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Allgemeine Zeitung, Nr. 158, 6. Juni 1860.

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Die Proclamation des Comitats soll gewirkt
haben: 105 Sbirren erzählt man, hätten gestern beim Appell gefehlt. Die
Thore Porta di Termini, St. Antonino, Porta Reale werden durch Barrica-
den abgesperrt. Sichere Nachrichten über Garibaldi's Maßregeln fehlen.
Er ist nicht nach Trapani, sondern nach Alcamo marschirt, sagt man jetzt,
andere lassen ihn bereits in Partenico angelangt seyn. Eine zweite Landung
soll in St. Stefano, bei Cefalu, gerade in der Mitte zwischen Palermo und
Messina stattgehabt haben unterm Schutz englischer und französischer Schiffe.
Garibaldi soll definitiv das Commando der Patrioten übernommen, und dem
Comitato aufgetragen haben die Stadt Palermo ruhig zu erhalten bis er vor
den Thoren sey. -- Gestern Abend langte auf zwei Dampfern das dreizehnte
Regiment Fremdenlegion, aus 1200 Mann bestehend, hier an. Heute Mor-
gen kamen verschiedene dieser Legionäre in die Stadt; Schweizer, welche
früher bereits hier gewesen, machten Einkäufe, fraternisirten mit ihren alten
Bekannten, Hr. Compare! hin und Hr. Compare her! Die Ankunft dieser
Schaar stimmte die Palermitaner etwas bedenklicher. -- Heute Morgens
wurde ein Manifest des Marschalls Salzana angeklebt, des Inhalts:

"La
piu grande violazione del diritto della gente
(die größte Verletzung
des Völkerrechts) hat sich ereignet durch die Landung von 800 "avven-
turieri
" (Abenteurern) in Marsala. Sie kamen aus Piemont auf den
piemontesischen Dampfern "Lombardo" und "Piemonte," sind militä-
risch organisirt und uniformirt, haben einen Generalstab und einen Ge-
neral an der Spitze. In der Absicht sich die umhersch reifenden Banden
anzuschließen, kommen sie, und stürzen aufs neue die Insel in Anarchie, und
flößen für die Ruhe der Stadt große Besorgnisse ein. Demnach wird der
Belagerungszustand proclamirt -- nach 24 Uhr soll niemand mehr, unter
welcher Bedingung es auch sey, auf den Straßen sich blicken lassen. Mit den Waffen
in der Hand Ergriffene, oder solche welche den Insurgenten Vorschub geleistet, ver-
fallen dem Kriegsgericht. Aufläufe werden mit bewaffneter Hand zerstreut. Im
Fall eines Ausstandes in der Stadt haben die Bürger alle Thüren und Fenster
zu schließen. Wo aus einem Haus geschossen wird, werden sich die Soldaten
desselben bemächtigen etc."

Wir haben von fremden Flaggen ein englisches,
zwei sardinische, ein französisches Schiff hier. Es cursirt eine Proclamation
Garibaldi's, worin er den Präfecten auffordert 15,000 Betten für seine Armee
herstellen zu lassen. Dann sich zu Castelcicala, dem Luogotenente, wendend,
verspricht er ihm Pardon, weil er Sicilien einiges Gute gethan habe, wenn er
sich ergebe, und die Köpfe von Maniscalco und Salzana ausliefere.
Dieß sey für die Sache Italiens unumgänglich. Sollte er sich nicht fügen, so
könne er nach Einuahme der Stadt für nichts haften; seine Truppen seyen
eben kein reguläres Militär. Er bittet dann Florio (ein großes Handelshaus
hier) um Entschuldigung daß er bei der Landung in Marsala seine Räumlich-
keiten dort benützt -- er habe sonst nirgendwo den nöthigen Platz gefunden,
und gedenke sich in diesen Tagen persönlich bei ihm zu bedanken. -- Man
macht sich hier die schrecklichsten Vorstellungen von Garibaldi. Viele haben
seinen Namen in den letzten Tagen zum ersten Mal vernommen, und bald
hört man ihn Annibal, bald Gahnibald nennen. Durch ersteres Wort stem-
pelt man ihn zum zweiten Hannibal; von den Kriegszügen des großen Car-
thagers lebt noch ein düsteres Andenken im Volk Siciliens. -- Die Läden
sind natürlich alle geschlossen. Die Straßen sind indeß keineswegs todt; die
Menge strömt, heimlich sich frenend, auf und ab, trotz des Belagerungszustan-
des. Einige fürchten daß ein Bombardement im letzten Augenblick bevorstehe.
Vier Mörser von 8 Pfund, einer von 13 Pfund, stehen auf dem Castello be-
reit, und gestern brachte der "Elettrico" Bomben und Brandraketen. Aber
die meisten glauben daß die Neapolitaner Hals über Kopf herausgeworfen
werden, und keine Zeit weder zur Plünderung noch zum Bombardement fin-
den. Uebrigens gibt es, scheint's, keine Palermitaner mehr in Palermo. Es
ist fast keine Hausthür auf der nicht geschrieb en stünde: Abitazione Ameri-
cana,
oder Suddito Inglese, oder Magasin Francais -- der Sicilianer
verschmäht es nicht sich so zu verkappen um seine Wohnung zu schützen. Man
fieht daraus wie sehr die Fremden hier auf Achtung und Schonung ihres
Eigenthums rechnen dürfen. Fremde siengen an ihre Häuser so zu bezeichnen,
setzten aber ihren Namen jenen Inschriften bei -- dieß thun die Sicilianer
wohlweislich nicht. Wir werden sehen ob die Maßregel wirkt gleich dem Blut
des Osterlamms womit Israel in Aegypten die Thürpfosten seiner Hütte be-
strich -- hoffen wir daß der Engel mit dem Schwer an beschriebenen und
nicht beschriebenen Thüren schonend vorübergehe!


