Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung, Nr. 158, 6. Juni 1860.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] sich doch viele aus der Hauptstadt nach dem Dünenstrande, um das granen-
haft großartige Schauspiel der Natur zu betrachten. So weit das Auge
reichte, war die See mit ihren hochgeschwollenen Schaumhügeln einer Bran-
dung gleich. Ein Theil der Scheveninger Fischerflotte ist während des
Sturmes draußen gewesen. Wie wenige davon werden zurückkehren!



Der Kampf der Parteien in Frankreich.

Hr. Saint-Marc-Girardin setzt in einem Artikel
des J. des Debats, welcher das Tagesereigniß bildet, stillschweigend voraus
daß die Deputirten, wenn ihnen die Zungen gelöst würden, den Muth hätten
gegen die kaiserliche Demagogie im Auswärtigen zu protestiren. Er dürfte
sich kaum irren. Das bessere Gefühl, der Geschmack, die Bildung und die
Geschäftsnoth reagiren sichtbar gegen den rohen, wüsten Chauvinismus. Die
Grundbesitzer und die Industrieelen, welche aus der Provinz hieher kommen,
klagen laut und bitter über die europäische Agitationspolitik, über die brutalen
und doch so rafsinirten Eroberungsgelüste, über die Umsturzprojecte welche
der Regierung von ihren eigenen Blättern zugeschrieben werden. Ich selbst
hörte Fabricanten, Großhändler, Ingenieure, alle Vertreter der Arbeit, der
Production, der technischen Erfindungen und Fortschritte sich hierüber mit
einem manchmal an Verzweiflung gränzenden Unmuth äußern, während ein
lichter Streifen welcher über den europäischen Horizont fliegt sie mit Trost und
Freude erfüllt. Wenn die Regierung ihre eigene Umkehr und Bekehrung im
Sinn der Moniteurnote beabsichtigt, so findet sie in jener Reaction alle er-
forderlichen Elemente um den Chauvinismus auf ein ungefährliches Maß
zurückzuführen. Diese Reaction, wenn sie nicht insgeheim von der Regierung
bekämpft wird, wird sich bei den bevorstehenden Gemeindewahlen manifestiren,
indem sie in die Gemeindeverwaltungen wahrhaft liberale Männer bringt,
welche die Freiheit im eigenen Lande höher schätzen als die auswärtige
Insurrection, den Krieg und die Eroberung. Darin jedoch erkennt die
Napoleonische Demokratie eine Gefahr, gegen welche sie sich jetzt schon verwahrt.
Diese Demokratie haßt nichts so sehr als die Freiheit. Sie will eine französische
Revolution in Europa hervorbringen, welche eine ungeheure Vergrößerung
Frankreichs und die Hegemonie der großen Nation über Neueuropa zur Folge
haben soll. Für die ganze Dauer dieser Krisis hält sie die Dictatur des Kai-
serreichs, an welchem sie ihren Mann gefunden hat, für unentbehrlich, und
jedes Verlangen nach Freiheit für Landesverrath, für Hochverrath an der
großen Nation. Dem Kaiser kann die Wahl zwischen der liberalen Demo-
kratie, welche durch die Freiheit und auf parlamentarischen Wegen zu Wohl-
stand, Bildung und Selfgovernment gelangen will, und der demago-
gischen Demokratie, welche sich dynastisch nennt, seine Dictatur proclamirt,
Cäsar auf ihren Schild hebt und die Freiheit unter dem Spitznamen "alter
Parteien" haßt, nicht schwer fallen. Um seine Dynastie zu begründen und zu
sichern, muß Napoleon das Princip worauf sie beruht (nämlich den Staats-
streich und das allgemeine Stimmrecht) zum herrschenden in Europa machen,
er muß dieselbe mit Dynastien umgeben welche ihr sämmtlich Dank oder Tri-
but schuldig sind, sich gleichsam von ihr ableiten, und unter welchen sie fast
als die älteste erscheint. Der König Victor Emmanuel, der seine Wiege ver-
schachert hat, ist streng genommen der letzte aus dem Hause Savoyen. Als
Wahlkönig unter dem Patronat Frankreichs beginnt er eine neue Dynastie,
welche an Alter, Rang und Würde dem Hause Bonaparte, dem sie alles ver-
dankt, nachsteht. Und verwirklichte sich die Napoleonische Idee in Deutsch-
land, so würde auch das Haus Hohenzollern in eine neue Wahldynastie
mit vermehrtem Länderbesitz sich verwandeln. Der Napoleonismus würde
wohl in Deutschland noch ein paar ähnliche Parvenus um sich gruppiren, so
wie er darauf ausgeht sich noch weiter nach Osten Satelliten zu schaffen.
Auch das Haus Romanow ist im Zuge sich durch die Verbindung mit dem
Napoleonismus in der klaren Urquelle des allgemeinen Stimmrechts und der
Annexionen zu verjüngen und zu -- subalternisiren. Daran schließen sich der
Fall der englischen Aristokratie, das Aufkommen des allgemeinen Stimm-
rechts in England, die Demüthigung des Hauses Hannover und des stolzen
Brittenreichs. Alles dieß hat ja schon dem ersten Napoleon vorgeschwebt, und
wenn die Sachen fortgehen wie sie gehen, wird Napoleon III seinem Sohn
Napoleon IV sein Haus als das älteste, glorreichste und mächtigste in Neueu-
ropa hinterlassen; denn unter allen Parvenüs des Staatsstreichs und des
allgemeinen Stimmrechts wird er der erstgeborne seyn. Kleine Ereignisse
bedeutet die russische Allianz sicher nicht. L'Europe ne demande pas
mieux que d'etre bouleversee,
sagte mir ein dynastischer Demokrat,
welcher die Freiheit als ein doctrinäres Vorurtheil verachtet und in der Mo-
niteurnote nichts sieht als den gewöhnlichen Rückschritt der zu einem neuen
Anlauf und Sprung nothwendig ist.



