Allgemeine Zeitung, Nr. 21, 25. Januar 1929."AZ am Abend" Nr. 21 Freitag, den 25. Januar [Spaltenumbruch] Dreifaches Gaunerspiel EIN BANKNOTENROMAN (25. Fortsetzung) Lund feixte ein wenig bedrückt. Morris Der Assessor erhob sich: "Es ist gleich ein Unterdessen ging Morris in das Wohn- Der Beamte folgte Morris ins Atelier Der Schutzmann Schilling meldete vom Der Beamte sagte kurz "Jawohl" und Vorsichtig hinunterspähend sahen die vier "Meine Herrschaften, die Komödie hat be- "Möge sie kein Trauerspiel werden," "Wenigstens nicht für uns!" meinte "Fürs erste," sagte Frank ruhig, "muß "Wieviel halbe Stunden, glaubst du, wer- "Nicht allzuviele. Wenn er oder sie über- "Was fangen wir bis dahin an," stöhnte "Es gibt noch manches zu erledigen," "Jawohl," sagte Lund. "Und für heute "Das ist gut," nickte Frank. "Wir werden Steinmann ging und Schilling kam. "Es gilt noch, unsere Verstecke festzu- "Und wir," meinte er zu Lund, "nehmen, Der Assessor war mit den Vorschlägen ein- "Du, Rupert," rief Morris mit erhöhter Im selben Augenblick rief Steinmann zu- "Schilling, auf Ihren Platz!" befahl Mor- Morris ging auf den Gang und horchte Steinmann war mit seinem Platz hinter Er machte sich daran, und Morris half Der Maler prüfte gerade die Brauchbar- Morris eilte zum Assessor ans Fenster. "Der Wagen von Jonas war doch heller Der Ankömmling unten trat ins Haus. "An Ihre Plätze, meine Herren!" rief Nach einer kurzen Weile kam er flink und Da hörten die Männer auch schon ein Ge- "Er vergißt sich," flüsterte Morris. (Fortsetzung folgt). [irrelevantes Material] „AZ am Abend“ Nr. 21 Freitag, den 25. Januar [Spaltenumbruch] Dreifaches Gaunerspiel EIN BANKNOTENROMAN (25. Fortſetzung) Lund feixte ein wenig bedrückt. Morris Der Aſſeſſor erhob ſich: „Es iſt gleich ein Unterdeſſen ging Morris in das Wohn- Der Beamte folgte Morris ins Atelier Der Schutzmann Schilling meldete vom Der Beamte ſagte kurz „Jawohl“ und Vorſichtig hinunterſpähend ſahen die vier „Meine Herrſchaften, die Komödie hat be- „Möge ſie kein Trauerſpiel werden,“ „Wenigſtens nicht für uns!“ meinte „Fürs erſte,“ ſagte Frank ruhig, „muß „Wieviel halbe Stunden, glaubſt du, wer- „Nicht allzuviele. Wenn er oder ſie über- „Was fangen wir bis dahin an,“ ſtöhnte „Es gibt noch manches zu erledigen,“ „Jawohl,“ ſagte Lund. „Und für heute „Das iſt gut,“ nickte Frank. „Wir werden Steinmann ging und Schilling kam. „Es gilt noch, unſere Verſtecke feſtzu- „Und wir,“ meinte er zu Lund, „nehmen, Der Aſſeſſor war mit den Vorſchlägen ein- „Du, Rupert,“ rief Morris mit erhöhter Ím ſelben Augenblick rief Steinmann zu- „Schilling, auf Ihren Platz!“ befahl Mor- Morris ging auf den Gang und horchte Steinmann war mit ſeinem Platz hinter Er machte ſich daran, und Morris half Der Maler prüfte gerade die Brauchbar- Morris eilte zum Aſſeſſor ans Fenſter. „Der Wagen von Jonas war doch heller Der Ankömmling unten trat ins Haus. „An Ihre Plätze, meine Herren!