minister im Moniteur, die beste Anerkennung ihrer Devouements.

- National-Versammlung. Sitzung vom 7. April. Anfang 1 Uhr. Grevy, einer der Vicepräsidenten, führte den Vorsitz.

Die Bänke sind ziemlich leer, man konnte glauben, die Cholera habe unter ihnen gehaust; man erzählt sich 21 Cholerafälle unter den Honorables, von denen heute fruh zwei begraben wurden. Grund genug zu allgemeiner Besorgniß. Die großten Vorsichtsmaßregeln sind übrigens getroffen, der Saal ist gehörig gelüftet und chloroformirt worden u. s. w. Bei Nachvorlesung des Protokolls erhält das Departement des deux Sevres die Erlaubniß, sich Behufs Beschäftigung seines Proletariats übersteuern zu dürfen.

Dann geht es an die Tagesordnung. Dieselbe ist außerordentlich bunt. In erster Linie steht eine sehr delikate Angelegenheit.

Clement Thomas: Bürger Vertreter! Im Namen des Petitionsausschusses lenke ich Ihre Aufmerksamkeit auf eine Petition des Bataillonskommandanten Tempour, der vom Exkriegsminister Lamoriciere in Ruhestand geschleudert worden, weil er in der Junischlacht (am 23.Juni) seine Waffen mit dem ganzen Bataillon vor den Insurgenten auf dem Place des Vosges gestreckt habe.

Tempour protestirt gegen diese ministerielle Maßregel und verlangt Behufs genauer Untersuchung des Vorgefallenen vor ein Kriegsgericht gestellt zu werden. Der Ausschuß schlägt Ihnen vor, die Revision dieser Angelegenheit an den Kriegsminister zu weisen.

Ambert, Oberst, bekämpft diese Ueberweisung und dringt auf Tagesordnung.

Lebreton, General und Quästor, hilft dem Tempour und bevorwortet seine Citation vor ein Kriegsgericht. (Lebreton thut dies lediglich aus glühendem Haß gegen Lamoriciere.)

Changarnier, der conservative Bayard, findet diese Unterstützung sehr auffallend. Tempour sei durch ministeriellen Entscheid in Ruhestand versetzt; damit Basta, wohin solle dies führen, wenn sich die Nationalversammlung in die Disciplin mische. (Hohngelächter zur Linken.)

Lamoriciere: Bürger Vertreter, nur wenige Worte! Tempour leistete offenbar den Insurgenten keinen Widerstand; von seinem ganzen Bataillon waren drei blessirt, als er die Waffen streckte. (Lärm.)

Stimmen rechts: Zur Tagesordnung!

Passy, Finanzminister, unterstützt die Tagesordnung, welche auch ausgesprochen wird.

Jules Favre verlangt hierauf das Wort zu Interpellationen an den Minister des Innern, wegen des gestrigen Moniteur-Artikels wegen des "blinden" und dennoch wieder angestellten Präfekten.

Diese Interpellationen werden unter gehorigem Tumult begonnen.

Jules Favre: Bürger Verrreter! Als bei der neulichen Büdgetdebatte die Wiederanstellung eines Präfekten aus den Zeiten der Monarchie beanstandet wurde, versprach der Konseilpräsident Odilon-Barrot, die Sache zu untersuchen und dann zu berichten. Diesem Verlangen gab die National-Versammlung nach und die Sache blieb en suspendu. Der Moniteur zerhaut sie aber durch einen Artikel mit dem Schwert, der durch seine Form und Inhalt eine wahre Beleidigung der Würde der Versammlung ist. In diesem Artikel erklärt der Minister, daß er jene Beamten nicht nur nicht absetzen werde, sondern überhäuft sie sogar noch mit Lobspruchen. Eine solche Impertinenz verdiene Rüge. Die National-Versammlung darf diese outrage nicht toleriren. (Oh! Oh! rechts.)

Faucher: Ich hätte dergleichen Angriffe am allerwenigsten erwartet vom Verfasser der berüchtigten Ledrü-Rollin'schen Circulaire... (Tumult.) Ich will sie übergehen und zeige schon vorläufig an, daß die Untersuchung eingeleitet und durch den Artikel im Moniteur keineswegs erledigt ist. Die Sache schwebt noch und soll bei der Berathung des Finanzministerialbüdgets zur Sprache kommen. Dann werde ich Aktenstücke bringen, welche beweisen werden, auf welcher Seite die Verfälscher (faussaires) zu suchen. (Tumult)

Die Interpellation wird somit wieder beim Finanz-Büdget auftauchen.

Die Versammlung schreitet zur 3. Lesung der Gerichtsreform.

Boudet, Baze, Waldeck-Rousseau besprechen den Titel 5 (Tribunal erster Instanz) und beantragen Vertagung.

Dieselbe wird ausgesprochen und die Versammlung trennt sich um 6 Uhr. Schluß 6 Uhr.

Italien.
* Genua, 7. April.

Gestern Abend gegen 8 Uhr begab sich das Volk nach dem Palast Turst, wo Pellegrini sie haranguirte. Man bot ihm die Diktatur an; er schlug sie aus und schlug dem Volke ein Triumvirat vor, bestehend aus dem General Avezzara, de Reta, Mitglied der Turiner Kammer und David Morchio. Das Volk acceptirte dieß Triumvirat unter dem tausendfach wiederholten Rufe: Es lebe die Republik! Es begab sich sodann nach dem herzoglichen Palaste, wo die Municipalität saß. Die zu Triumvirn Bestimmten nahmen die vom Volke ihnen anvertraute Mission an. Der Divisionskommandant in Genua ließ drei Stück Kanonen auffahren, um die Stadt zu mitratlliren; aber die Soldaten ließen sich durch die Volksmanifestation hinreißen und der Platzkommandant wurde durch einige Nationalgarden arretirt. Man fand bei ihm ein Pensionsbrevet von 2000 Frs., welche die östreichische Regierung ihm seit 1815 zahlte. Diese Entdeckung brachte das Volk außer sich, es schrie nach Waffen und die Truppen zogen sich in das Fort Diamant oder in das Arsenal zurück.

Genua befindet sich in ganz andern politischen und militärischen Bedingungen als Turin.

Nur widerstrebend unterwarf sich Genua einer Klausel der Verträge von 1815, die, im Widerspruch mit den Versprechungen des Admirals Bentink im J. 1814, es an Piemont annexirten. Die Diplomatie der heiligen Allianz verfolgte mit dieser Annexation ihre fixe Idee, dem revolutionären Frankreich an allen Punkten royalistische Gegengewichte anzuhängen. Genua sollte in der Hand des Königs von Sardinien dieselbe feindselige Stellung gegen Frankreich auf dem Mittelmeere behaupten, wie das Königreich der Niederlande auf der Nordsee.

Um seine, den Genuesen so widerwärtige Herrschaft zu sichern, und es den Ideen der heiligen Allianz dienstbar zu machen, ließ der König von Sardinien die Festungswerke von Genua beträchtlich ausdehnen. Die die Stadt bedrohenden Forts wurden aufgeführt und alle Punkte, die während der großen Belagerung des Jahres 1800 als schwer und schlecht vertheidigbar erkannt worden waren, wurden gespickt mit geschickt combinirten Vertheidigungswerken. Genua ist also nicht mehr das Genua, welches der General Massena so heroisch mit den Trümmern der Armee von Joubert und Macdonald vertheidigte: es ist zugleich ein Platz ersten Ranges, und ein ungeheures verschanztes Lager, wo Kunst und Natur Alles gethan haben, um seine Einnahme ohne eine lange Belagerung und eine sehr zahlreiche Armee unmöglich zu machen.

Das Ganze der Stadt mit ihren Besten bietet den Anblick eines großen dreieckigen Amphitheaters, wovon das Fort Diamant, zwei Stunden von Genua in der Appenninenkette die Spitze, und die Marinebefestigungen die Basis bilden.

Diese halb kreisförmige Basis ist mit zahlreichen Batterien garnirt, welche das Meer und die Rhede bestreichen; in ihrer Mitte befindet sich der Hafen mit seinen zwei Wehrdämmen und im Hintergrund des Hafens das Arsenal. Auf den beiden äußersten Seiten dieser Basis schneiden die Ströme des Polcavera und des Bisagno zwei Thäler ab, die in die Appeninen hinaufsteigen. Um die eigentliche Stadt zu belagern, muß man diese zwei Thäler besetzen, und eben um die Kommunikation zwischen diesen zwei Thälern abzuschneiden, sind die Forts des Sperone, der "zwei Brüder" und des "Diamant" in ungeheuren Verhältnissen aufgeführt.

Von Seite der Polcavera, deren Thal sehr breit ist, hat man, um den Angriff auf die Stadt von den Höhen des rechten Ufers herab zu verhindern, die Forts Begato, Saint Barthelemy und einige andere vorgeschobene Werke aufgeführt und man hat das Vorgebirge, wo der Leuchtthurm steht, gegen jeden möglichen Angriff sicher gestellt. Dieses Thal entlang schlängelt sich der Weg von Genua nach Turin über Allessandria.

Von Seite des Bisagno, von welchem Punkt aus die Engländer 1816 angriffen und wo sich damals nur die Forts Ratti, Richelien und Santa Tecla befanden, sind die Hügel von St. Martin und St. Francois d'Albaro die in Kanonenschußweite von den Bastionen der Cava und des Zerbino liegen, mit sehr sorgfältig ausgeführten Festungswerken bedeckt worden. Sie bilden so zu sagen eine dritte Ringmauer für die Stadt. Längst des Thales des Bisagno hatte Napoleon eine Straße zu bauen begonnen, die nach Parma führen sollte. Sie ist nicht ausgeführt worden.

Um das Korps des Platzes, das unregelmäßig aber sehr umfangreich ist, hat man Thüren, Batterien und mit Schießscharten versehene kasematirte Reduits aufgeführt, um jede Ueberraschung zu verhindern.

So befestigt, könnte Genua, frei nach der Seeseite hin, mit einer Garnison von 20,000 Mann während unbestimmbarer Zeit sich gegen eine zahlreiche Armee halten.

Die Bewegungen im Innern von Genua selbst könnten unterdrückt werden durch die mit kasematirten Kasernen versehenen Bastionen von Castelletto, St. Georges, welche die Stadt beherrschen und durch das Fort Specola, das zugleich das Thal des Bisagno bestreicht. 1848 wurden die zwei ersten dieser Werke zerstört und heute hat das Volk den dritten dieser wichtigen Punkte inne.

Da man noch nicht weiß, welche Stellung die verschiedenen Depotbataillone, die in Genua waren, einnehmen werden; ob die Division des Generals Fanti, zusammengesetzt aus lombardischen Regimentern, die auf dem rechten Ufer des Po's standen und keinen Theil an der Schlacht zu Novara vom 23. nahmen, die genuesische Bewegung unterstützen kommen wird; da man endlich die Absichten des Generals Lamarmora nicht kennt, der von Parma, wo er am 26. war, nach Bobbio hinmarschirt ist, offenbar um sich dem Meer zu nähern, so ist es unmöglich, sicheres über den von Pellegrini organisirten Widerstand vorherzusagen.

Die sardinische Eskadre besteht ganz aus genuesischen Seeleuten. Indem die Regierung von Turin sie vom adriatischen Meere zurückberief, wird es vielleicht der Insurrektion nur neue Elemente der Kraft und des Widerstandes hinzufügen.

Genua zählt ungefähr 100,000 Einwohner. Seine Handelsinteressen knüpfen sich eben so sehr an Mailand wie an Turin. Die Verbindung mit der Lombardei würde seinem Hafen und seiner Eisenbahn eine neue Wichtigkeit geben und ihm große Chancen der Prosperität eröffnen. Als sie zur italienischen Einheit trieben, machten die Genuesen nicht nur in Patriotismus oder vielmehr der Patriotismus stützt sich hier auf eine solide Grundlage, auf materielle Interessen.