Ein angesehener englischer Kaufmann er-
klärte gestern im Angesicht Maniscalco's die Aussage des Eolo, daß ein engli-
sches Schiff die Landung Garibaldi's unterstützt habe, für eine infame Lüge.
Von Augenzeugen wird versichert daß das englische Schiff aus großer Entfer-
nung zugesehen habe, ohne sich zu rühren. Der "Stromboli" hätte wohl
feuern können, ließ aber die Landung ruhig geschehen, feuerte erst als alles
vorbei war -- wer begreift das? -- Gestern haben die Truppen zwei Treffen
mit den Aufständischen bestanden. Eine mobile Colonne, aus einem Bataillon
des zehnten Regiments, einigen Reitern und zwei Kanonen bestehend,
[Spaltenumbruch] welche sich von hier in die Gegend von Alcamo begab, fand dort alles in-
surgirt. Die Stadtvorsteher in Alcamo waren geflüchtet, Lebensmittel
konnten die Soldaten nicht erhalten. Sie marschirten weiter nach Calata-
simi; der dortige Richter war in das Lager der Squadri übergegangen. Auch
hier konnten sie keine Provisionen bekommen. Sie wandten sich somit zur
Rückkehr, als sie plötzlich von einem Häuflein der Insurgenten, in Weinbergen
versteckt, angegriffen werden. Sie werfen sich muthig auf dieselben; diese
fliehen, und plötzlich sehen sich die Truppen einer großen Uebermacht gegen-
über. Sie werden zurückgetrieben, verlieren auf der überstürzten Flucht die
beiden Kanonen, die Cavalleristen ihre Pferde; von den Infanteristen wirft
dieser die Flinte weg, jener den Säbel, einer verwickelt sich mit der Patron-
tasche in den Ranken des Weins, und schneidet sie ab, einem andern bleiben
die Schuhe stecken. In diesem Aufzug kommen heute früh von 1400 Mann
bloß 500 todmüde, seit zwei Tagen ohne Speise, wieder hier an, wenn ich
meinem Gewährsmann trauen darf. Der anführende Oberst starb auf dem
Rückzug an seinen Wunden. Die mitgebrachten zahlreichen Verwundeten
sind übel zugerichtet; die Villani haben sich mit großen Messern gegen die
Bajonnette gewehrt, und ihre Hiebe nach dem Gesicht geführt. Einige Offi-
ciere sollen bei der Gelegenheit übergegangen seyn. -- Ein Bataillon des
sechsten Regiments, ebenfalls mit zwei Kanonen und einigen reitenden Jägern,
traf zwischen Parco und Piana de' Greci auf die wirklichen Garibaldianer,
die von Squadri unterstützt wurden. Nach heißem Kampfe, in welchem sie
ihre Kanonen einbüßten -- sie fanden indeß Zeit sie zu vernageln -- mußten
sie der Uebermacht weichen. Eine Trophäe brachten sie zurück: eine schöne
Tricolore. Die Verluste müssen auf beiden Seiten bedeutend seyn. Die
Neapolitaner verloren drei Officiere und zahlreiche Soldaten; den Garibal-
dianern wurde ein Anführer, der zu Roß unter ihnen hielt, getödtet. -- Mit
Garibaldi kamen Mezzocapa und Orsini, seine alten Waffengefährten. Ge-
treunte Commandos unter seinem Oberbefehl führen die sicilianischen Nobili
Caftiglia, Lamasa, Cordova, Fardella, Carini. Letzterer befehligt, wie es
heißt, unter andern 80 ehemalige Zuaven, die Fürst St. Elia angeworben...
Sie wissen daß dieser sich noch vor Ausbruch des 4 Aprils ins Ausland be-
geben hatte. -- Heute Mittag gieng der "Creole" in See, die Flagge am
Vordermast: er brachte den Principe di Castelcicala, der seines Amtes als
Luogotenente auf sein Ersuchen entbunden worden, nach Neapel. Seine
Stelle übernimmt interimistisch mit ausgedehntesten Vollmachten und Alter
Ego der Generallieutenant Ferdinando Lanza, welcher gestern von Neapel
angekommen ist. -- Heute Abend sah man ein gewaltiges Wachtfeuer am
Fuße des Mongerbino, all'Aspra; bei Sta. Maria di Gesu stiegen Raketen.
So rückt man der Stadt immer näher. Wenige Miglien hinter Monreale,
in Renne, heißt es, sammeln sich die Insurgenten, um dieses zu stürmen.
Ihre Gesammtzahl gibt man auf 12,000 Mann an. Posten gehen schon seit
acht Tagen gar keine mehr. Die Dampfer, welche sonst den Postdienst
zwischen hier und Neapel besorgen, laufen wieder alle im Dienst der Re-
gierung -- unsere Insel ist somit für die Außenwelt wie verwunschen und
verloren.