“ rief Nach einer kurzen Weile kam er flink und Da hörten die Männer auch ſchon ein Ge- „Er vergißt ſich,“ flüſterte Morris. (Fortſetzung folgt). [irrelevantes Material] <TEI> <text> <body> <div type="jVarious" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <pb facs="#f0012" n="12"/> <fw place="top" type="header">„AZ am Abend“ Nr. 21 Freitag, den 25. Januar</fw><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> </div> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head><hi rendition="#b">Dreifaches Gaunerspiel</hi><lb/> EIN BANKNOTENROMAN</head><lb/> <argument> <p>(25. Fortſetzung)</p> </argument><lb/> <byline>von A. M. FREY</byline><lb/> <cb/> <p>Lund feixte ein wenig bedrückt. Morris<lb/> ſagte wie zur Verteidigung: „Ich will der<lb/> Gewalt und dem Töten, weiß Gott, kein<lb/> Lied ſingen. Weg von mir aus mit allen<lb/> Mordwaffen der Welt! Mich freut hier nichts<lb/> als die aufs höchſte durchdachte, in ein<lb/> Minimum zuſammengepreßte Leiſtung. 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Gehen Sie.“</p><lb/> <cb/> <p>Der Beamte ſagte kurz „Jawohl“ und<lb/> verſchwand.</p><lb/> <p>Vorſichtig hinunterſpähend ſahen die vier<lb/> Zurückgebliebenen ihn einſteigen und davon-<lb/> rollen.</p><lb/> <p>„Meine Herrſchaften, die Komödie hat be-<lb/> gonnen,“ verkündete Morris.</p><lb/> <p>„Möge ſie kein Trauerſpiel werden,“<lb/> murmelte Lund.</p><lb/> <p>„Wenigſtens nicht für uns!“ meinte<lb/> Steinmann. „Für unſere Partner hoffentlich<lb/> um ſo mehr. Des einen Spaß iſt des anderen<lb/> Tragödie.“</p><lb/> <p>„Fürs erſte,“ ſagte Frank ruhig, „muß<lb/> eine längere Pauſe angekündigt werden.<lb/> Die Hauptſache iſt jetzt, daß Schilling auf<lb/> ſeinem Beobachtungspoſten die Augen offen-<lb/> hält. Ich ſchlage vor, wir löſen uns am<lb/> Fenſter von einer halben Stunde zur andern<lb/> ab.“</p><lb/> <p>„Wieviel halbe Stunden, glaubſt du, wer-<lb/> den wir uns ablöſen müſſen?“, wollte Stein-<lb/> mann wiſſen.</p><lb/> <p>„Nicht allzuviele. Wenn er oder ſie über-<lb/> haupt kommen, werden ſie ſich wohl von<lb/> meiner Abreiſe durch Späher vergewiſſert<lb/> haben und bald erſcheinen.“</p><lb/> <p>„Was fangen wir bis dahin an,“ ſtöhnte<lb/> der nervöſe Lund. „Ich geſtehe, daß ich die<lb/> Wartezeit mehr als unbehaglich finde.“</p><lb/> <p>„Es gibt noch manches zu erledigen,“<lb/> meinte der Ire. „Die Villa Malſen iſt dau-<lb/> ernd beobachtet worden, ohne daß ſich etwas<lb/> Verdächtiges gerührt hätte.“</p><lb/> <p>„Jawohl,“ ſagte Lund. „Und für heute<lb/> habe ich, wie verabredet, eine ganze Anzahl<lb/> von Beamten in ihre Nähe poſtiert. Den<lb/> einen können wir jederzeit telephoniſch er-<lb/> reichen.“</p><lb/> <p>„Das iſt gut,“ nickte Frank. „Wir werden<lb/> — je nach unſeren Ergebniſſen — eventuell<lb/><cb/> gleich durch telephoniſchen Befehl die Villa<lb/> beſetzen laſſen.“ Er wandte ſich an Stein-<lb/> mann: „Rupert, wie wäre es, wenn du den<lb/> Beobachtungspoſten am Fenſter ablöſen<lb/> wollteſt? Der Mann liegt lange genug auf<lb/> der Lauer. Nichts iſt ſo ermüdend und er-<lb/> ſchöpfend wie dies unausgeſetzte Aeugen auf<lb/> einen Punkt. Schick’ ihn zu uns herein.