Allgemeine Zeitung, Nr. 37, 12. September 1914.Allgemeine Zeitung 12. September 1914. [Spaltenumbruch]
Spruche die Feder nicht verderbe, was das Schwert ge-schaffen. Wie der Kaiser ganz Deutschland hinter sich fand, als er notgedrungen das Schwert zog, so wird er sein ganzes Volk hinter sich haben, wenn er und er allein der Welt mit aller gebotener Schärfe und Rücksichtslosigkeit den Frieden diktieren wird. Im nachstehenden geben wir jene Telegramme und Nachrich- ten, die das Wolffsche Telegraphenbureau verlautbart hat und die also die Zensur passiert haben. Wir geben vor allem die haupt- sächlichsten Dokumente über den Fortgang der Operationen und schließen diesen ganz besonders die Aeußerungen unseres Reichs- kanzlers, sowie seines Vorgängers, des Fürsten Bülow, und einige lebhafte Schilderungen hervorragender Waffentaten an. Der Feind im Westen. Der Generalquartiermeister von Stein gibt unter dem 4. ds. Reims ist ohne Kampf besetzt worden. Die Siegesbeute der Bis jetzt hat nur die Armee des Generalobersten von Bü- Schon am Tage vorher konnte er nachstehendes melden: Bei der Wegnahme des hoch in Felsen gelegenen Sperrforts Die Armeen des Kronprinzen von Bayern und des Gene- Zur Verwendung der oben erwähnten österreichischen Motor- Die zuerst bei der Belagerung von Namur mit so großem Großen Jubel erregte besonders in Berlin die amtliche Nach- Seine Majestät der Kaiser wohnte den Angriffskämpfen um Aus Papieren, die in unsere Hände gefallen sind, geht hervor, Trotzdem würden diese Bewegungen dem Feinde nicht unbe- Paris bereitet sich zur Belagerung vor: Die Stadt setzt die Vorbereitung zur Verteidigung fort. Das Wie das "Berl. Tageblatt" aus Gent erfährt, sollen in der Maubeuge hat am 7. ds. kapituliert. 40,000 Kriegs- Unterm 10. ds. gibt der Generalquartiermeister v. Stein Die östlich Paris in der Verfolgung an und über die Marne Der deutsche Kronprinz hat heute mit seiner Armee die be- Das Wolffsche Bureau verbreitet eine Meldung der Frank- Allgemeine Zeitung 12. September 1914. [Spaltenumbruch]
Spruche die Feder nicht verderbe, was das Schwert ge-ſchaffen. Wie der Kaiſer ganz Deutſchland hinter ſich fand, als er notgedrungen das Schwert zog, ſo wird er ſein ganzes Volk hinter ſich haben, wenn er und er allein der Welt mit aller gebotener Schärfe und Rückſichtsloſigkeit den Frieden diktieren wird. Im nachſtehenden geben wir jene Telegramme und Nachrich- ten, die das Wolffſche Telegraphenbureau verlautbart hat und die alſo die Zenſur paſſiert haben. Wir geben vor allem die haupt- ſächlichſten Dokumente über den Fortgang der Operationen und ſchließen dieſen ganz beſonders die Aeußerungen unſeres Reichs- kanzlers, ſowie ſeines Vorgängers, des Fürſten Bülow, und einige lebhafte Schilderungen hervorragender Waffentaten an. Der Feind im Weſten. Der Generalquartiermeiſter von Stein gibt unter dem 4. ds. Reims iſt ohne Kampf beſetzt worden. Die Siegesbeute der Bis jetzt hat nur die Armee des Generaloberſten von Bü- Schon am Tage vorher konnte er nachſtehendes melden: Bei der Wegnahme des hoch in Felſen gelegenen Sperrforts Die Armeen des Kronprinzen von Bayern und des Gene- Zur Verwendung der oben erwähnten öſterreichiſchen Motor- Die zuerſt bei der Belagerung von Namur mit ſo großem Großen Jubel erregte beſonders in Berlin die amtliche Nach- Seine Majeſtät der Kaiſer wohnte den Angriffskämpfen um Aus Papieren, die in unſere Hände gefallen ſind, geht hervor, Trotzdem würden dieſe Bewegungen dem Feinde nicht unbe- Paris bereitet ſich zur Belagerung vor: Die Stadt ſetzt die Vorbereitung zur Verteidigung fort. Das Wie das „Berl. Tageblatt“ aus Gent erfährt, ſollen in der Maubeuge hat am 7. ds. kapituliert. 40,000 Kriegs- Unterm 10. ds. gibt der Generalquartiermeiſter v. Stein Die öſtlich Paris in der Verfolgung an und über die Marne Der deutſche Kronprinz hat heute mit ſeiner Armee die be- Das Wolffſche Bureau verbreitet eine Meldung der Frank- <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jComment" n="3"> <p><pb facs="#f0002" n="552"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Allgemeine Zeitung</hi> 12. September 1914.