Die Fabrikanten der Verträge von 1815 ahnten sicher nicht, als sie die Karten von Europa monarchisch zustutzten, daß ihr Plan, dem Könige von Sardinien durch Genua Frankreich gegenüber eine drohendere Stellung zu geben, doppelt sich gegen sie selbst kehren würde. Genua hat Piemont zum Krieg gegen Oestreich getrieben. Genua will sich heute von Piemont losreißen.

* Liverno, 2. April.

Ein aus Genua auf einem französischen Dämpfer eben eingetroffener Reisender meldet: "Gestern Nachmittags um 4 Uhr wohnten wir einer vollständigen Kanonade und Füsillade bei, indem zwischen dem Volk und der Besatzung in Genua eine förmliche Schlacht entbrannt war. Von beiden Seiten war das Feuer höchst lebhaft. Das Militär hat den Vortheil, daß es von sehr guten Stellungen aus kämpft. Wir fuhren von Genua zwischen 6 1/2 und 7 Uhr ab; das Feuern dauerte fort."

* Neapel, 28. März.

Unter diesem Datum berichtet der Times-Korrespondent voll royalistischer Wuth über die fehlgeschlagenen Vermittlungsversuche der Herren Temple und Rayneval in der sizilischen Frage. Als die beiden Herren vor Palermo anlangten, traten sie mit der provisorischen Regierung nicht direkt, sondern mittelst der beiden Admirale in Unterhandlung. Durch diese ließen sie eine Note überreichen, welche das königliche Ultimatum gewaltig lobpries und zur Annahme empfahl. Der sizilische Minister des Auswärtigen berief sofort das Parlament zusammen, dem er die Note vorlegte. Einstimmig wurde sie und damit das Ultimatum zurückgewiesen. Jetzt begaben sich die Gesandten England's und Frankreich's persönlich zum Minister des Auswärtigen, der bei Ankündigung des Besuchs alsbald den ganzen Ministerrath zu sich geladen. Man hörte die Vorträge und Ermahnungen der englischfranzösischen Gesandtschaft ruhig an, und beantwortete sie dann mit großer Freimüthigkeit, so daß den Herrn Temple und Raynegal eine gehörige Lektion zu Theil wurde. Nach 3 stündiger verveblicher Unterhandlung verwarf der Ministerrath alle Vorschläge unter der Erklärung, die provisorische Regierung betrachte den Waffenstillstand als geendigt, und werde am 29. März die Feindseligkeiten beginnen.

Dies Resultat brachte unter den zu Palermo ausässigen Engländern und Franzosen große Bewegung hervor. Zwei Dampfschiffe wurden bereit gehalten, um diese Fremden mit ihren Familien und Sachen vorerst nach Malta in Sicherheit zu bringen. Es hieß, Filangieri, der im Hafen von Messina eine große Menge Dämpfer bereit hält, würde am 29 März vor Palermo erscheinen. Er will in der Nähe dieser Stadt seine Truppen landen, und zu gleicher Zeit durch die Kriegsdämpfer von der Seeseite aus den Angriff unterstützen lassen. In der letzten Zeit haben in Palermo täglich zwischen 50-60,000 Menschen an den Verschanzungen gearbeitet; Männer, Frauen und Kinder ohne Unterschied der Stände betheiligten sich bei der Arbeit. Die Zahl der Bewaffneten beträgt an 20,000. Der Enthusiasmus der Sizilier ist unbeschreiblich. Als die Herren Temple und Rayneval landeten, wurden sie von Tausenden Bewaffneter unter dem lauten Ruf: Krieg! Krieg! und "Tod dem Bourbonen" bis zum Hause des Ministers des Auswärtigen begleitet.

lichen: denn um das Elend zu zerstören und das Eigenthum zu schaffen, genügt es nicht, die Arbeit zu vermehren; es ist gleichzeitig nothwendig, die Steuern zu vermindern. Der Staat darf nicht mit der einen Hand wieder zurücknehmen, was er mit der andern giebt. Gegenwärtig giebt er nichts und nimmt alles. Das ganze Steuersystem muß daher ‒ radikal nach dem Prinzip der Gleichheit reformirt werden. Jeder Bürger muß zu den öffentlichen Lasten beitragen nach Verhältniß seines Vermögens; die Steuer muß proportionnell und progressiv sein. Heute ist sie weder das eine, noch das andere, oder vielmehr beides, aber in umgekehrtem Sinn, d. h. im Verhältnisse des Elends und nicht des Reichthums. Je ärmer der Bürger ist, desto mehr zahlt er. Wir wollen nur ein Beispiel citiren. Der Litre Wein, den der Arme kauft, zahlt sechsfache Steuer: Grundsteuer, Octroi, das Patent des Großhändlers, die Steuer, die der Makler zu zahlen hat, das Patent des Kleinhändlers und endlich die Steuer für das Recht, Wein zu verzapfen. Der Wein des Reichen dagegen, direkt auf seinen eignen Bergen gewachsen oder direkt gekauft, zahlt nur die Grundsteuer und das Octroi. So zahlt der Reiche zwei Steuern für das Getränke, wo der Arme deren sechs zaht. Alle andern Steuern sind ungefähr mit derselben Gerechtigkeit geregelt; überall zahlt der Arme für den Reichen, so sehr, das der Arme jährlich 400 Millionen mehr giebt, als er schuldet, was seit den 34 Jahren, während deren man ihm Gleichheit der Steuer verspricht, eine Summe von 34 Milliarden beträgt, (d. h. ungefähr 1/4 des Grundwerths von Frankreich) wovon der Reiche „honnett und gemäßigt“ profitirt.

Militärdienst.

Die Blutsteuer ist eben so ungerecht vertheilt wie die Geldsteuer. Wir werden sie ebenfalls regeln. Wir werden außerdem der Armee die dreifache Garantie der Konkurrenz, der Wahl und der Anciennetät bei Besetzung der Stellen geben.

Unterricht.

Mit der materiellen Befreiung die moralische. Der Bürger hat ein Recht auf Unterricht wie auf Arbeit; der Staat muß den Unterricht geben, wie den Kredit. Der Konvent hatte ein Budget von 600 Millionen Francs: 50 Millionen davon, d. h. den 12ten Theil ihres Budgets bestimmte diese „Versammlung ‒ von Barbaren“ dem öffentlichen Unterricht. Die „honnetten und gemäßigten“ Republikaner dagegen mit einem Budget von 1800 Millionen bestimmten davon für den öffentlichen Unterricht 18 Millionen, d. h. den 100sten Theil, so daß auf 6 Millionen Kinder 3 Millionen keinen Unterricht empfangen, daß die Hälfte der Wähler weder lesen noch ihr Votum schreiben können und daß das Bagno auf 100 Verurtheilte 80 Ununterrichtete zählt. Das Königthum hatte ein Interesse daran, das Volk zu verdummen, wie auszuhungern, um es besser knechten zu können; die Republik mit einem ganz entgegengesetzten Interesse, muß heraustreten aus den monarchischen Irrwegen und der vom Konvent vorgeschriebenen Bahn folgen. Um dem Beispiel des Konvents zu folgen, mußten auf ein Budget von 1800 Millionen 150 Millionen dem öffentlichen Unterricht angewiesen werden. So könnte der Staat nicht nur allen unentgeldlich den Primair- und den professionellen Unterricht geben, sondern noch die armen Kinder für die Zeit des Unterrichts entschädigen. Dann werden wir die Unwissenheit zerstören wie das Elend.

Ordnung.

Die Ordnung ist kein Prinzip, sie kann nur eine Konsequenz, ein Resultat sein. Sie ist die Harmonie der Rechte und nicht ihre Unterdrückung. Die Ordnung durch die Gewalt und die Unterdrückung, die Ordnung, die zu Warschau herrscht, ist falsch und gebrechlich, sie brütet unaufhörlich die Emeute aus und die Revolution. Die Parteigänger der Autorität, der kräftigen Staatsmacht sagen: Ordnung in der Freiheit! Wir glauben, daß nur die gerechte Macht stark ist und daß nur die Macht gerecht ist, welche allen Rechten genugthut, wir bestehen auf dem Wahlspruch: Durch die Freiheit Ordnung!

Resumé

Allgemeines und direktes Wahlrecht. Einheit der Staatsmacht, Unterscheidung der Funktionenen; die exekutive Gewalt widerrufbar und der legislativen untergeordnet; kein Präsident. Freiheit des Gedankens, welches seine Offenbarungsweise sei, eine individuelle oder kolletive, permanente oder periodische, durch das Wort und durch die Presse, absolute Freiheit ohne irgend ein präventives oder fiskalisches Hemmniß, ohne Kaution, Privilegien, Censur oder Autorisation; ohne andre Schranke als die Verantwortlichkeit. Möglichst ausgedehnte Anwendung des Wahlsystemes auf alle öffentlichen Funktionen, vollständige Abschaffung der Konsumtionssteuern auf Gegenstände erster Nothwendigkeit; Revision der Grundsteuer und der Patente; Einführung der progressiven und proportionellen Steuern auf das reine Grund- und Kapitaleinkommen Zurückzahlung der 45 Centimes. Ausbreitung der Eisenbahnen, Minen, Kanäle, Assekuranzen u. s. w. durch den Staat. Verminderung der großen Gehalte, Erhöhung der kleinen, u. s. w. u. s. w.

Unter andern haben dies Programm unterzeichnet: Theodor Bac, Baune, Martin Bernard, Gent, Greppo, Lammenais, Ledrü Rollin, Pierre Leroux, Felix Pyat, Eugen Raspail, Robert, Germain Sarrut, Schoelcher u. s. w.

Paris, 7. April.

Im Moniteur nichts als eine Darstellung der Festlichkeiten, mit welchen die Londoner Gäste in Boulogne, Amiens und Paris empfangen wurden, Eine Abtheilung derselben begab sich gestern nach der Börse in das Ministerium des Innern, wo sie Faucher mit einer englischen Rede empfing, die das offizielle Organ jedoch nicht mittheilt. Wir können daher über seinen Enthusiasmus nichts ertheilen.

‒ Also wieder eine Verschwörung!

Man liest in unsern demokratischen Morgenblättern hierüber: „Die Polizei verbreitet das Gerücht, morgen Sonntag (8) oder Montag (9. April) würden die Faubourgs aufstehen und die Regierung durch eine Manifestation stürzen. Es leuchtet ein, daß das Ministerium der ehrsamen Bürgerschaft von Neuem glauben machen möchte, es habe die Gesellschaft vor der Anarchie abermals gerettet, und sie auf diese Weise zu neuem Dank verpflichtet. Hr. Leon Faucher scheint einzusehen, daß er verloren sei, wenn er der Bürgerschaft nicht von Zeit zu Zeit das Schrekkensgemälde der Staatsgefahr und des Sozialismus vor die Augen halte.“

‒ Gestern Mittag 11 1/2 Uhr langten die sieben Hauptverurtheilten aus Bourges unerwartet am Bahnhofe der Orleanslinie an und wurden unter starkem Militärgeleit nach dem Nordbahnhofe gebracht, von wo sie ein Spezialzug mit Windesschnelle in die Picardie (nach Doullens) führte. Raspail, Sobrier, Blanqui, Quentin und Flotte werden in der dortigen berüchtigten Citadelle aufbewahrt, während Barbes und Albert nur so lange dort bleiben sollen, bis die Reaktion irgend eine unwirthbare Insel gefunden, auf die diese beiden Volksvertreter geworfen werden sollen.

