Allgemeine Zeitung, Nr. 159, 7. Juni 1860.[Spaltenumbruch]
Leben des Ministeriums friste, ohne sich an dauernde Schöpfungen zu wagen. Preußen. D Köln, im Jun. Der Bildhauer Bläser aus Berlin, *+ Berlin, 3 Jun. Mein armer Brief vom 24 v. M. hat das Berlin, 3 Jun. Die Preuß. Ztg. bespricht heute auch in Berlin, 5 Jun. Aus der "Hamb. Reform" ist in Berliner Berlin. Die über die Reise des Prinz-Regenten und des Prinzen "Ich habe zunächst die wehmüthige Pflicht zu erfüllen den Dank dessen auszusprechen, [Spaltenumbruch]
Leben des Miniſteriums friſte, ohne ſich an dauernde Schöpfungen zu wagen. Preußen. Δ Köln, im Jun. Der Bildhauer Bläſer aus Berlin, *† Berlin, 3 Jun. Mein armer Brief vom 24 v. M. hat das Berlin, 3 Jun. Die Preuß. Ztg. beſpricht heute auch in ⤉ Berlin, 5 Jun. Aus der „Hamb. Reform“ iſt in Berliner Berlin. Die über die Reiſe des Prinz-Regenten und des Prinzen „Ich habe zunächſt die wehmüthige Pflicht zu erfüllen den Dank deſſen auszuſprechen, <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div type="jArticle" n="4"> <p><pb facs="#f0003" n="2647"/><cb/> Leben des Miniſteriums friſte, ohne ſich an dauernde Schöpfungen zu wagen.<lb/> Miniſter v. <hi rendition="#g">Borries</hi> erklärte darauf das Miniſterium ſitze noch feſt im<lb/> Sattel; übrigens ſey die Negierung längſt mit der Ausarbeitung eines Geſetz-<lb/> entwurfs beſchäftigt, der die anderweite Regelung der Vertretung der evan-<lb/> geliſchen Kirche bezwecke und werde ſchon in nächſter Diät eine dahin zielende<lb/> Vorlage machen. Der Regierungsvorſchlag ward ſodann gegen die Linke<lb/> genehmigt. (<hi rendition="#g">Nat.-Ztg</hi>.)</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Preußen</hi>.</head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>Δ <hi rendition="#b">Köln,</hi> im Jun.</dateline><lb/> <p>Der Bildhauer Bläſer aus Berlin,<lb/> ein gehorner Kölner, iſt wieder nach Berlin abgereist. Die beiden von ihm und<lb/> dem Bildhauer Drake angefertigten Modelle der großen Reiterſtatuen des<lb/> Königs und des Prinz-Regenten, welche an der ſtehenden Rheinbrücke er-<lb/> richtet werden ſollen, haben die Genehmigung und den Beifall der Direction<lb/> der Köln-Mindener Eiſenbahngeſellſchaſt erhalten. Beide Standbilder werden<lb/> in Bronze gegoſſen, erhalten eine Höhe von 18 Fuß und enden ihre Stellung<lb/> auf Pfeilern von 30 Fuß Höhe. Mit der Ausführung ſoll ſofort begonnen<lb/> werden. — In den jüngſt verfloſſenen Jahren war der Strom der Aus-<lb/> wanderung nach Amerika faſt ganz verſiegt; gegenwärtig hat er ſich aber<lb/> wieder in Bewegung geſetzt, und Eiſenbahnen und Dampfſchiſſe führen<lb/> uns ſolche Europamüde, wenn auch in geringerer Zahl, zu. — Der volks-<lb/> wirthſchaftliche Congreß wird in den Tagen des 10 bis 14 Sept. ſich hier<lb/> verſammeln; die Leitung der Angelegenheiten hat der Oberbürgermeiſter<lb/> Stupp übernommen. Die Gegenſtände welche zur Berathung kommen, ſind<lb/> in folgende Abtheilungen verwieſen: <hi rendition="#aq">I.</hi> Für Verbreitung der Lehren der<lb/> Volkswirthſchaft. <hi rendition="#aq">II.</hi> Für das Gewerbeweſen. (Die Gewerbefreiheitsfrage<lb/> in Deutſchland.) <hi rendition="#aq">III.