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Allgemeine Zeitung, Nr. 21, 25. Januar 1929.

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Freitag, den 23. Januar "AZ am Abend" Nr. 21


[Spaltenumbruch] mit einem Ja beantworten. Nicht ganz so
gewiß ist es, ob sie alle auch gewillt sind,
auf eine neue Diskussion der sachlichen Vor-
aussetzungen zu verzichten. Aber damit sind
die Schwierigkeiten noch nicht beseitigt. Sie
liegen jetzt insbesondere auf dem Gebiet der
zahlenmäßigen Vertretung der einzelnen
Fraktionen im Kabinett.

Mit diesen Schwierigkeiten aber ist es
noch nicht genug. Die Volkspartei hält an
ihrem Anspruch auf Hinzuziehung zur preu-
ßischen Regierung fest. Ihre Parole lautet:
Ohne Preußen keine Koalition im Reich und
ob sich nun die preußische Frage so schnell
erledigen läßt, wie die Situation im Reich
es erfordern würde, ist fraglich.
Man könnte nun auf den Ausweg ver-
fallen, wenn die eigentliche Koalition zur-
zeit nicht zu erreichen ist, einen interfrak-
tionellen Ausschuß auf die Beine zu stellen,
der über die jeweilig strittigen Fragen eine

[Spaltenumbruch] Verständigung herbeiführt. Indessen scheint
auch diese Lösung keine allgemeine Zustim-
mung zu finden, und wir stehen vor der
Frage,
wie denn nun eigentlich das Schiff
über die Klippen der nächsten Zeit,
namentlich über die des Etats und der
Deckungsgesetze, hinweggebracht werden
soll.

Unter allen Umständen, auch wenn eine
Bindung zustandekommt, wird eine Verstän-
digung über die Probleme, die uns mit auf
den Leib rücken, nicht leicht herbeizuführen
sein. Aber immerhin wären die Aussichten
unendlich viel günstiger, als wenn die
Fraktionen aufeinander gar keine Rücksicht
zu nehmen brauchten. Das wäre dann die
Krisis und die, die es angeht, sollten es sich
wohl überlegen, ob sie es auf diesen Aus-
gang ankommen lassen wollen und wie sie
sich die Beendigung der Krisis denken."


Amerikanische Warnung
Wettrüsten zwischen England und Amerika

Senatsdebatte über die Kreuzervorlage

[Spaltenumbruch]

Im Verlaufe
der Senatsdebatte über die Kreuzervorlage
schlug Senator Borah vor, in die Vorlage
die Erklärung aufzunehmen, daß der Kon-
greß eine erneute Darlegung des Völker-
rechts über die Seekräfte der neutralen
Mächte begünstige, und zwar solle diese
Darlegung noch vor der auf Grund des
Washingtoner Abkommens im Jahre 1931
stattfindenden Marineabrüstungskonferenz
erfolgen. Die Notwendigkeit einer solchen
erneuten Darlegung der Seerechte sei offen-
sichtlich,
da Amerika und England am Vorabend
eines Wettrüstens zur See ständen, das
dem Wettrüsten zwischen England und
Deutschland von 1905 bis 1914 nicht
unähnlich sei.

[Spaltenumbruch]

Die Unruhe in der Welt wegen der
Flottenstärke der Hauptmächte sei auf den
Mangel eines klar dargelegten Seerechts
zurückzuführen. Falls nicht eine neue Dar-
legung erfolge,
würde Amerika unzweifelhaft eine
Flotte bauen, die groß genug wäre,
den amerikanischen Handel unter allen
Umständen zu schützen.

Senator Borah befürwortete schließlich die
Annahme der Kreuzervorlage ohne Baufrist-
klausel, nach der der Kreuzerbau innerhalb
drei Jahren begonnen werden würde. Er
erklärte, die Ausmerzung dieser Klausel
gäbe Amerika eine wirksame Waffe zu-
gunsten einer weiteren Abrüstung, ohne daß
es tatsächlich große Summen für den Bau
von Kriegsschiffen aufzuwenden hätte, welche
später vielleicht abgewrackt werden müßten.



Die Fortberatung
des Justizetats

Reform der Notariate?

[Spaltenumbruch]

Nach Erledigung von Ein-
gaben beriet der Haushaltsausschuß die Position
"Staatsanwaltschaften", wobei von verschiedenen
Seiten an Gutachten der Schriftsachverständigen
abfällige Kritik geübt wurde. Auch die Frage der
Blutproben wurde angeschnitten, wozu der Justiz-
minister bemerkte, die Blutprobe werde bei dem
heutigen Stand des Verfahrens nicht mehr so
skeptisch behandelt wie früher. Die Etatansätze
wurden genehmigt.

Bei den Notariaten lagen Anträge Dr. Butt-
manns (Nat.-Soz.) und der Koalition vor.
Ersterer verlangt baldigste Vorlage eines Gesetz-
entwurfes zur Abänderung einiger Bestimmungen
des Notariatsgesetzes vom 9. Juni 1809, die einer
Verstaatlichung gleichkommen. Der Koalitions-
antrag ersucht die Staatsregierung, in Befolgung
des Grundsatzes der Selbsterhaltung des Nota-
riats ab 1930 eine Neuregelung zu treffen. Abg.
Dr. Scharnagl (V. Vp.) gab als Mitbericht-
erstatter der Befürchtung Ausdruck, die Verstaat-
lichung könnte eine Verschlechterung bringen.
Heute sei der Notar eine Vertrauensperson der
Bevölkerung. Dies würde nach einer Verstaat-
lichung nicht mehr der Fall sein. Der Koalitions-
antrag wolle auch den letzten Rest der sog. staat-
lichen Notariate beseitigen.