Deutschland.

Die Verhandlungen der vom dentschen
Bund niedergesetzten Commission für die Ausarbeitung eines für ganz
Deutschland (und ganz Oesterreich) gültigen Handelsrechtes, im An-
[Spaltenumbruch] schluß an die bereits bestehende allgemeine deutsche Wechselordnung, nehmen
zu Hamburg, was das Seehandelsrecht betrifft, ihren ungestörten, wenn
auch im Augenblick unter den obwaltenden allgemeinen Verhältnissen, wo die
öffentliche Aufmerksamkeit fast ausschließlich den auswärtigen Beziehungen
unseres großen Gesammtvaterlandes zugewendet ist, kaum beachteten Fort-
gang. Im Herbst wird die Commission, nachdem sie auch diesen wichtigen
Theil der ihr übertragenen Aufgabe erledigt haben wird, abermals zu Nürn-
berg zusammentreten, um dort die letzte Hand an das Werk zu legen, bei
dessen endlichem Zustandekommen so wichtige Interessen unseres großen Ge-
sammtvaterlandes betheiligt sind. Wie schwierig auch die der betreffen-
den Commission gestellte Aufgabe ist, so darf man sich doch der erfreulichen
Hoffnung hingeben daß sie in allgemein befriedigender Weise gelöst werden
wird. Für Bayern, das für sich die Ehre in Anspruch nehmen darf beim
Bunde die Anregung zu der ganzen Frage gegeben zu haben, sitzt in der be-
treffenden Commission bekanntlich der als einer unserer ausgezeichnetsten
praktischen Juristen bekannte k. Appellationsgerichtsdirector Dr. v. Seuffert,
ein Bruder des vor einigen Jahren dahier verstorbenen ausgezeichneten frü-
heren Rechtslehrers (Pandektisten) an der Universität Würzburg und nach-
maligen k. Appellationsgerichtsrath Dr. Joh. Adam v. Seuffert. -- Die Ar-
beiten der gegenwärtig zu Frankfurt a. M. versammelten deutschen Post-
conferenz,
bei welcher Bayern durch den k. Oberpostrath Baumann ver-
treten ist, werden noch einige Wochen in Anspruch nehmen. Nach allem
was über den Gang der Verhandlungen der Conferenz verlautet, darf man
hoffen daß die als nothwendig erkannte Reform der Fahrpost-Taxordnung
für den ganzen deutsch-österreichischen Postverein zu Stande kommen wird.



