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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 260. Köln, 31. März 1849.

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fallen!) Heut Abend werden die Bourgeoishunde und Börsenwölfe illuminiren. "'S is over holter Ollens on's!"

Ungarn.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Französische Republik.
12 Paris, 27. März.

Der vielgefürchtete Montag ist ruhig vorübergegangen. Die erwartete Revolution ist erwarteter Weise nicht ausgebrochen. Das arme Ministerium; Jeden Augenblick eine Revolution erwarten zu müssen, ohne dieselbe zum Ausbruche bringen zu können! Aber, meinte Faucher in seinem Moniteur, die republikanischen Journale hätten doch so bestimmt zur Revolution aufgefordert; jeden Tag sogar wäre ein solcher Aufruf zu den Waffen in den demokratisch-sozialen Journalen zu lesen gewesen; was will denn die republikanische Presse mit solchen Provokationen in einem Augenblicke, wo Handel und Wandel auf's Neue erblühen?

Was es mit dem Aufblühen des Handels und Wandels für Bewandniß hat, so ist dies eins jener verbrauchten Mittel, womit die reaktionäre Presse die Provinz gegen die den Handel störende Partei der Demokraten aufregen will. Die 200,000 Proletarier, die arbeitslos in Paris einhergehn, sind der beste Beweis gegen dies Aufblühn. Was nun aber die angeblichen Provokationen der demokratischen Presse anbetrifft, so bestehn diese ganz einfach darin, daß die "Revolution democratique et sociale", sowie das Journal "Le Peuple" einen zweiten 29. Januar denunzirten, und das Volk aufforderten, sich ja ruhig zu verhalten. Und wie kam das Volk dieser Aufforderung nach? Während in diesen Tagen die Frage über das Fortbestehn der Clubs Alles in Bewegung setzte und die Straßen beständig mit Volksgruppen angefüllt waren, ließ sich am vergangenen Montag kein Proletarier, kein Blusenmann auf der Straße blicken. Die Patrouillen froren, die Soldaten fluchten; Bugeaud hielt Reden: Alles umsonst. Der "Coup" scheiterte und Paris blieb so ruhig, wie die geladenen Kanonen, welche Faucher und Barrot an den öffentlichen Plätzen hatten aufpflanzen lassen.

Dagegen hat die reaktionäre Partei einen Trost erlebt, um welchen sie um so weniger zu beneiden ist, als er ihr von der revolutionären Partei schon lange voraus verkündet worden. Proudhon's Bank ist in Mißkredit verfallen; Proudhon's Bank steht auf dem Punkte Banqueroute zu machen, noch ehe sie angefangen hat zu fungiren. Die Arbeiter verlangen bereits die kleinen Summen zurück, welche sie vorgeschossen, um dieselben zu revolutionären Zwecken zu verwenden, und größere Aktionäe drohen mit Verfolgung. Das Volk ist dem Proudhon über den Kopf gewachsen; die Bank erscheint ihm als eine kleine Krämer-Spielerei, wo höchstens Schneider und Schuster Röcke und Stiefeln austauschen können, die aber dem großen Kapitale und der großen Industrie gegenüber ebenso nutzlos wie lächerlich ist. Wir werden speciell auf dieses als "riesenartig" ausgeschrieene Institut zurückkommen. Bemerken wir nur vorläufig, daß die Proudhon'sche Bank mit 50,000 Fr. Einlagekapital zurücktreten muß vor der Milliarde! Tagtäglich laufen neue Bittschriften ein, und die Addition der Unterschriften hat bereits ein und ein halb Millionen Stimmen ergeben, die sich für die Zurückforderung derselben mit Interessen aussprechen. Auf der andern Seite nehmen die italienischen Angelegenheiten die ganze Aufmerksamkeit des französischen Volkes in Anspruch. Die solidarische Verantwortlichkeit der französischen und östreichischen Bourgeoisie, die durch die Familie Rothschild vermittelt wird, zeigt sich nirgends so klar als auf der Pariser Börse. In demselben Augenblick, wo es hieß, die Italiener seien geschlagen, stiegen die französischen Papiere um 2 Prozent. Also Radetzki und Windischgrätz sind nothwendig, um die französischen Staatspapiere aufrecht zu halten, und das Haus Rothschild, das ist der gemeinsame Bundesladen, die große Agentur der Bourgeoisie aller Länder.

Die Wahlagitation hat begonnen: die demokratische Partei entfaltet ihre Fahne mit zwei ganz bestimmten Zwecken: Milliarde und Italien. So resumirt sich für diese Partei die innere und äußere Politik. Wer für die Milliarde und Italien stimmt, das ist der Mann der sozial-demokratischen Partei. Die Prozeßverhandlungen in Bourges, die gleichzeitig mit den Wahlagitationen stattfinden, tragen nicht wenig dazu bei, den Wahlen einen ausschließlich demokratischen Charakter zu geben.

12 Paris, 27. März.

Napoleon braucht Geld und viel Geld; als er gewählt wurde, war er bekanntlich ruinirt und von Schulden zerfressen. Aber wenn man Präsident ist, so hat man immer ein Unterpfand zu geben. Napoleon brauchte also an 1 1/2 Mill. Franken, und will man wissen, welche Mobilien er verpfändet hat? sein eigenes Ministerium, das Ministerium Barrot-Faucher. Napoleon hat sich müssen anheischig machen, um den Preis von 1 1/2 Millionen, die die Bank von Frankreich ihm ohne Interessen vorschoß, den ihm aufgedrungenen Faucher, so wie den zudringlichen Barrot als Minister anzunehmen und zu behalten. So direkt kauft sich die hohe Finanz den "Auserwählten der sechs Millionen". Für die geliehene Summe nun hat Napoleon einen Wechsel auf Sicht ausgestellt. Wie Napoleon Miene macht, einen andern Rock als den von Barrot oder Faucher anzuziehen, so kommt Rothschild mit seinem Wechsel heran und ist im Stande, den Präsidenten einsperren zu lassen. Wer weiß? Ein und eine halbe Million ist eine enorme Summe, und die sofortige Rückbezahlung einer solchen Summe bei der bloßen Vorzeigung eines Wechsels könnte den größten Kapitalisten in Verlegenheit setzen. Man sieht, in wessen Händen Napoleon, und in wessen Taschen Barrot steckt. Das Faktum kann um so weniger in Zweifel gesetzt werden, als noch kein ministerielles Journal es bisheran widerlegt hat.

Mit dem andern Minister, Falloux, sieht es eben so schaufel aus; ich sage schaufel; denn für so schaufle Geschichten kann man nur die schaufelsten Ausdrücke wählen. Falloux ist Legitimist, der treueste Anhänger des Hrn. v. Chambord. Als der Herzog von Bordeaux Kunde erhielt von dem Eintritt des Hrn. Falloux in das Ministerium Napoleons, wurde er anfangs sehr niedergeschlagen; er sah darin einen Abfall seines treuesten Freundes. Doch bald besann er sich, und zu seiner heitern Stimmung zurückkehrend, rief er aus: O, ich kenne meinen Falloux, er hättte das nicht gethan, wenn er nicht geglaubt hätte, daß es zu meinem Besten sei!

Paris, 28. März.

Im Elysee deliberirte man gestern Abend ziemlich lange über die Frage, was man im Falle einer Niederlage der Piemontesen thun wolle; ob man die Alpen überschreite oder nicht? Die Berathung war ziemlich heiß und man sagt sich, daß fünf gegen vier gegen Intervention stimmten; darunter Herr Bonaparte. Der National, dem dieses Resultat zu Ohren kam, zeigt sich darüber sehr aufgebracht und wir dürfen, wenn Piemont unterliegt, neuen Kammerstürmen entgegensehen.

- Die Cholera ist der Union medicale zufolge im Abnehmen. Aus einigen Spitälern ist sie ganz verschwunden.

- Madame Gordon, Ex-Theatersängerin, die Deutschland vom Straßburger Attentat her kennt, ist vorige Nacht sanft im Herrn entschlummert. Im Elysee herrscht offizielle Trauer. Uebrigens wird dort die Geldklemme immer größer, trotz des monatlichen Zuschusses von 50,000 Fr. Eine russische Großfürstin allein kann helfen.

- Napoleon Bonaparte ist endlich nach Madrid abgereist. Er äußerte vor seine Abreise, daß er nicht lange bleiben dürfe, denn es ahne ihm, seinem Vetter drohe großes Unglück!!!

- Eben steht Proudhon vor den Affisen.

- Baffano, Sohn des alten Napoleongenerals, geht nach Karlsruhe als Vertreter der französischen Republik.

- In einem Briefe aus London vom 26. März protestirt Huber gegen das Zeugniß Monnier's in Bourges: daß er, Huber, für baares Geld royalistische Höllenmaschinen habe anfertigen lassen und trägt auf Zusammenrufung eines Ehrengerichtes an.

- Die beiden römischen Gesandten haben dem Elysee eine Art Ultimatum gestellt; ob es die römische Republik offiziell anerkennen wolle oder nicht? Sie sind nach London gereist, von wo sie bald hierher zurückkehren.

- Bourges, 27. März. Nichts als Requisitionen und Anwaltschaftsreden. Kein Incident.

Nationalversammlung. Sitzung vom 28. März. Anfang 12 Uhr. Präsident Marrast läßt durch Stimmzettel die Zahl der Glieder ermitteln. Es sind 588 anwesend.

An der Tagesordnung ist das Staatsbautenbudget (Kap. XVII, Eisenbahnen).

Desmolles stellt ein Amendement auf eine Ersparniß von 43 Millionen auf die von dem Ausschusse zugegebenen Kredite. (Oh! Oh!) Wird verworfen.

Stourm rechtfertigt im Namen des Ausschusses die Pläne der Kommission. Im Laufe seiner Rechtfertigung wird auch der Linie von Paris nach Hommartingen, und von Hommartingen nach Straßburg erwähnt und bemerkt, daß diese Linie wegen ihrer internationalen und strategischen Bedeutung durchaus baldigst vollendet werden müsse. Sie erheischt 14,000,000 Franken.

Auch die Linien von Tours nach Bordeaux und Nantes werden lebhaft besprochen.....

Hier unterbricht der Conseilpräsident, Odilon-Barrot, die Debatte.

Marrast. Der Conseilpräsident verlangt das Wort zu einer Mittheilung der Regierung.

Odilon-Barrot (tiefe Stille.) Die Regierung hält es für ihre Pflicht, der Versammlung eine erste Depesche mitzutheilen, die ihr aus Turin vom 27. März, Morgens 9 Uhr, zugeschickt wurde und also lautet:

"Der französische Minister in Turin an den Minister des Auswärtigen in Paris. Die piemontesische Armee ist bei Novarra geschlagen und in die Gebirge von Borgomanero zurückgeworfen worden. Die Oesterreicher besetzten Novarra und Vercelli. Es scheint außer Zweifel, daß der König Karl Albert zu Gunsten des Herzogs von Savoyen abgedankt hat. Letzterer hat noch keine Depeschen nach Turin geschickt. Die Regierung in Turin hat den englischen Gesandten Abercromby und mich (Bois-le-Comte) ersuchen lassen, den Abschluß eines Waffenstillstandes zum Schutze der Stadt Turin von Radetzky zu erwirken. Wir haben uns ihr zur Verfügung gestellt, und erwarten ihre Befehle. Turin ist ruhig.

Zweite Depesche.

Nizza, 28. März. 5 Uhr Morgens. Diese Depesche meldet der Regierung in Paris, daß Karl Albert, nachdem er zu Gunsten seines Sohnes des Kronprinzen, Herzogs von Savoyen, abgedankt, in Nizza eingetroffen sei, und sich auf das Gebiet der franz. Republik begebe. Die Armee ist bei Novarra geschlagen worden. Doch blieb ihre Ehre unverletzt.

Odilon-Borrot fortfahrend: So überraschend schnell dieser Ausfall erscheinen mag, kommt er doch nicht ganz unvorhergesehen. Obwohl bei dieser Gelegenheit die piemontesische Regierung die weisen Rathschläge der Regierung der Republik unerhört ließ, so sind wir doch nichts destoweniger entschlossen und entschieden (resolus et decides), die Rechte und Interessen Frankreichs durch Aufrechterhaltung des piemontesischen Gebiets zu wahren.