Justizminister Gürtner
gab zunächst eine Uebersicht über das Einkommen
der Notariate. Große Notariate mit Einkommen
zwischen 25 000 und 50 000 M gibt es 21; mitt-
lere mit Einkommen von 10--25 000 M 279, klei-
nere bis zu 10 000 M 12. Sogenannte not-
leidende Notariate, die man nur Anfängern an-

[Spaltenumbruch]

bieten könnte, gibt es nicht mehr. In der No-
tariatskasse sind 23,419 Millionen eingelegt, die
Lasten betrugen 1928 5,005 Millionen. Die Ueber-
nahme des Notariates in seinem jetzigen Stand
würde bei Aufrechterhaltung der heutigen Gebüh-
ren auf die Dauer eine wechselnde Belastung des
Staates bedeuten. Interessentenkreise des rechts-
rheinischen Bayern und der Pfalz haben erklärt,
sie sähen keinen Grund, den heutigen Zustand
geändert zu wünschen.

Alle Kreise der Wirtschaft wollen auch die
Möglichkeit der Beratung über den eigentlichen
Wirkungskreis des Notariats hinaus. Insbeson-
dere der Notar der Pfalz sei noch immer der alte
notair des französischen Systems, der der Bevöl-
kerung mit Auskunft und Beratung dient. Der
Minister empfahl daher die Ablehnung des An-
trages Buttmann, erklärte aber mit der An-
nahme des Koalitionsantrages sich abfinden zu
können.



Durchführung der
Parteiverbote in Jugoslawien

Archive beschlagnahmt


Der Minister des
Inneren hat eine Verordnung erlassen, worin die
Auflösung der Radikalen Volkspartei, der Demo-
kratischen Partei, der Unabhängigen Demokra-
tischen Partei, der Jugoslawischen Agrarpartei,
der Sozialistischen Partei, der Partei der Frauen
und der Balkanischen Bauernpartei ausgesprochen
wird. Im Laufe des Nachmittags erschienen
Polizeiorgane in den Räumen der aufgelösten
Parteien und beschlagnahmte die Archive sowie
die Kassenbestände. Die Lokalitäten selbst wurden
behördlich gesperrt.

[Spaltenumbruch]
Die Preisträger
der Internationalen Fliegerliga

Hermann Köhl und Eckener ausgezeichnet

[Spaltenumbruch]

Der Hauptausschuß
der Internationalen Fliegerliga hat unter
dem Vorsitz seines Präsidenten Clifford Har-
mon nach Prüfung der Vorschläge der ver-
schiedenen Nationen die Preisträger der
nationalen Trophäen der Liga für das Jahr
1928 festgesetzt. Für Deutschland erhielt die
Trophäe Hermann Köhl. Die Trophäe
für Luftschiffahrt für 1928 ist Dr. Hugo
Eckener
zugesprochen worden.

Alsdann wurde die Abstimmung über die
Auswahl des besten Fliegers der Welt
für 1928 vorgenommen, der als solcher die
Internationale Clifford - Harmon - Trophäe

[Spaltenumbruch]

innehat. Mit zwei Stimmen Mehrheit wurde
der italienische Preisträger Oberst Ar-
turo Ferrarin
für das Jahr 1928 zum
besten Flieger der Welt erklärt. Der Aus-
schuß hat ferner entsprechend verschiedenen
Wünschen Ehrenmedaillen den Beobachtern
und Passagieren verliehen, die an den Flü-
gen teilgenommen haben, die die Auswahl
ihres Führers als Preisträger
für 1928 zum Anlaß hatten.

So wurden derartige Ehrenmedaillen
Freiherrn von Hünefeld und Major
Fitzmaurice verliehen.

Wechsel in Höhe von 1,5 Millionen Mark
allein in Deutschland in Umlauf

Die Wechselfälschung des Bankhauses Löwenberg

[Spaltenumbruch]

Den Bemühungen
der Staatsanwaltschaft und der Buchsach-
verständigen ist es jetzt gelungen, einiger-
maßen einen Ueberblick über den Umfang
der falschen Wechsel zu gewinnen, die von
dem geflüchteten Bankier Dr. Lewin und
seinen beiden Mitarbeitern in Umlauf ge-
setzt worden sind. Die Zusammenstellung
der Gesamtsumme ist deshalb noch nicht
möglich, weil man zur Stunde noch keine
Gewißheit darüber hat, wie viel Falsch-
wechsel sich in Holland und Frankreich be-
finden. Die Nachforschungen waren deshalb
mit so großen Schwierigkeiten verbunden,
weil Lewin vor seiner Flucht alles bela-
stende Material hat verschwinden lassen.