Fortwährend bleiben alle Läden im Cafsaro
geschlossen. Aber auf den Straßen ist das Leben, in seltsamem Gegensatz
zu gestern, bewegt und heiter. Gestern früh streute man aus: Lanza werde
an der Spitze der Truppen den Cassaro herunterreiten mit der Tricolore, und
die Constitution von 1812 proclamiren; das Comitato bitte die Bürger bei
Annäherung des Zugs die Straßen zu räumen und die Fenster zu schließen.
Und siehe da -- von 10 Uhr an waren alle Straßen leer, alle Fenster ge-
schlossen. -- Das Jesuitencollegium hat sich aufgelöst, die Patres haben
ihren Palast verriegelt, und sich in Privathäuser zurückgezogen. Berschiedene
Nonnenklöster sind ihrem Beispiel gefolgt, wenigstens ihre Pensionärinnen den
Eltern zurückgegeben. Viele Familien haben ihre Wohnungen in der Stadt
verlassen, und ein Obdach auf den Schiffen im Hafen gesucht; auf jedem
Schritt begegnet man Leuten die wenigstens ihr Haus verlassen, und ein
anderes aufsuchen, wo sie sich vor den Bomben sicherer wähnen dürfen. --
Von Verhaftungen hört man nichts mehr. Verschiedene Polizei-Inspectoren
sollen ihren Dienst verlassen und den Schutz des Comitats angerufen haben.
Die Regierung ist in einer mißlichen Lage; während sie aller ihrer Streit-
kräfte nach außen bedürfte, darf sie die Stadt nicht entblößen, welche bloß auf
den Befehl Garibaldi's wartet, um aufzustehen. Wenigstens befolgt sie seinen
letzten Befehl, sich ruhig zu verhalten, aufs gewissenhafteste. -- Ein fran-
zösischer Emiffär, der sich bitter über England und Garibaldi äußert, ist vor
einigen Tagen hier angekommen, und hat sich mit der Regierung in Ver-
bindung gesetzt. -- Die "Ichnusa" ist angekommen. Wir haben mit dieser
drei sardinische Dampfer im Hafen; die Annexion kann somit vor sich gehen!


Gestern wurden von der Regierung große
Maßregeln ergriffen. Sie sandte in Nacht und Nebel nicht weniger als
11,000 Mann aus, und es scheint als ob diese wirklich den ganzen weiten
Ring von Bergen der Palermo umschließt geklärt haben. Zur größern

[Spaltenumbruch]

Die Proclamation des Comitats ſoll gewirkt
haben: 105 Sbirren erzählt man, hätten geſtern beim Appell gefehlt. Die
Thore Porta di Termini, St. Antonino, Porta Reale werden durch Barrica-
den abgeſperrt. Sichere Nachrichten über Garibaldi’s Maßregeln fehlen.
Er iſt nicht nach Trapani, ſondern nach Alcamo marſchirt, ſagt man jetzt,
andere laſſen ihn bereits in Partenico angelangt ſeyn. Eine zweite Landung
ſoll in St. Stefano, bei Cefalu, gerade in der Mitte zwiſchen Palermo und
Meſſina ſtattgehabt haben unterm Schutz engliſcher und franzöſiſcher Schiffe.
Garibaldi ſoll definitiv das Commando der Patrioten übernommen, und dem
Comitato aufgetragen haben die Stadt Palermo ruhig zu erhalten bis er vor
den Thoren ſey. — Geſtern Abend langte auf zwei Dampfern das dreizehnte
Regiment Fremdenlegion, aus 1200 Mann beſtehend, hier an. Heute Mor-
gen kamen verſchiedene dieſer Legionäre in die Stadt; Schweizer, welche
früher bereits hier geweſen, machten Einkäufe, fraterniſirten mit ihren alten
Bekannten, Hr. Compare! hin und Hr. Compare her! Die Ankunft dieſer
Schaar ſtimmte die Palermitaner etwas bedenklicher. — Heute Morgens
wurde ein Manifeſt des Marſchalls Salzana angeklebt, des Inhalts:

La
più grande violazione del diritto della gente
(die größte Verletzung
des Völkerrechts) hat ſich ereignet durch die Landung von 800 „avven-
turieri
“ (Abenteurern) in Marſala. Sie kamen aus Piemont auf den
piemonteſiſchen Dampfern „Lombardo“ und „Piemonte,“ ſind militä-
riſch organiſirt und uniformirt, haben einen Generalſtab und einen Ge-
neral an der Spitze. In der Abſicht ſich die umherſch reifenden Banden
anzuſchließen, kommen ſie, und ſtürzen aufs neue die Inſel in Anarchie, und
flößen für die Ruhe der Stadt große Beſorgniſſe ein. Demnach wird der
Belagerungszuſtand proclamirt — nach 24 Uhr ſoll niemand mehr, unter
welcher Bedingung es auch ſey, auf den Straßen ſich blicken laſſen. Mit den Waffen
in der Hand Ergriffene, oder ſolche welche den Inſurgenten Vorſchub geleiſtet, ver-
fallen dem Kriegsgericht. Aufläufe werden mit bewaffneter Hand zerſtreut. Im
Fall eines Auſſtandes in der Stadt haben die Bürger alle Thüren und Fenſter
zu ſchließen. Wo aus einem Haus geſchoſſen wird, werden ſich die Soldaten
desſelben bemächtigen ꝛc.“