</fw><lb/><cb/> Spruche die Feder nicht verderbe, was das Schwert ge-<lb/> ſchaffen. Wie der Kaiſer ganz Deutſchland hinter ſich fand,<lb/> als er notgedrungen das Schwert zog, ſo wird er ſein ganzes<lb/> Volk hinter ſich haben, wenn er und er allein der Welt mit<lb/> aller gebotener Schärfe und Rückſichtsloſigkeit den Frieden<lb/> diktieren wird.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <trailer>Im nachſtehenden geben wir jene Telegramme und Nachrich-<lb/> ten, die das Wolffſche Telegraphenbureau verlautbart hat und die<lb/> alſo die Zenſur paſſiert haben. 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Auguſt nahm er dort nur<lb/> deutſche Kavallerie an. Die Kavallerie dieſes Flügels unter der<lb/> Führung des Generals von der Marwitz hat alſo die Armee-<lb/> bewegung vorzüglich verſchleiert.</p><lb/> <p>Trotzdem würden dieſe Bewegungen dem Feinde nicht unbe-<lb/> kannt geblieben ſein, wenn nicht zwiſchen Beginn des Aufmarſches<lb/> und Vormarſches die <hi rendition="#g">Feldpoſtſendungen</hi> zurückgehalten<lb/> worden wären. Von Heeresangehörigen und deren Familien iſt<lb/> dies als ſchwere Laſt empfunden, die Schuld der Feldpoſt beigemeſ-<lb/> ſen worden. Im Intereſſe der arbeitsfreudigen und pflichttreuen<lb/> Beamten habe ich mich für verpflichtet gehalten, hierüber eine Auf-<lb/> klärung zu geben.</p><lb/> <p> <hi rendition="#g">Paris bereitet ſich zur Belagerung vor:</hi> </p><lb/> <p>Die Stadt ſetzt die Vorbereitung zur Verteidigung fort. Das<lb/> Boulogner Gehölz iſt teilweiſe wie wegraſiert. Die Wege nach<lb/> Paris ſind verbarrikadiert. Der Zuſtrom Freiwilliger iſt ungeheuer.</p><lb/> <p>Wie das „Berl. Tageblatt“ aus Gent erfährt, ſollen in der<lb/> Nähe von Paris kleine Kavallerie-Scharmützel ſtattgefunden haben.<lb/> Der Auszug der Pariſer nimmt ſeinen Fortgang.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Maubeuge</hi> hat am 7. ds. <hi rendition="#g">kapituliert.</hi> 40,000 Kriegs-<lb/> gefangene, darunter 4 Generale, 400 Geſchütze und zahlreiches<lb/> Kriegsmaterial ſind in unſere Hände gefallen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Unterm 10. ds. gibt der Generalquartiermeiſter v. <hi rendition="#g">Stein</hi><lb/> bekannt:</p><lb/> <p>Die öſtlich Paris in der Verfolgung an und über die Marne<lb/> vorgedrungenen Heeresteile ſind aus Paris und zwiſchen <hi rendition="#g">Meaux</hi><lb/> und <hi rendition="#g">Montmirail</hi> von überlegenen Kräften angegriffen worden.<lb/> Sie haben in ſchweren zweitägigen Kämpfen den Gegner aufge-<lb/> halten und ſelbſt Fortſchritte gemacht. 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Allgemeine Zeitung 12. September 1914.
Spruche die Feder nicht verderbe, was das Schwert ge-
ſchaffen. Wie der Kaiſer ganz Deutſchland hinter ſich fand,
als er notgedrungen das Schwert zog, ſo wird er ſein ganzes
Volk hinter ſich haben, wenn er und er allein der Welt mit
aller gebotener Schärfe und Rückſichtsloſigkeit den Frieden
diktieren wird.
Im nachſtehenden geben wir jene Telegramme und Nachrich-
ten, die das Wolffſche Telegraphenbureau verlautbart hat und die
alſo die Zenſur paſſiert haben. Wir geben vor allem die haupt-
ſächlichſten Dokumente über den Fortgang der Operationen und
ſchließen dieſen ganz beſonders die Aeußerungen unſeres Reichs-
kanzlers, ſowie ſeines Vorgängers, des Fürſten Bülow, und einige
lebhafte Schilderungen hervorragender Waffentaten an.
Der Feind im Weſten.
Der Generalquartiermeiſter von Stein gibt unter dem 4. ds.
aus dem großen Hauptquartier bekannt:
Reims iſt ohne Kampf beſetzt worden. Die Siegesbeute der
Armeen wird nur langſam bekannt. Die Truppen können ſich bei
ihrem ſchnellen Vormarſch wenig darum bekümmern. Noch ſtehen
Geſchütze und Fahrzeuge im freien Felde verlaſſen da. Die Etap-
pentruppen müſſen ſie nach und nach ſammeln.