Die Höhe der in Deutschland in Umlauf
befindlichen Wechsel beträgt 1,5 Millio-
nen Mark
, von denen jedoch etwa 300 000
Mark Akzepte noch von Dr. Lewin abgesetzt
worden sind. Daneben aber erwartet das
Bankhaus Löwenberg, daß noch sehr erheb-
liche Werte von Wechseln im Ausland

[Spaltenumbruch]

untergebracht worden sind, und man wird
erst in ein bis zwei Wochen darüber Klar-
heit haben, wie hoch diese Verbindlichkeiten
sein werden. Vorläufig ist noch von keiner
Seite der Konkurs des Bankhauses Löwen-
berg beantragt worden, doch würde schon in
nächster Zeit der Konkursrichter auf Antrag
eines der am stärksten geschädigten Berlin-
ner Bankhäuser mit der Angelegenheit be-
faßt werden.



[irrelevantes Material]


Zwei Häuser vergast

Wieder ein Gasrohrbruch * Bereits ein Todesopfer

[Spaltenumbruch]

Der "Lokalanzeiger" mel-
det aus Leipzig: In Johanngeorgenstadt wurden
durch Gasrohrbruch zwei Häuser vergast, so daß
alle Wohnungen geräumt werden mußten. Meh-
rere Mieter erlitten Vergiftungen und mußten
dem Krankenhaus zugeführt werden. Eine
81 Jahre alte Frau ist bereits gestorben.



Das Urteil
im Kölling-Hoffmann-Prozeß

Versetzung und Geldbuße


Unter starkem An-
drang des Publikums wurde am Donners-
tag abend vom Vorsitzenden des Großen
Dißiplinarsenates, Kammergerichtspräsi-
denten Tigges, folgende Entscheidung im
Falle Kölling-Hoffmann verkündet:

Auf die Berufung des Generalstaats-
anwaltes wird das Urteil des Dißiplinar-
senates in Naumburg vom 12. März 1928
wie folgt geändert: Der Angeschuldigte
Kölling wird wegen Dienstvergehens
zur Versetzung in ein anderes
Richteramt
bei gleichem Gehalt unter
Ersatz der Umzugskosten und zu einer Geld-
buße von 50 Reichsmark verurteilt. Die

[Spaltenumbruch]

Berufung des Generalstaatsanwalts gegen
die Entscheidung im Falle Hoffmann.
sowie die Berufungen der Angeschuldigten
werden zurückgewiesen. Die baren Auslagen
für das Verfahren werden zu einem Viertel
den Angeschuldigten, zu drei Vierteln der
Staatskasse auferlegt.

Vom Naumburger Dißiplinarsenat war
Kölling nur zu einem Verweis verurteilt
worden. Die vom Großen Dißiplinarsenat
bestätigte Bestrafung Hoffmanns durch das
Naumburger Gericht besteht in Straf-
versetzung
und 200 Reichsmark
Geldbuße.



Der englische Heeresetat

500 000 Pfund Sterling weniger


"Daily Telegraph" erfährt,
daß der Reserveetat in diesem Jahre ungefähr
500 000 Pfund Sterling weniger be-
tragen werde als im vergangenen Jahr. Ur-
sprünglich habe Churchill eine Verminderung um
zwei Millionen Pfund Sterling verlangt, habe
sich schließlich aber nach näherer Erörterung mit
der geringeren Summe begnügt.



[irrelevantes Material]
Freitag, den 23. Januar „AZ am Abend“ Nr. 21


[Spaltenumbruch] mit einem Ja beantworten. Nicht ganz ſo
gewiß iſt es, ob ſie alle auch gewillt ſind,
auf eine neue Diskuſſion der ſachlichen Vor-
ausſetzungen zu verzichten. Aber damit ſind
die Schwierigkeiten noch nicht beſeitigt. Sie
liegen jetzt insbeſondere auf dem Gebiet der
zahlenmäßigen Vertretung der einzelnen
Fraktionen im Kabinett.

Mit dieſen Schwierigkeiten aber iſt es
noch nicht genug. Die Volkspartei hält an
ihrem Anſpruch auf Hinzuziehung zur preu-
ßiſchen Regierung feſt. Ihre Parole lautet:
Ohne Preußen keine Koalition im Reich und
ob ſich nun die preußiſche Frage ſo ſchnell
erledigen läßt, wie die Situation im Reich
es erfordern würde, iſt fraglich.
Man könnte nun auf den Ausweg ver-
fallen, wenn die eigentliche Koalition zur-
zeit nicht zu erreichen iſt, einen interfrak-
tionellen Ausſchuß auf die Beine zu ſtellen,
der über die jeweilig ſtrittigen Fragen eine

[Spaltenumbruch] Verſtändigung herbeiführt. Indeſſen ſcheint
auch dieſe Löſung keine allgemeine Zuſtim-
mung zu finden, und wir ſtehen vor der
Frage,
wie denn nun eigentlich das Schiff
über die Klippen der nächſten Zeit,
namentlich über die des Etats und der
Deckungsgeſetze, hinweggebracht werden
ſoll.