Wir haben von fremden Flaggen ein engliſches,
zwei ſardiniſche, ein franzöſiſches Schiff hier. Es curſirt eine Proclamation
Garibaldi’s, worin er den Präfecten auffordert 15,000 Betten für ſeine Armee
herſtellen zu laſſen. Dann ſich zu Caſtelcicala, dem Luogotenente, wendend,
verſpricht er ihm Pardon, weil er Sicilien einiges Gute gethan habe, wenn er
ſich ergebe, und die Köpfe von Maniſcalco und Salzana ausliefere.
Dieß ſey für die Sache Italiens unumgänglich. Sollte er ſich nicht fügen, ſo
könne er nach Einuahme der Stadt für nichts haften; ſeine Truppen ſeyen
eben kein reguläres Militär. Er bittet dann Florio (ein großes Handelshaus
hier) um Entſchuldigung daß er bei der Landung in Marſala ſeine Räumlich-
keiten dort benützt — er habe ſonſt nirgendwo den nöthigen Platz gefunden,
und gedenke ſich in dieſen Tagen perſönlich bei ihm zu bedanken. — Man
macht ſich hier die ſchrecklichſten Vorſtellungen von Garibaldi. Viele haben
ſeinen Namen in den letzten Tagen zum erſten Mal vernommen, und bald
hört man ihn Annibal, bald Gahnibald nennen. Durch erſteres Wort ſtem-
pelt man ihn zum zweiten Hannibal; von den Kriegszügen des großen Car-
thagers lebt noch ein düſteres Andenken im Volk Siciliens. — Die Läden
ſind natürlich alle geſchloſſen. Die Straßen ſind indeß keineswegs todt; die
Menge ſtrömt, heimlich ſich frenend, auf und ab, trotz des Belagerungszuſtan-
des. Einige fürchten daß ein Bombardement im letzten Augenblick bevorſtehe.
Vier Mörſer von 8 Pfund, einer von 13 Pfund, ſtehen auf dem Caſtello be-
reit, und geſtern brachte der „Elettrico“ Bomben und Brandraketen. Aber
die meiſten glauben daß die Neapolitaner Hals über Kopf herausgeworfen
werden, und keine Zeit weder zur Plünderung noch zum Bombardement fin-
den. Uebrigens gibt es, ſcheint’s, keine Palermitaner mehr in Palermo. Es
iſt faſt keine Hausthür auf der nicht geſchrieb en ſtünde: Abitazione Ameri-
cana,
oder Suddito Inglese, oder Magasin Français — der Sicilianer
verſchmäht es nicht ſich ſo zu verkappen um ſeine Wohnung zu ſchützen. Man
fieht daraus wie ſehr die Fremden hier auf Achtung und Schonung ihres
Eigenthums rechnen dürfen. Fremde ſiengen an ihre Häuſer ſo zu bezeichnen,
ſetzten aber ihren Namen jenen Inſchriften bei — dieß thun die Sicilianer
wohlweislich nicht. Wir werden ſehen ob die Maßregel wirkt gleich dem Blut
des Oſterlamms womit Iſrael in Aegypten die Thürpfoſten ſeiner Hütte be-
ſtrich — hoffen wir daß der Engel mit dem Schwer an beſchriebenen und
nicht beſchriebenen Thüren ſchonend vorübergehe!