Huber sitzt in der Conciergerie.

‒ Hofrath Hübner, Gioberti und die übrigen Interessenten an Italien arbeiten im Hotel der Capuzinerinnen unausgesetzt an der diplomatischen Wiedergeburt dieses unglücklichen Landes.

‒ Heute steht Peuple (Louis Menard und Duchêne für seine Proloque d'une Révolution) vor den Assisen.

‒ Eugen Banue (vom Berg) überreichte gestern einen neuen Stoß von Pedition für Restitution der berüchtigten Milliarde.

‒ Die Cholera-Angst steigt täglich höher. Ein Tollhäusler, Namens Doktor Duchesne-Dupare schlägt uns vor das zu thun, was Hippokrates den Atheniensern empfahl, nämlich große Feuer in den Straßen der Stadt anzuzünden, um die Luft zu reinigen.

Was wird die Rue de Poitiers dazu sagen?

‒ Die Zahl unserer erkrankten Volksvertreter wird diesen Morgen auf 20 angegeben. Der Sitzungssaal soll geräuchert werden. Unter den Kranken befindet sich Lagrange.

‒ De Lacollonge, Redaktor des Februarblattes „Organisation du Travail“, das auf rothem Papier erschien, war schon lange Gegenstand der ministeriellen Sorgfalt. Endlich ist es gelungen, denselben gestern im Luxemburggarten einzufangen. Die Kriegsgerichte hatten ihn zu 20 Jahre Gefängniß per Contumaciam verurtheilt, und werden ihn jetzt definitiv zu verurtheilen haben.

‒ Granier de Cassagnac, dessen großartige Prellereien der Epoque-Aktionäre gewiß auch dem Auslande noch im Gedächtniß, tritt als Kammer-Kandidat im Gers-Departement auf.

Marseille, 4. April.

Ein Anschlag des Präsidenten der hiesigen Handelskammer zeigt an, daß laut Depeschen des neapolitanischen Konsuls in Marseille und des französischen Konsuls in Palermo die Feindseligkeiten gegen Sizilien wieder ihren Anfang nehmen.

‒ Die drei Präfekten der Rhone, Cher und Ober-Garonne haben in Folge der jungsten Kammerdebatten (bei Gelegenheit der Büdgetdiskussion) dem Minister des Innern ihre Entlassung eingereicht; Faucher aber hat dieselbe nicht angenommen. Dies sei, erklärt der Minister im Moniteur, die beste Anerkennung ihrer Devouements.

National-Versammlung. Sitzung vom 7. April. Anfang 1 Uhr. Grevy, einer der Vicepräsidenten, führte den Vorsitz.

Die Bänke sind ziemlich leer, man konnte glauben, die Cholera habe unter ihnen gehaust; man erzählt sich 21 Cholerafälle unter den Honorables, von denen heute fruh zwei begraben wurden. Grund genug zu allgemeiner Besorgniß. Die großten Vorsichtsmaßregeln sind übrigens getroffen, der Saal ist gehörig gelüftet und chloroformirt worden u. s. w. Bei Nachvorlesung des Protokolls erhält das Departement des deux Sèvres die Erlaubniß, sich Behufs Beschäftigung seines Proletariats übersteuern zu dürfen.

Dann geht es an die Tagesordnung. Dieselbe ist außerordentlich bunt. In erster Linie steht eine sehr delikate Angelegenheit.

Clement Thomas: Bürger Vertreter! Im Namen des Petitionsausschusses lenke ich Ihre Aufmerksamkeit auf eine Petition des Bataillonskommandanten Tempour, der vom Exkriegsminister Lamoriciere in Ruhestand geschleudert worden, weil er in der Junischlacht (am 23.Juni) seine Waffen mit dem ganzen Bataillon vor den Insurgenten auf dem Place des Vosges gestreckt habe.

Tempour protestirt gegen diese ministerielle Maßregel und verlangt Behufs genauer Untersuchung des Vorgefallenen vor ein Kriegsgericht gestellt zu werden. Der Ausschuß schlägt Ihnen vor, die Revision dieser Angelegenheit an den Kriegsminister zu weisen.

Ambert, Oberst, bekämpft diese Ueberweisung und dringt auf Tagesordnung.

Lebreton, General und Quästor, hilft dem Tempour und bevorwortet seine Citation vor ein Kriegsgericht. (Lebreton thut dies lediglich aus glühendem Haß gegen Lamoriciere.)

Changarnier, der conservative Bayard, findet diese Unterstützung sehr auffallend. Tempour sei durch ministeriellen Entscheid in Ruhestand versetzt; damit Basta, wohin solle dies führen, wenn sich die Nationalversammlung in die Disciplin mische. (Hohngelächter zur Linken.)

Lamoriciere: Bürger Vertreter, nur wenige Worte! Tempour leistete offenbar den Insurgenten keinen Widerstand; von seinem ganzen Bataillon waren drei blessirt, als er die Waffen streckte. (Lärm.)

Stimmen rechts: Zur Tagesordnung!

Passy, Finanzminister, unterstützt die Tagesordnung, welche auch ausgesprochen wird.

Jules Favre verlangt hierauf das Wort zu Interpellationen an den Minister des Innern, wegen des gestrigen Moniteur-Artikels wegen des „blinden“ und dennoch wieder angestellten Präfekten.

Diese Interpellationen werden unter gehorigem Tumult begonnen.

Jules Favre: Bürger Verrreter! Als bei der neulichen Büdgetdebatte die Wiederanstellung eines Präfekten aus den Zeiten der Monarchie beanstandet wurde, versprach der Konseilpräsident Odilon-Barrot, die Sache zu untersuchen und dann zu berichten. Diesem Verlangen gab die National-Versammlung nach und die Sache blieb en suspendu. Der Moniteur zerhaut sie aber durch einen Artikel mit dem Schwert, der durch seine Form und Inhalt eine wahre Beleidigung der Würde der Versammlung ist. In diesem Artikel erklärt der Minister, daß er jene Beamten nicht nur nicht absetzen werde, sondern überhäuft sie sogar noch mit Lobspruchen. Eine solche Impertinenz verdiene Rüge. Die National-Versammlung darf diese outrage nicht toleriren. (Oh! Oh! rechts.)

Faucher: Ich hätte dergleichen Angriffe am allerwenigsten erwartet vom Verfasser der berüchtigten Ledrü-Rollin'schen Circulaire… (Tumult.) Ich will sie übergehen und zeige schon vorläufig an, daß die Untersuchung eingeleitet und durch den Artikel im Moniteur keineswegs erledigt ist. Die Sache schwebt noch und soll bei der Berathung des Finanzministerialbüdgets zur Sprache kommen. Dann werde ich Aktenstücke bringen, welche beweisen werden, auf welcher Seite die Verfälscher (faussaires) zu suchen. (Tumult)

Die Interpellation wird somit wieder beim Finanz-Büdget auftauchen.

Die Versammlung schreitet zur 3. Lesung der Gerichtsreform.

Boudet, Baze, Waldeck-Rousseau besprechen den Titel 5 (Tribunal erster Instanz) und beantragen Vertagung.

Dieselbe wird ausgesprochen und die Versammlung trennt sich um 6 Uhr. Schluß 6 Uhr.

Italien.
* Genua, 7. April.

Gestern Abend gegen 8 Uhr begab sich das Volk nach dem Palast Turst, wo Pellegrini sie haranguirte. Man bot ihm die Diktatur an; er schlug sie aus und schlug dem Volke ein Triumvirat vor, bestehend aus dem General Avezzara, de Reta, Mitglied der Turiner Kammer und David Morchio. Das Volk acceptirte dieß Triumvirat unter dem tausendfach wiederholten Rufe: Es lebe die Republik! Es begab sich sodann nach dem herzoglichen Palaste, wo die Municipalität saß. Die zu Triumvirn Bestimmten nahmen die vom Volke ihnen anvertraute Mission an. Der Divisionskommandant in Genua ließ drei Stück Kanonen auffahren, um die Stadt zu mitratlliren; aber die Soldaten ließen sich durch die Volksmanifestation hinreißen und der Platzkommandant wurde durch einige Nationalgarden arretirt. Man fand bei ihm ein Pensionsbrevet von 2000 Frs., welche die östreichische Regierung ihm seit 1815 zahlte. Diese Entdeckung brachte das Volk außer sich, es schrie nach Waffen und die Truppen zogen sich in das Fort Diamant oder in das Arsenal zurück.

Genua befindet sich in ganz andern politischen und militärischen Bedingungen als Turin.

Nur widerstrebend unterwarf sich Genua einer Klausel der Verträge von 1815, die, im Widerspruch mit den Versprechungen des Admirals Bentink im J. 1814, es an Piemont annexirten. Die Diplomatie der heiligen Allianz verfolgte mit dieser Annexation ihre fixe Idee, dem revolutionären Frankreich an allen Punkten royalistische Gegengewichte anzuhängen. Genua sollte in der Hand des Königs von Sardinien dieselbe feindselige Stellung gegen Frankreich auf dem Mittelmeere behaupten, wie das Königreich der Niederlande auf der Nordsee.

Um seine, den Genuesen so widerwärtige Herrschaft zu sichern, und es den Ideen der heiligen Allianz dienstbar zu machen, ließ der König von Sardinien die Festungswerke von Genua beträchtlich ausdehnen. Die die Stadt bedrohenden Forts wurden aufgeführt und alle Punkte, die während der großen Belagerung des Jahres 1800 als schwer und schlecht vertheidigbar erkannt worden waren, wurden gespickt mit geschickt combinirten Vertheidigungswerken. Genua ist also nicht mehr das Genua, welches der General Massena so heroisch mit den Trümmern der Armee von Joubert und Macdonald vertheidigte: es ist zugleich ein Platz ersten Ranges, und ein ungeheures verschanztes Lager, wo Kunst und Natur Alles gethan haben, um seine Einnahme ohne eine lange Belagerung und eine sehr zahlreiche Armee unmöglich zu machen.

Das Ganze der Stadt mit ihren Besten bietet den Anblick eines großen dreieckigen Amphitheaters, wovon das Fort Diamant, zwei Stunden von Genua in der Appenninenkette die Spitze, und die Marinebefestigungen die Basis bilden.

Diese halb kreisförmige Basis ist mit zahlreichen Batterien garnirt, welche das Meer und die Rhede bestreichen; in ihrer Mitte befindet sich der Hafen mit seinen zwei Wehrdämmen und im Hintergrund des Hafens das Arsenal. Auf den beiden äußersten Seiten dieser Basis schneiden die Ströme des Polcavera und des Bisagno zwei Thäler ab, die in die Appeninen hinaufsteigen. Um die eigentliche Stadt zu belagern, muß man diese zwei Thäler besetzen, und eben um die Kommunikation zwischen diesen zwei Thälern abzuschneiden, sind die Forts des Sperone, der „zwei Brüder“ und des „Diamant“ in ungeheuren Verhältnissen aufgeführt.

Von Seite der Polcavera, deren Thal sehr breit ist, hat man, um den Angriff auf die Stadt von den Höhen des rechten Ufers herab zu verhindern, die Forts Begato, Saint Barthelemy und einige andere vorgeschobene Werke aufgeführt und man hat das Vorgebirge, wo der Leuchtthurm steht, gegen jeden möglichen Angriff sicher gestellt. Dieses Thal entlang schlängelt sich der Weg von Genua nach Turin über Allessandria.