Unter allen Umſtänden, auch wenn eine
Bindung zuſtandekommt, wird eine Verſtän-
digung über die Probleme, die uns mit auf
den Leib rücken, nicht leicht herbeizuführen
ſein. Aber immerhin wären die Ausſichten
unendlich viel günſtiger, als wenn die
Fraktionen aufeinander gar keine Rückſicht
zu nehmen brauchten. Das wäre dann die
Kriſis und die, die es angeht, ſollten es ſich
wohl überlegen, ob ſie es auf dieſen Aus-
gang ankommen laſſen wollen und wie ſie
ſich die Beendigung der Kriſis denken.“


Amerikanische Warnung
Wettrüſten zwiſchen England und Amerika

Senatsdebatte über die Kreuzervorlage

[Spaltenumbruch]

Im Verlaufe
der Senatsdebatte über die Kreuzervorlage
ſchlug Senator Borah vor, in die Vorlage
die Erklärung aufzunehmen, daß der Kon-
greß eine erneute Darlegung des Völker-
rechts über die Seekräfte der neutralen
Mächte begünſtige, und zwar ſolle dieſe
Darlegung noch vor der auf Grund des
Waſhingtoner Abkommens im Jahre 1931
ſtattfindenden Marineabrüſtungskonferenz
erfolgen. Die Notwendigkeit einer ſolchen
erneuten Darlegung der Seerechte ſei offen-
ſichtlich,
da Amerika und England am Vorabend
eines Wettrüſtens zur See ſtänden, das
dem Wettrüſten zwiſchen England und
Deutſchland von 1905 bis 1914 nicht
unähnlich ſei.

[Spaltenumbruch]

Die Unruhe in der Welt wegen der
Flottenſtärke der Hauptmächte ſei auf den
Mangel eines klar dargelegten Seerechts
zurückzuführen. Falls nicht eine neue Dar-
legung erfolge,
würde Amerika unzweifelhaft eine
Flotte bauen, die groß genug wäre,
den amerikaniſchen Handel unter allen
Umſtänden zu ſchützen.

Senator Borah befürwortete ſchließlich die
Annahme der Kreuzervorlage ohne Baufriſt-
klauſel, nach der der Kreuzerbau innerhalb
drei Jahren begonnen werden würde. Er
erklärte, die Ausmerzung dieſer Klauſel
gäbe Amerika eine wirkſame Waffe zu-
gunſten einer weiteren Abrüſtung, ohne daß
es tatſächlich große Summen für den Bau
von Kriegsſchiffen aufzuwenden hätte, welche
ſpäter vielleicht abgewrackt werden müßten.



Die Fortberatung
des Juſtizetats

Reform der Notariate?

[Spaltenumbruch]

Nach Erledigung von Ein-
gaben beriet der Haushaltsausſchuß die Poſition
„Staatsanwaltſchaften“, wobei von verſchiedenen
Seiten an Gutachten der Schriftſachverſtändigen
abfällige Kritik geübt wurde. Auch die Frage der
Blutproben wurde angeſchnitten, wozu der Juſtiz-
miniſter bemerkte, die Blutprobe werde bei dem
heutigen Stand des Verfahrens nicht mehr ſo
ſkeptiſch behandelt wie früher. Die Etatanſätze
wurden genehmigt.

Bei den Notariaten lagen Anträge Dr. Butt-
manns (Nat.-Soz.) und der Koalition vor.
Erſterer verlangt baldigſte Vorlage eines Geſetz-
entwurfes zur Abänderung einiger Beſtimmungen
des Notariatsgeſetzes vom 9. Juni 1809, die einer
Verſtaatlichung gleichkommen. Der Koalitions-
antrag erſucht die Staatsregierung, in Befolgung
des Grundſatzes der Selbſterhaltung des Nota-
riats ab 1930 eine Neuregelung zu treffen. Abg.
Dr. Scharnagl (V. Vp.) gab als Mitbericht-
erſtatter der Befürchtung Ausdruck, die Verſtaat-
lichung könnte eine Verſchlechterung bringen.
Heute ſei der Notar eine Vertrauensperſon der
Bevölkerung. Dies würde nach einer Verſtaat-
lichung nicht mehr der Fall ſein. Der Koalitions-
antrag wolle auch den letzten Reſt der ſog. ſtaat-
lichen Notariate beſeitigen.

Juſtizminiſter Gürtner
gab zunächſt eine Ueberſicht über das Einkommen
der Notariate. Große Notariate mit Einkommen
zwiſchen 25 000 und 50 000 M gibt es 21; mitt-
lere mit Einkommen von 10—25 000 M 279, klei-
nere bis zu 10 000 M 12. Sogenannte not-
leidende Notariate, die man nur Anfängern an-

[Spaltenumbruch]

bieten könnte, gibt es nicht mehr. In der No-
tariatskaſſe ſind 23,419 Millionen eingelegt, die
Laſten betrugen 1928 5,005 Millionen. Die Ueber-
nahme des Notariates in ſeinem jetzigen Stand
würde bei Aufrechterhaltung der heutigen Gebüh-
ren auf die Dauer eine wechſelnde Belaſtung des
Staates bedeuten. Intereſſentenkreiſe des rechts-
rheiniſchen Bayern und der Pfalz haben erklärt,
ſie ſähen keinen Grund, den heutigen Zuſtand
geändert zu wünſchen.