</hi> Für das Genoſſenſchaſtsweſen. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Für das Zoll-<lb/> weſen. <hi rendition="#aq">V.</hi> Für landwirthſchaſtliche Angelegenheiten.</p> </div><lb/> <div type="jComment" n="4"> <dateline>*† <hi rendition="#b">Berlin,</hi> 3 Jun.</dateline><lb/> <p>Mein armer Brief vom 24 v. M. hat das<lb/> Unglück gehabt der Preuß. Ztg. ſehr zu mißfallen, und ſie veranlaßt wieder<lb/> einen ihrer raſtloſen Angriſſe gegen Sie und Ihr Blatt zu unternehmen. Ob<lb/> ſie daran recht gethan hat, ob es von ihr nicht klüger geweſen wäre zu ſchwei-<lb/> gen, mag dahingeſtellt bleiben; ſo viel iſt ſicher daß ſie durch ihre heftige<lb/> Diatribe meine Anſichten nicht widerlegt, ſondern beſtätigt, anderntheils mit<lb/> ihren Auslaſſungen ſelbſt ihre Freunde nicht zufrieden ſtellt, ſondern höchſt<lb/> bedenklich macht, wie ein Artikel in der D. Allg. Ztg. vom 3 Jun. unter an-<lb/> derm deutlich zeigt. Daß es zwei Richtungen in unſerer Politik gibt, die ich<lb/> die ruſſiſche und die öſterreichiſche genannt habe, iſt eine ſo unläugbare That-<lb/> ſache, daß man ſich nur wundern muß wie der Preuß. Ztg. nichts davon be-<lb/> kannt geworden ſeyn ſollte. Ich ſprach aber in meinem Brief auch von einer<lb/> ruſſiſchen Partei in unſern leitenden Kreiſen, und darüber gerieth die Preuß.<lb/> Ztg. in einen heiligen Zorn. Hat ſie denn die Breslauer Zuſammenkunſt,<lb/> die Sendungen der Generale v. Berg und v. Adlerberg ſo ganz vergeſſen?<lb/> Und läßt ſich nicht die D. Allg. Ztg. in Leipzig von hier aus erſt in ihrer<lb/> Nr. 127 noch melden: <cit><quote>„Hr. v. Bismark-Schönhauſen, ein Freund territo-<lb/> rialer Erweiterungen Preußens, hat in St. Petersburg die Illuſion erzeugt“ ꝛc.?</quote></cit><lb/> Liegt in dieſer Stelle, die ſie ſelbſt nachleſen mag wenn es ihr Vergnügen<lb/> macht, nicht die vollſie Beſtätigung deſſen was ich in meinem Bericht nur als<lb/> Gerücht angedeutet hatte? Warum wendet ſie ihre Berſerkerwuth nicht auch<lb/> gegen dieſes Blatt? Sind hier und anderwärts nicht auch Namen genannt?<lb/> Ich bin freilich weiter gegangen, indem ich mehrere hochſtehende Perſonen<lb/> als in demſelben Gedankengang befangen bezeichnete. Ich ſprach von Ge-<lb/> rüchten, weil auch Gerüchte zuweilen von Bedeutung ſeyn können. Die<lb/> Preuß. Ztg. erklärt daß ſie unbegründet ſind, und ſo begnüge ich mich gern,<lb/> obgleich ich fragen könnte woher ſie ihre genaue Kenntniß geſchöpſt habe, da<lb/> ſie ja wiederholt erklärt hat kein miniſterielles Blatt mehr zu ſeyn, auch der<lb/> betreſſende Artikel nur zu dentlich zeigt daß ſie ihre Weisheit bloß aus ſich<lb/> ſelbſt geſchöpſt. Schließlich fordert ſie mich, oder vielmehr die Trägerin<lb/> meines Briefs auf: doch zu ſagen was wir von Preußen eigentlich wollen;<lb/> es könne ſich doch nicht von Oeſterreich terroriſiren laſſen, es trage doch nicht<lb/> allein die Schuld an dem Zerwürfniß mit Oeſterreich, daß man ſtets fordere<lb/> es ſolle die Hand zuerſt zur Verſöhnung reichen? Wenn die Maſſen von<lb/> Abhandlungen welche gerade die Allg. Ztg. über dieſe Frage gebracht hat, der<lb/> Preuß. Ztg. kein Licht aufgeſteckt