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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 5. Freiburg im Breisgau, 1857.

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Kreise: Twiste, Eisenberg u. Eder. Verfassung: constitutionell-monarchisch; das Jahresbudget für 1854-1856 ergibt 363797 Thlr. Einnahmen und 373653 Thlr. Ausgaben; die Staatsschuld beträgt etwas über 11/2 Mill. Thlr. Im Bundestage hat W. im Plenum 1 Stimme, im engern Rathe hat es Antheil an der 16. Curiatstimme; das Bundescontingent beträgt 519 Mann. Regierender Fürst ist Georg Victor, geb. 1831, seit 1853 vermählt mit Helene von Nassau. Das Geschlecht W. ist ein altes gräfliches, ward 1682 in den Reichsfürstenstand erhoben, trat 1807 dem Rheinbunde bei, 1814 dem deutschen Bunde.


Waldemar, Name von 4 dänischen Königen; die historisch merkwürdigen, s. Dänemark; auch Name schlesw. und brandenburg. Fürsten. - W. der Falsche, 1347-55 brandenb. Prätendent gegen den bayer. Kurfürsten Ludwig, gab sich für den in Palästina gestorbenen Askanier W. von Brandenburg aus, fand bei Fürsten u. bei dem Volke Anhang, zog sich endlich nach Dessau zurück; er soll ein Müller Rehbock, nach andern ein Bäcker Mähnike gewesen sein. (Klöden, Geschichte des Markgrafen W., 4 Bde., Berl. 1844.)


Waldemar, Friedrich Wilhelm, geb. 1817, Sohn des preuß. Prinzen Wilhelm, reiste 1845 in den Orient, wohnte 1846 dem engl. Feldzuge gegen die Sikhs bei, st. 1849 als preuß. General zu Münster. ("Zur Erinnerung an die Reise des Prinzen W.", 2 Bde., Berlin 1855.)


Waldenburg, preuß.-schles. Stadt im Reg.-Bez. Breslau, in den Sudeten, mit 4300 E., wichtigem Bergbau, Leinen- u. Porcellanfabrikation. - W., sächs. Stadt im Kreisdir. - Bez. Zwickau, mit 2800 E., Töpferei. - W., württemb. Stadt im Oberamte Oehringen, gehört zur fürstl. Standesherrschaft Hohenlohe-W.-Schillingsfürst, hat 1300 E.


Waldenser, eine Sekte, die schon zur Apostelzeit od. durch Schüler des Claudius von Turin entstanden sein wollte, in der That aber einem reichen Kaufmanne aus Lyon, Pierre de Vaux, latinis. Petrus Waldus, Ursprung u. Namen verdankt. Ein Unglücksfall bewog diesen, seine ganze Habe wegzugeben, sich einer vermeintlich evangelischen Armuth zu widmen und um 1170 als apostolischer Lehrer aufzutreten. Er ließ die Evangelien mit erläuternden Aussprüchen der Kirchenväter ins Romanische übersetzen u. sammelte um sich Anhänger, Humiliaten (Demuthsvolle), Leonisten (die von Lyon), noch gewöhnlicher Arme von Lyon (pauperes de Lugduno) genannt. Der Erzbischof von Lyon untersagte ihnen das Predigen, aber sie erklärten, man müsse Gott mehr als den Menschen gehorchen und als man ihnen keine Ruhe ließ, so beschwerten sie sich 1179 beim Papste Alexander III. u. übermachten diesem zugleich die Uebersetzung einiger biblischen Bücher mit Glossen. Von Alexander III. zum Gehorsam gegen ihren Bischof ermahnt, wendeten sie sich an seinen Nachfolger Lucius III., wurden aber 1184 auf der Synode zu Verona excommunicirt. Ungeachtet des Bannes setzten die W. ihr Predigen fort und gewannen Anhang selbst im Königreich Aragon, bis Alfons II. sie 1194 als "Feinde des Kreuzes Christi, als Schänder der christlichen Religion und als Feinde des Königs u. des Staates" vertreiben ließ. 1212 versuchten sie bei Innocenz III. abermals die Anerkennung ihrer Conventikel durchzusetzen u. erreichten mindestens so viel, daß ein Zweig der W. in Metz Versammlungen halten und die heilige Schrift lesen durfte. Der Papst hoffte, die evangelische Armuth der W. würde zuletzt zu einem Mönchsgelübde ausschlagen, aber sie zählten bereits viele fanatisirte Köpfe in Südfrankreich, Piemont und der Lombardei und ihre genauer entwickelte Lehre war mit der der Kirche vollkommen unvereinbar: nicht nur daß sie jeden weltlichen Besitz der Geistlichkeit als der evangelischen Armuth zuwider verwarfen und selber den Zehnten unchristlich fanden, sie behaupteten auch, man schulde dem Papst und dem Klerus keinen Gehorsam, weil jeder Christ ein Priester sei und griffen Sacramente und Sacramentalien, Ceremonien, Fast- und Festtage der Kirche an, besonders auch die Beichte; von der