Diese Mittheilung wurde mit Eiskälte angehört.

Rechts erschallte schwacher Beifall.

Die Versammlung kehrt zum Büdget (Kapitel 17) zurück.

Die übrigen Eisenbahnlinien wurden rasch erledigt.

Ihnen folgten die Kapitel 18, 19, 20, 21, 22, 23 und 24 ohne spezielles Interesse.

Das Gesammtbüdget der Staatsbauten wurde hierauf zur Abstimmung gebracht und mit 593 gegen 52 Stimmen angenommen.

Nach Ertheilung einiger Urlaube ging die Versammlung unter ziemlich lebhaften Gesprächen über Italien um 6 1/2 Uhr auseinander.

Man munkelt von einer Prorogation der Nationalversammlung bis zum 10. oder 15 Mai. Schluß 6 1/2 Uhr.

* Bourges, 26. März.

(Prozeßverhandlung.) Vor dem Requisitorium des Generalprokurators werden noch mehrere Zeugen verhört, die sich nachträglich eingefunden haben.

Zeuge Marie, Exmitglied der provisorischen Regierung, Advokat, erklärt auf Befragen des Vertheidigers Bethmont nach Courtais: Courtais habe mit ihm unter den "Radikalen" der alten Deputirtenkammer gesessen, sei aber durchaus gemäßigt gewesen; nach der Februarrevolution habe man (das "Man" des National) um so weniger gesäumt, dem General Courtais das Kommando der Nationalgarde zu übergeben, als die Männer des National die Republik auf der (alten) "Ordnung" gründen wollten, und der General Courtais nicht anders verstanden habe, kurz, der General Courtais habe durchaus der honetten Coterie des National angehört, habe in den Tagen der Gefahr aufopfernde Ergebenheit bewiesen, und auch am 15. Mai an der Assemblee seine Schuldigkeit gethan.

Präsident. Was versteht Herr Marie unter den Tagen der Gefahr?

Zeuge. Ich meinte den 17. März und 16. April.

Präsident. Die provisorische Regierung lief also Gefahr in diesen Tagen?

Zeuge. Allerdings. Der General Courtais wurde auf der einen Seite angegriffen, auf der andern auf das Energischste von allen guten Republikanern vertheidigt: Barbes u. A. zeigten sich der provisorischen Regierung sehr ergeben.

Präsident. War Blanqui bei den Manifestationen?

Zeuge. Blanqui war da, sprach aber nicht; gleichwohl sah ich ihn an der Spitze von Männern, die sehr geneigt zu Gewaltthätigkeiten schienen.

Blanqui. Wie weiß der Zeuge, daß ich feindselig gegen die provisorische Regierung gesinnt war?

Zeuge. Weil Sie bei den Manifestationen des 17. März und 16. April von Haufen drohender Blousenmänner umgeben waren, denen Sie grade keine friedlichen Zeichen machten.

Blanqui. Der Zeuge steht in direktem Widerspruche mit Hrn. v. Lamartine. Ich begreife übrigens die Deposition des Herrn Marie sehr wohl, denn ich hatte täglich die Handlungsweise der provisorischen Regierung angegriffen.

Zeuge. Meine Ueberzeugung ist auf Thatsachen und Polizeiberichte gegründet, und nicht auf Angriffe, deren Gegenstand die provisorische Regierung war.

Blanqui. Ganz recht, Ihre Ueberzeugung gründet sich auf Thatsachen und Polizeiberichte; da ich aber meine feindselige Gesinnung gegen die Provisorischen nie thätlich an den Tag legte, so sind diese Thatsachen und Polizeiberichte gerade auf nichts anderes gegründet, als auf die kritischen Angriffe, mit denen ich die Empfindlichkeit der Halbgötter des Stadthauses verletzte.

Ich frage jetzt den Zeugen, ob er mich, wie der Generalprokurator das anzudeuten scheint, für den Urheber der Manifestation vom 16. April hält?

Zeuge. Einige Tage vor dem 16. April theilte uns der Minister des Innern, Herr Ledrü-Rollin, mit, daß man ihm im Namen Blanqui's den Vorschlag gemacht, die gemäßigte Majorität der provisorischen Regierung zu stürzen und mit den demokratischen Mitgliedern eine neue Regierung zu bilden. Sie begreifen, daß, als einige Tage darauf die Manifestation des 16. April stattfand, dies bei uns mit dem von Ledrü-Rollin verrathenen Projekt in Verbindung gebracht wurde.

Blanqui. Es ist nur Schade, daß die Zusammenberufung auf den 16. April vom Luxembourg ausging und die Wahl der Stabsoffiziere zum Zweck hatte.

Uebrigens erkläre ich, daß ich weder direkt noch indirekt Herrn Ledrü-Rollin je ein solches Anerbieten stellte; selbst wenn ich eine solche Purifikation wirklich beabsichtigt hätte, wäre Hr. Ledrü-Rollin nicht der Mann gewesen, dem ich sie mitgetheilt haben würde. Ich bin sehr erstaunt, daß Hr. Ledrü-Rollin in seiner Deposition nichts davon erwähnte.

Generaalprokurator. Hr. Marie hat seine Aussage bereits in derselben Weise vor der Untersuchungskommission der Assemblee abgegeben.

Blanqui. Ich glaube, daß der Rapport der Untersuchungskommission auf eine wenig schmeichelhafte Weise außer Cours gesetzt ist.

Präsident. Durch wen?

Blanqui. Durch die Justiz. Man hat es selbst hier nicht gewagt, alle die in dem Rapport aufgezeichneten Niederträchtigkeiten zu wiederholen. Es gibt hier gewisse Personen, welche trotz ihrer Schamlosigkeit erröthen würden, wenn man sie an ihre Aussagen vor der Untersuchungskommission erinnern wollte. Die ersten Staatsmänner (nach der Februarrevolution) haben vor der Untersuchungskommission Zeugniß abgelegt, und ihre eidlichen Depositionen sind so direkt widersprechend, daß man sagen muß, der eine oder der andere ist ein Meineidiger. (Sensation.)

Präsident. Wir sind nur hier, um die Thatsachen zu konstatiren. Die Geschwornen kennen den Rapport der Untersuchungs-Kommission nicht und sollen ihn nicht kennen.

Blanqui. Der Rapport ist das ehrloseste Machwerk, was je das Tageslicht erblickt hat. (Großer Tumult auf der reservirten Tribüne; Beifallssturm im Publikum.)

Zeuge Garnier-Pages, 46 Jahre alt, Ex-Mitglied der provisorischen Regierung, Repräsentant. Erklärt, wie der vorige Zeuge, daß Courtais sich nach dem Februar um die Sache der "Ordnung" sehr verdient gemacht habe.

Sobrier. Theilte der Zeuge die Befürchtungen des General Courtais in Betreff meines Hauses in der Rue Rivoli?

Zeuge. Ich glaube, daß Hr. Sobrier die besten Intentionen hegte; aber seine Handlungen stimmten nicht immer mit seinen Intentionen überein.

Sobrier. Citiren sie Fakta.

Zeuge. Ich kenne alle Rücksichten, welche ich den Angeklagten schulde.

Sobrier. Ich bin hier nicht angeklagt.

Generalprokurator. Wie! Was sagen Sie?

Sobrier. Ich sage, daß ich im Voraus verurtheilt bin.

Zwischen Sobrier und dem Präsidenten erhebt sich darauf ein lebhafter Wortwechsel über den Werth des exceptionellen Gerichtshofes. Sobrier erklärt am Schluß, daß er nicht daran gedacht habe, die Nationalversammlung zu verletzen, daß er aber unbedingt das Recht dazu gehabt, wenn die Versammlung nicht die Republik angenommen hätte.

Garnier-Pages. Ich bedaure, durch einen schlecht interpretirten Ausdruck zu diesem Zwischenfall Veranlassung gegeben zu haben. Ich spreche von Angeklagten, die meine Intentionen nicht in Zweifel ziehen werden. Als ich vor einigen Tagen in der Assemblee sprach, sagte ich: "Mein ehrenwerther College, Barbes"; ich hatte das Recht, so zu sprechen, da Barbes noch nicht verurtheilt ist.

Barbes (Ironisch.) Wenn ich also verurtheilt bin, hört der "ehrenwerthe College" auf!

Zeuge Lefranc, Volksrepräsentant: Ich war am 15. Mai in der Nationalversammlung, als man in dieselbe eindrang. Buchez (damals Präsident) gab Raspail einen Wink, der mir wie eine Aufforderung zum Verlesen der Petition vorkam.

Raspail. Wünscht es der Gerichtshof, so wird Hr. Laurent (Volksrepräsentant) die nämliche Thatsache berichten.

Der Präsident. In der That, ich habe einen dahin lautenden Brief von Hrn. Laurent erhalten.

Raspail. Ich habe 6 Briefe erhalten, durch welche die von Hrn. Point (Volksrepräsentant) gemachte Aussage Lügen gestraft wird.

Der Präsident giebt durch ein Zeichen die Ueberflüssigkeit neuer Aussagen gegen die Lügenhaftigkeit des Volksrepräsentanten Point zu verstehen.

Zeuge Baudou-Toussaint, 60 Jahr alt, Rentier, hat am 15. Mai die Volksmasse sich auf das Gitter zustürzen sehen; es wurde für die Delegirten Einlaß verlangt und, als dieser bewilligt, u. A. auch Raspail eingelassen.

Die Sitzung wird 1/2 Stunde suspendirt. Nach Wiedereröffnung erhält der Generalprokurator das Wort.

Barbes. Erlauben Sie zuvor, Herr Präsident: Es ist gegen Huber eine Thatsache von ungeheurer Wichtigkeit vorgebracht worden. Der Herr Präsident hat darüber Nachforschung anzustellen versprochen, ich frage jetzt, was sich für ein Resultat ergeben?

Präsident. Der Generalprokurator wird die ihm passend scheinenden Maaßregeln ergreifen und Sie können für sich beliebigen Gebrauch davon machen.

Barbes. Oh, ich will gar keinen Gebrauch davon machen, ich vertheidige mich nicht.

Damit ist dieser Inzidenzpunkt erledigt. (Schluß der Sitzung folgt.)

* Bourges.

A. Huber hat von London aus, in Betreff der Zeugenaussage Monnier's, folgenden Brief an sämmtliche Pariser demokratische Journale gerichtet:

"Bürger Redakteur, die Reaktion verschont keinen der aufopferndsten Republikaner; da sie mich nicht körperlich treffen kann, will sie mich in der öffentlichen Meinung vernichten. Ich bin überrascht von den infamen Verläumdungen, deren Gegenstand ich heute bin. Wenn die Sozialdemokraten es für nöthig halten, daß ich mich nach Bourges begebe, um das mir imputirte Faktum zu widerlegen, werde ich unverzüglich gehen; im andern Falle aber bitte ich sie, nach ihrer eigenen Wahl eine Ehren-Jury zusammenzuberufen, die mich richten wird."

Die "Reforme" bemerkt hierzu: Diese traurige Affaire wird sich denn in Bourges aufklären. Wie es scheint, verlangen alle Freunde der in Bourges Verhafteten, daß Huber, der am 15. Mai die Auflösung der National-Versammlung aussprach, jetzt nach dem neuen Verdacht sich in Bourges stellen müsse.

Redakteur en chef: Karl Marx.

fallen!) Heut Abend werden die Bourgeoishunde und Börsenwölfe illuminiren. „'S is over holter Ollens on's!“

Ungarn.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Französische Republik.
12 Paris, 27. März.

Der vielgefürchtete Montag ist ruhig vorübergegangen. Die erwartete Revolution ist erwarteter Weise nicht ausgebrochen. Das arme Ministerium; Jeden Augenblick eine Revolution erwarten zu müssen, ohne dieselbe zum Ausbruche bringen zu können! Aber, meinte Faucher in seinem Moniteur, die republikanischen Journale hätten doch so bestimmt zur Revolution aufgefordert; jeden Tag sogar wäre ein solcher Aufruf zu den Waffen in den demokratisch-sozialen Journalen zu lesen gewesen; was will denn die republikanische Presse mit solchen Provokationen in einem Augenblicke, wo Handel und Wandel auf's Neue erblühen?

