Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Alexander von Humboldts Vorlesungen über phÿsikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

men Empfindung auch nicht einmal auf ein Paar Stunden mehr
ausgesetzt ist, fängt erst unter 29° N. B. an, wo es auch nicht
mehr friert.

Wo die isothermen Linien einen convexen Scheitel bilden,
da herrscht wenig Verschiedenheit in der mittlern Temperatur
des Sommers u. Winters. Dies ist das cisatlantische System;
wo sie einen concaven bilden, da herrscht sehr große[.] Verschiedenheit.
Dies ist das transatlantische System, welches Buffon clima
excessif
nennt. New York unter 403/4° N. B. hat einen Sommer
wie Rom, einen Winter wie Copenhagen. In Quebek ist ein
Sommer wie in Paris, ein Winter wie in Petersburg. Hierin
mag auch die Tendenz dieser Gegenden zum gelben Fieber liegen.

Vom Unterschied zwischen der nördlichen [u.]und südlichen Hemisphaere.

Durch Cooks Reise ist das Vorurtheil verbreitet, daß die südl[:]iche
Hemisphaere kälter sei, als die nördliche, weil der Südpol mehr
261
mit Eis belegt sei als der Nordpol. Allein Capt. Weddel, der
kürzlich Neushetland genauer untersuchte, fand im Süden
davon ein eisfreies Meer [u.]und behauptet es sei leichter den Süd-
als den Nordpol zu erreichen. Vergleicht man Spanien [u.]und Cala-
brien mit Chili [u.]und Buenos-Ayres, so ist es in Chili nicht kälter
als in Cadix, welche beide unter 36° B. liegen. Am Cap d[.]er guten
Hoffnung ist die mittlere Temp:eratur +15,5° R; in Port Jackson +15,4°
in Buenos-Ayres +15,8° R: Die größte Kälte der südlichen
Hemisphaere fängt erst in der Breite von Berlin unter 51°
am Cap Horn [u.]und im Feuerlande an. Man hat viele Ur-
sachen des Phaenomens aufgesucht. Lambert in seiner Py-
rometrie giebt an, daß die Irradiation beider Hemisphaeren

men Empfindung auch nicht einmal auf ein Paar Stunden mehr
ausgesetzt ist, fängt erst unter 29° N. B. an, wo es auch nicht
mehr friert.

Wo die isothermen Linien einen convexen Scheitel bilden,
da herrscht wenig Verschiedenheit in der mittlern Temperatur
des Sommers u. Winters. Dies ist das cisatlantische Sÿstem;
wo sie einen concaven bilden, da herrscht sehr große[.] Verschiedenheit.
Dies ist das transatlantische Sÿstem, welches Buffon clima
excessif
nennt. New York unter 40¾° N. B. hat einen Som̃er
wie Rom, einen Winter wie Copenhagen. In Quebek ist ein
Sommer wie in Paris, ein Winter wie in Petersburg. Hierin
mag auch die Tendenz dieser Gegenden zum gelben Fieber liegen.

Vom Unterschied zwischen der nördlichen [u.]und südlichen Hemisphaere.

Durch Cooks Reise ist das Vorurtheil verbreitet, daß die südl[:]iche
Hemisphaere kälter sei, als die nördliche, weil der Südpol mehr
261
mit Eis belegt sei als der Nordpol. Allein Capt. Weddel, der
kürzlich Neushetland genauer untersuchte, fand im Süden
davon ein eisfreies Meer [u.]und behauptet es sei leichter den Süd-
als den Nordpol zu erreichen. Vergleicht man Spanien [u.]und Cala-
brien mit Chili [u.]und Buenos-Aÿres, so ist es in Chili nicht kälter
als in Cadix, welche beide unter 36° B. liegen. Am Cap d[.]er guten
Hoffnung ist die mittlere Temp:eratur +15,5° R; in Port Jackson +15,4°
in Buenos-Aÿres +15,8° R: Die größte Kälte der südlichen
Hemisphaere fängt erst in der Breite von Berlin unter 51°
am Cap Horn [u.]und im Feuerlande an. Man hat viele Ur-
sachen des Phaenomens aufgesucht. Lambert in seiner Pÿ-
rometrie giebt an, daß die Irradiation beider Hemisphaeren