Von Seite des Bisagno, von welchem Punkt aus die Engländer 1816 angriffen und wo sich damals nur die Forts Ratti, Richelien und Santa Tecla befanden, sind die Hügel von St. Martin und St. François d'Albaro die in Kanonenschußweite von den Bastionen der Cava und des Zerbino liegen, mit sehr sorgfältig ausgeführten Festungswerken bedeckt worden. Sie bilden so zu sagen eine dritte Ringmauer für die Stadt. Längst des Thales des Bisagno hatte Napoleon eine Straße zu bauen begonnen, die nach Parma führen sollte. Sie ist nicht ausgeführt worden.

Um das Korps des Platzes, das unregelmäßig aber sehr umfangreich ist, hat man Thüren, Batterien und mit Schießscharten versehene kasematirte Reduits aufgeführt, um jede Ueberraschung zu verhindern.

So befestigt, könnte Genua, frei nach der Seeseite hin, mit einer Garnison von 20,000 Mann während unbestimmbarer Zeit sich gegen eine zahlreiche Armee halten.

Die Bewegungen im Innern von Genua selbst könnten unterdrückt werden durch die mit kasematirten Kasernen versehenen Bastionen von Castelletto, St. Georges, welche die Stadt beherrschen und durch das Fort Specola, das zugleich das Thal des Bisagno bestreicht. 1848 wurden die zwei ersten dieser Werke zerstört und heute hat das Volk den dritten dieser wichtigen Punkte inne.

Da man noch nicht weiß, welche Stellung die verschiedenen Depotbataillone, die in Genua waren, einnehmen werden; ob die Division des Generals Fanti, zusammengesetzt aus lombardischen Regimentern, die auf dem rechten Ufer des Po's standen und keinen Theil an der Schlacht zu Novara vom 23. nahmen, die genuesische Bewegung unterstützen kommen wird; da man endlich die Absichten des Generals Lamarmora nicht kennt, der von Parma, wo er am 26. war, nach Bobbio hinmarschirt ist, offenbar um sich dem Meer zu nähern, so ist es unmöglich, sicheres über den von Pellegrini organisirten Widerstand vorherzusagen.

Die sardinische Eskadre besteht ganz aus genuesischen Seeleuten. Indem die Regierung von Turin sie vom adriatischen Meere zurückberief, wird es vielleicht der Insurrektion nur neue Elemente der Kraft und des Widerstandes hinzufügen.

Genua zählt ungefähr 100,000 Einwohner. Seine Handelsinteressen knüpfen sich eben so sehr an Mailand wie an Turin. Die Verbindung mit der Lombardei würde seinem Hafen und seiner Eisenbahn eine neue Wichtigkeit geben und ihm große Chancen der Prosperität eröffnen. Als sie zur italienischen Einheit trieben, machten die Genuesen nicht nur in Patriotismus oder vielmehr der Patriotismus stützt sich hier auf eine solide Grundlage, auf materielle Interessen.

Die Fabrikanten der Verträge von 1815 ahnten sicher nicht, als sie die Karten von Europa monarchisch zustutzten, daß ihr Plan, dem Könige von Sardinien durch Genua Frankreich gegenüber eine drohendere Stellung zu geben, doppelt sich gegen sie selbst kehren würde. Genua hat Piemont zum Krieg gegen Oestreich getrieben. Genua will sich heute von Piemont losreißen.

* Liverno, 2. April.

Ein aus Genua auf einem französischen Dämpfer eben eingetroffener Reisender meldet: „Gestern Nachmittags um 4 Uhr wohnten wir einer vollständigen Kanonade und Füsillade bei, indem zwischen dem Volk und der Besatzung in Genua eine förmliche Schlacht entbrannt war. Von beiden Seiten war das Feuer höchst lebhaft. Das Militär hat den Vortheil, daß es von sehr guten Stellungen aus kämpft. Wir fuhren von Genua zwischen 6 1/2 und 7 Uhr ab; das Feuern dauerte fort.“

* Neapel, 28. März.

Unter diesem Datum berichtet der Times-Korrespondent voll royalistischer Wuth über die fehlgeschlagenen Vermittlungsversuche der Herren Temple und Rayneval in der sizilischen Frage. Als die beiden Herren vor Palermo anlangten, traten sie mit der provisorischen Regierung nicht direkt, sondern mittelst der beiden Admirale in Unterhandlung. Durch diese ließen sie eine Note überreichen, welche das königliche Ultimatum gewaltig lobpries und zur Annahme empfahl. Der sizilische Minister des Auswärtigen berief sofort das Parlament zusammen, dem er die Note vorlegte. Einstimmig wurde sie und damit das Ultimatum zurückgewiesen. Jetzt begaben sich die Gesandten England's und Frankreich's persönlich zum Minister des Auswärtigen, der bei Ankündigung des Besuchs alsbald den ganzen Ministerrath zu sich geladen. Man hörte die Vorträge und Ermahnungen der englischfranzösischen Gesandtschaft ruhig an, und beantwortete sie dann mit großer Freimüthigkeit, so daß den Herrn Temple und Raynegal eine gehörige Lektion zu Theil wurde. Nach 3 stündiger verveblicher Unterhandlung verwarf der Ministerrath alle Vorschläge unter der Erklärung, die provisorische Regierung betrachte den Waffenstillstand als geendigt, und werde am 29. März die Feindseligkeiten beginnen.

Dies Resultat brachte unter den zu Palermo ausässigen Engländern und Franzosen große Bewegung hervor. Zwei Dampfschiffe wurden bereit gehalten, um diese Fremden mit ihren Familien und Sachen vorerst nach Malta in Sicherheit zu bringen. Es hieß, Filangieri, der im Hafen von Messina eine große Menge Dämpfer bereit hält, würde am 29 März vor Palermo erscheinen. Er will in der Nähe dieser Stadt seine Truppen landen, und zu gleicher Zeit durch die Kriegsdämpfer von der Seeseite aus den Angriff unterstützen lassen. In der letzten Zeit haben in Palermo täglich zwischen 50-60,000 Menschen an den Verschanzungen gearbeitet; Männer, Frauen und Kinder ohne Unterschied der Stände betheiligten sich bei der Arbeit. Die Zahl der Bewaffneten beträgt an 20,000. Der Enthusiasmus der Sizilier ist unbeschreiblich. Als die Herren Temple und Rayneval landeten, wurden sie von Tausenden Bewaffneter unter dem lauten Ruf: Krieg! Krieg! und „Tod dem Bourbonen“ bis zum Hause des Ministers des Auswärtigen begleitet.

