Herders Conversations-Lexikon. Bd. 5. Freiburg im Breisgau, 1857.Laufe der Zeit an Anschaulichkeit des Ausdrucks sowie an Lautfrische verlieren, dagegen in der Satzbildung sich vervollkommnen. In Rücksicht auf Abstammung unterscheidet man Stamm- und Tochter-S. n, in Rücksicht auf Dauer lebende u. todte S.n, welche letztere als Gelehrten-S. n (z. B. Latein, Hebräisch, Sanscrit) oder als heilige S.n manchmal fortdauern. Sprachenkunde, die, bezweckt entweder vorzugsweise den Zugang zu den Literaturen einzelner Völker zu öffnen und Aufschluß über deren geistige Entwicklung zu geben u. ist alsdann ein Theil der allgemeinen Philologie (s. Philologie); oder sie erforscht die Sprachen als solche wissenschaftlich d. h. sie untersucht die Gesetze, nach denen sich die verschiedenen Sprachen ausgebildet haben, sowie deren Wörterschatz, u. heißt alsdann S. im engern Sinne od. Linguistik. Die Linguistik ist eine sehr junge und noch sehr unvollkommene Wissenschaft; sie verdankt ihren Ursprung zunächst den Männern, welche die Kenntniß des Sanscrit nach Europa brachten. Durch die Missionen wurden viele Sprachen den europ. Gelehrten zugänglich (vgl. Propaganda) und in neuester Zeit durchwandern Reisende die Welt, welche sich die Erforschung der Sprachen ferner Volksstämme zur Hauptaufgabe gemacht haben; die Grundsätze der allgemeinen und vergleichenden Grammatik endlich wurden von Bopp und Wilh. v. Humboldt, der historischen von I. Grimm (s. die betreffenden Artikel) aufgestellt. Die uns bekannten Hauptsprachen sind: die indogermanische od. japetidische, die semitische, die altaische oder tatarische, die malayische, chines., japan., dekan., hinterind.; in Afrika: die chamitische Familie (koptisch, altägyptisch, nubisch, dongolisch), die Berbersprache, die sudanischen Sprachen, die der Mandingos u. Fellatahs, die Sprachen in Guinea, Benin, der Gallas, der Kaffernstämme, der Hottentotten; die amerikan. Sprachen, deren es 5-600 gibt, sind noch sehr wenig bekannt, größtentheils außerordentlich roh und dürftig, sollen jedoch ein gemeinschaftliches Gepräge haben; fast ganz unbekannt sind die Sprachen der Australneger. (Vergl. "die Sprachen Europas" v. Schleich, Bonn 1850; Prichard, "Untersuchungen über die physische Geschichte des Menschen" deutsch von Wagner und Will, 4 Bde., Leipzig 1840-48; Berghaus "Ethnographie" Gotha 1852; "Literatur der Grammatiken, Lexika und Wörtersammlungen" von Vater, umgearbeitet von Jülg, Berlin 1847.) Sprachgewölbe, elliptisch gebaute Gewölbe mit der Eigenschaft, den Schall aus einem Brennpunkte in den andern zurückzuwerfen, ohne daß man in der Mitte etwas vernimmt. Sprachlehre, Grammatik, die systematische Zusammenstellung der Regeln, nach denen eine Sprache gebaut ist; sie zerfällt in Lautlehre, Formenlehre und Syntax. Die allgemeine S. behandelt die Hauptformen, die auf den Gesetzen des menschlichen Vorstellens beruhend, sich in allen Sprachen vorfinden, u. heißt philosophische S., wenn sie die Sprache als den Reflex des geistigen Organismus des Menschen darzustellen versucht, setzt also eben sowohl eine wissenschaftlich begründete Psychologie als umfassende Sprachenkunde voraus. Die vergleichende S. untersucht die einzelnen Sprachen nach ihrem Verhältnisse zu einander, die historische S. den Entwicklungsgang einer Sprache von ihren ältesten Denkmälern bis auf die Gegenwart. (Vgl. Sprachenkunde.) Sprachreinigung, das Bestreben, die