Alle Kreiſe der Wirtſchaft wollen auch die
Möglichkeit der Beratung über den eigentlichen
Wirkungskreis des Notariats hinaus. Insbeſon-
dere der Notar der Pfalz ſei noch immer der alte
notair des franzöſiſchen Syſtems, der der Bevöl-
kerung mit Auskunft und Beratung dient. Der
Miniſter empfahl daher die Ablehnung des An-
trages Buttmann, erklärte aber mit der An-
nahme des Koalitionsantrages ſich abfinden zu
können.



Durchführung der
Parteiverbote in Jugoſlawien

Archive beſchlagnahmt


Der Miniſter des
Inneren hat eine Verordnung erlaſſen, worin die
Auflöſung der Radikalen Volkspartei, der Demo-
kratiſchen Partei, der Unabhängigen Demokra-
tiſchen Partei, der Jugoſlawiſchen Agrarpartei,
der Sozialiſtiſchen Partei, der Partei der Frauen
und der Balkaniſchen Bauernpartei ausgeſprochen
wird. Im Laufe des Nachmittags erſchienen
Polizeiorgane in den Räumen der aufgelöſten
Parteien und beſchlagnahmte die Archive ſowie
die Kaſſenbeſtände. Die Lokalitäten ſelbſt wurden
behördlich geſperrt.

[Spaltenumbruch]
Die Preisträger
der Internationalen Fliegerliga

Hermann Köhl und Eckener ausgezeichnet

[Spaltenumbruch]

Der Hauptausſchuß
der Internationalen Fliegerliga hat unter
dem Vorſitz ſeines Präſidenten Clifford Har-
mon nach Prüfung der Vorſchläge der ver-
ſchiedenen Nationen die Preisträger der
nationalen Trophäen der Liga für das Jahr
1928 feſtgeſetzt. Für Deutſchland erhielt die
Trophäe Hermann Köhl. Die Trophäe
für Luftſchiffahrt für 1928 iſt Dr. Hugo
Eckener
zugeſprochen worden.

Alsdann wurde die Abſtimmung über die
Auswahl des beſten Fliegers der Welt
für 1928 vorgenommen, der als ſolcher die
Internationale Clifford - Harmon - Trophäe

[Spaltenumbruch]

innehat. Mit zwei Stimmen Mehrheit wurde
der italieniſche Preisträger Oberſt Ar-
turo Ferrarin
für das Jahr 1928 zum
beſten Flieger der Welt erklärt. Der Aus-
ſchuß hat ferner entſprechend verſchiedenen
Wünſchen Ehrenmedaillen den Beobachtern
und Paſſagieren verliehen, die an den Flü-
gen teilgenommen haben, die die Auswahl
ihres Führers als Preisträger
für 1928 zum Anlaß hatten.

So wurden derartige Ehrenmedaillen
Freiherrn von Hünefeld und Major
Fitzmaurice verliehen.

Wechſel in Höhe von 1,5 Millionen Mark
allein in Deutſchland in Umlauf

Die Wechſelfälſchung des Bankhauſes Löwenberg

[Spaltenumbruch]

Den Bemühungen
der Staatsanwaltſchaft und der Buchſach-
verſtändigen iſt es jetzt gelungen, einiger-
maßen einen Ueberblick über den Umfang
der falſchen Wechſel zu gewinnen, die von
dem geflüchteten Bankier Dr. Lewin und
ſeinen beiden Mitarbeitern in Umlauf ge-
ſetzt worden ſind. Die Zuſammenſtellung
der Geſamtſumme iſt deshalb noch nicht
möglich, weil man zur Stunde noch keine
Gewißheit darüber hat, wie viel Falſch-
wechſel ſich in Holland und Frankreich be-
finden. Die Nachforſchungen waren deshalb
mit ſo großen Schwierigkeiten verbunden,
weil Lewin vor ſeiner Flucht alles bela-
ſtende Material hat verſchwinden laſſen.

Die Höhe der in Deutſchland in Umlauf
befindlichen Wechſel beträgt 1,5 Millio-
nen Mark
, von denen jedoch etwa 300 000
Mark Akzepte noch von Dr. Lewin abgeſetzt
worden ſind. Daneben aber erwartet das
Bankhaus Löwenberg, daß noch ſehr erheb-
liche Werte von Wechſeln im Ausland

[Spaltenumbruch]

untergebracht worden ſind, und man wird
erſt in ein bis zwei Wochen darüber Klar-
heit haben, wie hoch dieſe Verbindlichkeiten
ſein werden. Vorläufig iſt noch von keiner
Seite der Konkurs des Bankhauſes Löwen-
berg beantragt worden, doch würde ſchon in
nächſter Zeit der Konkursrichter auf Antrag
eines der am ſtärkſten geſchädigten Berlin-
ner Bankhäuſer mit der Angelegenheit be-
faßt werden.



[irrelevantes Material]


Zwei Häuſer vergaſt

Wieder ein Gasrohrbruch * Bereits ein Todesopfer

[Spaltenumbruch]

Der „Lokalanzeiger“ mel-
det aus Leipzig: In Johanngeorgenſtadt wurden
durch Gasrohrbruch zwei Häuſer vergaſt, ſo daß
alle Wohnungen geräumt werden mußten. Meh-
rere Mieter erlitten Vergiftungen und mußten
dem Krankenhaus zugeführt werden. Eine
81 Jahre alte Frau iſt bereits geſtorben.