Spanien.

Der Grund warum man die Hinrichtung des
unglücklichen Generals Ortega so beschleunigte, war weil man die Kundwer-
dung seiner Erklärungen zu vermeiden wünschte, welche geeignet waren keine
geringere Person als den König-Gemahl bloßzustellen, der um die Verschwö-
rung wußte und mit ihr einverstanden war. (?) Ortega war in dem guten Glau-
ben daß die Königin Isabel abgedankt habe, und in der That wäre Ihre Ma-
jestät durch die berüchtigte Sor Patrocinio, im Einverständniß mit dem König,
nahebei dazu beredet worden. Letzterer hat einen Theil der Briefe Arana's in seinem
Besitz, die derselbe während seiner Günstlingschaft an die Königin schrieb; "dieß
Bewußtseyn macht ihn jetzt so kühn," und gibt ihm Gewalt über die Königin,
während andererseits die Sor Patrocinio das Gewissen der hohen Dame be-
arbeitet, und mit Gewandtheit den Einfluß benutzt den ein starker und intri-
ganter Geist auf einen schwachen und im Grund guten Charakter ausübt, wie
es der unserer Königin ist, um das zu erlangen was man wünscht. Hier han-
delte es sich darum daß die Königin zu Gunsten ihres Sohns abdanke, und der
König Regent bleibe. Eine der Ursachen warum Ortega's Berschwörung schei-
terte, war daß ein arges Unwetter die Ankunft der Infanten auf den Balea-
ren um einige Tage verzögert hatte, in Folge dessen ihre mit vielen Personen
in Valencia verabredeten Plane in Störung geriethen. Ortega schickte einen
seiner Adjutanten, den Sohn des Marques v. Sobradiel, in diese Stadt, um
sich zu erkundigen ob der Graf Montemolin eingetroffen sey, oder was seine
Zögerung veranlasse; aber niemand wußte etwas von ihm, und so war, als
dann Ortega ankam, der günstige Moment vorbei. Die Behörden Catalo-
niens, von den Verzweigungen unterrichtet die das Complott in der Nähe des
Throns hatte, begnügten sich die Infanten zu beobachten ohne sie zu verhaf-
ten, bis nach Ortega's Hinrichtung, um eine ärgerliche Verwicklung zu ver-
meiden. Sofort wurde dann die Amnestie verkündigt. Alle diese Zettelungen
hat. England gefördert, welches, so versichert man, im Einverständniß mit
Louis Napoleon die Bourbonen von Neapel und Spanien zu entthronen
wünscht; wobei Spanien bis an den Ebro an Frankreich abgetreten, das
übrige Land aber unter die Krone Portugal kommen soll.*) Leider gibt es
schlechte Spanier -- wenn auch nur in geringer Anzahl -- welche diese Idee
unterstützen. England weiß zwar daß solche Plane nicht auszuführen wären,
aber es fördert jede europäische Wirrsal, in der stillen Hoffnung damit eine
Revolution in Frankreich und den Sturz "seines getreuen Alliirten" herbei-
zuführen. Man versichert: unsere Regierung beabsichtige ihre Armee zu ver-
mehren, und wolle ein Beobachtungscorps von 30,000 Mann am Ebro auf-
stellen. Die Gesandten Englands und Frankreichs am Madrider Hof, heißt
es ferner, seyen heimberufen, und würden in kurzem abreisen. Borgestern,
wie Sie wohl schon wissen werden, wurden die Ratificationen mit den maroc-
canischen Bevollmächtigten ausgewechselt. In den Cortes stehen stürmische
Debatten in Aussicht. -- Nachschrift. Gestern segelten die zwei Kriegs-
schiffe ab welche dem spanischen Gesandten in Neapel zur Verfügung gestellt
sind.