Ein angeſehener engliſcher Kaufmann er-
klärte geſtern im Angeſicht Maniſcalco’s die Ausſage des Eolo, daß ein engli-
ſches Schiff die Landung Garibaldi’s unterſtützt habe, für eine infame Lüge.
Von Augenzeugen wird verſichert daß das engliſche Schiff aus großer Entfer-
nung zugeſehen habe, ohne ſich zu rühren. Der „Stromboli“ hätte wohl
feuern können, ließ aber die Landung ruhig geſchehen, feuerte erſt als alles
vorbei war — wer begreift das? — Geſtern haben die Truppen zwei Treffen
mit den Aufſtändiſchen beſtanden. Eine mobile Colonne, aus einem Bataillon
des zehnten Regiments, einigen Reitern und zwei Kanonen beſtehend,
[Spaltenumbruch] welche ſich von hier in die Gegend von Alcamo begab, fand dort alles in-
ſurgirt. Die Stadtvorſteher in Alcamo waren geflüchtet, Lebensmittel
konnten die Soldaten nicht erhalten. Sie marſchirten weiter nach Calata-
ſimi; der dortige Richter war in das Lager der Squadri übergegangen. Auch
hier konnten ſie keine Proviſionen bekommen. Sie wandten ſich ſomit zur
Rückkehr, als ſie plötzlich von einem Häuflein der Inſurgenten, in Weinbergen
verſteckt, angegriffen werden. Sie werfen ſich muthig auf dieſelben; dieſe
fliehen, und plötzlich ſehen ſich die Truppen einer großen Uebermacht gegen-
über. Sie werden zurückgetrieben, verlieren auf der überſtürzten Flucht die
beiden Kanonen, die Cavalleriſten ihre Pferde; von den Infanteriſten wirft
dieſer die Flinte weg, jener den Säbel, einer verwickelt ſich mit der Patron-
taſche in den Ranken des Weins, und ſchneidet ſie ab, einem andern bleiben
die Schuhe ſtecken. In dieſem Aufzug kommen heute früh von 1400 Mann
bloß 500 todmüde, ſeit zwei Tagen ohne Speiſe, wieder hier an, wenn ich
meinem Gewährsmann trauen darf. Der anführende Oberſt ſtarb auf dem
Rückzug an ſeinen Wunden. Die mitgebrachten zahlreichen Verwundeten
ſind übel zugerichtet; die Villani haben ſich mit großen Meſſern gegen die
Bajonnette gewehrt, und ihre Hiebe nach dem Geſicht geführt. Einige Offi-
ciere ſollen bei der Gelegenheit übergegangen ſeyn. — Ein Bataillon des
ſechsten Regiments, ebenfalls mit zwei Kanonen und einigen reitenden Jägern,
traf zwiſchen Parco und Piana de’ Greci auf die wirklichen Garibaldianer,
die von Squadri unterſtützt wurden. Nach heißem Kampfe, in welchem ſie
ihre Kanonen einbüßten — ſie fanden indeß Zeit ſie zu vernageln — mußten
ſie der Uebermacht weichen. Eine Trophäe brachten ſie zurück: eine ſchöne
Tricolore. Die Verluſte müſſen auf beiden Seiten bedeutend ſeyn. Die
Neapolitaner verloren drei Officiere und zahlreiche Soldaten; den Garibal-
dianern wurde ein Anführer, der zu Roß unter ihnen hielt, getödtet. — Mit
Garibaldi kamen Mezzocapa und Orſini, ſeine alten Waffengefährten. Ge-
treunte Commandos unter ſeinem Oberbefehl führen die ſicilianiſchen Nobili
Caftiglia, Lamaſa, Cordova, Fardella, Carini. Letzterer befehligt, wie es
heißt, unter andern 80 ehemalige Zuaven, die Fürſt St. Elia angeworben...
Sie wiſſen daß dieſer ſich noch vor Ausbruch des 4 Aprils ins Ausland be-
geben hatte. — Heute Mittag gieng der „Creole“ in See, die Flagge am
Vordermaſt: er brachte den Principe di Caſtelcicala, der ſeines Amtes als
Luogotenente auf ſein Erſuchen entbunden worden, nach Neapel. Seine
Stelle übernimmt interimiſtiſch mit ausgedehnteſten Vollmachten und Alter
Ego der Generallieutenant Ferdinando Lanza, welcher geſtern von Neapel
angekommen iſt. — Heute Abend ſah man ein gewaltiges Wachtfeuer am
Fuße des Mongerbino, all’Aſpra; bei Sta. Maria di Geſù ſtiegen Raketen.
So rückt man der Stadt immer näher. Wenige Miglien hinter Monreale,
in Renne, heißt es, ſammeln ſich die Inſurgenten, um dieſes zu ſtürmen.
Ihre Geſammtzahl gibt man auf 12,000 Mann an. Poſten gehen ſchon ſeit
acht Tagen gar keine mehr. Die Dampfer, welche ſonſt den Poſtdienſt
zwiſchen hier und Neapel beſorgen, laufen wieder alle im Dienſt der Re-
gierung — unſere Inſel iſt ſomit für die Außenwelt wie verwunſchen und
verloren.