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lichen: denn um das Elend zu zerstören und das Eigenthum zu schaffen, genügt es nicht, die Arbeit zu vermehren; es ist gleichzeitig nothwendig, die Steuern zu vermindern. Der Staat darf nicht mit der einen Hand wieder zurücknehmen, was er mit der andern giebt. Gegenwärtig giebt er nichts und nimmt alles. Das ganze Steuersystem muß daher &#x2012; radikal nach dem Prinzip der Gleichheit reformirt werden. Jeder Bürger muß zu den öffentlichen Lasten beitragen nach Verhältniß seines Vermögens; die Steuer muß proportionnell und progressiv sein. Heute ist sie weder das eine, noch das andere, oder vielmehr beides, aber in umgekehrtem Sinn, d. h. im Verhältnisse des Elends und nicht des Reichthums. Je ärmer der Bürger ist, desto mehr zahlt er. Wir wollen nur ein Beispiel citiren. Der Litre Wein, den der Arme kauft, zahlt sechsfache Steuer: Grundsteuer, Octroi, das Patent des Großhändlers, die Steuer, die der Makler zu zahlen hat, das Patent des Kleinhändlers und endlich die Steuer für das Recht, Wein zu verzapfen. Der Wein des Reichen dagegen, direkt auf seinen eignen Bergen gewachsen oder direkt gekauft, zahlt nur die Grundsteuer und das Octroi. So zahlt der Reiche zwei Steuern für das Getränke, wo der Arme deren sechs zaht. Alle andern Steuern sind ungefähr mit derselben Gerechtigkeit geregelt; überall zahlt der Arme für den Reichen, so sehr, das der Arme jährlich 400 Millionen mehr giebt, als er schuldet, was seit den 34 Jahren, während deren man ihm Gleichheit der Steuer verspricht, eine Summe von 34 Milliarden beträgt, (d. h. ungefähr 1/4 des Grundwerths von Frankreich) wovon der Reiche &#x201E;honnett und gemäßigt&#x201C; profitirt.</p>
          <p> <hi rendition="#g">Militärdienst.</hi> </p>
          <p>Die Blutsteuer ist eben so ungerecht vertheilt wie die Geldsteuer. Wir werden sie ebenfalls regeln. Wir werden außerdem der Armee die dreifache Garantie der Konkurrenz, der Wahl und der Anciennetät bei Besetzung der Stellen geben.</p>
          <p> <hi rendition="#g">Unterricht.</hi> </p>
          <p>Mit der materiellen Befreiung die moralische. Der Bürger hat ein Recht auf Unterricht wie auf Arbeit; der Staat muß den Unterricht geben, wie den Kredit. Der Konvent hatte ein Budget von 600 Millionen Francs: 50 Millionen davon, d. h. den 12ten Theil ihres Budgets bestimmte diese &#x201E;Versammlung &#x2012; von <hi rendition="#g">Barbaren</hi>&#x201C; dem öffentlichen Unterricht. Die &#x201E;<hi rendition="#g">honnetten</hi> und <hi rendition="#g">gemäßigten</hi>&#x201C; Republikaner dagegen mit einem Budget von 1800 Millionen bestimmten davon für den öffentlichen Unterricht 18 Millionen, d. h. den 100sten Theil, so daß auf 6 Millionen Kinder 3 Millionen keinen Unterricht empfangen, daß die Hälfte der Wähler weder lesen noch ihr Votum schreiben können und daß das Bagno auf 100 Verurtheilte 80 Ununterrichtete zählt. Das Königthum hatte ein Interesse daran, das Volk zu verdummen, wie auszuhungern, um es besser knechten zu können; die Republik mit einem ganz entgegengesetzten Interesse, muß heraustreten aus den monarchischen Irrwegen und der vom Konvent vorgeschriebenen Bahn folgen. Um dem Beispiel des Konvents zu folgen, mußten auf ein Budget von 1800 Millionen 150 Millionen dem öffentlichen Unterricht angewiesen werden. So könnte der Staat nicht nur allen unentgeldlich den Primair- und den professionellen Unterricht geben, sondern noch die armen Kinder für die Zeit des Unterrichts entschädigen. Dann werden wir die Unwissenheit zerstören wie das Elend.</p>
          <p> <hi rendition="#g">Ordnung.</hi> </p>
          <p>Die Ordnung ist kein Prinzip, sie kann nur eine Konsequenz, ein Resultat sein. Sie ist die Harmonie der Rechte und nicht ihre Unterdrückung. Die Ordnung durch die Gewalt und die Unterdrückung, die Ordnung, die zu Warschau herrscht, ist falsch und gebrechlich, sie brütet unaufhörlich die Emeute aus und die Revolution. Die Parteigänger der Autorität, der kräftigen Staatsmacht sagen: <hi rendition="#g">Ordnung in der Freiheit!</hi> Wir glauben, daß nur die gerechte Macht stark ist und daß nur die Macht gerecht ist, welche allen Rechten genugthut, wir bestehen auf dem Wahlspruch: <hi rendition="#g">Durch die Freiheit Ordnung!</hi> </p>
          <p> <hi rendition="#g">Resumé</hi> </p>
          <p>Allgemeines und direktes Wahlrecht. Einheit der Staatsmacht, Unterscheidung der Funktionenen; die exekutive Gewalt widerrufbar und der legislativen untergeordnet; <hi rendition="#g">kein Präsident.</hi> Freiheit des Gedankens, welches seine Offenbarungsweise sei, eine individuelle oder kolletive, permanente oder periodische, durch das Wort und durch die Presse, absolute Freiheit ohne irgend ein präventives oder fiskalisches Hemmniß, ohne Kaution, Privilegien, Censur oder Autorisation; ohne andre Schranke als die Verantwortlichkeit. Möglichst ausgedehnte Anwendung des Wahlsystemes auf alle öffentlichen Funktionen, vollständige Abschaffung der Konsumtionssteuern auf Gegenstände erster Nothwendigkeit; Revision der Grundsteuer und der Patente; Einführung der progressiven und proportionellen Steuern auf das reine Grund- und Kapitaleinkommen Zurückzahlung der 45 Centimes. Ausbreitung der Eisenbahnen, Minen, Kanäle, Assekuranzen u. s. w. durch den Staat. Verminderung der großen Gehalte, Erhöhung der kleinen, u. s. w. u. s. w.</p>
          <p>Unter andern haben dies Programm unterzeichnet: Theodor Bac, Baune, Martin Bernard, Gent, Greppo, Lammenais, Ledrü Rollin, Pierre Leroux, Felix Pyat, Eugen Raspail, Robert, Germain Sarrut, Schoelcher u. s. w.</p>
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          <head>Paris, 7. April.</head>
          <p>Im Moniteur nichts als eine Darstellung der Festlichkeiten, mit welchen die Londoner Gäste in Boulogne, Amiens und Paris empfangen wurden, Eine Abtheilung derselben begab sich gestern nach der Börse in das Ministerium des Innern, wo sie Faucher mit einer englischen Rede empfing, die das offizielle Organ jedoch nicht mittheilt. Wir können daher über seinen Enthusiasmus nichts ertheilen.</p>
          <p>&#x2012; Also wieder eine Verschwörung!</p>
          <p>Man liest in unsern demokratischen Morgenblättern hierüber: &#x201E;Die Polizei verbreitet das Gerücht, morgen Sonntag (8) oder Montag (9. April) würden die Faubourgs aufstehen und die Regierung durch eine Manifestation stürzen. Es leuchtet ein, daß das Ministerium der ehrsamen Bürgerschaft von Neuem glauben machen möchte, es habe die Gesellschaft vor der Anarchie abermals gerettet, und sie auf diese Weise zu neuem Dank verpflichtet. Hr. Leon Faucher scheint einzusehen, daß er verloren sei, wenn er der Bürgerschaft nicht von Zeit zu Zeit das Schrekkensgemälde der Staatsgefahr und des Sozialismus vor die Augen halte.&#x201C;</p>
          <p>&#x2012; Gestern Mittag 11 1/2 Uhr langten die sieben Hauptverurtheilten aus Bourges unerwartet am Bahnhofe der Orleanslinie an und wurden unter starkem Militärgeleit nach dem Nordbahnhofe gebracht, von wo sie ein Spezialzug mit Windesschnelle in die Picardie (nach Doullens) führte. Raspail, Sobrier, Blanqui, Quentin und Flotte werden in der dortigen berüchtigten Citadelle aufbewahrt, während Barbes und Albert nur so lange dort bleiben sollen, bis die Reaktion irgend eine unwirthbare Insel gefunden, auf die diese beiden Volksvertreter geworfen werden sollen.</p>
          <p>Huber sitzt in der Conciergerie.</p>
          <p>&#x2012; Hofrath Hübner, Gioberti und die übrigen Interessenten an Italien arbeiten im Hotel der Capuzinerinnen unausgesetzt an der diplomatischen Wiedergeburt dieses unglücklichen Landes.</p>
          <p>&#x2012; Heute steht Peuple (Louis Menard und Duchêne für seine Proloque d'une Révolution) vor den Assisen.</p>
          <p>&#x2012; Eugen Banue (vom Berg) überreichte gestern einen neuen Stoß von Pedition für Restitution der berüchtigten Milliarde.</p>
          <p>&#x2012; Die Cholera-Angst steigt täglich höher. Ein Tollhäusler, Namens Doktor Duchesne-Dupare schlägt uns vor das zu thun, was Hippokrates den Atheniensern empfahl, nämlich große Feuer in den Straßen der Stadt anzuzünden, um die Luft zu reinigen.</p>
          <p>Was wird die Rue de Poitiers dazu sagen?</p>
          <p>&#x2012; Die Zahl unserer erkrankten Volksvertreter wird diesen Morgen auf 20 angegeben. Der Sitzungssaal soll geräuchert werden. Unter den Kranken befindet sich Lagrange.</p>
          <p>&#x2012; De Lacollonge, Redaktor des Februarblattes &#x201E;Organisation du Travail&#x201C;, das auf rothem Papier erschien, war schon lange Gegenstand der ministeriellen Sorgfalt. Endlich ist es gelungen, denselben gestern im Luxemburggarten einzufangen. Die Kriegsgerichte hatten ihn zu 20 Jahre Gefängniß per Contumaciam verurtheilt, und werden ihn jetzt definitiv zu verurtheilen haben.</p>
          <p>&#x2012; Granier de Cassagnac, dessen großartige Prellereien der Epoque-Aktionäre gewiß auch dem Auslande noch im Gedächtniß, tritt als Kammer-Kandidat im Gers-Departement auf.</p>
        </div>
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          <head>Marseille, 4. April.</head>
          <p>Ein Anschlag des Präsidenten der hiesigen Handelskammer zeigt an, daß laut Depeschen des neapolitanischen Konsuls in Marseille und des französischen Konsuls in Palermo die Feindseligkeiten gegen Sizilien wieder ihren Anfang nehmen.</p>
          <p>&#x2012; Die drei Präfekten der Rhone, Cher und Ober-Garonne haben in Folge der jungsten Kammerdebatten (bei Gelegenheit der Büdgetdiskussion) dem Minister des Innern ihre Entlassung eingereicht; Faucher aber hat dieselbe nicht angenommen. Dies sei, erklärt der Minister im Moniteur, die beste Anerkennung ihrer Devouements.</p>
          <p>&#x2012; <hi rendition="#g">National-Versammlung.</hi> Sitzung vom 7. April. Anfang 1 Uhr. Grevy, einer der Vicepräsidenten, führte den Vorsitz.</p>
          <p>Die Bänke sind ziemlich leer, man konnte glauben, die Cholera habe unter ihnen gehaust; man erzählt sich 21 Cholerafälle unter den Honorables, von denen heute fruh zwei begraben wurden. Grund genug zu allgemeiner Besorgniß. Die großten Vorsichtsmaßregeln sind übrigens getroffen, der Saal ist gehörig gelüftet und chloroformirt worden u. s. w. Bei Nachvorlesung des Protokolls erhält das Departement des deux Sèvres die Erlaubniß, sich Behufs Beschäftigung seines Proletariats übersteuern zu dürfen.</p>
          <p>Dann geht es an die Tagesordnung. Dieselbe ist außerordentlich bunt. In erster Linie steht eine sehr delikate Angelegenheit.</p>
          <p><hi rendition="#g">Clement Thomas:</hi> Bürger Vertreter! Im Namen des Petitionsausschusses lenke ich Ihre Aufmerksamkeit auf eine Petition des Bataillonskommandanten Tempour, der vom Exkriegsminister Lamoriciere in Ruhestand geschleudert worden, weil er in der Junischlacht (am 23.Juni) seine Waffen mit dem ganzen Bataillon vor den Insurgenten auf dem Place des Vosges gestreckt habe.</p>
          <p><hi rendition="#g">Tempour</hi> protestirt gegen diese ministerielle Maßregel und verlangt Behufs genauer Untersuchung des Vorgefallenen vor ein Kriegsgericht gestellt zu werden. Der Ausschuß schlägt Ihnen vor, die Revision dieser Angelegenheit an den Kriegsminister zu weisen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Ambert,</hi> Oberst, bekämpft diese Ueberweisung und dringt auf Tagesordnung.</p>