haben in dieſer Hinſicht, ſo iſt von jeder<lb/> weitern Erörterung wenig Erfolg zu hoffen. (Der Correſpondent läßt ſich<lb/> da in die weiteſtgreifenden Erörterungen ein; wir glauben aber dieß genügt voll-<lb/> ſtändig für den der überhaupt überzeugt ſeyn will. Daß die Allg. Ztg. das<lb/> öſterreichiſche alte Syſtem vertheidigt habe, und fortwährend vertheidige, iſt eine<lb/> Beſchuldigung die wirklich keiner Entgegnung bedarf. Bemerkenswerth iſt<lb/> vielleicht nur daß die <hi rendition="#g">Preußiſchen Jahrbücher</hi> in ihrem letzten Heſt ihren<lb/> radicalen Wiener Correſpondenten, der von gleichgeſinnten Organen als ein<lb/> Mirakel angeſehen wird, als untrügliche Panacee gerade die einfache Rückkehr<lb/> zu dem alten Syſtem vor 1848 anpreiſen läßt. Das wäre alſo „des<lb/> Pudels Kern“ nach all dieſen liberalen Fechterkünſten.)</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline><hi rendition="#b">Berlin,</hi> 3 Jun.</dateline><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Preuß. Ztg</hi>. beſpricht heute auch in<lb/> einem Leitartikel den jetzigen Stand der karheſſiſchen Berfaſſungsangelegen-<lb/> heit, und ſpricht die Stellung Preußens zu dieſer Frage in folgenden Worten<lb/><cb/> aus: <cit><quote>„Niemand wird verlangen daß Preußen auf Koſten des Rechts, auf<lb/> Koſten eines Princips von welchem das Gedeihen Deutſchlands zu aller Zeit<lb/> abhängt, eine Verſtändigung ſuche. Es wird und kann von der in dieſer Frage<lb/> eingenommenen Stellung nicht abgehen; <hi rendition="#g">es kann einer in ſolcher Weiſe<lb/> zu Stande gekommenen Verfaſſung die rechtliche Anerkennung<lb/> nicht ertheilen, es kann noch viel weniger eine Garantie für ſie<lb/> übernehmen</hi>. Wenn man Preußen entgegenkam, von einer willkürlichen<lb/> und in Wahrheit unmöglichen Ausdehnung der Bundesgewalt zurücklenkte,<lb/> wenn in Kurheſſen ein großherziger Act höchſter Machtvollkommenheit, eine<lb/> aus freiem landesfürſtlichen Willen vollzogene Rechtsherſtellung eine traurige<lb/> Vergangenheit vergeſſen machte, ſo war für Deutſchland und für Kurheſſen<lb/> eine gleich werthvolle Befriedigung, eine vertrauenerweckende Ausſöhnung ge-<lb/> wonnen, welche dem Land wie dem Thron reiche Früchte tragen mußte. Dann<lb/> ſtand Deutſchland in wahrhafter Eintracht auf Grund des verfaſſungsmäßi-<lb/> gen Rechts, dann hatte die Monarchie in Heſſen einen glänzenden Triumph<lb/> erfochten über den Verdacht der Gegner und die Wohldienerei gefährlicher<lb/> Freunde. Wir beklagen daß jetzt von dem allem das Gegentheil erreicht iſt.<lb/> Wir werden es aber nie beklagen daß Preußen den richtigen Weg gezeigt hat.“</quote></cit></p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>⤉ <hi rendition="#b">Berlin,</hi> 5 Jun.</dateline><lb/> <p>Aus der „Hamb. Reform“ iſt in Berliner<lb/> Blätter eine Nachricht übergegangen welche wahres und falſches bunt durch<lb/> einander mengt. Es iſt richtig daß die Kreuzzeitung auf die erſte Nachricht<lb/> von Gortſchakoffs Auſtreten in der orientaliſchen Kriſis verlangte daß Preu-<lb/> ßen den civiliſatoriſchen chriſtlichen Beſtrebungen Rußlands die Hand reichen<lb/> ſolle. Es war dieß aber nur eine Privatauſicht des Hauptredacteurs <hi rendition="#aq">Dr.