Was es mit dem Aufblühen des Handels und Wandels für Bewandniß hat, so ist dies eins jener verbrauchten Mittel, womit die reaktionäre Presse die Provinz gegen die den Handel störende Partei der Demokraten aufregen will. Die 200,000 Proletarier, die arbeitslos in Paris einhergehn, sind der beste Beweis gegen dies Aufblühn. Was nun aber die angeblichen Provokationen der demokratischen Presse anbetrifft, so bestehn diese ganz einfach darin, daß die „Revolution democratique et sociale“, sowie das Journal „Le Peuple“ einen zweiten 29. Januar denunzirten, und das Volk aufforderten, sich ja ruhig zu verhalten. Und wie kam das Volk dieser Aufforderung nach? Während in diesen Tagen die Frage über das Fortbestehn der Clubs Alles in Bewegung setzte und die Straßen beständig mit Volksgruppen angefüllt waren, ließ sich am vergangenen Montag kein Proletarier, kein Blusenmann auf der Straße blicken. Die Patrouillen froren, die Soldaten fluchten; Bugeaud hielt Reden: Alles umsonst. Der „Coup“ scheiterte und Paris blieb so ruhig, wie die geladenen Kanonen, welche Faucher und Barrot an den öffentlichen Plätzen hatten aufpflanzen lassen.

Dagegen hat die reaktionäre Partei einen Trost erlebt, um welchen sie um so weniger zu beneiden ist, als er ihr von der revolutionären Partei schon lange voraus verkündet worden. Proudhon's Bank ist in Mißkredit verfallen; Proudhon's Bank steht auf dem Punkte Banqueroute zu machen, noch ehe sie angefangen hat zu fungiren. Die Arbeiter verlangen bereits die kleinen Summen zurück, welche sie vorgeschossen, um dieselben zu revolutionären Zwecken zu verwenden, und größere Aktionäe drohen mit Verfolgung. Das Volk ist dem Proudhon über den Kopf gewachsen; die Bank erscheint ihm als eine kleine Krämer-Spielerei, wo höchstens Schneider und Schuster Röcke und Stiefeln austauschen können, die aber dem großen Kapitale und der großen Industrie gegenüber ebenso nutzlos wie lächerlich ist. Wir werden speciell auf dieses als „riesenartig“ ausgeschrieene Institut zurückkommen. Bemerken wir nur vorläufig, daß die Proudhon'sche Bank mit 50,000 Fr. Einlagekapital zurücktreten muß vor der Milliarde! Tagtäglich laufen neue Bittschriften ein, und die Addition der Unterschriften hat bereits ein und ein halb Millionen Stimmen ergeben, die sich für die Zurückforderung derselben mit Interessen aussprechen. Auf der andern Seite nehmen die italienischen Angelegenheiten die ganze Aufmerksamkeit des französischen Volkes in Anspruch. Die solidarische Verantwortlichkeit der französischen und östreichischen Bourgeoisie, die durch die Familie Rothschild vermittelt wird, zeigt sich nirgends so klar als auf der Pariser Börse. In demselben Augenblick, wo es hieß, die Italiener seien geschlagen, stiegen die französischen Papiere um 2 Prozent. Also Radetzki und Windischgrätz sind nothwendig, um die französischen Staatspapiere aufrecht zu halten, und das Haus Rothschild, das ist der gemeinsame Bundesladen, die große Agentur der Bourgeoisie aller Länder.

Die Wahlagitation hat begonnen: die demokratische Partei entfaltet ihre Fahne mit zwei ganz bestimmten Zwecken: Milliarde und Italien. So resumirt sich für diese Partei die innere und äußere Politik. Wer für die Milliarde und Italien stimmt, das ist der Mann der sozial-demokratischen Partei. Die Prozeßverhandlungen in Bourges, die gleichzeitig mit den Wahlagitationen stattfinden, tragen nicht wenig dazu bei, den Wahlen einen ausschließlich demokratischen Charakter zu geben.

12 Paris, 27. März.

Napoleon braucht Geld und viel Geld; als er gewählt wurde, war er bekanntlich ruinirt und von Schulden zerfressen. Aber wenn man Präsident ist, so hat man immer ein Unterpfand zu geben. Napoleon brauchte also an 1 1/2 Mill. Franken, und will man wissen, welche Mobilien er verpfändet hat? sein eigenes Ministerium, das Ministerium Barrot-Faucher. Napoleon hat sich müssen anheischig machen, um den Preis von 1 1/2 Millionen, die die Bank von Frankreich ihm ohne Interessen vorschoß, den ihm aufgedrungenen Faucher, so wie den zudringlichen Barrot als Minister anzunehmen und zu behalten. So direkt kauft sich die hohe Finanz den „Auserwählten der sechs Millionen“. Für die geliehene Summe nun hat Napoleon einen Wechsel auf Sicht ausgestellt. Wie Napoleon Miene macht, einen andern Rock als den von Barrot oder Faucher anzuziehen, so kommt Rothschild mit seinem Wechsel heran und ist im Stande, den Präsidenten einsperren zu lassen. Wer weiß? Ein und eine halbe Million ist eine enorme Summe, und die sofortige Rückbezahlung einer solchen Summe bei der bloßen Vorzeigung eines Wechsels könnte den größten Kapitalisten in Verlegenheit setzen. Man sieht, in wessen Händen Napoleon, und in wessen Taschen Barrot steckt. Das Faktum kann um so weniger in Zweifel gesetzt werden, als noch kein ministerielles Journal es bisheran widerlegt hat.

Mit dem andern Minister, Falloux, sieht es eben so schaufel aus; ich sage schaufel; denn für so schaufle Geschichten kann man nur die schaufelsten Ausdrücke wählen. Falloux ist Legitimist, der treueste Anhänger des Hrn. v. Chambord. Als der Herzog von Bordeaux Kunde erhielt von dem Eintritt des Hrn. Falloux in das Ministerium Napoleons, wurde er anfangs sehr niedergeschlagen; er sah darin einen Abfall seines treuesten Freundes. Doch bald besann er sich, und zu seiner heitern Stimmung zurückkehrend, rief er aus: O, ich kenne meinen Falloux, er hättte das nicht gethan, wenn er nicht geglaubt hätte, daß es zu meinem Besten sei!

Paris, 28. März.

Im Elysee deliberirte man gestern Abend ziemlich lange über die Frage, was man im Falle einer Niederlage der Piemontesen thun wolle; ob man die Alpen überschreite oder nicht? Die Berathung war ziemlich heiß und man sagt sich, daß fünf gegen vier gegen Intervention stimmten; darunter Herr Bonaparte. Der National, dem dieses Resultat zu Ohren kam, zeigt sich darüber sehr aufgebracht und wir dürfen, wenn Piemont unterliegt, neuen Kammerstürmen entgegensehen.

‒ Die Cholera ist der Union medicale zufolge im Abnehmen. Aus einigen Spitälern ist sie ganz verschwunden.

‒ Madame Gordon, Ex-Theatersängerin, die Deutschland vom Straßburger Attentat her kennt, ist vorige Nacht sanft im Herrn entschlummert. Im Elysee herrscht offizielle Trauer. Uebrigens wird dort die Geldklemme immer größer, trotz des monatlichen Zuschusses von 50,000 Fr. Eine russische Großfürstin allein kann helfen.

‒ Napoleon Bonaparte ist endlich nach Madrid abgereist. Er äußerte vor seine Abreise, daß er nicht lange bleiben dürfe, denn es ahne ihm, seinem Vetter drohe großes Unglück!!!

‒ Eben steht Proudhon vor den Affisen.

‒ Baffano, Sohn des alten Napoleongenerals, geht nach Karlsruhe als Vertreter der französischen Republik.

‒ In einem Briefe aus London vom 26. März protestirt Huber gegen das Zeugniß Monnier's in Bourges: daß er, Huber, für baares Geld royalistische Höllenmaschinen habe anfertigen lassen und trägt auf Zusammenrufung eines Ehrengerichtes an.

‒ Die beiden römischen Gesandten haben dem Elysée eine Art Ultimatum gestellt; ob es die römische Republik offiziell anerkennen wolle oder nicht? Sie sind nach London gereist, von wo sie bald hierher zurückkehren.

Bourges, 27. März. Nichts als Requisitionen und Anwaltschaftsreden. Kein Incident.

Nationalversammlung. Sitzung vom 28. März. Anfang 12 Uhr. Präsident Marrast läßt durch Stimmzettel die Zahl der Glieder ermitteln. Es sind 588 anwesend.

An der Tagesordnung ist das Staatsbautenbudget (Kap. XVII, Eisenbahnen).

Desmolles stellt ein Amendement auf eine Ersparniß von 43 Millionen auf die von dem Ausschusse zugegebenen Kredite. (Oh! Oh!) Wird verworfen.

Stourm rechtfertigt im Namen des Ausschusses die Pläne der Kommission. Im Laufe seiner Rechtfertigung wird auch der Linie von Paris nach Hommartingen, und von Hommartingen nach Straßburg erwähnt und bemerkt, daß diese Linie wegen ihrer internationalen und strategischen Bedeutung durchaus baldigst vollendet werden müsse. Sie erheischt 14,000,000 Franken.

Auch die Linien von Tours nach Bordeaux und Nantes werden lebhaft besprochen.‥‥

Hier unterbricht der Conseilpräsident, Odilon-Barrot, die Debatte.

Marrast. Der Conseilpräsident verlangt das Wort zu einer Mittheilung der Regierung.

Odilon-Barrot (tiefe Stille.) Die Regierung hält es für ihre Pflicht, der Versammlung eine erste Depesche mitzutheilen, die ihr aus Turin vom 27. März, Morgens 9 Uhr, zugeschickt wurde und also lautet:

„Der französische Minister in Turin an den Minister des Auswärtigen in Paris. Die piemontesische Armee ist bei Novarra geschlagen und in die Gebirge von Borgomanero zurückgeworfen worden. Die Oesterreicher besetzten Novarra und Vercelli. Es scheint außer Zweifel, daß der König Karl Albert zu Gunsten des Herzogs von Savoyen abgedankt hat. Letzterer hat noch keine Depeschen nach Turin geschickt. Die Regierung in Turin hat den englischen Gesandten Abercromby und mich (Bois-le-Comte) ersuchen lassen, den Abschluß eines Waffenstillstandes zum Schutze der Stadt Turin von Radetzky zu erwirken. Wir haben uns ihr zur Verfügung gestellt, und erwarten ihre Befehle. Turin ist ruhig.

Zweite Depesche.

Nizza, 28. März. 5 Uhr Morgens. Diese Depesche meldet der Regierung in Paris, daß Karl Albert, nachdem er zu Gunsten seines Sohnes des Kronprinzen, Herzogs von Savoyen, abgedankt, in Nizza eingetroffen sei, und sich auf das Gebiet der franz. Republik begebe. Die Armee ist bei Novarra geschlagen worden. Doch blieb ihre Ehre unverletzt.

Odilon-Borrot fortfahrend: So überraschend schnell dieser Ausfall erscheinen mag, kommt er doch nicht ganz unvorhergesehen. Obwohl bei dieser Gelegenheit die piemontesische Regierung die weisen Rathschläge der Regierung der Republik unerhört ließ, so sind wir doch nichts destoweniger entschlossen und entschieden (resolus et décidés), die Rechte und Interessen Frankreichs durch Aufrechterhaltung des piemontesischen Gebiets zu wahren.

Diese Mittheilung wurde mit Eiskälte angehört.

Rechts erschallte schwacher Beifall.

Die Versammlung kehrt zum Büdget (Kapitel 17) zurück.

Die übrigen Eisenbahnlinien wurden rasch erledigt.

Ihnen folgten die Kapitel 18, 19, 20, 21, 22, 23 und 24 ohne spezielles Interesse.

Das Gesammtbüdget der Staatsbauten wurde hierauf zur Abstimmung gebracht und mit 593 gegen 52 Stimmen angenommen.