“</p><lb/> <p>Steinmann ging und Schilling kam.</p><lb/> <p>„Es gilt noch, unſere Verſtecke feſtzu-<lb/> legen,“ ſagte Morris. „Sie, Schilling, wer-<lb/> den am beſten, ſobald eine verdächtige Per-<lb/> ſon das Haus betritt, die Bilderkammer<lb/> neben dem Eingang aufſuchen, um, wenn<lb/> jemand in die Wohnung eindringt und an<lb/> Ihnen vorbei iſt, den Verſuch einer Flucht<lb/> vereiteln zu können. Hier iſt der Schlüſſel<lb/> zur Wohnungstür. Das Schloß habe ich ver-<lb/> gangene Nacht geölt, es arbeitet geräuſchlos.“</p><lb/> <p>„Und wir,“ meinte er zu Lund, „nehmen,<lb/> ſchlage ich vor, unſeren Standort zwiſchen<lb/> den Portieren und der Tür zum Wohn-<lb/> zimmer. Dieſe Seite des Ateliers liegt im<lb/> Dunkeln. Wir können von dort am ſicherſten<lb/> beobachten — haben den Schreibtiſch vor<lb/> uns, und zwar gerade ſo, daß einer, der ſich<lb/> an ihm zu ſchaffen macht, uns den Rücken<lb/> kehrt.“</p><lb/> <p>Der Aſſeſſor war mit den Vorſchlägen ein-<lb/> verſtanden.</p><lb/> <p>„Du, Rupert,“ rief Morris mit erhöhter<lb/> Stimme, damit der Maler nebenan ihn ver-<lb/> ſtehen konnte, „mußt hinter die Tür deines<lb/> Schlafzimmers.“</p><lb/> <p>Ím ſelben Augenblick rief Steinmann zu-<lb/> rück: „Ein Herr iſt unten ins Haus getreten<lb/> — ſchwarzer Mantel — ſteifer Hut!“</p><lb/> <p>„Schilling, auf Ihren Platz!“ befahl Mor-<lb/> ris. „Rupert fort!“ — Die beiden eilten<lb/> davon. — „Lund, beobachten Sie, bitte, die<lb/> Straße weiter. Es fragt ſich noch, ob die-<lb/> ſer ſchwarze Mantel zu uns will. Ich werde<lb/> nachſehen.“</p><lb/> <p>Morris ging auf den Gang und horchte<lb/> nach der Treppe. Bald kam er zurück, brachte<lb/> Schilling mit und ſagte: „Blinder Lärm!“<lb/> Der ſteife Hut hat im zweiten Stock ange-<lb/> läutet. Unſere Empfangsbereitſchaft war<lb/> verfrüht. Das kann uns noch des öfteren<lb/><cb/> paſſieren und um ſo häufiger, je mehr der<lb/> Morgen vorrückt und der Verkehr im Hauſe<lb/> ſich belebt. — Lund vergeſſen Sie nicht, auch<lb/> die weiblichen Beſucher zu berückſichtigen.<lb/> Wiſſen wir denn, ob nicht am Ende eine<lb/> Frau oder wenigſtens ein Mannsbild in<lb/> Weiberkleidern hier auftauchen will?“</p><lb/> <p>Steinmann war mit ſeinem Platz hinter<lb/> der Schlafſtubentür nicht recht zufrieden.<lb/> „Da ſeh’ und höre ich gar nichts,“ klagte er.<lb/> „Ich möchte mir ein Loch in das Holz<lb/> bohren.“</p><lb/> <p>Er machte ſich daran, und Morris half<lb/> ihm gutmütig dabei. „Vergiß nicht,“ mahnte<lb/> dieſer, „die Tür von innen abzuſchließen.<lb/> Es könnte ſein, daß der Verſuch gemacht<lb/> wird, zuerſt zu dir einzudringen.“</p><lb/> <p>Der Maler prüfte gerade die Brauchbar-<lb/> keit des friſch gebohrten Guckloches, da rief<lb/> Lund erſtaunt aus dem Wohnzimmer: „Jo-<lb/> nas kommt im Auto zurück! Was fällt denn<lb/> dem ein?“</p><lb/> <p>Morris eilte zum Aſſeſſor ans Fenſter.<lb/> Unten hielt ein Kraftwagen. Jemand ſtand<lb/> beim Chauffeur und ſprach mit ihm.