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="session" n="50">
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <div n="4">
                <p><pb facs="#f0273" n="[267]"/>
men Empfindung auch nicht einmal auf ein Paar Stunden mehr<lb/>
ausgesetzt ist, fängt erst unter 29° N. B. an, wo es auch nicht<lb/>
mehr friert.</p><lb/>
                <p>Wo die isothermen Linien einen convexen Scheitel bilden,<lb/>
da herrscht wenig Verschiedenheit in der mittlern Temperatur<lb/>
des Sommers u. Winters. Dies ist das cisatlantische Sÿstem;<lb/>
wo sie einen concaven bilden, <choice><sic>de</sic><corr resp="#BF">da</corr></choice> herrscht sehr große<subst><del rendition="#ow"><supplied resp="#BF">.</supplied></del><add place="across"> Verschiedenheit<choice><sic>,</sic><corr resp="#BF">.</corr></choice></add></subst><lb/>
Dies ist das transatlantische Sÿstem, welches <hi rendition="#aq"><persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118517252 http://d-nb.info/gnd/118517252">Buffon</persName> clima<lb/>
excessif</hi><note resp="#BF" type="editorial">In Anonym 1934 geändert zu: climat excessif.</note> nennt. <hi rendition="#aq">New York</hi> unter 40¾° N. B. hat einen Som&#x0303;er<lb/>
wie <hi rendition="#aq">Rom</hi>, einen Winter wie <hi rendition="#aq">Copenhagen</hi>. In <hi rendition="#aq">Quebek</hi> ist ein<lb/>
Sommer wie in <hi rendition="#aq">Paris</hi>, ein Winter wie in <hi rendition="#aq">Petersburg</hi>. Hierin<lb/>
mag auch die Tendenz dieser Gegenden zum gelben Fieber liegen.</p>
              </div><lb/>
              <div n="4">
                <head><hi rendition="#u">Vom Unterschied zwischen der nördlichen <subst><del rendition="#ow"><supplied resp="#BF">u.</supplied></del><add place="across">und</add></subst> südlichen Hemisphaere</hi>.</head><lb/>
                <p>Durch <hi rendition="#aq"><persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118522027 http://d-nb.info/gnd/118522027">Cook</persName>s</hi> Reise ist das Vorurtheil verbreitet, daß die südl<subst><del rendition="#ow"><supplied resp="#BF">:</supplied></del><add place="across">iche</add></subst><lb/>
Hemisphaere kälter sei, als die nördliche, weil der Südpol mehr<lb/><note place="left" hand="#pencil">261<lb/></note>mit Eis belegt sei als der Nordpol. Allein <hi rendition="#aq">Capt. <persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-172444462 http://d-nb.info/gnd/172444462">Weddel</persName></hi>, der<lb/>
kürzlich <hi rendition="#aq">Neushetland</hi> genauer untersuchte, fand im Süden<lb/>
davon ein eisfreies Meer <subst><del rendition="#ow"><supplied resp="#BF">u.</supplied></del><add place="across">und</add></subst> behauptet es sei leichter den Süd-<lb/>
als den Nordpol zu erreichen. Vergleicht man Spanien <subst><del rendition="#ow"><supplied resp="#BF">u.</supplied></del><add place="across">und</add></subst> Cala-<lb/>
brien mit Chili <subst><del rendition="#ow"><supplied resp="#BF">u.</supplied></del><add place="across">und</add></subst> Buenos-Aÿres, so ist es in Chili nicht kälter<lb/>
als in Cadix, welche beide unter 36° B. liegen. Am Cap d<subst><del rendition="#ow"><supplied resp="#BF">.</supplied></del><add place="across">er</add></subst> guten<lb/>
Hoffnung ist die mittlere Temp<subst><del rendition="#ow">:</del><add place="sublinear"><metamark/>eratur</add></subst> +15,5° <hi rendition="#aq">R</hi>; in <hi rendition="#aq">Port Jackson</hi> +15,4°<lb/>
in <hi rendition="#aq">Buenos-Aÿres</hi> +15,8° <hi rendition="#aq">R</hi>: Die größte Kälte der südlichen<lb/>
Hemisphaere fängt erst in der Breite von Berlin unter 51°<lb/>
am Cap Horn <subst><del rendition="#ow"><supplied resp="#BF">u.</supplied></del><add place="across">und</add></subst> im Feuerlande an. Man hat viele Ur-<lb/>
sachen des Phaenomens aufgesucht. <hi rendition="#aq"><persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118568876 http://d-nb.info/gnd/118568876">Lambert</persName></hi> in seiner Pÿ-<lb/>
rometrie giebt an, daß die <choice><sic>Eradiation</sic><corr resp="#CT">Irradiation</corr></choice> beider Hemisphaeren<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[267]/0273] men Empfindung auch nicht einmal auf ein Paar Stunden mehr ausgesetzt ist, fängt erst unter 29° N. B. an, wo es auch nicht mehr friert. Wo die isothermen Linien einen convexen Scheitel bilden, da herrscht wenig Verschiedenheit in der mittlern Temperatur des Sommers u. Winters. Dies ist das cisatlantische Sÿstem; wo sie einen concaven bilden, da herrscht sehr große Verschiedenheit. Dies ist das transatlantische Sÿstem, welches Buffon clima excessif nennt. New York unter 40¾° N. B. hat einen Som̃er wie Rom, einen Winter wie Copenhagen. In Quebek ist ein Sommer wie in Paris, ein Winter wie in Petersburg. Hierin mag auch die Tendenz dieser Gegenden zum gelben Fieber liegen. Vom Unterschied zwischen der nördlichen und südlichen Hemisphaere. Durch Cooks Reise ist das Vorurtheil verbreitet, daß die südliche Hemisphaere kälter sei, als die nördliche, weil der Südpol mehr mit Eis belegt sei als der Nordpol. Allein Capt. Weddel, der kürzlich Neushetland genauer untersuchte, fand im Süden davon ein eisfreies Meer und behauptet es sei leichter den Süd- als den Nordpol zu erreichen. Vergleicht man Spanien und Cala- brien mit Chili und Buenos-Aÿres, so ist es in Chili nicht kälter als in Cadix, welche beide unter 36° B. liegen. Am Cap der guten Hoffnung ist die mittlere Temperatur +15,5° R; in Port Jackson +15,4° in Buenos-Aÿres +15,8° R: Die größte Kälte der südlichen Hemisphaere fängt erst in der Breite von Berlin unter 51° am Cap Horn und im Feuerlande an. Man hat viele Ur- sachen des Phaenomens aufgesucht. Lambert in seiner Pÿ- rometrie giebt an, daß die Irradiation beider Hemisphaeren 261

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Anonym (Hg.): Alexander von Humboldts Vorlesungen über physikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. Berlin, 1934. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

Abweichungen von den DTA-Richtlinien:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Kustoden: nicht erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2345_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2345_1827/273
Zitationshilfe: [N. N.]: Alexander von Humboldts Vorlesungen über phÿsikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. [267]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2345_1827/273>, abgerufen am 21.12.2024.