</hi><lb/> Beutner, eines ſehr frommen Mannes. Später hat ſich die Kreuzzeitung<lb/> wieder ſelbſt gefunden, und der chriſtliche Dunſt ihr nicht mehr den Einblick<lb/> in das Getriebe der moskowitiſchen Revolutionspolitik entzogen. Hr. v. Bie-<lb/> mark ſieht mit der Kreuzzeitungspartei in gar keiner Verbindung mehr. Sie<lb/> hatte daher keinen Grund um, wie der Berichterſtatter der „Reform“ ſchreibt,<lb/> denſelben in das Miniſterium zu bringen. Hr. v. Bismark, der bis 1851 ent-<lb/> ſchiedener Feudaler und ein Hauptbewunderer des „ſauern Ganges“ nach<lb/> Olmütz war, hat in dem letzten Jahrzehnt — da es ihm an diplomatiſcher<lb/> Gewandtheit gebrach um Oeſterreich in Frankfurt zu begegnen — alles ge-<lb/> than um Preußen und Oeſterreich zu brouilliren. Hr. v. Bismark iſt jetzt ent-<lb/> ſchiedener Bonapartiſt und Ruſſe. Er ſteht ſo ziemlich allein da in der preu-<lb/> ßiſchen politiſchen Welt. Die paar liberalen Enrag<hi rendition="#aq">é</hi>s eines abſoluten Preu-<lb/> ßenthums, im Sinn der bekannten Broſchüre des Majors v. Luck, werden<lb/> wieder durch ſeine ariſtokratiſchen Airs zurückgeſtoßen. Was von einer inten-<lb/> dirten Zuſammenkunft der Kaiſer Napoleon, Alexander und des Prinz-Negen-<lb/> ten erzählt wird, gehört in das Reich der falſchen Gerüchte. Richtig iſt da-<lb/> gegen daß man den ruſſiſchen Gäſten nur die formellſte Höflichkeit, aber auch<lb/> nichts mehr, kein Zeichen von Sympathien, in den maßgebenden Kreiſen zu<lb/> erkennen gegeben hat. — Der Artikel Ihres Blattes „Die italieniſche das iſt<lb/> die orientaliſche Frage“ hat den Zorn der guten Tante Voß erregt. Die gute<lb/> Tante hat die kriegeriſchen Artikel bereits vergeſſen welche ihr 1854 die Wuth-<lb/> ausbrüche Hinckeldey’s — dem es leider nicht vergönnt wurde die neue Aera<lb/> zu ſchauen — zuzogen. Wenn ſie jetzt mit einmal ſo ruſſenzahm geworden,<lb/> ſo dürfte es bei dem geſchwächten Gedächtniß der guten Alten noch weniger<lb/> fruchten ſie an den berühmten Preßproceß zu erinnern den einer ihrer Redac-<lb/> teure unter Tottleben im ſiebenjährigen Krieg ſo glücklich, aber ſo wenig<lb/> rühmlich durchführte. Wenn die Wiederkehr ſolcher Zeiten möglich wäre, die<lb/> Gedankenloſigkeit unſerer Spießbürger und deren Preſſe, welche am allge-<lb/> meinen europäiſchen Feuer nur die Bettelſuppen ihrer Speculationen kochen<lb/> will, könnten ſie wieder herauſbeſchwören. Nur dürfte die Voſſiſche Zeitung<lb/> nicht ſtets auf ſo zahme Cenſoren wie Tottleben rechnen. — Trotz aller De-<lb/> clamationen dieſer Leute ſcheint — wie auch aus den Verhandlungen des eng-<lb/> liſchen Parlaments hervorgeht — das Einverſtändniß zwiſchen Oeſterreich<lb/> und Preußen augebahnt zu werden. Wenn die <hi rendition="#aq">enfants terribles</hi> zu Kaſſel,<lb/> durch ſchleunige Proclamation der Verfaſſung dieſes Einverſtändniß wieder<lb/> zu ſtören drohen, ſo hoffen wir daß die deutſchen Großmächte um Kurheſſens<lb/> willen ihre europäiſchen Pflichten nicht vergeſſen werden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline> <hi rendition="#b">Berlin.