Bis jetzt hat nur die Armee des Generaloberſten von Bü-
low genauere Angaben gemeldet. Bis Ende Auguſt hat ſie ſechs
Fahnen, 233 ſchwere Geſchütze, 116 Feldgeſchütze, 79 Maſchinen-
gewehre und 166 Fahrzeuge erbeutet und 12,934 Gefangene ge-
macht.
Schon am Tage vorher konnte er nachſtehendes melden:
Bei der Wegnahme des hoch in Felſen gelegenen Sperrforts
Givet haben ſich ebenſo wie im Kampfe um Namur die von
Oeſterreich zugeſandten Motorbatterien durch Beweg-
lichkeit, Treffſicherheit und Wirkung vortrefflich bewährt. Sie
haben uns ausgezeichnete Dienſte geleiſtet. Die Sperrbefeſtigun-
gen Hirſon, Les Ayvelles, Condé, La Fere und Laon ſind ohne
Kampf gewonnen. Damit befinden ſich ſämtliche Sperr-
befeſtigungen im nördlichen Frankreich außer der Feſtung
Maubeuge in unſeren Händen. Die Kavallerie der Armee
des Generaloberſten v. Kluck ſtreift bis Paris. Das Weſtheer
hat die Aisne-Linie überſchritten und ſetzt den Vormarſch gegen die
Marne fort. Einzelne Vorhuten haben ſie bereits erreicht. Der
Feind befindet ſich vor den Armeen der Generaloberſten v. Kluck,
v. Bülow, v. Hauſen und des Herzogs von Württemberg im Rück-
zug auf und hinter die Marne. Vor der Armee des deutſchen
Kronprinzen leiſtete er im Anſchluß an Verdun Widerſtand,
wurde aber nach dem Süden zurückgeworfen.
Die Armeen des Kronprinzen von Bayern und des Gene-
raloberſten v. Heeringen haben immer noch ſtarken Feind in
befeſtigten Stellungen in Franzöſiſch-Lothringen gegenüber. Im
oberen Elſaß ſtreifen deutſche und franzöſiſche Abteilungen unter
gegenſeitigen Kämpfen.
Zur Verwendung der oben erwähnten öſterreichiſchen Motor-
batterien meldet nach einem Telegramm des Prager Korreſpondenten
des Berliner Lokalanzeigers der Kriegskorreſpondent des Prager
Tagblatts, amtlich vom Kriegspreſſequartier genehmigt, folgendes:
Die zuerſt bei der Belagerung von Namur mit ſo großem
Nutzen verwendeten öſterreichiſchen Mörſer, Kaliber 30.5
Zentimeter, wurden erſt kürzlich in die ſchweren Belagerungsparks
eingeſtellt, waren alſo gerade zu rechtzeitigen guten Dienſten bereit.
Die Skodafabrik hat inſofern mit dieſer Konſtruktion ein
Meiſterſtück geliefert, als dieſe Mörſer durch ſinnreiche Zerlegung
ſelbſt für den Automobiltransport auf ſchwierigen Straßen
trotz ihres enormen Geſamtgewichts geeignet ſind. Die Wieder-
zuſammenſetzung und der Einbau derſelben in die Bettung benöti-
gen nur ganz kurze Zeit, ſo daß ihre Mörſer ohne Zeitverluſt nach
Erfüllung ihrer Aufgabe zu neuen Zwecken herangezogen werden
können. Ich habe im Vorjahre ſelbſt den abſchließenden Schieß-
verſuchen mit dieſen Mörſern beigewohnt, die nicht nur die Feld-
brauchbarkeit der ganzen äußerſt ſinnreichen mechaniſchen Einrich-
tung, ſondern auch die mathematiſche Schußpräziſion
dieſer Ungetüme einwandfrei bewieſen. Die Schußdetonation iſt ein
ungeheuer dumpfer, erſchütternder Schlag, der aber keine Gefahr
für das Gehör der Bedienungsmannſchaft bedeutet. Die Geſchoß-
flugbahn läßt ſich bei günſtigen Lichtverhältniſſen mit dem Binokel
ganz gut verfolgen. Das höchſte Maß von Treffſicherheit
tritt auf einer Schußdiſtanz ein, die für bisherige Begriffe weit über
die gewohnten Zahlen reicht. Die zerſtörende Wirkung der Bomben
im Ziele und deſſen Umkreis iſt nunmehr, und zwar zuletzt bei
Maubeuge, praktiſch erwieſen. Weitere Einzelheiten ſind im
Augenblick naturgemäß nicht mitteilbar.