          <p><hi rendition="#g">Lebreton,</hi> General und Quästor, hilft dem Tempour und bevorwortet seine Citation vor ein Kriegsgericht. (Lebreton thut dies lediglich aus glühendem Haß gegen Lamoriciere.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Changarnier,</hi> der conservative Bayard, findet diese Unterstützung sehr auffallend. Tempour sei durch ministeriellen Entscheid in Ruhestand versetzt; damit Basta, wohin solle dies führen, wenn sich die Nationalversammlung in die Disciplin mische. (Hohngelächter zur Linken.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Lamoriciere:</hi> Bürger Vertreter, nur wenige Worte! Tempour leistete offenbar den Insurgenten keinen Widerstand; von seinem ganzen Bataillon waren drei blessirt, als er die Waffen streckte. (Lärm.)</p>
          <p>Stimmen rechts: Zur Tagesordnung!</p>
          <p><hi rendition="#g">Passy,</hi> Finanzminister, unterstützt die Tagesordnung, welche auch ausgesprochen wird.</p>
          <p><hi rendition="#g">Jules Favre</hi> verlangt hierauf das Wort zu Interpellationen an den Minister des Innern, wegen des gestrigen Moniteur-Artikels wegen des &#x201E;blinden&#x201C; und dennoch wieder angestellten Präfekten.</p>
          <p>Diese Interpellationen werden unter gehorigem Tumult begonnen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Jules Favre:</hi> Bürger Verrreter! Als bei der neulichen Büdgetdebatte die Wiederanstellung eines Präfekten aus den Zeiten der Monarchie beanstandet wurde, versprach der Konseilpräsident Odilon-Barrot, die Sache zu untersuchen und dann zu berichten. Diesem Verlangen gab die National-Versammlung nach und die Sache blieb en suspendu. Der Moniteur zerhaut sie aber durch einen Artikel mit dem Schwert, der durch seine Form und Inhalt eine wahre Beleidigung der Würde der Versammlung ist. In diesem Artikel erklärt der Minister, daß er jene Beamten nicht nur nicht absetzen werde, sondern überhäuft sie sogar noch mit Lobspruchen. Eine solche Impertinenz verdiene Rüge. Die National-Versammlung darf diese outrage nicht toleriren. (Oh! Oh! rechts.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Faucher:</hi> Ich hätte dergleichen Angriffe am allerwenigsten erwartet vom Verfasser der berüchtigten Ledrü-Rollin'schen Circulaire&#x2026; (Tumult.) Ich will sie übergehen und zeige schon vorläufig an, daß die Untersuchung eingeleitet und durch den Artikel im Moniteur keineswegs erledigt ist. Die Sache schwebt noch und soll bei der Berathung des Finanzministerialbüdgets zur Sprache kommen. Dann werde ich Aktenstücke bringen, welche beweisen werden, auf welcher Seite die Verfälscher (faussaires) zu suchen. (Tumult)</p>
          <p>Die Interpellation wird somit wieder beim Finanz-Büdget auftauchen.</p>
          <p>Die Versammlung schreitet zur 3. Lesung der Gerichtsreform.</p>
          <p>Boudet, Baze, Waldeck-Rousseau besprechen den Titel 5 (Tribunal erster Instanz) und beantragen Vertagung.</p>
          <p>Dieselbe wird ausgesprochen und die Versammlung trennt sich um 6 Uhr. Schluß 6 Uhr.</p>
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          <p>Genua befindet sich in ganz andern politischen und militärischen Bedingungen als Turin.</p>
          <p>Nur widerstrebend unterwarf sich Genua einer Klausel der Verträge von 1815, die, im Widerspruch mit den Versprechungen des Admirals Bentink im J. 1814, es an Piemont annexirten. Die Diplomatie der heiligen Allianz verfolgte mit dieser Annexation ihre fixe Idee, dem revolutionären Frankreich an allen Punkten royalistische Gegengewichte anzuhängen. Genua sollte in der Hand des Königs von Sardinien dieselbe feindselige Stellung gegen Frankreich auf dem Mittelmeere behaupten, wie das Königreich der Niederlande auf der Nordsee.</p>
          <p>Um seine, den Genuesen so widerwärtige Herrschaft zu sichern, und es den Ideen der heiligen Allianz dienstbar zu machen, ließ der König von Sardinien die Festungswerke von Genua beträchtlich ausdehnen. Die die Stadt bedrohenden Forts wurden aufgeführt und alle Punkte, die während der großen Belagerung des Jahres 1800 als schwer und schlecht vertheidigbar erkannt worden waren, wurden gespickt mit geschickt combinirten Vertheidigungswerken. Genua ist also nicht mehr das Genua, welches der General Massena so heroisch mit den Trümmern der Armee von Joubert und Macdonald vertheidigte: es ist zugleich ein Platz ersten Ranges, und ein ungeheures verschanztes Lager, wo Kunst und Natur Alles gethan haben, um seine Einnahme ohne eine lange Belagerung und eine sehr zahlreiche Armee unmöglich zu machen.</p>
          <p>Das Ganze der Stadt mit ihren Besten bietet den Anblick eines großen dreieckigen Amphitheaters, wovon das Fort Diamant, zwei Stunden von Genua in der Appenninenkette die Spitze, und die Marinebefestigungen die Basis bilden.</p>
          <p>Diese halb kreisförmige Basis ist mit zahlreichen Batterien garnirt, welche das Meer und die Rhede bestreichen; in ihrer Mitte befindet sich der Hafen mit seinen zwei Wehrdämmen und im Hintergrund des Hafens das Arsenal. Auf den beiden äußersten Seiten dieser Basis schneiden die Ströme des Polcavera und des Bisagno zwei Thäler ab, die in die Appeninen hinaufsteigen. Um die eigentliche Stadt zu belagern, muß man diese zwei Thäler besetzen, und eben um die Kommunikation zwischen diesen zwei Thälern abzuschneiden, sind die Forts des Sperone, der &#x201E;zwei Brüder&#x201C; und des &#x201E;Diamant&#x201C; in ungeheuren Verhältnissen aufgeführt.</p>
          <p>Von Seite der Polcavera, deren Thal sehr breit ist, hat man, um den Angriff auf die Stadt von den Höhen des rechten Ufers herab zu verhindern, die Forts Begato, Saint Barthelemy und einige andere vorgeschobene Werke aufgeführt und man hat das Vorgebirge, wo der Leuchtthurm steht, gegen jeden möglichen Angriff sicher gestellt. Dieses Thal entlang schlängelt sich der Weg von Genua nach Turin über Allessandria.</p>
          <p>Von Seite des Bisagno, von welchem Punkt aus die Engländer 1816 angriffen und wo sich damals nur die Forts Ratti, Richelien und Santa Tecla befanden, sind die Hügel von St. Martin und St. François d'Albaro die in Kanonenschußweite von den Bastionen der Cava und des Zerbino liegen, mit sehr sorgfältig ausgeführten Festungswerken bedeckt worden. Sie bilden so zu sagen eine dritte Ringmauer für die Stadt. Längst des Thales des Bisagno hatte Napoleon eine Straße zu bauen begonnen, die nach Parma führen sollte. Sie ist nicht ausgeführt worden.</p>
          <p>Um das Korps des Platzes, das unregelmäßig aber sehr umfangreich ist, hat man Thüren, Batterien und mit Schießscharten versehene kasematirte Reduits aufgeführt, um jede Ueberraschung zu verhindern.</p>
          <p>So befestigt, könnte Genua, frei nach der Seeseite hin, mit einer Garnison von 20,000 Mann während unbestimmbarer Zeit sich gegen eine zahlreiche Armee halten.</p>
          <p>Die Bewegungen im Innern von Genua selbst könnten unterdrückt werden durch die mit kasematirten Kasernen versehenen Bastionen von Castelletto, St. Georges, welche die Stadt beherrschen und durch das Fort Specola, das zugleich das Thal des Bisagno bestreicht. 1848 wurden die zwei ersten dieser Werke zerstört und heute hat das Volk den dritten dieser wichtigen Punkte inne.</p>
          <p>Da man noch nicht weiß, welche Stellung die verschiedenen Depotbataillone, die in Genua waren, einnehmen werden; ob die Division des Generals Fanti, zusammengesetzt aus lombardischen Regimentern, die auf dem rechten Ufer des Po's standen und keinen Theil an der Schlacht zu Novara vom 23. nahmen, die genuesische Bewegung unterstützen kommen wird; da man endlich die Absichten des Generals Lamarmora nicht kennt, der von Parma, wo er am 26. war, nach Bobbio hinmarschirt ist, offenbar um sich dem Meer zu nähern, so ist es unmöglich, sicheres über den von Pellegrini organisirten Widerstand vorherzusagen.</p>
          <p>Die sardinische Eskadre besteht ganz aus genuesischen Seeleuten. Indem die Regierung von Turin sie vom adriatischen Meere zurückberief, wird es vielleicht der Insurrektion nur neue Elemente der Kraft und des Widerstandes hinzufügen.</p>
          <p>Genua zählt ungefähr 100,000 Einwohner. Seine Handelsinteressen knüpfen sich eben so sehr an Mailand wie an Turin. Die Verbindung mit der Lombardei würde seinem Hafen und seiner Eisenbahn eine neue Wichtigkeit geben und ihm große Chancen der Prosperität eröffnen. Als sie zur italienischen Einheit trieben, machten die Genuesen nicht nur in Patriotismus oder vielmehr der Patriotismus stützt sich hier auf eine solide Grundlage, auf materielle Interessen.</p>
          <p>Die Fabrikanten der Verträge von 1815 ahnten sicher nicht, als sie die Karten von Europa monarchisch zustutzten, daß ihr Plan, dem Könige von Sardinien durch Genua Frankreich gegenüber eine drohendere Stellung zu geben, doppelt sich gegen sie selbst kehren würde. Genua hat Piemont zum Krieg gegen Oestreich getrieben. Genua will sich heute von Piemont losreißen.</p>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Liverno, 2. April.</head>
          <p>Ein aus <hi rendition="#g">Genua</hi> auf einem französischen Dämpfer eben eingetroffener Reisender meldet: &#x201E;Gestern Nachmittags um 4 Uhr wohnten wir einer vollständigen Kanonade und Füsillade bei, indem zwischen dem Volk und der Besatzung in <hi rendition="#g">Genua</hi> eine förmliche Schlacht entbrannt war. Von beiden Seiten war das Feuer höchst lebhaft. Das Militär hat den Vortheil, daß es von sehr guten Stellungen aus kämpft. Wir fuhren von Genua zwischen 6 1/2 und 7 Uhr ab; das Feuern dauerte fort.&#x201C;</p>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Neapel, 28. März.</head>
          <p>Unter diesem Datum berichtet der Times-Korrespondent voll royalistischer Wuth über die fehlgeschlagenen Vermittlungsversuche der Herren Temple und Rayneval in der sizilischen Frage. Als die beiden Herren vor Palermo anlangten, traten sie mit der provisorischen Regierung nicht direkt, sondern mittelst der beiden Admirale in Unterhandlung. Durch diese ließen sie eine Note überreichen, welche das königliche Ultimatum gewaltig lobpries und zur Annahme empfahl. Der sizilische Minister des Auswärtigen berief sofort das Parlament zusammen, dem er die Note vorlegte. Einstimmig wurde sie und damit das Ultimatum zurückgewiesen. Jetzt begaben sich die Gesandten England's und Frankreich's persönlich zum Minister des Auswärtigen, der bei Ankündigung des Besuchs alsbald den ganzen Ministerrath zu sich geladen. Man hörte die Vorträge und Ermahnungen der englischfranzösischen Gesandtschaft ruhig an, und beantwortete sie dann mit großer Freimüthigkeit, so daß den Herrn Temple und Raynegal eine gehörige Lektion zu Theil wurde. Nach 3 stündiger verveblicher Unterhandlung verwarf der Ministerrath alle Vorschläge unter der Erklärung, die provisorische Regierung betrachte den Waffenstillstand als geendigt, und werde am 29. März die Feindseligkeiten beginnen.</p>
          <p>Dies Resultat brachte unter den zu Palermo ausässigen Engländern und Franzosen große Bewegung hervor. Zwei Dampfschiffe wurden bereit gehalten, um diese Fremden mit ihren Familien und Sachen vorerst nach Malta in Sicherheit zu bringen. Es hieß, Filangieri, der im Hafen von Messina eine große Menge Dämpfer bereit hält, würde am 29 März vor Palermo erscheinen. Er will in der Nähe dieser Stadt seine Truppen landen, und zu gleicher Zeit durch die Kriegsdämpfer von der Seeseite aus den Angriff unterstützen lassen. In der letzten Zeit haben in Palermo täglich zwischen 50-60,000 Menschen an den Verschanzungen gearbeitet; Männer, Frauen und Kinder ohne Unterschied der Stände betheiligten sich bei der Arbeit. Die Zahl der Bewaffneten beträgt an 20,000. Der Enthusiasmus der Sizilier ist unbeschreiblich. Als die Herren Temple und Rayneval landeten, wurden sie von Tausenden Bewaffneter unter dem lauten Ruf: Krieg! Krieg! und &#x201E;Tod dem Bourbonen&#x201C; bis zum Hause des Ministers des Auswärtigen begleitet.</p>