</hi> </dateline><lb/> <p>Die über die Reiſe des <hi rendition="#g">Prinz-Regenten</hi> und des Prinzen<lb/> Friedrich Wilhelm vorliegenden Berichte bekunden ſämmtlich die enthuſiaſtiſche<lb/> und herzliche Aufnahme, welche Ihre Königl. Hoheiten überall gefunden. Abends<lb/> 6 Uhr trafen die hohen Reiſenden in <hi rendition="#g">Danzig</hi> ein; die Stadt prangte im<lb/> ſchönſten Feſtſchmuck und war des Abends glänzend erleuchtet. Die Prinzen<lb/> wohnten einem von der Stadt im Artusſaale veranſtalteten Feſtmahle bei,<lb/> bei welchem der Oberbürgermeiſter Groddeck das Hoch auf den König und den<lb/> Prinz Regenten ausbrachte. Der Prinz-Regent dankte mit folgenden Worten:</p><lb/> <cit> <quote>„Ich habe zunächſt die wehmüthige Pflicht zu erfüllen den Dank deſſen auszuſprechen,<lb/> an deſſen Stelle Ich hier ſtehe und dem Sie das erſte Hoch ausgebracht haben. Sie wiſſen<lb/> es mit welcher Liebe er ſtets hier weilte, Sie wiſſen es daß er auf die Auhänglichkeit<lb/> und Treue dieſer Stadt gegen das Vaterland und ſeine Dynaſtie immer gerechnet<lb/> hat. Ein ſchweres Geſchick hält ihn von hier fern; könnte er es wiſſen was hier<lb/> vorgeht, er würde gewiß mit ganzem Herzen bei uns ſeyn! — Alsdann ſage Ich<lb/> Ihnen Meinen Dank ſowohl für die Geiübde welche Sie ſo eben für den König<lb/></quote> </cit> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [2647/0003]
Leben des Miniſteriums friſte, ohne ſich an dauernde Schöpfungen zu wagen.
Miniſter v. Borries erklärte darauf das Miniſterium ſitze noch feſt im
Sattel; übrigens ſey die Negierung längſt mit der Ausarbeitung eines Geſetz-
entwurfs beſchäftigt, der die anderweite Regelung der Vertretung der evan-
geliſchen Kirche bezwecke und werde ſchon in nächſter Diät eine dahin zielende
Vorlage machen. Der Regierungsvorſchlag ward ſodann gegen die Linke
genehmigt. (Nat.-Ztg.)
Preußen.
Δ Köln, im Jun.
Der Bildhauer Bläſer aus Berlin,
ein gehorner Kölner, iſt wieder nach Berlin abgereist. Die beiden von ihm und
dem Bildhauer Drake angefertigten Modelle der großen Reiterſtatuen des
Königs und des Prinz-Regenten, welche an der ſtehenden Rheinbrücke er-
richtet werden ſollen, haben die Genehmigung und den Beifall der Direction
der Köln-Mindener Eiſenbahngeſellſchaſt erhalten. Beide Standbilder werden
in Bronze gegoſſen, erhalten eine Höhe von 18 Fuß und enden ihre Stellung
auf Pfeilern von 30 Fuß Höhe. Mit der Ausführung ſoll ſofort begonnen
werden. — In den jüngſt verfloſſenen Jahren war der Strom der Aus-
wanderung nach Amerika faſt ganz verſiegt; gegenwärtig hat er ſich aber
wieder in Bewegung geſetzt, und Eiſenbahnen und Dampfſchiſſe führen
uns ſolche Europamüde, wenn auch in geringerer Zahl, zu. — Der volks-
wirthſchaftliche Congreß wird in den Tagen des 10 bis 14 Sept. ſich hier
verſammeln; die Leitung der Angelegenheiten hat der Oberbürgermeiſter
Stupp übernommen. Die Gegenſtände welche zur Berathung kommen, ſind
in folgende Abtheilungen verwieſen: I. Für Verbreitung der Lehren der
Volkswirthſchaft. II. Für das Gewerbeweſen. (Die Gewerbefreiheitsfrage
in Deutſchland.) III. Für das Genoſſenſchaſtsweſen. IV. Für das Zoll-
weſen. V. Für landwirthſchaſtliche Angelegenheiten.