Sprache von fremdartigen Bestandtheilen sowie von fehlerhaften Bildungen zu reinigen, indem dieselben durch einheimische und sprachrichtige Formen ersetzt werden. Im Mittelalter war die deutsche Sprache, trotzdem daß die lat. die Gelehrten- u. theilweise die Schriftsprache war, von bewundernswürdiger Reinheit, welche sie seit dem 15. Jahrh. durch die Humanisten und deren Schulen sowie durch die Juristen und die späteren Theologen, namentlich die prot., allmälig verlor. Als den Deutschen durch den 30jährigen Krieg das nationale Bewußtsein vollends abhanden kam, gewann der Einfluß des Französischen die Oberhand u. verdarb die deutsche Schriftsprache Laufe der Zeit an Anschaulichkeit des Ausdrucks sowie an Lautfrische verlieren, dagegen in der Satzbildung sich vervollkommnen. In Rücksicht auf Abstammung unterscheidet man Stamm- und Tochter-S. n, in Rücksicht auf Dauer lebende u. todte S.n, welche letztere als Gelehrten-S. n (z. B. Latein, Hebräisch, Sanscrit) oder als heilige S.n manchmal fortdauern. Sprachenkunde, die, bezweckt entweder vorzugsweise den Zugang zu den Literaturen einzelner Völker zu öffnen und Aufschluß über deren geistige Entwicklung zu geben u. ist alsdann ein Theil der allgemeinen Philologie (s. Philologie); oder sie erforscht die Sprachen als solche wissenschaftlich d. h. sie untersucht die Gesetze, nach denen sich die verschiedenen Sprachen ausgebildet haben, sowie deren Wörterschatz, u. heißt alsdann S. im engern Sinne od. Linguistik. Die Linguistik ist eine sehr junge und noch sehr unvollkommene Wissenschaft; sie verdankt ihren Ursprung zunächst den Männern, welche die Kenntniß des Sanscrit nach Europa brachten. Durch die Missionen wurden viele Sprachen den europ. Gelehrten zugänglich (vgl. Propaganda) und in neuester Zeit durchwandern Reisende die Welt, welche sich die Erforschung der Sprachen ferner Volksstämme zur Hauptaufgabe gemacht haben; die Grundsätze der allgemeinen und vergleichenden Grammatik endlich wurden von Bopp und Wilh. v. Humboldt, der historischen von I. Grimm (s. die betreffenden Artikel) aufgestellt. Die uns bekannten Hauptsprachen sind: die indogermanische od. japetidische, die semitische, die altaische oder tatarische, die malayische, chines., japan., dekan., hinterind.; in Afrika: die chamitische Familie (koptisch, altägyptisch, nubisch, dongolisch), die Berbersprache, die sudanischen Sprachen, die der Mandingos u. Fellatahs, die Sprachen in Guinea, Benin, der Gallas, der Kaffernstämme, der Hottentotten; die amerikan. Sprachen, deren es 5–600 gibt, sind noch sehr wenig bekannt, größtentheils außerordentlich roh und dürftig, sollen jedoch ein gemeinschaftliches Gepräge haben; fast ganz unbekannt sind die Sprachen der Australneger. (Vergl. „die Sprachen Europas“ v. Schleich, Bonn 1850; Prichard, „Untersuchungen über die physische Geschichte des Menschen“ deutsch von Wagner und Will, 4 Bde., Leipzig 1840–48; Berghaus „Ethnographie“ Gotha 1852; „Literatur der Grammatiken, Lexika und Wörtersammlungen“ von Vater, umgearbeitet von Jülg, Berlin 1847.) Sprachgewölbe, elliptisch gebaute Gewölbe mit der Eigenschaft, den Schall aus einem Brennpunkte in den andern zurückzuwerfen, ohne daß man in der Mitte etwas vernimmt. Sprachlehre, Grammatik, die systematische Zusammenstellung der Regeln, nach denen eine Sprache gebaut ist; sie zerfällt in Lautlehre, Formenlehre und Syntax. Die allgemeine S. behandelt