</p><lb/> <p>„Der Wagen von Jonas war doch heller<lb/> geſtrichen —,“ murmelte Morris. Plötzlich<lb/> ſagte er lebhaft: „Die Größe des Mannes<lb/> ſcheint mir auch nicht zu ſtimmen. Und<lb/> Mütze und Mantel — beſonders der Man-<lb/> tel — ſind gewiß nicht die gleichen. Das<lb/> iſt Jonas nicht! Aufgepaßt!“</p><lb/> <p>Der Ankömmling unten trat ins Haus.<lb/> Sein Wagen wartete.</p><lb/> <p>„An Ihre Plätze, meine Herren!“ rief<lb/> Morris. Er ſelbſt ging und horchte auf dem<lb/> Korridor.</p><lb/> <p>Nach einer kurzen Weile kam er flink und<lb/> leiſe zurück, ließ die Ateliertür halb offen<lb/> und trat hinter die Portiere neben Lund<lb/> „Man kommt zu uns!“ flüſterte er.</p><lb/> <p>Da hörten die Männer auch ſchon ein Ge-<lb/> räuſch draußen am Schloß. Die Wohnungs-<lb/> tür ging auf und fiel wieder zu. Eine<lb/> Kette oder etwas Aehnliches ſchien auf den<lb/> Boden zu raſſeln. Dann wurde es ganz<lb/> ſtill.</p><lb/> <p>„Er vergißt ſich,“ flüſterte Morris.<lb/> „Wenn nur Schilling ſich mäuschenſtill ver-<lb/> hält!“</p><lb/> <p>(Fortſetzung folgt).</p> </div> </div><lb/> <div type="jAnnouncements" n="1"> <gap reason="insignificant"/> </div> </body> </text> </TEI> [12/0012]
„AZ am Abend“ Nr. 21 Freitag, den 25. Januar
Dreifaches Gaunerspiel
EIN BANKNOTENROMAN
(25. Fortſetzung)
von A. M. FREY
Lund feixte ein wenig bedrückt. Morris
ſagte wie zur Verteidigung: „Ich will der
Gewalt und dem Töten, weiß Gott, kein
Lied ſingen. Weg von mir aus mit allen
Mordwaffen der Welt! Mich freut hier nichts
als die aufs höchſte durchdachte, in ein
Minimum zuſammengepreßte Leiſtung. Iſt
ſie nicht mehr wert, als all die ungeheuren
Mengen von geiſtigen Ausſcheidungen, die
in ungeheuren Bibliotheken als geronnene
Unbrauchbarkeiten aufbewahrt werden und
dort faulen? Ich liebe die tote Weisheit
nicht.“
Der Aſſeſſor erhob ſich: „Es iſt gleich ein
halb neun. Ich will noch einmal nach Stein-
mann ſehen.“
Unterdeſſen ging Morris in das Wohn-
zimmer, wo vom Fenſter aus, hinter den
Vorhängen, die beiden Kriminalſchutzleute
Jonas und Schilling die Straße beobach-
teten. „Jonas,“ redete er den einen an, „es
wird Zeit. Sie müſſen ſich fertigmachen. Das
Auto kann jeden Augenblick da ſein.“
Der Beamte folgte Morris ins Atelier
und wurde dort mit Hilfe des endlich er-
ſchienenen Malers einer Verwandlung unter-
zogen. Als er dann in einem weiten Auto-
mantel ſteckte, die Mütze tief in der Stirn
und ein blondes Bärtchen unter der Naſe
hatte, glich er dem Iren, deſſen große musku-
löſe Geſtalt er beſaß, nicht übel. —
Der Schutzmann Schilling meldete vom
Wohnzimmer her, ein leerer Kraftwagen ſei
angelangt. „Alſo gehen Sie,“ drängte Lund
den verkleideten Beamten. „Sie wiſſen Ihre
Order. Sie fahren auf dem kürzeſten Weg
an die Peripherie der Stadt — dorthin, wo
die Landſtraße nach Utterslev beginnt. Von
da fahren Sie im weiten Bogen um die
Stadt und über Valby durch den ſüdlichen
Teil zur Polizei. Während der Fahrt, vor
Valby, können Sie Ihre Verkleidung be-
ſeitigen. Gehen Sie.“
Der Beamte ſagte kurz „Jawohl“ und
verſchwand.