Das Urteil
im Kölling-Hoffmann-Prozeß

Verſetzung und Geldbuße


Unter ſtarkem An-
drang des Publikums wurde am Donners-
tag abend vom Vorſitzenden des Großen
Diſziplinarſenates, Kammergerichtspräſi-
denten Tigges, folgende Entſcheidung im
Falle Kölling-Hoffmann verkündet:

Auf die Berufung des Generalſtaats-
anwaltes wird das Urteil des Diſziplinar-
ſenates in Naumburg vom 12. März 1928
wie folgt geändert: Der Angeſchuldigte
Kölling wird wegen Dienſtvergehens
zur Verſetzung in ein anderes
Richteramt
bei gleichem Gehalt unter
Erſatz der Umzugskoſten und zu einer Geld-
buße von 50 Reichsmark verurteilt. Die

[Spaltenumbruch]

Berufung des Generalſtaatsanwalts gegen
die Entſcheidung im Falle Hoffmann.
ſowie die Berufungen der Angeſchuldigten
werden zurückgewieſen. Die baren Auslagen
für das Verfahren werden zu einem Viertel
den Angeſchuldigten, zu drei Vierteln der
Staatskaſſe auferlegt.

Vom Naumburger Diſziplinarſenat war
Kölling nur zu einem Verweis verurteilt
worden. Die vom Großen Diſziplinarſenat
beſtätigte Beſtrafung Hoffmanns durch das
Naumburger Gericht beſteht in Straf-
verſetzung
und 200 Reichsmark
Geldbuße.



Der engliſche Heeresetat

500 000 Pfund Sterling weniger


„Daily Telegraph“ erfährt,
daß der Reſerveetat in dieſem Jahre ungefähr
500 000 Pfund Sterling weniger be-
tragen werde als im vergangenen Jahr. Ur-
ſprünglich habe Churchill eine Verminderung um
zwei Millionen Pfund Sterling verlangt, habe
ſich ſchließlich aber nach näherer Erörterung mit
der geringeren Summe begnügt.