Nach Ertheilung einiger Urlaube ging die Versammlung unter ziemlich lebhaften Gesprächen über Italien um 6 1/2 Uhr auseinander.

Man munkelt von einer Prorogation der Nationalversammlung bis zum 10. oder 15 Mai. Schluß 6 1/2 Uhr.

* Bourges, 26. März.

(Prozeßverhandlung.) Vor dem Requisitorium des Generalprokurators werden noch mehrere Zeugen verhört, die sich nachträglich eingefunden haben.

Zeuge Marie, Exmitglied der provisorischen Regierung, Advokat, erklärt auf Befragen des Vertheidigers Bethmont nach Courtais: Courtais habe mit ihm unter den „Radikalen“ der alten Deputirtenkammer gesessen, sei aber durchaus gemäßigt gewesen; nach der Februarrevolution habe man (das „Man“ des National) um so weniger gesäumt, dem General Courtais das Kommando der Nationalgarde zu übergeben, als die Männer des National die Republik auf der (alten) „Ordnung“ gründen wollten, und der General Courtais nicht anders verstanden habe, kurz, der General Courtais habe durchaus der honetten Coterie des National angehört, habe in den Tagen der Gefahr aufopfernde Ergebenheit bewiesen, und auch am 15. Mai an der Assemblée seine Schuldigkeit gethan.

Präsident. Was versteht Herr Marie unter den Tagen der Gefahr?

Zeuge. Ich meinte den 17. März und 16. April.

Präsident. Die provisorische Regierung lief also Gefahr in diesen Tagen?

Zeuge. Allerdings. Der General Courtais wurde auf der einen Seite angegriffen, auf der andern auf das Energischste von allen guten Republikanern vertheidigt: Barbès u. A. zeigten sich der provisorischen Regierung sehr ergeben.

Präsident. War Blanqui bei den Manifestationen?

Zeuge. Blanqui war da, sprach aber nicht; gleichwohl sah ich ihn an der Spitze von Männern, die sehr geneigt zu Gewaltthätigkeiten schienen.

Blanqui. Wie weiß der Zeuge, daß ich feindselig gegen die provisorische Regierung gesinnt war?

Zeuge. Weil Sie bei den Manifestationen des 17. März und 16. April von Haufen drohender Blousenmänner umgeben waren, denen Sie grade keine friedlichen Zeichen machten.

Blanqui. Der Zeuge steht in direktem Widerspruche mit Hrn. v. Lamartine. Ich begreife übrigens die Deposition des Herrn Marie sehr wohl, denn ich hatte täglich die Handlungsweise der provisorischen Regierung angegriffen.

Zeuge. Meine Ueberzeugung ist auf Thatsachen und Polizeiberichte gegründet, und nicht auf Angriffe, deren Gegenstand die provisorische Regierung war.

Blanqui. Ganz recht, Ihre Ueberzeugung gründet sich auf Thatsachen und Polizeiberichte; da ich aber meine feindselige Gesinnung gegen die Provisorischen nie thätlich an den Tag legte, so sind diese Thatsachen und Polizeiberichte gerade auf nichts anderes gegründet, als auf die kritischen Angriffe, mit denen ich die Empfindlichkeit der Halbgötter des Stadthauses verletzte.

Ich frage jetzt den Zeugen, ob er mich, wie der Generalprokurator das anzudeuten scheint, für den Urheber der Manifestation vom 16. April hält?

Zeuge. Einige Tage vor dem 16. April theilte uns der Minister des Innern, Herr Ledrü-Rollin, mit, daß man ihm im Namen Blanqui's den Vorschlag gemacht, die gemäßigte Majorität der provisorischen Regierung zu stürzen und mit den demokratischen Mitgliedern eine neue Regierung zu bilden. Sie begreifen, daß, als einige Tage darauf die Manifestation des 16. April stattfand, dies bei uns mit dem von Ledrü-Rollin verrathenen Projekt in Verbindung gebracht wurde.

Blanqui. Es ist nur Schade, daß die Zusammenberufung auf den 16. April vom Luxembourg ausging und die Wahl der Stabsoffiziere zum Zweck hatte.

Uebrigens erkläre ich, daß ich weder direkt noch indirekt Herrn Ledrü-Rollin je ein solches Anerbieten stellte; selbst wenn ich eine solche Purifikation wirklich beabsichtigt hätte, wäre Hr. Ledrü-Rollin nicht der Mann gewesen, dem ich sie mitgetheilt haben würde. Ich bin sehr erstaunt, daß Hr. Ledrü-Rollin in seiner Deposition nichts davon erwähnte.

Generaalprokurator. Hr. Marie hat seine Aussage bereits in derselben Weise vor der Untersuchungskommission der Assemblée abgegeben.

Blanqui. Ich glaube, daß der Rapport der Untersuchungskommission auf eine wenig schmeichelhafte Weise außer Cours gesetzt ist.

Präsident. Durch wen?

Blanqui. Durch die Justiz. Man hat es selbst hier nicht gewagt, alle die in dem Rapport aufgezeichneten Niederträchtigkeiten zu wiederholen. Es gibt hier gewisse Personen, welche trotz ihrer Schamlosigkeit erröthen würden, wenn man sie an ihre Aussagen vor der Untersuchungskommission erinnern wollte. Die ersten Staatsmänner (nach der Februarrevolution) haben vor der Untersuchungskommission Zeugniß abgelegt, und ihre eidlichen Depositionen sind so direkt widersprechend, daß man sagen muß, der eine oder der andere ist ein Meineidiger. (Sensation.)

Präsident. Wir sind nur hier, um die Thatsachen zu konstatiren. Die Geschwornen kennen den Rapport der Untersuchungs-Kommission nicht und sollen ihn nicht kennen.

Blanqui. Der Rapport ist das ehrloseste Machwerk, was je das Tageslicht erblickt hat. (Großer Tumult auf der reservirten Tribüne; Beifallssturm im Publikum.)

Zeuge Garnier-Pages, 46 Jahre alt, Ex-Mitglied der provisorischen Regierung, Repräsentant. Erklärt, wie der vorige Zeuge, daß Courtais sich nach dem Februar um die Sache der „Ordnung“ sehr verdient gemacht habe.

Sobrier. Theilte der Zeuge die Befürchtungen des General Courtais in Betreff meines Hauses in der Rue Rivoli?

Zeuge. Ich glaube, daß Hr. Sobrier die besten Intentionen hegte; aber seine Handlungen stimmten nicht immer mit seinen Intentionen überein.

Sobrier. Citiren sie Fakta.

Zeuge. Ich kenne alle Rücksichten, welche ich den Angeklagten schulde.

Sobrier. Ich bin hier nicht angeklagt.

Generalprokurator. Wie! Was sagen Sie?

Sobrier. Ich sage, daß ich im Voraus verurtheilt bin.

Zwischen Sobrier und dem Präsidenten erhebt sich darauf ein lebhafter Wortwechsel über den Werth des exceptionellen Gerichtshofes. Sobrier erklärt am Schluß, daß er nicht daran gedacht habe, die Nationalversammlung zu verletzen, daß er aber unbedingt das Recht dazu gehabt, wenn die Versammlung nicht die Republik angenommen hätte.

Garnier-Pagès. Ich bedaure, durch einen schlecht interpretirten Ausdruck zu diesem Zwischenfall Veranlassung gegeben zu haben. Ich spreche von Angeklagten, die meine Intentionen nicht in Zweifel ziehen werden. Als ich vor einigen Tagen in der Assemblée sprach, sagte ich: „Mein ehrenwerther College, Barbes“; ich hatte das Recht, so zu sprechen, da Barbes noch nicht verurtheilt ist.

Barbes (Ironisch.) Wenn ich also verurtheilt bin, hört der „ehrenwerthe College“ auf!

Zeuge Lefranc, Volksrepräsentant: Ich war am 15. Mai in der Nationalversammlung, als man in dieselbe eindrang. Buchez (damals Präsident) gab Raspail einen Wink, der mir wie eine Aufforderung zum Verlesen der Petition vorkam.

Raspail. Wünscht es der Gerichtshof, so wird Hr. Laurent (Volksrepräsentant) die nämliche Thatsache berichten.

Der Präsident. In der That, ich habe einen dahin lautenden Brief von Hrn. Laurent erhalten.

Raspail. Ich habe 6 Briefe erhalten, durch welche die von Hrn. Point (Volksrepräsentant) gemachte Aussage Lügen gestraft wird.

Der Präsident giebt durch ein Zeichen die Ueberflüssigkeit neuer Aussagen gegen die Lügenhaftigkeit des Volksrepräsentanten Point zu verstehen.

Zeuge Baudou-Toussaint, 60 Jahr alt, Rentier, hat am 15. Mai die Volksmasse sich auf das Gitter zustürzen sehen; es wurde für die Delegirten Einlaß verlangt und, als dieser bewilligt, u. A. auch Raspail eingelassen.

Die Sitzung wird 1/2 Stunde suspendirt. Nach Wiedereröffnung erhält der Generalprokurator das Wort.

Barbès. Erlauben Sie zuvor, Herr Präsident: Es ist gegen Huber eine Thatsache von ungeheurer Wichtigkeit vorgebracht worden. Der Herr Präsident hat darüber Nachforschung anzustellen versprochen, ich frage jetzt, was sich für ein Resultat ergeben?

Präsident. Der Generalprokurator wird die ihm passend scheinenden Maaßregeln ergreifen und Sie können für sich beliebigen Gebrauch davon machen.

Barbés. Oh, ich will gar keinen Gebrauch davon machen, ich vertheidige mich nicht.

Damit ist dieser Inzidenzpunkt erledigt. (Schluß der Sitzung folgt.)

* Bourges.

A. Huber hat von London aus, in Betreff der Zeugenaussage Monnier's, folgenden Brief an sämmtliche Pariser demokratische Journale gerichtet:

„Bürger Redakteur, die Reaktion verschont keinen der aufopferndsten Republikaner; da sie mich nicht körperlich treffen kann, will sie mich in der öffentlichen Meinung vernichten. Ich bin überrascht von den infamen Verläumdungen, deren Gegenstand ich heute bin. Wenn die Sozialdemokraten es für nöthig halten, daß ich mich nach Bourges begebe, um das mir imputirte Faktum zu widerlegen, werde ich unverzüglich gehen; im andern Falle aber bitte ich sie, nach ihrer eigenen Wahl eine Ehren-Jury zusammenzuberufen, die mich richten wird.“

Die „Reforme“ bemerkt hierzu: Diese traurige Affaire wird sich denn in Bourges aufklären. Wie es scheint, verlangen alle Freunde der in Bourges Verhafteten, daß Huber, der am 15. Mai die Auflösung der National-Versammlung aussprach, jetzt nach dem neuen Verdacht sich in Bourges stellen müsse.