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[1515/0003] lichen: denn um das Elend zu zerstören und das Eigenthum zu schaffen, genügt es nicht, die Arbeit zu vermehren; es ist gleichzeitig nothwendig, die Steuern zu vermindern. Der Staat darf nicht mit der einen Hand wieder zurücknehmen, was er mit der andern giebt. Gegenwärtig giebt er nichts und nimmt alles. Das ganze Steuersystem muß daher ‒ radikal nach dem Prinzip der Gleichheit reformirt werden. Jeder Bürger muß zu den öffentlichen Lasten beitragen nach Verhältniß seines Vermögens; die Steuer muß proportionnell und progressiv sein. Heute ist sie weder das eine, noch das andere, oder vielmehr beides, aber in umgekehrtem Sinn, d. h. im Verhältnisse des Elends und nicht des Reichthums. Je ärmer der Bürger ist, desto mehr zahlt er. Wir wollen nur ein Beispiel citiren. Der Litre Wein, den der Arme kauft, zahlt sechsfache Steuer: Grundsteuer, Octroi, das Patent des Großhändlers, die Steuer, die der Makler zu zahlen hat, das Patent des Kleinhändlers und endlich die Steuer für das Recht, Wein zu verzapfen. Der Wein des Reichen dagegen, direkt auf seinen eignen Bergen gewachsen oder direkt gekauft, zahlt nur die Grundsteuer und das Octroi. So zahlt der Reiche zwei Steuern für das Getränke, wo der Arme deren sechs zaht. Alle andern Steuern sind ungefähr mit derselben Gerechtigkeit geregelt; überall zahlt der Arme für den Reichen, so sehr, das der Arme jährlich 400 Millionen mehr giebt, als er schuldet, was seit den 34 Jahren, während deren man ihm Gleichheit der Steuer verspricht, eine Summe von 34 Milliarden beträgt, (d. h. ungefähr 1/4 des Grundwerths von Frankreich) wovon der Reiche „honnett und gemäßigt“ profitirt. Militärdienst. Die Blutsteuer ist eben so ungerecht vertheilt wie die Geldsteuer. Wir werden sie ebenfalls regeln. Wir werden außerdem der Armee die dreifache Garantie der Konkurrenz, der Wahl und der Anciennetät bei Besetzung der Stellen geben. Unterricht. Mit der materiellen Befreiung die moralische. Der Bürger hat ein Recht auf Unterricht wie auf Arbeit; der Staat muß den Unterricht geben, wie den Kredit. Der Konvent hatte ein Budget von 600 Millionen Francs: 50 Millionen davon, d. h. den 12ten Theil ihres Budgets bestimmte diese „Versammlung ‒ von Barbaren“ dem öffentlichen Unterricht. Die „honnetten und gemäßigten“ Republikaner dagegen mit einem Budget von 1800 Millionen bestimmten davon für den öffentlichen Unterricht 18 Millionen, d. h. den 100sten Theil, so daß auf 6 Millionen Kinder 3 Millionen keinen Unterricht empfangen, daß die Hälfte der Wähler weder lesen noch ihr Votum schreiben können und daß das Bagno auf 100 Verurtheilte 80 Ununterrichtete zählt. Das Königthum hatte ein Interesse daran, das Volk zu verdummen, wie auszuhungern, um es besser knechten zu können; die Republik mit einem ganz entgegengesetzten Interesse, muß heraustreten aus den monarchischen Irrwegen und der vom Konvent vorgeschriebenen Bahn folgen. Um dem Beispiel des Konvents zu folgen, mußten auf ein Budget von 1800 Millionen 150 Millionen dem öffentlichen Unterricht angewiesen werden. So könnte der Staat nicht nur allen unentgeldlich den Primair- und den professionellen Unterricht geben, sondern noch die armen Kinder für die Zeit des Unterrichts entschädigen. Dann werden wir die Unwissenheit zerstören wie das Elend. Ordnung. Die Ordnung ist kein Prinzip, sie kann nur eine Konsequenz, ein Resultat sein. Sie ist die Harmonie der Rechte und nicht ihre Unterdrückung. Die Ordnung durch die Gewalt und die Unterdrückung, die Ordnung, die zu Warschau herrscht, ist falsch und gebrechlich, sie brütet unaufhörlich die Emeute aus und die Revolution. Die Parteigänger der Autorität, der kräftigen Staatsmacht sagen: Ordnung in der Freiheit! Wir glauben, daß nur die gerechte Macht stark ist und daß nur die Macht gerecht ist, welche allen Rechten genugthut, wir bestehen auf dem Wahlspruch: Durch die Freiheit Ordnung! Resumé Allgemeines und direktes Wahlrecht. Einheit der Staatsmacht, Unterscheidung der Funktionenen; die exekutive Gewalt widerrufbar und der legislativen untergeordnet; kein Präsident. Freiheit des Gedankens, welches seine Offenbarungsweise sei, eine individuelle oder kolletive, permanente oder periodische, durch das Wort und durch die Presse, absolute Freiheit ohne irgend ein präventives oder fiskalisches Hemmniß, ohne Kaution, Privilegien, Censur oder Autorisation; ohne andre Schranke als die Verantwortlichkeit. Möglichst ausgedehnte Anwendung des Wahlsystemes auf alle öffentlichen Funktionen, vollständige Abschaffung der Konsumtionssteuern auf Gegenstände erster Nothwendigkeit; Revision der Grundsteuer und der Patente; Einführung der progressiven und proportionellen Steuern auf das reine Grund- und Kapitaleinkommen Zurückzahlung der 45 Centimes. Ausbreitung der Eisenbahnen, Minen, Kanäle, Assekuranzen u. s. w. durch den Staat. Verminderung der großen Gehalte, Erhöhung der kleinen, u. s. w. u. s. w. Unter andern haben dies Programm unterzeichnet: Theodor Bac, Baune, Martin Bernard, Gent, Greppo, Lammenais, Ledrü Rollin, Pierre Leroux, Felix Pyat, Eugen Raspail, Robert, Germain Sarrut, Schoelcher u. s. w. Paris, 7. April. Im Moniteur nichts als eine Darstellung der Festlichkeiten, mit welchen die Londoner Gäste in Boulogne, Amiens und Paris empfangen wurden, Eine Abtheilung derselben begab sich gestern nach der Börse in das Ministerium des Innern, wo sie Faucher mit einer englischen Rede empfing, die das offizielle Organ jedoch nicht mittheilt. Wir können daher über seinen Enthusiasmus nichts ertheilen. ‒ Also wieder eine Verschwörung! Man liest in unsern demokratischen Morgenblättern hierüber: „Die Polizei verbreitet das Gerücht, morgen Sonntag (8) oder Montag (9. April) würden die Faubourgs aufstehen und die Regierung durch eine Manifestation stürzen. Es leuchtet ein, daß das Ministerium der ehrsamen Bürgerschaft von Neuem glauben machen möchte, es habe die Gesellschaft vor der Anarchie abermals gerettet, und sie auf diese Weise zu neuem Dank verpflichtet. Hr. Leon Faucher scheint einzusehen, daß er verloren sei, wenn er der Bürgerschaft nicht von Zeit zu Zeit das Schrekkensgemälde der Staatsgefahr und des Sozialismus vor die Augen halte.“ ‒ Gestern Mittag 11 1/2 Uhr langten die sieben Hauptverurtheilten aus Bourges unerwartet am Bahnhofe der Orleanslinie an und wurden unter starkem Militärgeleit nach dem Nordbahnhofe gebracht, von wo sie ein Spezialzug mit Windesschnelle in die Picardie (nach Doullens) führte. Raspail, Sobrier, Blanqui, Quentin und Flotte werden in der dortigen berüchtigten Citadelle aufbewahrt, während Barbes und Albert nur so lange dort bleiben sollen, bis die Reaktion irgend eine unwirthbare Insel gefunden, auf die diese beiden Volksvertreter geworfen werden sollen. Huber sitzt in der Conciergerie. ‒ Hofrath Hübner, Gioberti und die übrigen Interessenten an Italien arbeiten im Hotel der Capuzinerinnen unausgesetzt an der diplomatischen Wiedergeburt dieses unglücklichen Landes. ‒ Heute steht Peuple (Louis Menard und Duchêne für seine Proloque d'une Révolution) vor den Assisen. ‒ Eugen Banue (vom Berg) überreichte gestern einen neuen Stoß von Pedition für Restitution der berüchtigten Milliarde. ‒ Die Cholera-Angst steigt täglich höher. Ein Tollhäusler, Namens Doktor Duchesne-Dupare schlägt uns vor das zu thun, was Hippokrates den Atheniensern empfahl, nämlich große Feuer in den Straßen der Stadt anzuzünden, um die Luft zu reinigen. Was wird die Rue de Poitiers dazu sagen? ‒ Die Zahl unserer erkrankten Volksvertreter wird diesen Morgen auf 20 angegeben. Der Sitzungssaal soll geräuchert werden. Unter den Kranken befindet sich Lagrange. ‒ De Lacollonge, Redaktor des Februarblattes „Organisation du Travail“, das auf rothem Papier erschien, war schon lange Gegenstand der ministeriellen Sorgfalt. Endlich ist es gelungen, denselben gestern im Luxemburggarten einzufangen. Die Kriegsgerichte hatten ihn zu 20 Jahre Gefängniß per Contumaciam verurtheilt, und werden ihn jetzt definitiv zu verurtheilen haben. ‒ Granier de Cassagnac, dessen großartige Prellereien der Epoque-Aktionäre gewiß auch dem Auslande noch im Gedächtniß, tritt als Kammer-Kandidat im Gers-Departement auf. Marseille, 4. April. Ein Anschlag des Präsidenten der hiesigen Handelskammer zeigt an, daß laut Depeschen des neapolitanischen Konsuls in Marseille und des französischen Konsuls in Palermo die Feindseligkeiten gegen Sizilien wieder ihren Anfang nehmen. ‒ Die drei Präfekten der Rhone, Cher und Ober-Garonne haben in Folge der jungsten Kammerdebatten (bei Gelegenheit der Büdgetdiskussion) dem Minister des Innern ihre Entlassung eingereicht; Faucher aber hat dieselbe nicht angenommen. Dies sei, erklärt der Minister im Moniteur, die beste Anerkennung ihrer Devouements. ‒ National-Versammlung. Sitzung vom 7. April. Anfang 1 Uhr. Grevy, einer der Vicepräsidenten, führte den Vorsitz. Die Bänke sind ziemlich leer, man konnte glauben, die Cholera habe unter ihnen gehaust; man erzählt sich 21 Cholerafälle unter den Honorables, von denen heute fruh zwei begraben wurden. Grund genug zu allgemeiner Besorgniß. Die großten Vorsichtsmaßregeln sind übrigens getroffen, der Saal ist gehörig gelüftet und chloroformirt worden u. s. w. Bei Nachvorlesung des Protokolls erhält das Departement des deux Sèvres die Erlaubniß, sich Behufs Beschäftigung seines Proletariats übersteuern zu dürfen. Dann geht es an die Tagesordnung. Dieselbe ist außerordentlich bunt. In erster Linie steht eine sehr delikate Angelegenheit. Clement Thomas: Bürger Vertreter! Im Namen des Petitionsausschusses lenke ich Ihre Aufmerksamkeit auf eine Petition des Bataillonskommandanten Tempour, der vom Exkriegsminister Lamoriciere in Ruhestand geschleudert worden, weil er in der Junischlacht (am 23.Juni) seine Waffen mit dem ganzen Bataillon vor den Insurgenten auf dem Place des Vosges gestreckt habe. Tempour protestirt gegen diese ministerielle Maßregel und verlangt Behufs genauer Untersuchung des Vorgefallenen vor ein Kriegsgericht gestellt zu werden. Der Ausschuß schlägt Ihnen vor, die Revision dieser Angelegenheit an den Kriegsminister zu weisen. Ambert, Oberst, bekämpft diese Ueberweisung und dringt auf Tagesordnung. Lebreton, General und Quästor, hilft dem Tempour und bevorwortet seine Citation vor ein Kriegsgericht. (Lebreton thut dies lediglich aus glühendem Haß gegen Lamoriciere.) Changarnier, der conservative Bayard, findet diese Unterstützung sehr auffallend. Tempour sei durch ministeriellen Entscheid in Ruhestand versetzt; damit Basta, wohin solle dies führen, wenn sich die Nationalversammlung in die Disciplin mische. (Hohngelächter zur Linken.) Lamoriciere: Bürger Vertreter, nur wenige Worte! Tempour leistete offenbar den Insurgenten keinen Widerstand; von seinem ganzen Bataillon waren drei blessirt, als er die Waffen streckte. (Lärm.) Stimmen rechts: Zur Tagesordnung! Passy, Finanzminister, unterstützt die Tagesordnung, welche auch ausgesprochen