*† Berlin, 3 Jun.
Mein armer Brief vom 24 v. M. hat das
Unglück gehabt der Preuß. Ztg. ſehr zu mißfallen, und ſie veranlaßt wieder
einen ihrer raſtloſen Angriſſe gegen Sie und Ihr Blatt zu unternehmen. Ob
ſie daran recht gethan hat, ob es von ihr nicht klüger geweſen wäre zu ſchwei-
gen, mag dahingeſtellt bleiben; ſo viel iſt ſicher daß ſie durch ihre heftige
Diatribe meine Anſichten nicht widerlegt, ſondern beſtätigt, anderntheils mit
ihren Auslaſſungen ſelbſt ihre Freunde nicht zufrieden ſtellt, ſondern höchſt
bedenklich macht, wie ein Artikel in der D. Allg. Ztg. vom 3 Jun. unter an-
derm deutlich zeigt. Daß es zwei Richtungen in unſerer Politik gibt, die ich
die ruſſiſche und die öſterreichiſche genannt habe, iſt eine ſo unläugbare That-
ſache, daß man ſich nur wundern muß wie der Preuß. Ztg. nichts davon be-
kannt geworden ſeyn ſollte. Ich ſprach aber in meinem Brief auch von einer
ruſſiſchen Partei in unſern leitenden Kreiſen, und darüber gerieth die Preuß.
Ztg. in einen heiligen Zorn. Hat ſie denn die Breslauer Zuſammenkunſt,
die Sendungen der Generale v. Berg und v. Adlerberg ſo ganz vergeſſen?
Und läßt ſich nicht die D. Allg. Ztg. in Leipzig von hier aus erſt in ihrer
Nr. 127 noch melden: „Hr. v. Bismark-Schönhauſen, ein Freund territo-
rialer Erweiterungen Preußens, hat in St. Petersburg die Illuſion erzeugt“ ꝛc.?
Liegt in dieſer Stelle, die ſie ſelbſt nachleſen mag wenn es ihr Vergnügen
macht, nicht die vollſie Beſtätigung deſſen was ich in meinem Bericht nur als
Gerücht angedeutet hatte? Warum wendet ſie ihre Berſerkerwuth nicht auch
gegen dieſes Blatt? Sind hier und anderwärts nicht auch Namen genannt?
Ich bin freilich weiter gegangen, indem ich mehrere hochſtehende Perſonen
als in demſelben Gedankengang befangen bezeichnete. Ich ſprach von Ge-
rüchten, weil auch Gerüchte zuweilen von Bedeutung ſeyn können. Die
Preuß. Ztg. erklärt daß ſie unbegründet ſind, und ſo begnüge ich mich gern,
obgleich ich fragen könnte woher ſie ihre genaue Kenntniß geſchöpſt habe, da
ſie ja wiederholt erklärt hat kein miniſterielles Blatt mehr zu ſeyn, auch der
betreſſende Artikel nur zu dentlich zeigt daß ſie ihre Weisheit bloß aus ſich
ſelbſt geſchöpſt. Schließlich fordert ſie mich, oder vielmehr die Trägerin
meines Briefs auf: doch zu ſagen was wir von Preußen eigentlich wollen;
es könne ſich doch nicht von Oeſterreich terroriſiren laſſen, es trage doch nicht
allein die Schuld an dem Zerwürfniß mit Oeſterreich, daß man ſtets fordere
es ſolle die Hand zuerſt zur Verſöhnung reichen? Wenn die Maſſen von
Abhandlungen welche gerade die Allg. Ztg. über dieſe Frage gebracht hat, der
Preuß. Ztg. kein Licht aufgeſteckt haben in dieſer Hinſicht, ſo iſt von jeder
weitern Erörterung wenig Erfolg zu hoffen. (Der Correſpondent läßt ſich
da in die weiteſtgreifenden Erörterungen ein; wir glauben aber dieß genügt voll-
ſtändig für den der überhaupt überzeugt ſeyn will. Daß die Allg. Ztg. das
öſterreichiſche alte Syſtem vertheidigt habe, und fortwährend vertheidige, iſt eine
Beſchuldigung die wirklich keiner Entgegnung bedarf. Bemerkenswerth iſt
vielleicht nur daß die Preußiſchen Jahrbücher in ihrem letzten Heſt ihren
radicalen Wiener Correſpondenten, der von gleichgeſinnten Organen als ein
Mirakel angeſehen wird, als untrügliche Panacee gerade die einfache Rückkehr
zu dem alten Syſtem vor 1848 anpreiſen läßt. Das wäre alſo „des
Pudels Kern“ nach all dieſen liberalen Fechterkünſten.)