Vorſichtig hinunterſpähend ſahen die vier
Zurückgebliebenen ihn einſteigen und davon-
rollen.
„Meine Herrſchaften, die Komödie hat be-
gonnen,“ verkündete Morris.
„Möge ſie kein Trauerſpiel werden,“
murmelte Lund.
„Wenigſtens nicht für uns!“ meinte
Steinmann. „Für unſere Partner hoffentlich
um ſo mehr. Des einen Spaß iſt des anderen
Tragödie.“
„Fürs erſte,“ ſagte Frank ruhig, „muß
eine längere Pauſe angekündigt werden.
Die Hauptſache iſt jetzt, daß Schilling auf
ſeinem Beobachtungspoſten die Augen offen-
hält. Ich ſchlage vor, wir löſen uns am
Fenſter von einer halben Stunde zur andern
ab.“
„Wieviel halbe Stunden, glaubſt du, wer-
den wir uns ablöſen müſſen?“, wollte Stein-
mann wiſſen.
„Nicht allzuviele. Wenn er oder ſie über-
haupt kommen, werden ſie ſich wohl von
meiner Abreiſe durch Späher vergewiſſert
haben und bald erſcheinen.“
„Was fangen wir bis dahin an,“ ſtöhnte
der nervöſe Lund. „Ich geſtehe, daß ich die
Wartezeit mehr als unbehaglich finde.“
„Es gibt noch manches zu erledigen,“
meinte der Ire. „Die Villa Malſen iſt dau-
ernd beobachtet worden, ohne daß ſich etwas
Verdächtiges gerührt hätte.“
„Jawohl,“ ſagte Lund. „Und für heute
habe ich, wie verabredet, eine ganze Anzahl
von Beamten in ihre Nähe poſtiert. Den
einen können wir jederzeit telephoniſch er-
reichen.“
„Das iſt gut,“ nickte Frank. „Wir werden
— je nach unſeren Ergebniſſen — eventuell
gleich durch telephoniſchen Befehl die Villa
beſetzen laſſen.“ Er wandte ſich an Stein-
mann: „Rupert, wie wäre es, wenn du den
Beobachtungspoſten am Fenſter ablöſen
wollteſt? Der Mann liegt lange genug auf
der Lauer. Nichts iſt ſo ermüdend und er-
ſchöpfend wie dies unausgeſetzte Aeugen auf
einen Punkt. Schick’ ihn zu uns herein.“
Steinmann ging und Schilling kam.
„Es gilt noch, unſere Verſtecke feſtzu-
legen,“ ſagte Morris. „Sie, Schilling, wer-
den am beſten, ſobald eine verdächtige Per-
ſon das Haus betritt, die Bilderkammer
neben dem Eingang aufſuchen, um, wenn
jemand in die Wohnung eindringt und an
Ihnen vorbei iſt, den Verſuch einer Flucht
vereiteln zu können. Hier iſt der Schlüſſel
zur Wohnungstür. Das Schloß habe ich ver-
gangene Nacht geölt, es arbeitet geräuſchlos.“
„Und wir,“ meinte er zu Lund, „nehmen,
ſchlage ich vor, unſeren Standort zwiſchen
den Portieren und der Tür zum Wohn-
zimmer. Dieſe Seite des Ateliers liegt im
Dunkeln. Wir können von dort am ſicherſten
beobachten — haben den Schreibtiſch vor
uns, und zwar gerade ſo, daß einer, der ſich
an ihm zu ſchaffen macht, uns den Rücken
kehrt.“
Der Aſſeſſor war mit den Vorſchlägen ein-
verſtanden.