Großen Jubel erregte beſonders in Berlin die amtliche Nach-
richt aus dem Großen Hauptquartier:
Seine Majeſtät der Kaiſer wohnte den Angriffskämpfen um
die Befeſtigung von Nancy bei. Von Maubeuge ſind 2 Forts
und deren Zwiſchenſtellung gefallen. Das Artilleriefeuer konnte
gegen die Stadt gerichtet werden. Sie brennt an verſchiedenen
Stellen.
Aus Papieren, die in unſere Hände gefallen ſind, geht hervor,
daß der Feind durch das Vorgehen der Armeen der Generaloberſten
von Kluck und von Bülow nördlich der belgiſchen Maas vollſtändig
überraſcht worden iſt. Noch am 17. Auguſt nahm er dort nur
deutſche Kavallerie an. Die Kavallerie dieſes Flügels unter der
Führung des Generals von der Marwitz hat alſo die Armee-
bewegung vorzüglich verſchleiert.
Trotzdem würden dieſe Bewegungen dem Feinde nicht unbe-
kannt geblieben ſein, wenn nicht zwiſchen Beginn des Aufmarſches
und Vormarſches die Feldpoſtſendungen zurückgehalten
worden wären. Von Heeresangehörigen und deren Familien iſt
dies als ſchwere Laſt empfunden, die Schuld der Feldpoſt beigemeſ-
ſen worden. Im Intereſſe der arbeitsfreudigen und pflichttreuen
Beamten habe ich mich für verpflichtet gehalten, hierüber eine Auf-
klärung zu geben.
Paris bereitet ſich zur Belagerung vor:
Die Stadt ſetzt die Vorbereitung zur Verteidigung fort. Das
Boulogner Gehölz iſt teilweiſe wie wegraſiert. Die Wege nach
Paris ſind verbarrikadiert. Der Zuſtrom Freiwilliger iſt ungeheuer.
Wie das „Berl. Tageblatt“ aus Gent erfährt, ſollen in der
Nähe von Paris kleine Kavallerie-Scharmützel ſtattgefunden haben.
Der Auszug der Pariſer nimmt ſeinen Fortgang.
Maubeuge hat am 7. ds. kapituliert. 40,000 Kriegs-
gefangene, darunter 4 Generale, 400 Geſchütze und zahlreiches
Kriegsmaterial ſind in unſere Hände gefallen.
Unterm 10. ds. gibt der Generalquartiermeiſter v. Stein
bekannt:
Die öſtlich Paris in der Verfolgung an und über die Marne
vorgedrungenen Heeresteile ſind aus Paris und zwiſchen Meaux
und Montmirail von überlegenen Kräften angegriffen worden.
Sie haben in ſchweren zweitägigen Kämpfen den Gegner aufge-
halten und ſelbſt Fortſchritte gemacht. Als der Anmarſch neuer
ſtarker feindlicher Kolonnen gemeldet wurde, wurde ihr Flügel
zurückgenommen. Der Feind folgte an keiner Stelle. Als Sieges-
beute dieſer Kämpfe ſind bisher 50 Geſchütze und einige tauſend
Gefangene gemacht. Die weſtlich Verdun kämpfenden Heeres-
teile befinden ſich in fortſchreitenden Kämpfen. In Lothringen und
in den Vogeſen iſt die Lage unverändert.
Der deutſche Kronprinz hat heute mit ſeiner Armee die be-
feſtigte Stellung ſüdweſtlich von Verdun genommen. Teile
der Armee greifen die ſüdlich von Verdun liegenden Sperrforts
an. Die Forts werden ſeit geſtern durch ſchwere Artillerie be-
ſchoſſen.
Das Wolffſche Bureau verbreitet eine Meldung der Frank-
furter Zeitung, nach welcher General Joffre an alle franzöſiſchen
Armeen einen Tagesbefehl erließ, in dem die Gründe für die Ver-
luſte und Niederlagen einiger Armeekorps angegeben wer-
den. Immer, wenn man die Infanterie zu einem Angriff auf weite
Entfernung vorführte, bevor die Artillerie in Aktion getreten war,
ſei die Infanterie in das Feuer der Maſchinengewehre geraten und
habe Verluſte erlitten, die zu vermeiden geweſen wären. Außerdem
ſei der Infanteriekampf nicht immer in genügend verteilter Ordnung
geführt worden, wodurch der Gegner die Infanterie vernichten und
die Offenſive aufhalten konnte. Der Tagesbefehl gibt auch inter-
eſſante Aufſchlüſſe über die deutſche Taktik, namenlich der Kaval-
leriediviſionen, die ſtets von bereitgehaltener genügender Infanterie
unterſtützt worden ſeien. In Zukunft ſolle auch die franzöſiſche
Kavallerie mehr auf dieſe Umſtände achten.
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Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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