Kreise: Twiste, Eisenberg u. Eder. Verfassung: constitutionell-monarchisch; das Jahresbudget für 1854–1856 ergibt 363797 Thlr. Einnahmen und 373653 Thlr. Ausgaben; die Staatsschuld beträgt etwas über 11/2 Mill. Thlr. Im Bundestage hat W. im Plenum 1 Stimme, im engern Rathe hat es Antheil an der 16. Curiatstimme; das Bundescontingent beträgt 519 Mann. Regierender Fürst ist Georg Victor, geb. 1831, seit 1853 vermählt mit Helene von Nassau. Das Geschlecht W. ist ein altes gräfliches, ward 1682 in den Reichsfürstenstand erhoben, trat 1807 dem Rheinbunde bei, 1814 dem deutschen Bunde.


Waldemar, Name von 4 dänischen Königen; die historisch merkwürdigen, s. Dänemark; auch Name schlesw. und brandenburg. Fürsten. – W. der Falsche, 1347–55 brandenb. Prätendent gegen den bayer. Kurfürsten Ludwig, gab sich für den in Palästina gestorbenen Askanier W. von Brandenburg aus, fand bei Fürsten u. bei dem Volke Anhang, zog sich endlich nach Dessau zurück; er soll ein Müller Rehbock, nach andern ein Bäcker Mähnike gewesen sein. (Klöden, Geschichte des Markgrafen W., 4 Bde., Berl. 1844.)


Waldemar, Friedrich Wilhelm, geb. 1817, Sohn des preuß. Prinzen Wilhelm, reiste 1845 in den Orient, wohnte 1846 dem engl. Feldzuge gegen die Sikhs bei, st. 1849 als preuß. General zu Münster. („Zur Erinnerung an die Reise des Prinzen W.“, 2 Bde., Berlin 1855.)


Waldenburg, preuß.-schles. Stadt im Reg.-Bez. Breslau, in den Sudeten, mit 4300 E., wichtigem Bergbau, Leinen- u. Porcellanfabrikation. – W., sächs. Stadt im Kreisdir. - Bez. Zwickau, mit 2800 E., Töpferei. – W., württemb. Stadt im Oberamte Oehringen, gehört zur fürstl. Standesherrschaft Hohenlohe-W.-Schillingsfürst, hat 1300 E.


Waldenser, eine Sekte, die schon zur Apostelzeit od. durch Schüler des Claudius von Turin entstanden sein wollte, in der That aber einem reichen Kaufmanne aus Lyon, Pierre de Vaux, latinis. Petrus Waldus, Ursprung u. Namen verdankt. Ein Unglücksfall bewog diesen, seine ganze Habe wegzugeben, sich einer vermeintlich evangelischen Armuth zu widmen und um 1170 als apostolischer Lehrer aufzutreten. Er ließ die Evangelien mit erläuternden Aussprüchen der Kirchenväter ins Romanische übersetzen u. sammelte um sich Anhänger, Humiliaten (Demuthsvolle), Leonisten (die von Lyon), noch gewöhnlicher Arme von Lyon (pauperes de Lugduno) genannt. Der Erzbischof von Lyon untersagte ihnen das Predigen, aber sie erklärten, man müsse Gott mehr als den Menschen gehorchen und als man ihnen keine Ruhe ließ, so beschwerten sie sich 1179 beim Papste Alexander III. u. übermachten diesem zugleich die Uebersetzung einiger biblischen Bücher mit Glossen. Von Alexander III. zum Gehorsam gegen ihren Bischof ermahnt, wendeten sie sich an seinen Nachfolger Lucius III., wurden aber 1184 auf der Synode zu Verona excommunicirt. Ungeachtet des Bannes setzten die W. ihr Predigen fort und gewannen Anhang selbst im Königreich Aragon, bis Alfons II. sie 1194 als „Feinde des Kreuzes Christi, als Schänder der christlichen Religion und als Feinde des Königs u. des Staates“ vertreiben ließ. 1212 versuchten sie bei Innocenz III. abermals die Anerkennung ihrer Conventikel durchzusetzen u. erreichten mindestens so viel, daß ein Zweig der W. in Metz Versammlungen halten und die heilige Schrift lesen durfte. Der Papst hoffte, die evangelische Armuth der W. würde zuletzt zu einem Mönchsgelübde ausschlagen, aber sie zählten bereits viele fanatisirte Köpfe in Südfrankreich, Piemont und der Lombardei und ihre genauer entwickelte Lehre war mit der der Kirche vollkommen unvereinbar: nicht nur daß sie jeden weltlichen Besitz der Geistlichkeit als der evangelischen Armuth zuwider verwarfen und selber den Zehnten unchristlich fanden, sie behaupteten auch, man schulde dem Papst und dem Klerus keinen Gehorsam, weil jeder Christ ein Priester sei und griffen Sacramente und Sacramentalien, Ceremonien, Fast- und Festtage der Kirche an, besonders auch die Beichte; von der