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[3/0003] Freitag, den 23. Januar „AZ am Abend“ Nr. 21 mit einem Ja beantworten. Nicht ganz ſo gewiß iſt es, ob ſie alle auch gewillt ſind, auf eine neue Diskuſſion der ſachlichen Vor- ausſetzungen zu verzichten. Aber damit ſind die Schwierigkeiten noch nicht beſeitigt. Sie liegen jetzt insbeſondere auf dem Gebiet der zahlenmäßigen Vertretung der einzelnen Fraktionen im Kabinett. Mit dieſen Schwierigkeiten aber iſt es noch nicht genug. Die Volkspartei hält an ihrem Anſpruch auf Hinzuziehung zur preu- ßiſchen Regierung feſt. Ihre Parole lautet: Ohne Preußen keine Koalition im Reich und ob ſich nun die preußiſche Frage ſo ſchnell erledigen läßt, wie die Situation im Reich es erfordern würde, iſt fraglich. Man könnte nun auf den Ausweg ver- fallen, wenn die eigentliche Koalition zur- zeit nicht zu erreichen iſt, einen interfrak- tionellen Ausſchuß auf die Beine zu ſtellen, der über die jeweilig ſtrittigen Fragen eine Verſtändigung herbeiführt. Indeſſen ſcheint auch dieſe Löſung keine allgemeine Zuſtim- mung zu finden, und wir ſtehen vor der Frage, wie denn nun eigentlich das Schiff über die Klippen der nächſten Zeit, namentlich über die des Etats und der Deckungsgeſetze, hinweggebracht werden ſoll. Unter allen Umſtänden, auch wenn eine Bindung zuſtandekommt, wird eine Verſtän- digung über die Probleme, die uns mit auf den Leib rücken, nicht leicht herbeizuführen ſein. Aber immerhin wären die Ausſichten unendlich viel günſtiger, als wenn die Fraktionen aufeinander gar keine Rückſicht zu nehmen brauchten. Das wäre dann die Kriſis und die, die es angeht, ſollten es ſich wohl überlegen, ob ſie es auf dieſen Aus- gang ankommen laſſen wollen und wie ſie ſich die Beendigung der Kriſis denken.“ Amerikanische Warnung Wettrüſten zwiſchen England und Amerika Senatsdebatte über die Kreuzervorlage Waſhington, 25. Januar. Im Verlaufe der Senatsdebatte über die Kreuzervorlage ſchlug Senator Borah vor, in die Vorlage die Erklärung aufzunehmen, daß der Kon- greß eine erneute Darlegung des Völker- rechts über die Seekräfte der neutralen Mächte begünſtige, und zwar ſolle dieſe Darlegung noch vor der auf Grund des Waſhingtoner Abkommens im Jahre 1931 ſtattfindenden Marineabrüſtungskonferenz erfolgen. Die Notwendigkeit einer ſolchen erneuten Darlegung der Seerechte ſei offen- ſichtlich, da Amerika und England am Vorabend eines Wettrüſtens zur See ſtänden, das dem Wettrüſten zwiſchen England und Deutſchland von 1905 bis 1914 nicht unähnlich ſei. Die Unruhe in der Welt wegen der Flottenſtärke der Hauptmächte ſei auf den Mangel eines klar dargelegten Seerechts zurückzuführen. Falls nicht eine neue Dar- legung erfolge, würde Amerika unzweifelhaft eine Flotte bauen, die groß genug wäre, den amerikaniſchen Handel unter allen Umſtänden zu ſchützen. Senator Borah befürwortete ſchließlich die Annahme der Kreuzervorlage ohne Baufriſt- klauſel, nach der der Kreuzerbau innerhalb drei Jahren begonnen werden würde. Er erklärte, die Ausmerzung dieſer Klauſel gäbe Amerika eine wirkſame Waffe zu- gunſten einer weiteren Abrüſtung, ohne daß es tatſächlich große Summen für den Bau von Kriegsſchiffen aufzuwenden hätte, welche ſpäter vielleicht abgewrackt werden müßten. Die Fortberatung des Juſtizetats Reform der Notariate? München, 25. Jan. Nach Erledigung von Ein- gaben beriet der Haushaltsausſchuß die Poſition „Staatsanwaltſchaften“, wobei von verſchiedenen Seiten an Gutachten der Schriftſachverſtändigen abfällige Kritik geübt wurde. Auch die Frage der Blutproben wurde angeſchnitten, wozu der Juſtiz- miniſter bemerkte, die Blutprobe werde bei dem heutigen Stand des Verfahrens nicht mehr ſo ſkeptiſch behandelt wie früher. Die Etatanſätze wurden genehmigt. Bei den Notariaten lagen Anträge Dr. Butt- manns (Nat.-Soz.) und der Koalition vor. Erſterer verlangt baldigſte Vorlage eines Geſetz- entwurfes zur Abänderung einiger Beſtimmungen des Notariatsgeſetzes vom 9. Juni 1809, die einer Verſtaatlichung gleichkommen. Der Koalitions- antrag erſucht die Staatsregierung, in Befolgung des Grundſatzes der Selbſterhaltung des Nota- riats ab 1930 eine Neuregelung zu treffen. Abg. Dr. Scharnagl (V. Vp.) gab als Mitbericht- erſtatter der Befürchtung Ausdruck, die Verſtaat- lichung könnte eine Verſchlechterung bringen. Heute ſei der Notar eine Vertrauensperſon der Bevölkerung. Dies würde nach einer Verſtaat- lichung nicht mehr der Fall ſein. Der Koalitions- antrag wolle auch den letzten Reſt der ſog. ſtaat- lichen Notariate beſeitigen. Juſtizminiſter Gürtner gab zunächſt eine Ueberſicht über das Einkommen der Notariate. Große Notariate mit Einkommen zwiſchen 25 000 und 50 000 M gibt es 21; mitt- lere mit Einkommen von 10—25 000 M 279, klei- nere bis zu 10 000 M 12. Sogenannte not- leidende Notariate, die man nur Anfängern an- bieten könnte, gibt es nicht mehr. In der No- tariatskaſſe ſind 23,419 Millionen eingelegt, die Laſten betrugen 1928 5,005 Millionen. Die Ueber- nahme des Notariates in ſeinem jetzigen Stand würde bei Aufrechterhaltung der heutigen Gebüh- ren auf die Dauer eine wechſelnde Belaſtung des Staates bedeuten. Intereſſentenkreiſe des rechts- rheiniſchen Bayern und der Pfalz haben erklärt, ſie ſähen keinen Grund, den heutigen Zuſtand geändert zu wünſchen. Alle Kreiſe der Wirtſchaft wollen auch die Möglichkeit der Beratung über den eigentlichen Wirkungskreis des Notariats hinaus. Insbeſon- dere der Notar der Pfalz ſei noch immer der alte notair des franzöſiſchen Syſtems, der