Redakteur en chef: Karl Marx.
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          <p><pb facs="#f0003" n="1463"/>
fallen!) Heut Abend werden die Bourgeoishunde und Börsenwölfe illuminiren. &#x201E;'S is over holter Ollens on's!&#x201C;</p>
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        <head>Ungarn.</head>
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          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Vom Kriegsschauplatz &#x2013; Mehr Russen, vorgesehen für: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi>, I/9.         </bibl>                </note>
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        <head>Französische Republik.</head>
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          <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 27. März.</head>
          <p>Der vielgefürchtete Montag ist ruhig vorübergegangen. Die erwartete Revolution ist erwarteter Weise nicht ausgebrochen. Das arme Ministerium; Jeden Augenblick eine Revolution erwarten zu müssen, ohne dieselbe zum Ausbruche bringen zu können! Aber, meinte Faucher in seinem Moniteur, die republikanischen Journale hätten doch so bestimmt zur Revolution aufgefordert; jeden Tag sogar wäre ein solcher Aufruf zu den Waffen in den demokratisch-sozialen Journalen zu lesen gewesen; was will denn die republikanische Presse mit solchen Provokationen in einem Augenblicke, wo Handel und Wandel auf's Neue erblühen?</p>
          <p>Was es mit dem Aufblühen des Handels und Wandels für Bewandniß hat, so ist dies eins jener verbrauchten Mittel, womit die reaktionäre Presse die Provinz gegen die den Handel störende Partei der Demokraten aufregen will. Die 200,000 Proletarier, die arbeitslos in Paris einhergehn, sind der beste Beweis gegen dies Aufblühn. Was nun aber die angeblichen Provokationen der demokratischen Presse anbetrifft, so bestehn diese ganz einfach darin, daß die &#x201E;Revolution democratique et sociale&#x201C;, sowie das Journal &#x201E;Le Peuple&#x201C; einen zweiten 29. Januar denunzirten, und das Volk aufforderten, sich ja ruhig zu verhalten. Und wie kam das Volk dieser Aufforderung nach? Während in diesen Tagen die Frage über das Fortbestehn der Clubs Alles in Bewegung setzte und die Straßen beständig mit Volksgruppen angefüllt waren, ließ sich am vergangenen Montag kein Proletarier, kein Blusenmann auf der Straße blicken. Die Patrouillen froren, die Soldaten fluchten; Bugeaud hielt Reden: Alles umsonst. Der &#x201E;Coup&#x201C; scheiterte und Paris blieb so ruhig, wie die geladenen Kanonen, welche Faucher und Barrot an den öffentlichen Plätzen hatten aufpflanzen lassen.</p>
          <p>Dagegen hat die reaktionäre Partei <hi rendition="#g">einen</hi> Trost erlebt, um welchen sie um so weniger zu beneiden ist, als er ihr von der revolutionären Partei schon lange voraus verkündet worden. Proudhon's Bank ist in Mißkredit verfallen; Proudhon's Bank steht auf dem Punkte Banqueroute zu machen, noch ehe sie angefangen hat zu fungiren. Die Arbeiter verlangen bereits die kleinen Summen zurück, welche sie vorgeschossen, um dieselben zu revolutionären Zwecken zu verwenden, und größere Aktionäe drohen mit Verfolgung. Das Volk ist dem Proudhon über den Kopf gewachsen; die Bank erscheint ihm als eine kleine Krämer-Spielerei, wo höchstens Schneider und Schuster Röcke und Stiefeln austauschen können, die aber dem großen Kapitale und der großen Industrie gegenüber ebenso nutzlos wie lächerlich ist. Wir werden speciell auf dieses als &#x201E;riesenartig&#x201C; ausgeschrieene Institut zurückkommen. Bemerken wir nur vorläufig, daß die Proudhon'sche Bank mit 50,000 Fr. Einlagekapital zurücktreten muß vor der Milliarde! Tagtäglich laufen neue Bittschriften ein, und die Addition der Unterschriften hat bereits ein und ein halb Millionen Stimmen ergeben, die sich für die Zurückforderung derselben mit Interessen aussprechen. Auf der andern Seite nehmen die italienischen Angelegenheiten die ganze Aufmerksamkeit des französischen Volkes in Anspruch. Die solidarische Verantwortlichkeit der französischen und östreichischen Bourgeoisie, die durch die Familie Rothschild vermittelt wird, zeigt sich nirgends so klar als auf der Pariser Börse. In demselben Augenblick, wo es hieß, die Italiener seien geschlagen, stiegen die französischen Papiere um 2 Prozent. Also Radetzki und Windischgrätz sind nothwendig, um die französischen Staatspapiere aufrecht zu halten, und das Haus Rothschild, das ist der gemeinsame Bundesladen, die große Agentur der Bourgeoisie aller Länder.</p>
          <p>Die Wahlagitation hat begonnen: die demokratische Partei entfaltet ihre Fahne mit zwei ganz bestimmten Zwecken: Milliarde und Italien. So resumirt sich für diese Partei die innere und äußere Politik. Wer für die Milliarde und Italien stimmt, das ist der Mann der sozial-demokratischen Partei. Die Prozeßverhandlungen in Bourges, die gleichzeitig mit den Wahlagitationen stattfinden, tragen nicht wenig dazu bei, den Wahlen einen ausschließlich demokratischen Charakter zu geben.</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 27. März.</head>
          <p>Napoleon braucht Geld und viel Geld; als er gewählt wurde, war er bekanntlich ruinirt und von Schulden zerfressen. Aber wenn man Präsident ist, so hat man immer ein Unterpfand zu geben. Napoleon brauchte also an 1 1/2 Mill. Franken, und will man wissen, welche Mobilien er verpfändet hat? sein eigenes Ministerium, das Ministerium Barrot-Faucher. Napoleon hat sich müssen anheischig machen, <hi rendition="#g">um den Preis von 1 1/2 Millionen, die die Bank von Frankreich ihm ohne Interessen</hi> vorschoß, den ihm aufgedrungenen Faucher, so wie den zudringlichen Barrot <hi rendition="#g">als Minister anzunehmen</hi> und zu behalten. So direkt kauft sich die hohe Finanz den &#x201E;Auserwählten der sechs Millionen&#x201C;. Für die geliehene Summe nun hat Napoleon einen Wechsel auf Sicht ausgestellt. Wie Napoleon Miene macht, einen andern Rock als den von Barrot oder Faucher anzuziehen, so kommt Rothschild mit seinem Wechsel heran und ist im Stande, den Präsidenten einsperren zu lassen. Wer weiß? Ein und eine halbe Million ist eine enorme Summe, und die sofortige Rückbezahlung einer solchen Summe bei der bloßen Vorzeigung eines Wechsels könnte den größten Kapitalisten in Verlegenheit setzen. Man sieht, in wessen Händen Napoleon, und in wessen Taschen Barrot steckt. Das Faktum kann um so weniger in Zweifel gesetzt werden, als noch kein ministerielles Journal es bisheran widerlegt hat.</p>
          <p>Mit dem andern Minister, Falloux, sieht es eben <hi rendition="#g">so schaufel</hi> aus; ich sage schaufel; denn für so schaufle Geschichten kann man nur die schaufelsten Ausdrücke wählen. Falloux ist Legitimist, der treueste Anhänger des Hrn. v. Chambord. Als der Herzog von Bordeaux Kunde erhielt von dem Eintritt des Hrn. Falloux in das Ministerium Napoleons, wurde er anfangs sehr niedergeschlagen; er sah darin einen Abfall seines treuesten Freundes. Doch bald besann er sich, und zu seiner heitern Stimmung zurückkehrend, rief er aus: O, ich kenne meinen Falloux, er hättte das nicht gethan, wenn er nicht geglaubt hätte, <hi rendition="#g">daß es zu meinem Besten sei!</hi> </p>
        </div>
        <div xml:id="ar260_018" type="jArticle">
          <head>Paris, 28. März.</head>
          <p>Im Elysee deliberirte man gestern Abend ziemlich lange über die Frage, was man im Falle einer Niederlage der Piemontesen thun wolle; ob man die Alpen überschreite oder nicht? Die Berathung war ziemlich heiß und man sagt sich, daß fünf gegen vier gegen Intervention stimmten; darunter Herr Bonaparte. Der National, dem dieses Resultat zu Ohren kam, zeigt sich darüber sehr aufgebracht und wir dürfen, wenn Piemont unterliegt, neuen Kammerstürmen entgegensehen.</p>
          <p>&#x2012; Die Cholera ist der Union medicale zufolge im Abnehmen. Aus einigen Spitälern ist sie ganz verschwunden.</p>
          <p>&#x2012; Madame Gordon, Ex-Theatersängerin, die Deutschland vom Straßburger Attentat her kennt, ist vorige Nacht sanft im Herrn entschlummert. Im Elysee herrscht offizielle Trauer. Uebrigens wird dort die Geldklemme immer größer, trotz des monatlichen Zuschusses von 50,000 Fr. Eine russische Großfürstin allein kann helfen.</p>
          <p>&#x2012; Napoleon Bonaparte ist endlich nach Madrid abgereist. Er äußerte vor seine Abreise, daß er nicht lange bleiben dürfe, denn es ahne ihm, seinem Vetter drohe großes Unglück!!!</p>
          <p>&#x2012; Eben steht Proudhon vor den Affisen.</p>
          <p>&#x2012; Baffano, Sohn des alten Napoleongenerals, geht nach Karlsruhe als Vertreter der französischen Republik.</p>
          <p>&#x2012; In einem Briefe aus London vom 26. März protestirt Huber gegen das Zeugniß Monnier's in Bourges: daß er, Huber, für baares Geld royalistische Höllenmaschinen habe anfertigen lassen und trägt auf Zusammenrufung eines Ehrengerichtes an.</p>
          <p>&#x2012; Die beiden römischen Gesandten haben dem Elysée eine Art Ultimatum gestellt; ob es die römische Republik offiziell anerkennen wolle oder nicht? Sie sind nach London gereist, von wo sie bald hierher zurückkehren.</p>
          <p>&#x2012; <hi rendition="#g">Bourges,</hi> 27. März. Nichts als Requisitionen und Anwaltschaftsreden. Kein Incident.</p>
          <p><hi rendition="#g">Nationalversammlung.</hi> Sitzung vom 28. März. Anfang 12 Uhr. Präsident Marrast läßt durch Stimmzettel die Zahl der Glieder ermitteln. Es sind 588 anwesend.</p>
          <p>An der Tagesordnung ist das Staatsbautenbudget (Kap. XVII, Eisenbahnen).</p>
          <p><hi rendition="#g">Desmolles</hi> stellt ein Amendement auf eine Ersparniß von 43 Millionen auf die von dem Ausschusse zugegebenen Kredite. (Oh! Oh!) Wird verworfen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Stourm</hi> rechtfertigt im Namen des Ausschusses die Pläne der Kommission. Im Laufe seiner Rechtfertigung wird auch der Linie von Paris nach Hommartingen, und von Hommartingen nach Straßburg erwähnt und bemerkt, daß diese Linie wegen ihrer internationalen und strategischen Bedeutung durchaus baldigst vollendet werden müsse. Sie erheischt 14,000,000 Franken.</p>
          <p>Auch die Linien von Tours nach Bordeaux und Nantes werden lebhaft besprochen.&#x2025;&#x2025;</p>
          <p>Hier unterbricht der Conseilpräsident, Odilon-Barrot, die Debatte.</p>
          <p><hi rendition="#g">Marrast.</hi> Der Conseilpräsident verlangt das Wort zu einer Mittheilung der Regierung.</p>
          <p><hi rendition="#g">Odilon-Barrot</hi> (tiefe Stille.) Die Regierung hält es für ihre Pflicht, der Versammlung eine erste Depesche mitzutheilen, die ihr aus Turin vom 27. März, Morgens 9 Uhr, zugeschickt wurde und also lautet:</p>