Berlin, 3 Jun.
Die Preuß. Ztg. beſpricht heute auch in
einem Leitartikel den jetzigen Stand der karheſſiſchen Berfaſſungsangelegen-
heit, und ſpricht die Stellung Preußens zu dieſer Frage in folgenden Worten
aus: „Niemand wird verlangen daß Preußen auf Koſten des Rechts, auf
Koſten eines Princips von welchem das Gedeihen Deutſchlands zu aller Zeit
abhängt, eine Verſtändigung ſuche. Es wird und kann von der in dieſer Frage
eingenommenen Stellung nicht abgehen; es kann einer in ſolcher Weiſe
zu Stande gekommenen Verfaſſung die rechtliche Anerkennung
nicht ertheilen, es kann noch viel weniger eine Garantie für ſie
übernehmen. Wenn man Preußen entgegenkam, von einer willkürlichen
und in Wahrheit unmöglichen Ausdehnung der Bundesgewalt zurücklenkte,
wenn in Kurheſſen ein großherziger Act höchſter Machtvollkommenheit, eine
aus freiem landesfürſtlichen Willen vollzogene Rechtsherſtellung eine traurige
Vergangenheit vergeſſen machte, ſo war für Deutſchland und für Kurheſſen
eine gleich werthvolle Befriedigung, eine vertrauenerweckende Ausſöhnung ge-
wonnen, welche dem Land wie dem Thron reiche Früchte tragen mußte. Dann
ſtand Deutſchland in wahrhafter Eintracht auf Grund des verfaſſungsmäßi-
gen Rechts, dann hatte die Monarchie in Heſſen einen glänzenden Triumph
erfochten über den Verdacht der Gegner und die Wohldienerei gefährlicher
Freunde. Wir beklagen daß jetzt von dem allem das Gegentheil erreicht iſt.
Wir werden es aber nie beklagen daß Preußen den richtigen Weg gezeigt hat.“
⤉ Berlin, 5 Jun.
Aus der „Hamb. Reform“ iſt in Berliner
Blätter eine Nachricht übergegangen welche wahres und falſches bunt durch
einander mengt. Es iſt richtig daß die Kreuzzeitung auf die erſte Nachricht
von Gortſchakoffs Auſtreten in der orientaliſchen Kriſis verlangte daß Preu-
ßen den civiliſatoriſchen chriſtlichen Beſtrebungen Rußlands die Hand reichen
ſolle. Es war dieß aber nur eine Privatauſicht des Hauptredacteurs Dr.