„Du, Rupert,“ rief Morris mit erhöhter
Stimme, damit der Maler nebenan ihn ver-
ſtehen konnte, „mußt hinter die Tür deines
Schlafzimmers.“
Ím ſelben Augenblick rief Steinmann zu-
rück: „Ein Herr iſt unten ins Haus getreten
— ſchwarzer Mantel — ſteifer Hut!“
„Schilling, auf Ihren Platz!“ befahl Mor-
ris. „Rupert fort!“ — Die beiden eilten
davon. — „Lund, beobachten Sie, bitte, die
Straße weiter. Es fragt ſich noch, ob die-
ſer ſchwarze Mantel zu uns will. Ich werde
nachſehen.“
Morris ging auf den Gang und horchte
nach der Treppe. Bald kam er zurück, brachte
Schilling mit und ſagte: „Blinder Lärm!“
Der ſteife Hut hat im zweiten Stock ange-
läutet. Unſere Empfangsbereitſchaft war
verfrüht. Das kann uns noch des öfteren
paſſieren und um ſo häufiger, je mehr der
Morgen vorrückt und der Verkehr im Hauſe
ſich belebt. — Lund vergeſſen Sie nicht, auch
die weiblichen Beſucher zu berückſichtigen.
Wiſſen wir denn, ob nicht am Ende eine
Frau oder wenigſtens ein Mannsbild in
Weiberkleidern hier auftauchen will?“
Steinmann war mit ſeinem Platz hinter
der Schlafſtubentür nicht recht zufrieden.
„Da ſeh’ und höre ich gar nichts,“ klagte er.
„Ich möchte mir ein Loch in das Holz
bohren.“
Er machte ſich daran, und Morris half
ihm gutmütig dabei. „Vergiß nicht,“ mahnte
dieſer, „die Tür von innen abzuſchließen.
Es könnte ſein, daß der Verſuch gemacht
wird, zuerſt zu dir einzudringen.“
Der Maler prüfte gerade die Brauchbar-
keit des friſch gebohrten Guckloches, da rief
Lund erſtaunt aus dem Wohnzimmer: „Jo-
nas kommt im Auto zurück! Was fällt denn
dem ein?“
Morris eilte zum Aſſeſſor ans Fenſter.
Unten hielt ein Kraftwagen. Jemand ſtand
beim Chauffeur und ſprach mit ihm.
„Der Wagen von Jonas war doch heller
geſtrichen —,“ murmelte Morris. Plötzlich
ſagte er lebhaft: „Die Größe des Mannes
ſcheint mir auch nicht zu ſtimmen. Und
Mütze und Mantel — beſonders der Man-
tel — ſind gewiß nicht die gleichen. Das
iſt Jonas nicht! Aufgepaßt!“
Der Ankömmling unten trat ins Haus.
Sein Wagen wartete.
„An Ihre Plätze, meine Herren!“ rief
Morris. Er ſelbſt ging und horchte auf dem
Korridor.
Nach einer kurzen Weile kam er flink und
leiſe zurück, ließ die Ateliertür halb offen
und trat hinter die Portiere neben Lund
„Man kommt zu uns!“ flüſterte er.
Da hörten die Männer auch ſchon ein Ge-
räuſch draußen am Schloß. Die Wohnungs-
tür ging auf und fiel wieder zu. Eine
Kette oder etwas Aehnliches ſchien auf den
Boden zu raſſeln. Dann wurde es ganz
ſtill.
„Er vergißt ſich,“ flüſterte Morris.
„Wenn nur Schilling ſich mäuschenſtill ver-
hält!“
(Fortſetzung folgt).
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Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2023-01-02T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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