wird. Jules Favre verlangt hierauf das Wort zu Interpellationen an den Minister des Innern, wegen des gestrigen Moniteur-Artikels wegen des „blinden“ und dennoch wieder angestellten Präfekten. Diese Interpellationen werden unter gehorigem Tumult begonnen. Jules Favre: Bürger Verrreter! Als bei der neulichen Büdgetdebatte die Wiederanstellung eines Präfekten aus den Zeiten der Monarchie beanstandet wurde, versprach der Konseilpräsident Odilon-Barrot, die Sache zu untersuchen und dann zu berichten. Diesem Verlangen gab die National-Versammlung nach und die Sache blieb en suspendu. Der Moniteur zerhaut sie aber durch einen Artikel mit dem Schwert, der durch seine Form und Inhalt eine wahre Beleidigung der Würde der Versammlung ist. In diesem Artikel erklärt der Minister, daß er jene Beamten nicht nur nicht absetzen werde, sondern überhäuft sie sogar noch mit Lobspruchen. Eine solche Impertinenz verdiene Rüge. Die National-Versammlung darf diese outrage nicht toleriren. (Oh! Oh! rechts.) Faucher: Ich hätte dergleichen Angriffe am allerwenigsten erwartet vom Verfasser der berüchtigten Ledrü-Rollin'schen Circulaire… (Tumult.) Ich will sie übergehen und zeige schon vorläufig an, daß die Untersuchung eingeleitet und durch den Artikel im Moniteur keineswegs erledigt ist. Die Sache schwebt noch und soll bei der Berathung des Finanzministerialbüdgets zur Sprache kommen. Dann werde ich Aktenstücke bringen, welche beweisen werden, auf welcher Seite die Verfälscher (faussaires) zu suchen. (Tumult) Die Interpellation wird somit wieder beim Finanz-Büdget auftauchen. Die Versammlung schreitet zur 3. Lesung der Gerichtsreform. Boudet, Baze, Waldeck-Rousseau besprechen den Titel 5 (Tribunal erster Instanz) und beantragen Vertagung. Dieselbe wird ausgesprochen und die Versammlung trennt sich um 6 Uhr. Schluß 6 Uhr. Italien. * Genua, 7. April. Gestern Abend gegen 8 Uhr begab sich das Volk nach dem Palast Turst, wo Pellegrini sie haranguirte. Man bot ihm die Diktatur an; er schlug sie aus und schlug dem Volke ein Triumvirat vor, bestehend aus dem General Avezzara, de Reta, Mitglied der Turiner Kammer und David Morchio. Das Volk acceptirte dieß Triumvirat unter dem tausendfach wiederholten Rufe: Es lebe die Republik! Es begab sich sodann nach dem herzoglichen Palaste, wo die Municipalität saß. Die zu Triumvirn Bestimmten nahmen die vom Volke ihnen anvertraute Mission an. Der Divisionskommandant in Genua ließ drei Stück Kanonen auffahren, um die Stadt zu mitratlliren; aber die Soldaten ließen sich durch die Volksmanifestation hinreißen und der Platzkommandant wurde durch einige Nationalgarden arretirt. Man fand bei ihm ein Pensionsbrevet von 2000 Frs., welche die östreichische Regierung ihm seit 1815 zahlte. Diese Entdeckung brachte das Volk außer sich, es schrie nach Waffen und die Truppen zogen sich in das Fort Diamant oder in das Arsenal zurück. Genua befindet sich in ganz andern politischen und militärischen Bedingungen als Turin. Nur widerstrebend unterwarf sich Genua einer Klausel der Verträge von 1815, die, im Widerspruch mit den Versprechungen des Admirals Bentink im J. 1814, es an Piemont annexirten. Die Diplomatie der heiligen Allianz verfolgte mit dieser Annexation ihre fixe Idee, dem revolutionären Frankreich an allen Punkten royalistische Gegengewichte anzuhängen. Genua sollte in der Hand des Königs von Sardinien dieselbe feindselige Stellung gegen Frankreich auf dem Mittelmeere behaupten, wie das Königreich der Niederlande auf der Nordsee. Um seine, den Genuesen so widerwärtige Herrschaft zu sichern, und es den Ideen der heiligen Allianz dienstbar zu machen, ließ der König von Sardinien die Festungswerke von Genua beträchtlich ausdehnen. Die die Stadt bedrohenden Forts wurden aufgeführt und alle Punkte, die während der großen Belagerung des Jahres 1800 als schwer und schlecht vertheidigbar erkannt worden waren, wurden gespickt mit geschickt combinirten Vertheidigungswerken. Genua ist also nicht mehr das Genua, welches der General Massena so heroisch mit den Trümmern der Armee von Joubert und Macdonald vertheidigte: es ist zugleich ein Platz ersten Ranges, und ein ungeheures verschanztes Lager, wo Kunst und Natur Alles gethan haben, um seine Einnahme ohne eine lange Belagerung und eine sehr zahlreiche Armee unmöglich zu machen. Das Ganze der Stadt mit ihren Besten bietet den Anblick eines großen dreieckigen Amphitheaters, wovon das Fort Diamant, zwei Stunden von Genua in der Appenninenkette die Spitze, und die Marinebefestigungen die Basis bilden. Diese halb kreisförmige Basis ist mit zahlreichen Batterien garnirt, welche das Meer und die Rhede bestreichen; in ihrer Mitte befindet sich der Hafen mit seinen zwei Wehrdämmen und im Hintergrund des Hafens das Arsenal. Auf den beiden äußersten Seiten dieser Basis schneiden die Ströme des Polcavera und des Bisagno zwei Thäler ab, die in die Appeninen hinaufsteigen. Um die eigentliche Stadt zu belagern, muß man diese zwei Thäler besetzen, und eben um die Kommunikation zwischen diesen zwei Thälern abzuschneiden, sind die Forts des Sperone, der „zwei Brüder“ und des „Diamant“ in ungeheuren Verhältnissen aufgeführt. Von Seite der Polcavera, deren Thal sehr breit ist, hat man, um den Angriff auf die Stadt von den Höhen des rechten Ufers herab zu verhindern, die Forts Begato, Saint Barthelemy und einige andere vorgeschobene Werke aufgeführt und man hat das Vorgebirge, wo der Leuchtthurm steht, gegen jeden möglichen Angriff sicher gestellt. Dieses Thal entlang schlängelt sich der Weg von Genua nach Turin über Allessandria. Von Seite des Bisagno, von welchem Punkt aus die Engländer 1816 angriffen und wo sich damals nur die Forts Ratti, Richelien und Santa Tecla befanden, sind die Hügel von St. Martin und St. François d'Albaro die in Kanonenschußweite von den Bastionen der Cava und des Zerbino liegen, mit sehr sorgfältig ausgeführten Festungswerken bedeckt worden. Sie bilden so zu sagen eine dritte Ringmauer für die Stadt. Längst des Thales des Bisagno hatte Napoleon eine Straße zu bauen begonnen, die nach Parma führen sollte. Sie ist nicht ausgeführt worden. Um das Korps des Platzes, das unregelmäßig aber sehr umfangreich ist, hat man Thüren, Batterien und mit Schießscharten versehene kasematirte Reduits aufgeführt, um jede Ueberraschung zu verhindern. So befestigt, könnte Genua, frei nach der Seeseite hin, mit einer Garnison von 20,000 Mann während unbestimmbarer Zeit sich gegen eine zahlreiche Armee halten. Die Bewegungen im Innern von Genua selbst könnten unterdrückt werden durch die mit kasematirten Kasernen versehenen Bastionen von Castelletto, St. Georges, welche die Stadt beherrschen und durch das Fort Specola, das zugleich das Thal des Bisagno bestreicht. 1848 wurden die zwei ersten dieser Werke zerstört und heute hat das Volk den dritten dieser wichtigen Punkte inne. Da man noch nicht weiß, welche Stellung die verschiedenen Depotbataillone, die in Genua waren, einnehmen werden; ob die Division des Generals Fanti, zusammengesetzt aus lombardischen Regimentern, die auf dem rechten Ufer des Po's standen und keinen Theil an der Schlacht zu Novara vom 23. nahmen, die genuesische Bewegung unterstützen kommen wird; da man endlich die Absichten des Generals Lamarmora nicht kennt, der von Parma, wo er am 26. war, nach Bobbio hinmarschirt ist, offenbar um sich dem Meer zu nähern, so ist es unmöglich, sicheres über den von Pellegrini organisirten Widerstand vorherzusagen. Die sardinische Eskadre besteht ganz aus genuesischen Seeleuten. Indem die Regierung von Turin sie vom adriatischen Meere zurückberief, wird es vielleicht der Insurrektion nur neue Elemente der Kraft und des Widerstandes hinzufügen. Genua zählt ungefähr 100,000 Einwohner. Seine Handelsinteressen knüpfen sich eben so sehr an Mailand wie an Turin. Die Verbindung mit der Lombardei würde seinem Hafen und seiner Eisenbahn eine neue Wichtigkeit geben und ihm große Chancen der Prosperität eröffnen. Als sie zur italienischen Einheit trieben, machten die Genuesen nicht nur in Patriotismus oder vielmehr der Patriotismus stützt sich hier auf eine solide Grundlage, auf materielle Interessen. Die Fabrikanten der Verträge von 1815 ahnten sicher nicht, als sie die Karten von Europa monarchisch zustutzten, daß ihr Plan, dem Könige von Sardinien durch Genua Frankreich gegenüber eine drohendere Stellung zu geben, doppelt sich gegen sie selbst kehren würde. Genua hat Piemont zum Krieg gegen Oestreich getrieben. Genua will sich heute von Piemont losreißen. * Liverno, 2. April. Ein aus Genua auf einem französischen Dämpfer eben eingetroffener Reisender meldet: „Gestern Nachmittags um 4 Uhr wohnten wir einer vollständigen Kanonade und Füsillade bei, indem zwischen dem Volk und der Besatzung in Genua eine förmliche Schlacht entbrannt war. Von beiden Seiten war das Feuer höchst lebhaft. Das Militär hat den Vortheil, daß es von sehr guten Stellungen aus kämpft. Wir fuhren von Genua zwischen 6 1/2 und 7 Uhr ab; das Feuern dauerte fort.“ * Neapel, 28. März. Unter diesem Datum berichtet der Times-Korrespondent voll royalistischer Wuth über die fehlgeschlagenen Vermittlungsversuche der Herren Temple und Rayneval in der sizilischen Frage. Als die beiden Herren vor Palermo anlangten, traten sie mit der provisorischen Regierung nicht direkt, sondern mittelst der beiden Admirale in Unterhandlung. Durch diese ließen sie eine Note überreichen, welche das königliche Ultimatum gewaltig lobpries und zur Annahme empfahl. Der sizilische Minister des Auswärtigen berief sofort das Parlament zusammen, dem er die Note vorlegte. Einstimmig wurde sie und damit das Ultimatum zurückgewiesen. Jetzt begaben sich die Gesandten England's und Frankreich's persönlich zum Minister des Auswärtigen, der bei Ankündigung des Besuchs alsbald den ganzen Ministerrath zu sich geladen. Man hörte die Vorträge und Ermahnungen der englischfranzösischen Gesandtschaft ruhig an, und beantwortete sie dann mit großer Freimüthigkeit, so daß den Herrn Temple und Raynegal eine gehörige Lektion zu Theil wurde. Nach 3 stündiger verveblicher Unterhandlung verwarf der Ministerrath alle Vorschläge unter der Erklärung, die provisorische Regierung betrachte den Waffenstillstand als geendigt, und werde am 29. März die Feindseligkeiten beginnen. Dies Resultat brachte unter den zu Palermo ausässigen Engländern und Franzosen große Bewegung hervor. Zwei Dampfschiffe wurden bereit gehalten, um diese Fremden mit ihren Familien und Sachen vorerst nach Malta in Sicherheit zu bringen. Es hieß, Filangieri, der im Hafen von Messina eine große Menge Dämpfer bereit hält, würde am 29 März vor Palermo erscheinen. Er will in der Nähe dieser Stadt seine Truppen landen, und zu gleicher Zeit durch die Kriegsdämpfer von der Seeseite aus den Angriff unterstützen lassen. In der letzten Zeit haben in Palermo täglich zwischen 50-60,000 Menschen an den Verschanzungen gearbeitet; Männer, Frauen und Kinder ohne Unterschied der Stände betheiligten sich bei der Arbeit. Die Zahl der Bewaffneten beträgt an 20,000. Der Enthusiasmus der Sizilier ist unbeschreiblich. Als die Herren Temple und Rayneval landeten, wurden sie von Tausenden Bewaffneter unter dem lauten Ruf: Krieg! Krieg! und „Tod dem Bourbonen“ bis zum Hause des Ministers des Auswärtigen begleitet.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 268. Köln, [10.] April 1849, S. 1515. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz268_1849/3>, abgerufen am 26.04.2024.