Beutner, eines ſehr frommen Mannes. Später hat ſich die Kreuzzeitung
wieder ſelbſt gefunden, und der chriſtliche Dunſt ihr nicht mehr den Einblick
in das Getriebe der moskowitiſchen Revolutionspolitik entzogen. Hr. v. Bie-
mark ſieht mit der Kreuzzeitungspartei in gar keiner Verbindung mehr. Sie
hatte daher keinen Grund um, wie der Berichterſtatter der „Reform“ ſchreibt,
denſelben in das Miniſterium zu bringen. Hr. v. Bismark, der bis 1851 ent-
ſchiedener Feudaler und ein Hauptbewunderer des „ſauern Ganges“ nach
Olmütz war, hat in dem letzten Jahrzehnt — da es ihm an diplomatiſcher
Gewandtheit gebrach um Oeſterreich in Frankfurt zu begegnen — alles ge-
than um Preußen und Oeſterreich zu brouilliren. Hr. v. Bismark iſt jetzt ent-
ſchiedener Bonapartiſt und Ruſſe. Er ſteht ſo ziemlich allein da in der preu-
ßiſchen politiſchen Welt. Die paar liberalen Enragés eines abſoluten Preu-
ßenthums, im Sinn der bekannten Broſchüre des Majors v. Luck, werden
wieder durch ſeine ariſtokratiſchen Airs zurückgeſtoßen. Was von einer inten-
dirten Zuſammenkunft der Kaiſer Napoleon, Alexander und des Prinz-Negen-
ten erzählt wird, gehört in das Reich der falſchen Gerüchte. Richtig iſt da-
gegen daß man den ruſſiſchen Gäſten nur die formellſte Höflichkeit, aber auch
nichts mehr, kein Zeichen von Sympathien, in den maßgebenden Kreiſen zu
erkennen gegeben hat. — Der Artikel Ihres Blattes „Die italieniſche das iſt
die orientaliſche Frage“ hat den Zorn der guten Tante Voß erregt. Die gute
Tante hat die kriegeriſchen Artikel bereits vergeſſen welche ihr 1854 die Wuth-
ausbrüche Hinckeldey’s — dem es leider nicht vergönnt wurde die neue Aera
zu ſchauen — zuzogen. Wenn ſie jetzt mit einmal ſo ruſſenzahm geworden,
ſo dürfte es bei dem geſchwächten Gedächtniß der guten Alten noch weniger
fruchten ſie an den berühmten Preßproceß zu erinnern den einer ihrer Redac-
teure unter Tottleben im ſiebenjährigen Krieg ſo glücklich, aber ſo wenig
rühmlich durchführte. Wenn die Wiederkehr ſolcher Zeiten möglich wäre, die
Gedankenloſigkeit unſerer Spießbürger und deren Preſſe, welche am allge-
meinen europäiſchen Feuer nur die Bettelſuppen ihrer Speculationen kochen
will, könnten ſie wieder herauſbeſchwören. Nur dürfte die Voſſiſche Zeitung
nicht ſtets auf ſo zahme Cenſoren wie Tottleben rechnen. — Trotz aller De-
clamationen dieſer Leute ſcheint — wie auch aus den Verhandlungen des eng-
liſchen Parlaments hervorgeht — das Einverſtändniß zwiſchen Oeſterreich
und Preußen augebahnt zu werden. Wenn die enfants terribles zu Kaſſel,
durch ſchleunige Proclamation der Verfaſſung dieſes Einverſtändniß wieder
zu ſtören drohen, ſo hoffen wir daß die deutſchen Großmächte um Kurheſſens
willen ihre europäiſchen Pflichten nicht vergeſſen werden.
Berlin.
Die über die Reiſe des Prinz-Regenten und des Prinzen
Friedrich Wilhelm vorliegenden Berichte bekunden ſämmtlich die enthuſiaſtiſche
und herzliche Aufnahme, welche Ihre Königl. Hoheiten überall gefunden. Abends
6 Uhr trafen die hohen Reiſenden in Danzig ein; die Stadt prangte im
ſchönſten Feſtſchmuck und war des Abends glänzend erleuchtet. Die Prinzen
wohnten einem von der Stadt im Artusſaale veranſtalteten Feſtmahle bei,
bei welchem der Oberbürgermeiſter Groddeck das Hoch auf den König und den
Prinz Regenten ausbrachte. Der Prinz-Regent dankte mit folgenden Worten:
„Ich habe zunächſt die wehmüthige Pflicht zu erfüllen den Dank deſſen auszuſprechen,
an deſſen Stelle Ich hier ſtehe und dem Sie das erſte Hoch ausgebracht haben. Sie wiſſen
es mit welcher Liebe er ſtets hier weilte, Sie wiſſen es daß er auf die Auhänglichkeit
und Treue dieſer Stadt gegen das Vaterland und ſeine Dynaſtie immer gerechnet
hat. Ein ſchweres Geſchick hält ihn von hier fern; könnte er es wiſſen was hier
vorgeht, er würde gewiß mit ganzem Herzen bei uns ſeyn! — Alsdann ſage Ich
Ihnen Meinen Dank ſowohl für die Geiübde welche Sie ſo eben für den König
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(2021-01-12T12:00:00Z)
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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