          <p>&#x201E;Der französische Minister in Turin an den Minister des Auswärtigen in Paris. Die piemontesische Armee ist bei Novarra geschlagen und in die Gebirge von Borgomanero zurückgeworfen worden. Die Oesterreicher besetzten Novarra und Vercelli. Es scheint außer Zweifel, daß der König Karl Albert zu Gunsten des Herzogs von Savoyen abgedankt hat. Letzterer hat noch keine Depeschen nach Turin geschickt. Die Regierung in Turin hat den englischen Gesandten Abercromby und mich (Bois-le-Comte) ersuchen lassen, den Abschluß eines Waffenstillstandes zum Schutze der Stadt Turin von Radetzky zu erwirken. Wir haben uns ihr zur Verfügung gestellt, und erwarten ihre Befehle. Turin ist ruhig.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar260_019" type="jArticle">
          <head> <hi rendition="#g">Zweite Depesche.</hi> </head>
          <p>Nizza, 28. März. 5 Uhr Morgens. Diese Depesche meldet der Regierung in Paris, daß Karl Albert, nachdem er zu Gunsten seines Sohnes des Kronprinzen, Herzogs von Savoyen, abgedankt, in Nizza eingetroffen sei, und sich auf das Gebiet der franz. Republik begebe. Die Armee ist bei Novarra geschlagen worden. Doch blieb ihre Ehre unverletzt.</p>
          <p>Odilon-Borrot fortfahrend: So überraschend schnell dieser Ausfall erscheinen mag, kommt er doch nicht ganz unvorhergesehen. Obwohl bei dieser Gelegenheit die piemontesische Regierung die weisen Rathschläge der Regierung der Republik unerhört ließ, so sind wir doch nichts destoweniger entschlossen und entschieden (resolus et décidés), die Rechte und Interessen Frankreichs durch Aufrechterhaltung des piemontesischen Gebiets zu wahren.</p>
          <p>Diese Mittheilung wurde mit Eiskälte angehört.</p>
          <p>Rechts erschallte schwacher Beifall.</p>
          <p>Die Versammlung kehrt zum Büdget (Kapitel 17) zurück.</p>
          <p>Die übrigen Eisenbahnlinien wurden rasch erledigt.</p>
          <p>Ihnen folgten die Kapitel 18, 19, 20, 21, 22, 23 und 24 ohne spezielles Interesse.</p>
          <p>Das Gesammtbüdget der Staatsbauten wurde hierauf zur Abstimmung gebracht und mit 593 gegen 52 Stimmen angenommen.</p>
          <p>Nach Ertheilung einiger Urlaube ging die Versammlung unter ziemlich lebhaften Gesprächen über Italien um 6 1/2 Uhr auseinander.</p>
          <p>Man munkelt von einer Prorogation der Nationalversammlung bis zum 10. oder 15 Mai. Schluß 6 1/2 Uhr.</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Bourges, 26. März.</head>
          <p>(Prozeßverhandlung.) Vor dem Requisitorium des Generalprokurators werden noch mehrere Zeugen verhört, die sich nachträglich eingefunden haben.</p>
          <p>Zeuge Marie, Exmitglied der provisorischen Regierung, Advokat, erklärt auf Befragen des Vertheidigers Bethmont nach Courtais: Courtais habe mit ihm unter den &#x201E;Radikalen&#x201C; der alten Deputirtenkammer gesessen, sei aber durchaus gemäßigt gewesen; nach der Februarrevolution habe man (das &#x201E;Man&#x201C; des National) um so weniger gesäumt, dem General Courtais das Kommando der Nationalgarde zu übergeben, als die Männer des National die Republik auf der (alten) &#x201E;Ordnung&#x201C; gründen wollten, und der General Courtais nicht anders verstanden habe, kurz, der General Courtais habe durchaus der honetten Coterie des National angehört, habe in den Tagen der Gefahr aufopfernde Ergebenheit bewiesen, und auch am 15. Mai an der Assemblée seine Schuldigkeit gethan.</p>
          <p>Präsident. Was versteht Herr Marie unter den Tagen der Gefahr?</p>
          <p>Zeuge. Ich meinte den 17. März und 16. April.</p>
          <p>Präsident. Die provisorische Regierung lief also Gefahr in diesen Tagen?</p>
          <p>Zeuge. Allerdings. Der General Courtais wurde auf der einen Seite angegriffen, auf der andern auf das Energischste von allen guten Republikanern vertheidigt: Barbès u. A. zeigten sich der provisorischen Regierung sehr ergeben.</p>
          <p>Präsident. War Blanqui bei den Manifestationen?</p>
          <p>Zeuge. Blanqui war da, sprach aber nicht; gleichwohl sah ich ihn an der Spitze von Männern, die sehr geneigt zu Gewaltthätigkeiten schienen.</p>
          <p>Blanqui. Wie weiß der Zeuge, daß ich feindselig gegen die provisorische Regierung gesinnt war?</p>
          <p>Zeuge. Weil Sie bei den Manifestationen des 17. März und 16. April von Haufen drohender Blousenmänner umgeben waren, denen Sie grade keine friedlichen Zeichen machten.</p>
          <p>Blanqui. Der Zeuge steht in direktem Widerspruche mit Hrn. v. Lamartine. Ich begreife übrigens die Deposition des Herrn Marie sehr wohl, denn ich hatte täglich die Handlungsweise der provisorischen Regierung angegriffen.</p>
          <p>Zeuge. Meine Ueberzeugung ist auf Thatsachen und Polizeiberichte gegründet, und nicht auf Angriffe, deren Gegenstand die provisorische Regierung war.</p>
          <p>Blanqui. Ganz recht, Ihre Ueberzeugung gründet sich auf Thatsachen und Polizeiberichte; da ich aber meine feindselige Gesinnung gegen die Provisorischen nie thätlich an den Tag legte, so sind diese Thatsachen und Polizeiberichte gerade auf nichts anderes gegründet, als auf die kritischen Angriffe, mit denen ich die Empfindlichkeit der Halbgötter des Stadthauses verletzte.</p>
          <p>Ich frage jetzt den Zeugen, ob er mich, wie der Generalprokurator das anzudeuten scheint, für den Urheber der Manifestation vom 16. April hält?</p>
          <p>Zeuge. Einige Tage vor dem 16. April theilte uns der Minister des Innern, Herr Ledrü-Rollin, mit, daß man ihm im Namen Blanqui's den Vorschlag gemacht, die gemäßigte Majorität der provisorischen Regierung zu stürzen und mit den demokratischen Mitgliedern eine neue Regierung zu bilden. Sie begreifen, daß, als einige Tage darauf die Manifestation des 16. April stattfand, dies bei uns mit dem von Ledrü-Rollin verrathenen Projekt in Verbindung gebracht wurde.</p>
          <p>Blanqui. Es ist nur Schade, daß die Zusammenberufung auf den 16. April vom Luxembourg ausging und die Wahl der Stabsoffiziere zum Zweck hatte.</p>
          <p>Uebrigens erkläre ich, daß ich weder direkt noch indirekt Herrn Ledrü-Rollin je ein solches Anerbieten stellte; selbst wenn ich eine solche Purifikation wirklich beabsichtigt hätte, wäre Hr. Ledrü-Rollin nicht der Mann gewesen, dem ich sie mitgetheilt haben würde. Ich bin sehr erstaunt, daß Hr. Ledrü-Rollin in seiner Deposition nichts davon erwähnte.</p>
          <p>Generaalprokurator. Hr. Marie hat seine Aussage bereits in derselben Weise vor der Untersuchungskommission der Assemblée abgegeben.</p>
          <p>Blanqui. Ich glaube, daß der Rapport der Untersuchungskommission auf eine wenig schmeichelhafte Weise außer Cours gesetzt ist.</p>
          <p>Präsident. Durch wen?</p>
          <p>Blanqui. Durch die Justiz. Man hat es selbst hier nicht gewagt, alle die in dem Rapport aufgezeichneten Niederträchtigkeiten zu wiederholen. Es gibt hier gewisse Personen, welche trotz ihrer Schamlosigkeit erröthen würden, wenn man sie an ihre Aussagen vor der Untersuchungskommission erinnern wollte. Die ersten Staatsmänner (nach der Februarrevolution) haben vor der Untersuchungskommission Zeugniß abgelegt, und ihre eidlichen Depositionen sind so direkt widersprechend, daß man sagen muß, der eine oder der andere ist ein Meineidiger. (Sensation.)</p>
          <p>Präsident. Wir sind nur hier, um die Thatsachen zu konstatiren. Die Geschwornen kennen den Rapport der Untersuchungs-Kommission nicht und sollen ihn nicht kennen.</p>
          <p>Blanqui. Der Rapport ist das ehrloseste Machwerk, was je das Tageslicht erblickt hat. (Großer Tumult auf der reservirten Tribüne; Beifallssturm im Publikum.)</p>
          <p>Zeuge Garnier-Pages, 46 Jahre alt, Ex-Mitglied der provisorischen Regierung, Repräsentant. Erklärt, wie der vorige Zeuge, daß Courtais sich nach dem Februar um die Sache der &#x201E;Ordnung&#x201C; sehr verdient gemacht habe.</p>
          <p>Sobrier. Theilte der Zeuge die Befürchtungen des General Courtais in Betreff meines Hauses in der Rue Rivoli?</p>
          <p>Zeuge. Ich glaube, daß Hr. Sobrier die besten Intentionen hegte; aber seine Handlungen stimmten nicht immer mit seinen Intentionen überein.</p>
          <p>Sobrier. Citiren sie Fakta.</p>
          <p>Zeuge. Ich kenne alle Rücksichten, welche ich den Angeklagten schulde.</p>
          <p>Sobrier. Ich bin hier nicht angeklagt.</p>
          <p>Generalprokurator. Wie! Was sagen Sie?</p>
          <p>Sobrier. Ich sage, daß ich im Voraus verurtheilt bin.</p>
          <p>Zwischen Sobrier und dem Präsidenten erhebt sich darauf ein lebhafter Wortwechsel über den Werth des exceptionellen Gerichtshofes. Sobrier erklärt am Schluß, daß er nicht daran gedacht habe, die Nationalversammlung zu verletzen, daß er aber unbedingt das Recht dazu gehabt, wenn die Versammlung nicht die Republik angenommen hätte.</p>
          <p>Garnier-Pagès. Ich bedaure, durch einen schlecht interpretirten Ausdruck zu diesem Zwischenfall Veranlassung gegeben zu haben. Ich spreche von Angeklagten, die meine Intentionen nicht in Zweifel ziehen werden. Als ich vor einigen Tagen in der Assemblée sprach, sagte ich: &#x201E;Mein ehrenwerther College, Barbes&#x201C;; ich hatte das Recht, so zu sprechen, da Barbes noch nicht verurtheilt ist.</p>
          <p>Barbes (Ironisch.) Wenn ich also verurtheilt bin, hört der &#x201E;ehrenwerthe College&#x201C; auf!</p>
          <p>Zeuge Lefranc, Volksrepräsentant: Ich war am 15. Mai in der Nationalversammlung, als man in dieselbe eindrang. Buchez (damals Präsident) gab Raspail einen Wink, der mir wie eine Aufforderung zum Verlesen der Petition vorkam.</p>
          <p>Raspail. Wünscht es der Gerichtshof, so wird Hr. Laurent (Volksrepräsentant) die nämliche Thatsache berichten.</p>
          <p>Der Präsident. In der That, ich habe einen dahin lautenden Brief von Hrn. Laurent erhalten.</p>
          <p>Raspail. Ich habe 6 Briefe erhalten, durch welche die von Hrn. Point (Volksrepräsentant) gemachte Aussage Lügen gestraft wird.</p>
          <p>Der Präsident giebt durch ein Zeichen die Ueberflüssigkeit neuer Aussagen gegen die Lügenhaftigkeit des Volksrepräsentanten Point zu verstehen.</p>
          <p>Zeuge Baudou-Toussaint, 60 Jahr alt, Rentier, hat am 15. Mai die Volksmasse sich auf das Gitter zustürzen sehen; es wurde für die Delegirten Einlaß verlangt und, als dieser bewilligt, u. A. auch Raspail eingelassen.</p>
          <p>Die Sitzung wird 1/2 Stunde suspendirt. Nach Wiedereröffnung erhält der Generalprokurator das Wort.</p>
          <p>Barbès. Erlauben Sie zuvor, Herr Präsident: Es ist gegen Huber eine Thatsache von ungeheurer Wichtigkeit vorgebracht worden. Der Herr Präsident hat darüber Nachforschung anzustellen versprochen, ich frage jetzt, was sich für ein Resultat ergeben?</p>
          <p>Präsident. Der Generalprokurator wird die ihm passend scheinenden Maaßregeln ergreifen und Sie können für sich beliebigen Gebrauch davon machen.</p>