Fortwährend bleiben alle Läden im Cafſaro
geſchloſſen. Aber auf den Straßen iſt das Leben, in ſeltſamem Gegenſatz
zu geſtern, bewegt und heiter. Geſtern früh ſtreute man aus: Lanza werde
an der Spitze der Truppen den Caſſaro herunterreiten mit der Tricolore, und
die Conſtitution von 1812 proclamiren; das Comitato bitte die Bürger bei
Annäherung des Zugs die Straßen zu räumen und die Fenſter zu ſchließen.
Und ſiehe da — von 10 Uhr an waren alle Straßen leer, alle Fenſter ge-
ſchloſſen. — Das Jeſuitencollegium hat ſich aufgelöst, die Patres haben
ihren Palaſt verriegelt, und ſich in Privathäuſer zurückgezogen. Berſchiedene
Nonnenklöſter ſind ihrem Beiſpiel gefolgt, wenigſtens ihre Penſionärinnen den
Eltern zurückgegeben. Viele Familien haben ihre Wohnungen in der Stadt
verlaſſen, und ein Obdach auf den Schiffen im Hafen geſucht; auf jedem
Schritt begegnet man Leuten die wenigſtens ihr Haus verlaſſen, und ein
anderes aufſuchen, wo ſie ſich vor den Bomben ſicherer wähnen dürfen. —
Von Verhaftungen hört man nichts mehr. Verſchiedene Polizei-Inſpectoren
ſollen ihren Dienſt verlaſſen und den Schutz des Comitats angerufen haben.
Die Regierung iſt in einer mißlichen Lage; während ſie aller ihrer Streit-
kräfte nach außen bedürfte, darf ſie die Stadt nicht entblößen, welche bloß auf
den Befehl Garibaldi’s wartet, um aufzuſtehen. Wenigſtens befolgt ſie ſeinen
letzten Befehl, ſich ruhig zu verhalten, aufs gewiſſenhafteſte. — Ein fran-
zöſiſcher Emiffär, der ſich bitter über England und Garibaldi äußert, iſt vor
einigen Tagen hier angekommen, und hat ſich mit der Regierung in Ver-
bindung geſetzt. — Die „Ichnuſa“ iſt angekommen. Wir haben mit dieſer
drei ſardiniſche Dampfer im Hafen; die Annexion kann ſomit vor ſich gehen!


Geſtern wurden von der Regierung große
Maßregeln ergriffen. Sie ſandte in Nacht und Nebel nicht weniger als
11,000 Mann aus, und es ſcheint als ob dieſe wirklich den ganzen weiten
Ring von Bergen der Palermo umſchließt geklärt haben. Zur größern