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[662/0663] Kreise: Twiste, Eisenberg u. Eder. Verfassung: constitutionell-monarchisch; das Jahresbudget für 1854–1856 ergibt 363797 Thlr. Einnahmen und 373653 Thlr. Ausgaben; die Staatsschuld beträgt etwas über 11/2 Mill. Thlr. Im Bundestage hat W. im Plenum 1 Stimme, im engern Rathe hat es Antheil an der 16. Curiatstimme; das Bundescontingent beträgt 519 Mann. Regierender Fürst ist Georg Victor, geb. 1831, seit 1853 vermählt mit Helene von Nassau. Das Geschlecht W. ist ein altes gräfliches, ward 1682 in den Reichsfürstenstand erhoben, trat 1807 dem Rheinbunde bei, 1814 dem deutschen Bunde. Waldemar, Name von 4 dänischen Königen; die historisch merkwürdigen, s. Dänemark; auch Name schlesw. und brandenburg. Fürsten. – W. der Falsche, 1347–55 brandenb. Prätendent gegen den bayer. Kurfürsten Ludwig, gab sich für den in Palästina gestorbenen Askanier W. von Brandenburg aus, fand bei Fürsten u. bei dem Volke Anhang, zog sich endlich nach Dessau zurück; er soll ein Müller Rehbock, nach andern ein Bäcker Mähnike gewesen sein. (Klöden, Geschichte des Markgrafen W., 4 Bde., Berl. 1844.) Waldemar, Friedrich Wilhelm, geb. 1817, Sohn des preuß. Prinzen Wilhelm, reiste 1845 in den Orient, wohnte 1846 dem engl. Feldzuge gegen die Sikhs bei, st. 1849 als preuß. General zu Münster. („Zur Erinnerung an die Reise des Prinzen W.“, 2 Bde., Berlin 1855.) Waldenburg, preuß.-schles. Stadt im Reg.-Bez. Breslau, in den Sudeten, mit 4300 E., wichtigem Bergbau, Leinen- u. Porcellanfabrikation. – W., sächs. Stadt im Kreisdir. - Bez. Zwickau, mit 2800 E., Töpferei. – W., württemb. Stadt im Oberamte Oehringen, gehört zur fürstl. Standesherrschaft Hohenlohe-W.-Schillingsfürst, hat 1300 E. Waldenser, eine Sekte, die schon zur Apostelzeit od. durch Schüler des Claudius von Turin entstanden sein wollte, in der That aber einem reichen Kaufmanne aus Lyon, Pierre de Vaux, latinis. Petrus Waldus, Ursprung u. Namen verdankt. Ein Unglücksfall bewog diesen, seine ganze Habe wegzugeben, sich einer vermeintlich evangelischen Armuth zu widmen und um 1170 als apostolischer Lehrer aufzutreten. Er ließ die Evangelien mit erläuternden Aussprüchen der Kirchenväter ins Romanische übersetzen u. sammelte um sich Anhänger, Humiliaten (Demuthsvolle), Leonisten (die von Lyon), noch gewöhnlicher Arme von Lyon (pauperes de Lugduno) genannt. Der Erzbischof von Lyon untersagte ihnen das Predigen, aber sie erklärten, man müsse Gott mehr als den Menschen gehorchen und als man ihnen keine Ruhe ließ, so beschwerten sie sich 1179 beim Papste Alexander III. u. übermachten diesem zugleich die Uebersetzung einiger biblischen Bücher mit Glossen. Von Alexander III. zum Gehorsam gegen ihren Bischof ermahnt, wendeten sie sich an seinen Nachfolger Lucius III., wurden aber 1184 auf der Synode zu Verona excommunicirt. Ungeachtet des Bannes setzten die W. ihr Predigen fort und gewannen Anhang selbst im Königreich Aragon, bis Alfons II. sie 1194 als „Feinde des Kreuzes Christi, als Schänder der christlichen Religion und als Feinde des Königs u. des Staates“ vertreiben ließ. 1212 versuchten sie bei Innocenz III. abermals die Anerkennung ihrer Conventikel durchzusetzen u. erreichten mindestens so viel, daß ein Zweig der W. in Metz Versammlungen halten und die heilige Schrift lesen durfte. Der Papst hoffte, die evangelische Armuth der W. würde zuletzt zu einem Mönchsgelübde ausschlagen, aber sie zählten bereits viele fanatisirte Köpfe in Südfrankreich, Piemont und der Lombardei und ihre genauer entwickelte Lehre war mit der der Kirche vollkommen unvereinbar: nicht nur daß sie jeden weltlichen Besitz der Geistlichkeit als der evangelischen Armuth zuwider verwarfen und selber den Zehnten unchristlich fanden, sie behaupteten auch, man schulde dem Papst und dem Klerus keinen Gehorsam, weil jeder Christ ein Priester sei und griffen Sacramente und Sacramentalien, Ceremonien, Fast- und Festtage der Kirche an, besonders auch die Beichte; von der

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 5. Freiburg im Breisgau, 1857, S. 662. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon05_1857/663>, abgerufen am 21.11.2024.