          <p>Barbés. Oh, ich will gar keinen Gebrauch davon machen, ich vertheidige mich nicht.</p>
          <p>Damit ist dieser Inzidenzpunkt erledigt. (Schluß der Sitzung folgt.)</p>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Bourges.</head>
          <p>A. Huber hat von London aus, in Betreff der Zeugenaussage Monnier's, folgenden Brief an sämmtliche Pariser demokratische Journale gerichtet:</p>
          <p>&#x201E;Bürger Redakteur, die Reaktion verschont keinen der aufopferndsten Republikaner; da sie mich nicht körperlich treffen kann, will sie mich in der öffentlichen Meinung vernichten. Ich bin überrascht von den infamen Verläumdungen, deren Gegenstand ich heute bin. Wenn die Sozialdemokraten es für nöthig halten, daß ich mich nach Bourges begebe, um das mir imputirte Faktum zu widerlegen, werde ich unverzüglich gehen; im andern Falle aber bitte ich sie, nach ihrer eigenen Wahl eine Ehren-Jury zusammenzuberufen, die mich richten wird.&#x201C;</p>
          <p>Die &#x201E;Reforme&#x201C; bemerkt hierzu: Diese traurige Affaire wird sich denn in Bourges aufklären. Wie es scheint, verlangen alle Freunde der in Bourges Verhafteten, daß Huber, der am 15. Mai die Auflösung der National-Versammlung aussprach, jetzt nach dem neuen Verdacht sich in Bourges stellen müsse.</p>
        </div>
      </div>
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        <bibl>Redakteur en chef: <editor>Karl Marx.</editor>             </bibl>
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</TEI>
[1463/0003] fallen!) Heut Abend werden die Bourgeoishunde und Börsenwölfe illuminiren. „'S is over holter Ollens on's!“ Ungarn. _ Französische Republik. 12 Paris, 27. März. Der vielgefürchtete Montag ist ruhig vorübergegangen. Die erwartete Revolution ist erwarteter Weise nicht ausgebrochen. Das arme Ministerium; Jeden Augenblick eine Revolution erwarten zu müssen, ohne dieselbe zum Ausbruche bringen zu können! Aber, meinte Faucher in seinem Moniteur, die republikanischen Journale hätten doch so bestimmt zur Revolution aufgefordert; jeden Tag sogar wäre ein solcher Aufruf zu den Waffen in den demokratisch-sozialen Journalen zu lesen gewesen; was will denn die republikanische Presse mit solchen Provokationen in einem Augenblicke, wo Handel und Wandel auf's Neue erblühen? Was es mit dem Aufblühen des Handels und Wandels für Bewandniß hat, so ist dies eins jener verbrauchten Mittel, womit die reaktionäre Presse die Provinz gegen die den Handel störende Partei der Demokraten aufregen will. Die 200,000 Proletarier, die arbeitslos in Paris einhergehn, sind der beste Beweis gegen dies Aufblühn. Was nun aber die angeblichen Provokationen der demokratischen Presse anbetrifft, so bestehn diese ganz einfach darin, daß die „Revolution democratique et sociale“, sowie das Journal „Le Peuple“ einen zweiten 29. Januar denunzirten, und das Volk aufforderten, sich ja ruhig zu verhalten. Und wie kam das Volk dieser Aufforderung nach? Während in diesen Tagen die Frage über das Fortbestehn der Clubs Alles in Bewegung setzte und die Straßen beständig mit Volksgruppen angefüllt waren, ließ sich am vergangenen Montag kein Proletarier, kein Blusenmann auf der Straße blicken. Die Patrouillen froren, die Soldaten fluchten; Bugeaud hielt Reden: Alles umsonst. Der „Coup“ scheiterte und Paris blieb so ruhig, wie die geladenen Kanonen, welche Faucher und Barrot an den öffentlichen Plätzen hatten aufpflanzen lassen. Dagegen hat die reaktionäre Partei einen Trost erlebt, um welchen sie um so weniger zu beneiden ist, als er ihr von der revolutionären Partei schon lange voraus verkündet worden. Proudhon's Bank ist in Mißkredit verfallen; Proudhon's Bank steht auf dem Punkte Banqueroute zu machen, noch ehe sie angefangen hat zu fungiren. Die Arbeiter verlangen bereits die kleinen Summen zurück, welche sie vorgeschossen, um dieselben zu revolutionären Zwecken zu verwenden, und größere Aktionäe drohen mit Verfolgung. Das Volk ist dem Proudhon über den Kopf gewachsen; die Bank erscheint ihm als eine kleine Krämer-Spielerei, wo höchstens Schneider und Schuster Röcke und Stiefeln austauschen können, die aber dem großen Kapitale und der großen Industrie gegenüber ebenso nutzlos wie lächerlich ist. Wir werden speciell auf dieses als „riesenartig“ ausgeschrieene Institut zurückkommen. Bemerken wir nur vorläufig, daß die Proudhon'sche Bank mit 50,000 Fr. Einlagekapital zurücktreten muß vor der Milliarde! Tagtäglich laufen neue Bittschriften ein, und die Addition der Unterschriften hat bereits ein und ein halb Millionen Stimmen ergeben, die sich für die Zurückforderung derselben mit Interessen aussprechen. Auf der andern Seite nehmen die italienischen Angelegenheiten die ganze Aufmerksamkeit des französischen Volkes in Anspruch. Die solidarische Verantwortlichkeit der französischen und östreichischen Bourgeoisie, die durch die Familie Rothschild vermittelt wird, zeigt sich nirgends so klar als auf der Pariser Börse. In demselben Augenblick, wo es hieß, die Italiener seien geschlagen, stiegen die französischen Papiere um 2 Prozent. Also Radetzki und Windischgrätz sind nothwendig, um die französischen Staatspapiere aufrecht zu halten, und das Haus Rothschild, das ist der gemeinsame Bundesladen, die große Agentur der Bourgeoisie aller Länder. Die Wahlagitation hat begonnen: die demokratische Partei entfaltet ihre Fahne mit zwei ganz bestimmten Zwecken: Milliarde und Italien. So resumirt sich für diese Partei die innere und äußere Politik. Wer für die Milliarde und Italien stimmt, das ist der Mann der sozial-demokratischen Partei. Die Prozeßverhandlungen in Bourges, die gleichzeitig mit den Wahlagitationen stattfinden, tragen nicht wenig dazu bei, den Wahlen einen ausschließlich demokratischen Charakter zu geben. 12 Paris, 27. März. Napoleon braucht Geld und viel Geld; als er gewählt wurde, war er bekanntlich ruinirt und von Schulden zerfressen. Aber wenn man Präsident ist, so hat man immer ein Unterpfand zu geben. Napoleon brauchte also an 1 1/2 Mill. Franken, und will man wissen, welche Mobilien er verpfändet hat? sein eigenes Ministerium, das Ministerium Barrot-Faucher. Napoleon hat sich müssen anheischig machen, um den Preis von 1 1/2 Millionen, die die Bank von Frankreich ihm ohne Interessen vorschoß, den ihm aufgedrungenen Faucher, so wie den zudringlichen Barrot als Minister anzunehmen und zu behalten. So direkt kauft sich die hohe Finanz den „Auserwählten der sechs Millionen“. Für die geliehene Summe nun hat Napoleon einen Wechsel auf Sicht ausgestellt. Wie Napoleon Miene macht, einen andern Rock als den von Barrot oder Faucher anzuziehen, so kommt Rothschild mit seinem Wechsel heran und ist im Stande, den Präsidenten einsperren zu lassen. Wer weiß? Ein und eine halbe Million ist eine enorme Summe, und die sofortige Rückbezahlung einer solchen Summe bei der bloßen Vorzeigung eines Wechsels könnte den größten Kapitalisten in Verlegenheit setzen. Man sieht, in wessen Händen Napoleon, und in wessen Taschen Barrot steckt. Das Faktum kann um so weniger in Zweifel gesetzt werden, als noch kein ministerielles Journal es bisheran widerlegt hat. Mit dem andern Minister, Falloux, sieht es eben so schaufel aus; ich sage schaufel; denn für so schaufle Geschichten kann man nur die schaufelsten Ausdrücke wählen. Falloux ist Legitimist, der treueste Anhänger des Hrn. v. Chambord. Als der Herzog von Bordeaux Kunde erhielt von dem Eintritt des Hrn. Falloux in das Ministerium Napoleons, wurde er anfangs sehr niedergeschlagen; er sah darin einen Abfall seines treuesten Freundes. Doch bald besann er sich, und zu seiner heitern Stimmung zurückkehrend, rief er aus: O, ich kenne meinen Falloux, er hättte das nicht gethan, wenn er nicht geglaubt hätte, daß es zu meinem Besten sei! Paris, 28. März. Im Elysee deliberirte man gestern Abend ziemlich lange über die Frage, was man im Falle einer Niederlage der Piemontesen thun wolle; ob man die Alpen überschreite oder nicht? Die Berathung war ziemlich heiß und man sagt sich, daß fünf gegen vier gegen Intervention stimmten; darunter Herr Bonaparte. Der National, dem dieses Resultat zu Ohren kam, zeigt sich darüber sehr aufgebracht und wir dürfen, wenn Piemont unterliegt, neuen Kammerstürmen entgegensehen. ‒ Die Cholera ist der Union medicale zufolge im Abnehmen. Aus einigen Spitälern ist sie ganz verschwunden. ‒ Madame Gordon, Ex-Theatersängerin, die Deutschland vom Straßburger Attentat her kennt, ist vorige Nacht sanft im Herrn entschlummert. Im Elysee herrscht offizielle Trauer. Uebrigens wird dort die Geldklemme immer größer, trotz des monatlichen Zuschusses von 50,000 Fr. Eine russische Großfürstin allein kann helfen. ‒ Napoleon Bonaparte ist endlich nach Madrid abgereist. Er äußerte vor seine Abreise, daß er nicht lange bleiben dürfe, denn es ahne ihm, seinem Vetter drohe großes Unglück!!! ‒ Eben steht Proudhon vor den Affisen. ‒ Baffano, Sohn des alten Napoleongenerals, geht nach Karlsruhe als Vertreter der französischen Republik. ‒ In einem Briefe aus London vom 26. März protestirt Huber gegen das Zeugniß Monnier's in Bourges: daß er, Huber, für baares Geld royalistische Höllenmaschinen habe anfertigen lassen und trägt auf Zusammenrufung eines Ehrengerichtes an. ‒ Die beiden römischen Gesandten haben dem Elysée eine Art Ultimatum gestellt; ob es die römische Republik offiziell anerkennen wolle oder nicht? Sie sind nach London gereist, von wo sie bald hierher zurückkehren. ‒ Bourges, 27. März. Nichts als Requisitionen und Anwaltschaftsreden. Kein Incident. Nationalversammlung. Sitzung vom 28. März. Anfang 12 Uhr. Präsident Marrast läßt durch Stimmzettel die Zahl der Glieder ermitteln. Es sind 588 anwesend. An der Tagesordnung ist das Staatsbautenbudget (Kap. XVII, Eisenbahnen). Desmolles stellt ein Amendement auf eine Ersparniß von 43 Millionen auf die von dem Ausschusse zugegebenen Kredite. (Oh! Oh!) Wird verworfen. Stourm rechtfertigt im Namen des Ausschusses die Pläne der Kommission. Im Laufe seiner Rechtfertigung wird auch der Linie von Paris nach Hommartingen, und von Hommartingen nach Straßburg erwähnt und bemerkt, daß diese Linie wegen ihrer internationalen und strategischen Bedeutung durchaus baldigst vollendet werden müsse. Sie erheischt 14,000,000 Franken. Auch die Linien von Tours nach Bordeaux und Nantes werden lebhaft besprochen.