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[2630/0002] * Palermo, 16 Mai. Die Proclamation des Comitats ſoll gewirkt haben: 105 Sbirren erzählt man, hätten geſtern beim Appell gefehlt. Die Thore Porta di Termini, St. Antonino, Porta Reale werden durch Barrica- den abgeſperrt. Sichere Nachrichten über Garibaldi’s Maßregeln fehlen. Er iſt nicht nach Trapani, ſondern nach Alcamo marſchirt, ſagt man jetzt, andere laſſen ihn bereits in Partenico angelangt ſeyn. Eine zweite Landung ſoll in St. Stefano, bei Cefalu, gerade in der Mitte zwiſchen Palermo und Meſſina ſtattgehabt haben unterm Schutz engliſcher und franzöſiſcher Schiffe. Garibaldi ſoll definitiv das Commando der Patrioten übernommen, und dem Comitato aufgetragen haben die Stadt Palermo ruhig zu erhalten bis er vor den Thoren ſey. — Geſtern Abend langte auf zwei Dampfern das dreizehnte Regiment Fremdenlegion, aus 1200 Mann beſtehend, hier an. Heute Mor- gen kamen verſchiedene dieſer Legionäre in die Stadt; Schweizer, welche früher bereits hier geweſen, machten Einkäufe, fraterniſirten mit ihren alten Bekannten, Hr. Compare! hin und Hr. Compare her! Die Ankunft dieſer Schaar ſtimmte die Palermitaner etwas bedenklicher. — Heute Morgens wurde ein Manifeſt des Marſchalls Salzana angeklebt, des Inhalts: „La più grande violazione del diritto della gente (die größte Verletzung des Völkerrechts) hat ſich ereignet durch die Landung von 800 „avven- turieri“ (Abenteurern) in Marſala. Sie kamen aus Piemont auf den piemonteſiſchen Dampfern „Lombardo“ und „Piemonte,“ ſind militä- riſch organiſirt und uniformirt, haben einen Generalſtab und einen Ge- neral an der Spitze. In der Abſicht ſich die umherſch reifenden Banden anzuſchließen, kommen ſie, und ſtürzen aufs neue die Inſel in Anarchie, und flößen für die Ruhe der Stadt große Beſorgniſſe ein. Demnach wird der Belagerungszuſtand proclamirt — nach 24 Uhr ſoll niemand mehr, unter welcher Bedingung es auch ſey, auf den Straßen ſich blicken laſſen. Mit den Waffen in der Hand Ergriffene, oder ſolche welche den Inſurgenten Vorſchub geleiſtet, ver- fallen dem Kriegsgericht. Aufläufe werden mit bewaffneter Hand zerſtreut. Im Fall eines Auſſtandes in der Stadt haben die Bürger alle Thüren und Fenſter zu ſchließen. Wo aus einem Haus geſchoſſen wird, werden ſich die Soldaten desſelben bemächtigen ꝛc.“ Wir haben von fremden Flaggen ein engliſches, zwei ſardiniſche, ein franzöſiſches Schiff hier. Es curſirt eine Proclamation Garibaldi’s, worin er den Präfecten auffordert 15,000 Betten für ſeine Armee herſtellen zu laſſen. Dann ſich zu Caſtelcicala, dem Luogotenente, wendend, verſpricht er ihm Pardon, weil er Sicilien einiges Gute gethan habe, wenn er ſich ergebe, und die Köpfe von Maniſcalco und Salzana ausliefere. Dieß ſey für die Sache Italiens unumgänglich. Sollte er ſich nicht fügen, ſo könne er nach Einuahme der Stadt für nichts haften; ſeine Truppen ſeyen eben kein reguläres Militär. Er bittet dann Florio (ein großes Handelshaus hier) um Entſchuldigung daß er bei der Landung in Marſala ſeine Räumlich- keiten dort benützt — er habe ſonſt nirgendwo den nöthigen Platz gefunden, und gedenke ſich in dieſen Tagen perſönlich bei ihm zu bedanken. — Man macht ſich hier die ſchrecklichſten Vorſtellungen von Garibaldi. Viele haben ſeinen Namen in den letzten Tagen zum erſten Mal vernommen, und bald hört man ihn Annibal, bald Gahnibald nennen. Durch erſteres Wort ſtem- pelt man ihn zum zweiten Hannibal; von den Kriegszügen des großen Car- thagers lebt noch ein düſteres Andenken im Volk Siciliens. — Die Läden ſind natürlich alle geſchloſſen. Die Straßen ſind indeß keineswegs todt; die Menge ſtrömt, heimlich ſich frenend, auf und ab, trotz des Belagerungszuſtan- des. Einige fürchten daß ein Bombardement im letzten Augenblick bevorſtehe. Vier Mörſer von 8 Pfund, einer von 13 Pfund, ſtehen auf dem Caſtello be- reit, und geſtern brachte der „Elettrico“ Bomben und Brandraketen. Aber die meiſten glauben daß die Neapolitaner Hals über Kopf herausgeworfen werden, und keine Zeit weder zur Plünderung noch zum Bombardement fin- den. Uebrigens gibt es, ſcheint’s, keine Palermitaner mehr in Palermo. Es iſt faſt keine Hausthür auf der nicht geſchrieb en ſtünde: Abitazione Ameri- cana, oder Suddito Inglese, oder Magasin Français — der Sicilianer verſchmäht es nicht ſich ſo zu verkappen um ſeine Wohnung zu ſchützen. Man fieht daraus wie ſehr die Fremden hier auf Achtung und Schonung ihres Eigenthums rechnen dürfen. Fremde ſiengen an ihre Häuſer ſo zu bezeichnen, ſetzten aber ihren Namen jenen Inſchriften bei — dieß thun die Sicilianer wohlweislich nicht. Wir werden ſehen ob die Maßregel wirkt gleich dem Blut des Oſterlamms womit Iſrael in Aegypten die Thürpfoſten ſeiner Hütte be- ſtrich — hoffen wir daß der Engel mit dem Schwer an beſchriebenen und nicht beſchriebenen Thüren ſchonend vorübergehe! * Palermo, 17 Mai. Ein angeſehener engliſcher Kaufmann er- klärte geſtern im Angeſicht Maniſcalco’s die Ausſage des Eolo, daß ein engli- ſches Schiff die Landung Garibaldi’s unterſtützt habe, für eine infame Lüge. Von Augenzeugen wird verſichert daß das engliſche Schiff aus großer Entfer- nung zugeſehen habe, ohne ſich zu rühren. Der „Stromboli“ hätte wohl feuern können, ließ aber die Landung ruhig geſchehen, feuerte erſt als alles vorbei war — wer begreift das? — Geſtern haben die Truppen zwei Treffen mit den Aufſtändiſchen beſtanden. Eine mobile Colonne, aus einem Bataillon des zehnten Regiments, einigen Reitern und zwei Kanonen beſtehend, welche ſich von