die Hauptformen, die auf den Gesetzen des menschlichen Vorstellens beruhend, sich in allen Sprachen vorfinden, u. heißt philosophische S., wenn sie die Sprache als den Reflex des geistigen Organismus des Menschen darzustellen versucht, setzt also eben sowohl eine wissenschaftlich begründete Psychologie als umfassende Sprachenkunde voraus. Die vergleichende S. untersucht die einzelnen Sprachen nach ihrem Verhältnisse zu einander, die historische S. den Entwicklungsgang einer Sprache von ihren ältesten Denkmälern bis auf die Gegenwart. (Vgl. Sprachenkunde.) Sprachreinigung, das Bestreben, die Sprache von fremdartigen Bestandtheilen sowie von fehlerhaften Bildungen zu reinigen, indem dieselben durch einheimische und sprachrichtige Formen ersetzt werden. Im Mittelalter war die deutsche Sprache, trotzdem daß die lat. die Gelehrten- u. theilweise die Schriftsprache war, von bewundernswürdiger Reinheit, welche sie seit dem 15. Jahrh. durch die Humanisten und deren Schulen sowie durch die Juristen und die späteren Theologen, namentlich die prot., allmälig verlor. Als den Deutschen durch den 30jährigen Krieg das nationale Bewußtsein vollends abhanden kam, gewann der Einfluß des Französischen die Oberhand u. verdarb die deutsche Schriftsprache <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><pb facs="#f0295" n="294"/> Laufe der Zeit an Anschaulichkeit des Ausdrucks sowie an Lautfrische verlieren, dagegen in der Satzbildung sich vervollkommnen. 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Die uns bekannten Hauptsprachen sind: die indogermanische od. japetidische, die semitische, die altaische oder tatarische, die malayische, chines., japan., dekan., hinterind.; in Afrika: die chamitische Familie (koptisch, altägyptisch, nubisch, dongolisch), die Berbersprache, die sudanischen Sprachen, die der Mandingos u. Fellatahs, die Sprachen in Guinea, Benin, der Gallas, der Kaffernstämme, der Hottentotten; die amerikan. Sprachen, deren es 5–600 gibt, sind noch sehr wenig bekannt, größtentheils außerordentlich roh und dürftig, sollen jedoch ein gemeinschaftliches Gepräge haben; fast ganz unbekannt sind die Sprachen der Australneger. (Vergl. „die Sprachen Europas“ v. Schleich, Bonn 1850; Prichard, „Untersuchungen über die physische Geschichte des Menschen“ deutsch von Wagner und Will, 4 Bde., Leipzig 1840–48; Berghaus „Ethnographie“ Gotha 1852; „Literatur der Grammatiken, Lexika und Wörtersammlungen“ von Vater, umgearbeitet von Jülg, Berlin 1847.)</p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><hi rendition="#b">Sprachgewölbe</hi>, elliptisch gebaute Gewölbe mit der Eigenschaft, den Schall aus einem Brennpunkte in den andern zurückzuwerfen, ohne daß man in der Mitte etwas vernimmt.</p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><hi rendition="#b">Sprachlehre</hi>, <hi rendition="#g">Grammatik</hi>, die systematische Zusammenstellung der Regeln, nach denen eine Sprache gebaut ist; sie zerfällt in Lautlehre, Formenlehre und Syntax. 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Laufe der Zeit an Anschaulichkeit des Ausdrucks sowie an Lautfrische verlieren, dagegen in der Satzbildung sich vervollkommnen. In Rücksicht auf Abstammung unterscheidet man Stamm- und Tochter-S. n, in Rücksicht auf Dauer lebende u. todte S.n, welche letztere als Gelehrten-S. n (z. B. Latein, Hebräisch, Sanscrit) oder als heilige S.n manchmal fortdauern.