‥‥ Hier unterbricht der Conseilpräsident, Odilon-Barrot, die Debatte. Marrast. Der Conseilpräsident verlangt das Wort zu einer Mittheilung der Regierung. Odilon-Barrot (tiefe Stille.) Die Regierung hält es für ihre Pflicht, der Versammlung eine erste Depesche mitzutheilen, die ihr aus Turin vom 27. März, Morgens 9 Uhr, zugeschickt wurde und also lautet: „Der französische Minister in Turin an den Minister des Auswärtigen in Paris. Die piemontesische Armee ist bei Novarra geschlagen und in die Gebirge von Borgomanero zurückgeworfen worden. Die Oesterreicher besetzten Novarra und Vercelli. Es scheint außer Zweifel, daß der König Karl Albert zu Gunsten des Herzogs von Savoyen abgedankt hat. Letzterer hat noch keine Depeschen nach Turin geschickt. Die Regierung in Turin hat den englischen Gesandten Abercromby und mich (Bois-le-Comte) ersuchen lassen, den Abschluß eines Waffenstillstandes zum Schutze der Stadt Turin von Radetzky zu erwirken. Wir haben uns ihr zur Verfügung gestellt, und erwarten ihre Befehle. Turin ist ruhig. Zweite Depesche. Nizza, 28. März. 5 Uhr Morgens. Diese Depesche meldet der Regierung in Paris, daß Karl Albert, nachdem er zu Gunsten seines Sohnes des Kronprinzen, Herzogs von Savoyen, abgedankt, in Nizza eingetroffen sei, und sich auf das Gebiet der franz. Republik begebe. Die Armee ist bei Novarra geschlagen worden. Doch blieb ihre Ehre unverletzt. Odilon-Borrot fortfahrend: So überraschend schnell dieser Ausfall erscheinen mag, kommt er doch nicht ganz unvorhergesehen. Obwohl bei dieser Gelegenheit die piemontesische Regierung die weisen Rathschläge der Regierung der Republik unerhört ließ, so sind wir doch nichts destoweniger entschlossen und entschieden (resolus et décidés), die Rechte und Interessen Frankreichs durch Aufrechterhaltung des piemontesischen Gebiets zu wahren. Diese Mittheilung wurde mit Eiskälte angehört. Rechts erschallte schwacher Beifall. Die Versammlung kehrt zum Büdget (Kapitel 17) zurück. Die übrigen Eisenbahnlinien wurden rasch erledigt. Ihnen folgten die Kapitel 18, 19, 20, 21, 22, 23 und 24 ohne spezielles Interesse. Das Gesammtbüdget der Staatsbauten wurde hierauf zur Abstimmung gebracht und mit 593 gegen 52 Stimmen angenommen. Nach Ertheilung einiger Urlaube ging die Versammlung unter ziemlich lebhaften Gesprächen über Italien um 6 1/2 Uhr auseinander. Man munkelt von einer Prorogation der Nationalversammlung bis zum 10. oder 15 Mai. Schluß 6 1/2 Uhr. * Bourges, 26. März. (Prozeßverhandlung.) Vor dem Requisitorium des Generalprokurators werden noch mehrere Zeugen verhört, die sich nachträglich eingefunden haben. Zeuge Marie, Exmitglied der provisorischen Regierung, Advokat, erklärt auf Befragen des Vertheidigers Bethmont nach Courtais: Courtais habe mit ihm unter den „Radikalen“ der alten Deputirtenkammer gesessen, sei aber durchaus gemäßigt gewesen; nach der Februarrevolution habe man (das „Man“ des National) um so weniger gesäumt, dem General Courtais das Kommando der Nationalgarde zu übergeben, als die Männer des National die Republik auf der (alten) „Ordnung“ gründen wollten, und der General Courtais nicht anders verstanden habe, kurz, der General Courtais habe durchaus der honetten Coterie des National angehört, habe in den Tagen der Gefahr aufopfernde Ergebenheit bewiesen, und auch am 15. Mai an der Assemblée seine Schuldigkeit gethan. Präsident. Was versteht Herr Marie unter den Tagen der Gefahr? Zeuge. Ich meinte den 17. März und 16. April. Präsident. Die provisorische Regierung lief also Gefahr in diesen Tagen? Zeuge. Allerdings. Der General Courtais wurde auf der einen Seite angegriffen, auf der andern auf das Energischste von allen guten Republikanern vertheidigt: Barbès u. A. zeigten sich der provisorischen Regierung sehr ergeben. Präsident. War Blanqui bei den Manifestationen? Zeuge. Blanqui war da, sprach aber nicht; gleichwohl sah ich ihn an der Spitze von Männern, die sehr geneigt zu Gewaltthätigkeiten schienen. Blanqui. Wie weiß der Zeuge, daß ich feindselig gegen die provisorische Regierung gesinnt war? Zeuge. Weil Sie bei den Manifestationen des 17. März und 16. April von Haufen drohender Blousenmänner umgeben waren, denen Sie grade keine friedlichen Zeichen machten. Blanqui. Der Zeuge steht in direktem Widerspruche mit Hrn. v. Lamartine. Ich begreife übrigens die Deposition des Herrn Marie sehr wohl, denn ich hatte täglich die Handlungsweise der provisorischen Regierung angegriffen. Zeuge. Meine Ueberzeugung ist auf Thatsachen und Polizeiberichte gegründet, und nicht auf Angriffe, deren Gegenstand die provisorische Regierung war. Blanqui. Ganz recht, Ihre Ueberzeugung gründet sich auf Thatsachen und Polizeiberichte; da ich aber meine feindselige Gesinnung gegen die Provisorischen nie thätlich an den Tag legte, so sind diese Thatsachen und Polizeiberichte gerade auf nichts anderes gegründet, als auf die kritischen Angriffe, mit denen ich die Empfindlichkeit der Halbgötter des Stadthauses verletzte. Ich frage jetzt den Zeugen, ob er mich, wie der Generalprokurator das anzudeuten scheint, für den Urheber der Manifestation vom 16. April hält? Zeuge. Einige Tage vor dem 16. April theilte uns der Minister des Innern, Herr Ledrü-Rollin, mit, daß man ihm im Namen Blanqui's den Vorschlag gemacht, die gemäßigte Majorität der provisorischen Regierung zu stürzen und mit den demokratischen Mitgliedern eine neue Regierung zu bilden. Sie begreifen, daß, als einige Tage darauf die Manifestation des 16. April stattfand, dies bei uns mit dem von Ledrü-Rollin verrathenen Projekt in Verbindung gebracht wurde. Blanqui. Es ist nur Schade, daß die Zusammenberufung auf den 16. April vom Luxembourg ausging und die Wahl der Stabsoffiziere zum Zweck hatte. Uebrigens erkläre ich, daß ich weder direkt noch indirekt Herrn Ledrü-Rollin je ein solches Anerbieten stellte; selbst wenn ich eine solche Purifikation wirklich beabsichtigt hätte, wäre Hr. Ledrü-Rollin nicht der Mann gewesen, dem ich sie mitgetheilt haben würde. Ich bin sehr erstaunt, daß Hr. Ledrü-Rollin in seiner Deposition nichts davon erwähnte. Generaalprokurator. Hr. Marie hat seine Aussage bereits in derselben Weise vor der Untersuchungskommission der Assemblée abgegeben. Blanqui. Ich glaube, daß der Rapport der Untersuchungskommission auf eine wenig schmeichelhafte Weise außer Cours gesetzt ist. Präsident. Durch wen? Blanqui. Durch die Justiz. Man hat es selbst hier nicht gewagt, alle die in dem Rapport aufgezeichneten Niederträchtigkeiten zu wiederholen. Es gibt hier gewisse Personen, welche trotz ihrer Schamlosigkeit erröthen würden, wenn man sie an ihre Aussagen vor der Untersuchungskommission erinnern wollte. Die ersten Staatsmänner (nach der Februarrevolution) haben vor der Untersuchungskommission Zeugniß abgelegt, und ihre eidlichen Depositionen sind so direkt widersprechend, daß man sagen muß, der eine oder der andere ist ein Meineidiger. (Sensation.) Präsident. Wir sind nur hier, um die Thatsachen zu konstatiren. Die Geschwornen kennen den Rapport der Untersuchungs-Kommission nicht und sollen ihn nicht kennen. Blanqui. Der Rapport ist das ehrloseste Machwerk, was je das Tageslicht erblickt hat. (Großer Tumult auf der reservirten Tribüne; Beifallssturm im Publikum.) Zeuge Garnier-Pages, 46 Jahre alt, Ex-Mitglied der provisorischen Regierung, Repräsentant. Erklärt, wie der vorige Zeuge, daß Courtais sich nach dem Februar um die Sache der „Ordnung“ sehr verdient gemacht habe. Sobrier. Theilte der Zeuge die Befürchtungen des General Courtais in Betreff meines Hauses in der Rue Rivoli? Zeuge. Ich glaube, daß Hr. Sobrier die besten Intentionen hegte; aber seine Handlungen stimmten nicht immer mit seinen Intentionen überein. Sobrier. Citiren sie Fakta. Zeuge. Ich kenne alle Rücksichten, welche ich den Angeklagten schulde. Sobrier. Ich bin hier nicht angeklagt. Generalprokurator. Wie! Was sagen Sie? Sobrier. Ich sage, daß ich im Voraus verurtheilt bin. Zwischen Sobrier und dem Präsidenten erhebt sich darauf ein lebhafter Wortwechsel über den Werth des exceptionellen Gerichtshofes. Sobrier erklärt am Schluß, daß er nicht daran gedacht habe, die Nationalversammlung zu verletzen, daß er aber unbedingt das Recht dazu gehabt, wenn die Versammlung nicht die Republik angenommen hätte. Garnier-Pagès. Ich bedaure, durch einen schlecht interpretirten Ausdruck zu diesem Zwischenfall Veranlassung gegeben zu haben. Ich spreche von Angeklagten, die meine Intentionen nicht in Zweifel ziehen werden. Als ich vor einigen Tagen in der Assemblée sprach, sagte ich: „Mein ehrenwerther College, Barbes“; ich hatte das Recht, so zu sprechen, da Barbes noch nicht verurtheilt ist. Barbes (Ironisch.) Wenn ich also verurtheilt bin, hört der „ehrenwerthe College“ auf! Zeuge Lefranc, Volksrepräsentant: Ich war am 15. Mai in der Nationalversammlung, als man in dieselbe eindrang. Buchez (damals Präsident) gab Raspail einen Wink, der mir wie eine Aufforderung zum Verlesen der Petition vorkam. Raspail. Wünscht es der Gerichtshof, so wird Hr. Laurent (Volksrepräsentant) die nämliche Thatsache berichten. Der Präsident. In der That, ich habe einen dahin lautenden Brief von Hrn. Laurent erhalten. Raspail. Ich habe 6 Briefe erhalten, durch welche die von Hrn. Point (Volksrepräsentant) gemachte Aussage Lügen gestraft wird. Der Präsident giebt durch ein Zeichen die Ueberflüssigkeit neuer Aussagen gegen die Lügenhaftigkeit des Volksrepräsentanten Point zu verstehen. Zeuge Baudou-Toussaint, 60 Jahr alt, Rentier, hat am 15. Mai die Volksmasse sich auf das Gitter zustürzen sehen; es wurde für die Delegirten Einlaß verlangt und, als dieser bewilligt, u. A. auch Raspail eingelassen. Die Sitzung wird 1/2 Stunde suspendirt. Nach Wiedereröffnung erhält der Generalprokurator das Wort. Barbès. Erlauben Sie zuvor, Herr Präsident: Es ist gegen Huber eine Thatsache von ungeheurer Wichtigkeit vorgebracht worden. Der Herr Präsident hat darüber Nachforschung anzustellen versprochen, ich frage jetzt, was sich für ein Resultat ergeben? Präsident. Der Generalprokurator wird die ihm passend scheinenden Maaßregeln ergreifen und Sie können für sich beliebigen Gebrauch davon machen. Barbés. Oh, ich will gar keinen Gebrauch davon machen, ich vertheidige mich nicht. Damit ist dieser Inzidenzpunkt erledigt. (Schluß der Sitzung folgt.) * Bourges. A. Huber hat von London aus, in Betreff der Zeugenaussage Monnier's, folgenden Brief an sämmtliche Pariser demokratische Journale gerichtet: „Bürger Redakteur, die Reaktion verschont keinen der aufopferndsten Republikaner; da sie mich nicht körperlich treffen kann, will sie mich in der öffentlichen Meinung vernichten. Ich bin überrascht von den infamen Verläumdungen, deren Gegenstand ich heute bin. Wenn die Sozialdemokraten es für nöthig halten, daß ich mich nach Bourges begebe, um das mir imputirte Faktum zu widerlegen, werde ich unverzüglich gehen; im andern Falle aber bitte ich sie, nach ihrer eigenen Wahl eine Ehren-Jury zusammenzuberufen, die mich richten wird.“ Die „Reforme“ bemerkt hierzu: Diese traurige Affaire wird sich denn in Bourges aufklären. Wie es scheint, verlangen alle Freunde der in Bourges Verhafteten, daß Huber, der am 15. Mai die Auflösung der National-Versammlung aussprach, jetzt nach dem neuen Verdacht sich in Bourges stellen müsse. Redakteur en chef: Karl Marx.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 260. Köln, 31. März 1849, S. 1463. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz260_1849/3>, abgerufen am 26.04.2024.