hier in die Gegend von Alcamo begab, fand dort alles in- ſurgirt. Die Stadtvorſteher in Alcamo waren geflüchtet, Lebensmittel konnten die Soldaten nicht erhalten. Sie marſchirten weiter nach Calata- ſimi; der dortige Richter war in das Lager der Squadri übergegangen. Auch hier konnten ſie keine Proviſionen bekommen. Sie wandten ſich ſomit zur Rückkehr, als ſie plötzlich von einem Häuflein der Inſurgenten, in Weinbergen verſteckt, angegriffen werden. Sie werfen ſich muthig auf dieſelben; dieſe fliehen, und plötzlich ſehen ſich die Truppen einer großen Uebermacht gegen- über. Sie werden zurückgetrieben, verlieren auf der überſtürzten Flucht die beiden Kanonen, die Cavalleriſten ihre Pferde; von den Infanteriſten wirft dieſer die Flinte weg, jener den Säbel, einer verwickelt ſich mit der Patron- taſche in den Ranken des Weins, und ſchneidet ſie ab, einem andern bleiben die Schuhe ſtecken. In dieſem Aufzug kommen heute früh von 1400 Mann bloß 500 todmüde, ſeit zwei Tagen ohne Speiſe, wieder hier an, wenn ich meinem Gewährsmann trauen darf. Der anführende Oberſt ſtarb auf dem Rückzug an ſeinen Wunden. Die mitgebrachten zahlreichen Verwundeten ſind übel zugerichtet; die Villani haben ſich mit großen Meſſern gegen die Bajonnette gewehrt, und ihre Hiebe nach dem Geſicht geführt. Einige Offi- ciere ſollen bei der Gelegenheit übergegangen ſeyn. — Ein Bataillon des ſechsten Regiments, ebenfalls mit zwei Kanonen und einigen reitenden Jägern, traf zwiſchen Parco und Piana de’ Greci auf die wirklichen Garibaldianer, die von Squadri unterſtützt wurden. Nach heißem Kampfe, in welchem ſie ihre Kanonen einbüßten — ſie fanden indeß Zeit ſie zu vernageln — mußten ſie der Uebermacht weichen. Eine Trophäe brachten ſie zurück: eine ſchöne Tricolore. Die Verluſte müſſen auf beiden Seiten bedeutend ſeyn. Die Neapolitaner verloren drei Officiere und zahlreiche Soldaten; den Garibal- dianern wurde ein Anführer, der zu Roß unter ihnen hielt, getödtet. — Mit Garibaldi kamen Mezzocapa und Orſini, ſeine alten Waffengefährten. Ge- treunte Commandos unter ſeinem Oberbefehl führen die ſicilianiſchen Nobili Caftiglia, Lamaſa, Cordova, Fardella, Carini. Letzterer befehligt, wie es heißt, unter andern 80 ehemalige Zuaven, die Fürſt St. Elia angeworben... Sie wiſſen daß dieſer ſich noch vor Ausbruch des 4 Aprils ins Ausland be- geben hatte. — Heute Mittag gieng der „Creole“ in See, die Flagge am Vordermaſt: er brachte den Principe di Caſtelcicala, der ſeines Amtes als Luogotenente auf ſein Erſuchen entbunden worden, nach Neapel. Seine Stelle übernimmt interimiſtiſch mit ausgedehnteſten Vollmachten und Alter Ego der Generallieutenant Ferdinando Lanza, welcher geſtern von Neapel angekommen iſt. — Heute Abend ſah man ein gewaltiges Wachtfeuer am Fuße des Mongerbino, all’Aſpra; bei Sta. Maria di Geſù ſtiegen Raketen. So rückt man der Stadt immer näher. Wenige Miglien hinter Monreale, in Renne, heißt es, ſammeln ſich die Inſurgenten, um dieſes zu ſtürmen. Ihre Geſammtzahl gibt man auf 12,000 Mann an. Poſten gehen ſchon ſeit acht Tagen gar keine mehr. Die Dampfer, welche ſonſt den Poſtdienſt zwiſchen hier und Neapel beſorgen, laufen wieder alle im Dienſt der Re- gierung — unſere Inſel iſt ſomit für die Außenwelt wie verwunſchen und verloren. * Palermo, 18 Mai. Fortwährend bleiben alle Läden im Cafſaro geſchloſſen. Aber auf den Straßen iſt das Leben, in ſeltſamem Gegenſatz zu geſtern, bewegt und heiter. Geſtern früh ſtreute man aus: Lanza werde an der Spitze der Truppen den Caſſaro herunterreiten mit der Tricolore, und die Conſtitution von 1812 proclamiren; das Comitato bitte die Bürger bei Annäherung des Zugs die Straßen zu räumen und die Fenſter zu ſchließen. Und ſiehe da — von 10 Uhr an waren alle Straßen leer, alle Fenſter ge- ſchloſſen. — Das Jeſuitencollegium hat ſich aufgelöst, die Patres haben ihren Palaſt verriegelt, und ſich in Privathäuſer zurückgezogen. Berſchiedene Nonnenklöſter ſind ihrem Beiſpiel gefolgt, wenigſtens ihre Penſionärinnen den Eltern zurückgegeben. Viele Familien haben ihre Wohnungen in der Stadt verlaſſen, und ein Obdach auf den Schiffen im Hafen geſucht; auf jedem Schritt begegnet man Leuten die wenigſtens ihr Haus verlaſſen, und ein anderes aufſuchen, wo ſie ſich vor den Bomben ſicherer wähnen dürfen. — Von Verhaftungen hört man nichts mehr. Verſchiedene Polizei-Inſpectoren ſollen ihren Dienſt verlaſſen und den Schutz des Comitats angerufen haben. Die Regierung iſt in einer mißlichen Lage; während ſie aller ihrer Streit- kräfte nach außen bedürfte, darf ſie die Stadt nicht entblößen, welche bloß auf den Befehl Garibaldi’s wartet, um aufzuſtehen. Wenigſtens befolgt ſie ſeinen letzten Befehl, ſich ruhig zu verhalten, aufs gewiſſenhafteſte. — Ein fran- zöſiſcher Emiffär, der ſich bitter über England und Garibaldi äußert, iſt vor einigen Tagen hier angekommen, und hat ſich mit der Regierung in Ver- bindung geſetzt. — Die „Ichnuſa“ iſt angekommen. Wir haben mit dieſer drei ſardiniſche Dampfer im Hafen; die Annexion kann ſomit vor ſich gehen! * Palermo, 20 Mai. Geſtern wurden von der Regierung große Maßregeln ergriffen. Sie ſandte in Nacht und Nebel nicht weniger als 11,000 Mann aus, und es ſcheint als ob dieſe wirklich den ganzen weiten Ring von Bergen der Palermo umſchließt geklärt haben. Zur größern

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2021-11-18T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 158, 6. Juni 1860, S. 2630. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine158_1860/2>, abgerufen am 23.11.2024.