der Bevöl- kerung mit Auskunft und Beratung dient. Der Miniſter empfahl daher die Ablehnung des An- trages Buttmann, erklärte aber mit der An- nahme des Koalitionsantrages ſich abfinden zu können. Durchführung der Parteiverbote in Jugoſlawien Archive beſchlagnahmt Belgrad, 25. Januar. Der Miniſter des Inneren hat eine Verordnung erlaſſen, worin die Auflöſung der Radikalen Volkspartei, der Demo- kratiſchen Partei, der Unabhängigen Demokra- tiſchen Partei, der Jugoſlawiſchen Agrarpartei, der Sozialiſtiſchen Partei, der Partei der Frauen und der Balkaniſchen Bauernpartei ausgeſprochen wird. Im Laufe des Nachmittags erſchienen Polizeiorgane in den Räumen der aufgelöſten Parteien und beſchlagnahmte die Archive ſowie die Kaſſenbeſtände. Die Lokalitäten ſelbſt wurden behördlich geſperrt. Die Preisträger der Internationalen Fliegerliga Hermann Köhl und Eckener ausgezeichnet Paris, 25. Januar. Der Hauptausſchuß der Internationalen Fliegerliga hat unter dem Vorſitz ſeines Präſidenten Clifford Har- mon nach Prüfung der Vorſchläge der ver- ſchiedenen Nationen die Preisträger der nationalen Trophäen der Liga für das Jahr 1928 feſtgeſetzt. Für Deutſchland erhielt die Trophäe Hermann Köhl. Die Trophäe für Luftſchiffahrt für 1928 iſt Dr. Hugo Eckener zugeſprochen worden. Alsdann wurde die Abſtimmung über die Auswahl des beſten Fliegers der Welt für 1928 vorgenommen, der als ſolcher die Internationale Clifford - Harmon - Trophäe innehat. Mit zwei Stimmen Mehrheit wurde der italieniſche Preisträger Oberſt Ar- turo Ferrarin für das Jahr 1928 zum beſten Flieger der Welt erklärt. Der Aus- ſchuß hat ferner entſprechend verſchiedenen Wünſchen Ehrenmedaillen den Beobachtern und Paſſagieren verliehen, die an den Flü- gen teilgenommen haben, die die Auswahl ihres Führers als Preisträger für 1928 zum Anlaß hatten. So wurden derartige Ehrenmedaillen Freiherrn von Hünefeld und Major Fitzmaurice verliehen. Wechſel in Höhe von 1,5 Millionen Mark allein in Deutſchland in Umlauf Die Wechſelfälſchung des Bankhauſes Löwenberg Berlin, 25. Januar. Den Bemühungen der Staatsanwaltſchaft und der Buchſach- verſtändigen iſt es jetzt gelungen, einiger- maßen einen Ueberblick über den Umfang der falſchen Wechſel zu gewinnen, die von dem geflüchteten Bankier Dr. Lewin und ſeinen beiden Mitarbeitern in Umlauf ge- ſetzt worden ſind. Die Zuſammenſtellung der Geſamtſumme iſt deshalb noch nicht möglich, weil man zur Stunde noch keine Gewißheit darüber hat, wie viel Falſch- wechſel ſich in Holland und Frankreich be- finden. Die Nachforſchungen waren deshalb mit ſo großen Schwierigkeiten verbunden, weil Lewin vor ſeiner Flucht alles bela- ſtende Material hat verſchwinden laſſen. Die Höhe der in Deutſchland in Umlauf befindlichen Wechſel beträgt 1,5 Millio- nen Mark, von denen jedoch etwa 300 000 Mark Akzepte noch von Dr. Lewin abgeſetzt worden ſind. Daneben aber erwartet das Bankhaus Löwenberg, daß noch ſehr erheb- liche Werte von Wechſeln im Ausland untergebracht worden ſind, und man wird erſt in ein bis zwei Wochen darüber Klar- heit haben, wie hoch dieſe Verbindlichkeiten ſein werden. Vorläufig iſt noch von keiner Seite der Konkurs des Bankhauſes Löwen- berg beantragt worden, doch würde ſchon in nächſter Zeit der Konkursrichter auf Antrag eines der am ſtärkſten geſchädigten Berlin- ner Bankhäuſer mit der Angelegenheit be- faßt werden. _ Zwei Häuſer vergaſt Wieder ein Gasrohrbruch * Bereits ein Todesopfer Berlin, 25. Jan. Der „Lokalanzeiger“ mel- det aus Leipzig: In Johanngeorgenſtadt wurden durch Gasrohrbruch zwei Häuſer vergaſt, ſo daß alle Wohnungen geräumt werden mußten. Meh- rere Mieter erlitten Vergiftungen und mußten dem Krankenhaus zugeführt werden. Eine 81 Jahre alte Frau iſt bereits geſtorben. Das Urteil im Kölling-Hoffmann-Prozeß Verſetzung und Geldbuße Berlin, 25. Januar. Unter ſtarkem An- drang des Publikums wurde am Donners- tag abend vom Vorſitzenden des Großen Diſziplinarſenates, Kammergerichtspräſi- denten Tigges, folgende Entſcheidung im Falle Kölling-Hoffmann verkündet: Auf die Berufung des Generalſtaats- anwaltes wird das Urteil des Diſziplinar- ſenates in Naumburg vom 12. März 1928 wie folgt geändert: Der Angeſchuldigte Kölling wird wegen Dienſtvergehens zur Verſetzung in ein anderes Richteramt bei gleichem Gehalt unter Erſatz der Umzugskoſten und zu einer Geld- buße von 50 Reichsmark verurteilt. Die Berufung des Generalſtaatsanwalts gegen die Entſcheidung im Falle Hoffmann. ſowie die Berufungen der Angeſchuldigten werden zurückgewieſen. Die baren Auslagen für das Verfahren werden zu einem Viertel den Angeſchuldigten, zu drei Vierteln der Staatskaſſe auferlegt. Vom Naumburger Diſziplinarſenat war Kölling nur zu einem Verweis verurteilt worden. Die vom Großen Diſziplinarſenat beſtätigte Beſtrafung Hoffmanns durch das Naumburger Gericht beſteht in Straf- verſetzung und 200 Reichsmark Geldbuße. Der engliſche Heeresetat 500 000 Pfund Sterling weniger London, 25. Jan. „Daily Telegraph“ erfährt, daß der Reſerveetat in dieſem Jahre ungefähr 500 000 Pfund Sterling weniger be- tragen werde als im vergangenen Jahr. Ur- ſprünglich habe Churchill eine Verminderung um zwei Millionen Pfund Sterling verlangt, habe ſich ſchließlich aber nach näherer Erörterung mit der geringeren Summe begnügt. _

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2023-01-02T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 21, 25. Januar 1929, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine21_1929/3>, abgerufen am 21.11.2024.