Sprachenkunde, die, bezweckt entweder vorzugsweise den Zugang zu den Literaturen einzelner Völker zu öffnen und Aufschluß über deren geistige Entwicklung zu geben u. ist alsdann ein Theil der allgemeinen Philologie (s. Philologie); oder sie erforscht die Sprachen als solche wissenschaftlich d. h. sie untersucht die Gesetze, nach denen sich die verschiedenen Sprachen ausgebildet haben, sowie deren Wörterschatz, u. heißt alsdann S. im engern Sinne od. Linguistik. Die Linguistik ist eine sehr junge und noch sehr unvollkommene Wissenschaft; sie verdankt ihren Ursprung zunächst den Männern, welche die Kenntniß des Sanscrit nach Europa brachten. Durch die Missionen wurden viele Sprachen den europ. Gelehrten zugänglich (vgl. Propaganda) und in neuester Zeit durchwandern Reisende die Welt, welche sich die Erforschung der Sprachen ferner Volksstämme zur Hauptaufgabe gemacht haben; die Grundsätze der allgemeinen und vergleichenden Grammatik endlich wurden von Bopp und Wilh. v. Humboldt, der historischen von I. Grimm (s. die betreffenden Artikel) aufgestellt. Die uns bekannten Hauptsprachen sind: die indogermanische od. japetidische, die semitische, die altaische oder tatarische, die malayische, chines., japan., dekan., hinterind.; in Afrika: die chamitische Familie (koptisch, altägyptisch, nubisch, dongolisch), die Berbersprache, die sudanischen Sprachen, die der Mandingos u. Fellatahs, die Sprachen in Guinea, Benin, der Gallas, der Kaffernstämme, der Hottentotten; die amerikan. Sprachen, deren es 5–600 gibt, sind noch sehr wenig bekannt, größtentheils außerordentlich roh und dürftig, sollen jedoch ein gemeinschaftliches Gepräge haben; fast ganz unbekannt sind die Sprachen der Australneger. (Vergl. „die Sprachen Europas“ v. Schleich, Bonn 1850; Prichard, „Untersuchungen über die physische Geschichte des Menschen“ deutsch von Wagner und Will, 4 Bde., Leipzig 1840–48; Berghaus „Ethnographie“ Gotha 1852; „Literatur der Grammatiken, Lexika und Wörtersammlungen“ von Vater, umgearbeitet von Jülg, Berlin 1847.)
Sprachgewölbe, elliptisch gebaute Gewölbe mit der Eigenschaft, den Schall aus einem Brennpunkte in den andern zurückzuwerfen, ohne daß man in der Mitte etwas vernimmt.
Sprachlehre, Grammatik, die systematische Zusammenstellung der Regeln, nach denen eine Sprache gebaut ist; sie zerfällt in Lautlehre, Formenlehre und Syntax. Die allgemeine S. behandelt die Hauptformen, die auf den Gesetzen des menschlichen Vorstellens beruhend, sich in allen Sprachen vorfinden, u. heißt philosophische S., wenn sie die Sprache als den Reflex des geistigen Organismus des Menschen darzustellen versucht, setzt also eben sowohl eine wissenschaftlich begründete Psychologie als umfassende Sprachenkunde voraus. Die vergleichende S. untersucht die einzelnen Sprachen nach ihrem Verhältnisse zu einander, die historische S. den Entwicklungsgang einer Sprache von ihren ältesten Denkmälern bis auf die Gegenwart. (Vgl. Sprachenkunde.)
Sprachreinigung, das Bestreben, die Sprache von fremdartigen Bestandtheilen sowie von fehlerhaften Bildungen zu reinigen, indem dieselben durch einheimische und sprachrichtige Formen ersetzt werden. Im Mittelalter war die deutsche Sprache, trotzdem daß die lat. die Gelehrten- u. theilweise die Schriftsprache war, von bewundernswürdiger Reinheit, welche sie seit dem 15. Jahrh. durch die Humanisten und deren Schulen sowie durch die Juristen und die späteren Theologen, namentlich die prot., allmälig verlor. Als den Deutschen durch den 30jährigen Krieg das nationale Bewußtsein vollends abhanden kam, gewann der Einfluß des Französischen die Oberhand u. verdarb die deutsche Schriftsprache
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