*) Das ist natürlich nur ein in Madrid umlaufendes Gerücht, und zwar ein sehr
unwahrscheinliches. So thöricht ist wohl selbst ein Ministerium Palmerston-
Russell nicht daß es, wenn auch nur scheinbar, auf einen Plan eingehen könnte
Spanien im Interesse Frankreichs zu zerstückeln.

[Spaltenumbruch] ſich doch viele aus der Hauptſtadt nach dem Dünenſtrande, um das granen-
haft großartige Schauſpiel der Natur zu betrachten. So weit das Auge
reichte, war die See mit ihren hochgeſchwollenen Schaumhügeln einer Bran-
dung gleich. Ein Theil der Scheveninger Fiſcherflotte iſt während des
Sturmes draußen geweſen. Wie wenige davon werden zurückkehren!



Der Kampf der Parteien in Frankreich.

Hr. Saint-Marc-Girardin ſetzt in einem Artikel
des J. des Débats, welcher das Tagesereigniß bildet, ſtillſchweigend voraus
daß die Deputirten, wenn ihnen die Zungen gelöst würden, den Muth hätten
gegen die kaiſerliche Demagogie im Auswärtigen zu proteſtiren. Er dürfte
ſich kaum irren. Das beſſere Gefühl, der Geſchmack, die Bildung und die
Geſchäftsnoth reagiren ſichtbar gegen den rohen, wüſten Chauvinismus. Die
Grundbeſitzer und die Induſtrieelen, welche aus der Provinz hieher kommen,
klagen laut und bitter über die europäiſche Agitationspolitik, über die brutalen
und doch ſo rafſinirten Eroberungsgelüſte, über die Umſturzprojecte welche
der Regierung von ihren eigenen Blättern zugeſchrieben werden. Ich ſelbſt
hörte Fabricanten, Großhändler, Ingenieure, alle Vertreter der Arbeit, der
Production, der techniſchen Erfindungen und Fortſchritte ſich hierüber mit
einem manchmal an Verzweiflung gränzenden Unmuth äußern, während ein
lichter Streifen welcher über den europäiſchen Horizont fliegt ſie mit Troſt und
Freude erfüllt. Wenn die Regierung ihre eigene Umkehr und Bekehrung im
Sinn der Moniteurnote beabſichtigt, ſo findet ſie in jener Reaction alle er-
forderlichen Elemente um den Chauvinismus auf ein ungefährliches Maß
zurückzuführen. Dieſe Reaction, wenn ſie nicht insgeheim von der Regierung
bekämpft wird, wird ſich bei den bevorſtehenden Gemeindewahlen manifeſtiren,
indem ſie in die Gemeindeverwaltungen wahrhaft liberale Männer bringt,
welche die Freiheit im eigenen Lande höher ſchätzen als die auswärtige
Inſurrection, den Krieg und die Eroberung. Darin jedoch erkennt die
Napoleoniſche Demokratie eine Gefahr, gegen welche ſie ſich jetzt ſchon verwahrt.
Dieſe Demokratie haßt nichts ſo ſehr als die Freiheit. Sie will eine franzöſiſche
Revolution in Europa hervorbringen, welche eine ungeheure Vergrößerung
Frankreichs und die Hegemonie der großen Nation über Neueuropa zur Folge
haben ſoll. Für die ganze Dauer dieſer Kriſis hält ſie die Dictatur des Kai-
ſerreichs, an welchem ſie ihren Mann gefunden hat, für unentbehrlich, und
jedes Verlangen nach Freiheit für Landesverrath, für Hochverrath an der
großen Nation. Dem Kaiſer kann die Wahl zwiſchen der liberalen Demo-
kratie, welche durch die Freiheit und auf parlamentariſchen Wegen zu Wohl-
ſtand, Bildung und Selfgovernment gelangen will, und der demago-
giſchen Demokratie, welche ſich dynaſtiſch nennt, ſeine Dictatur proclamirt,
Cäſar auf ihren Schild hebt und die Freiheit unter dem Spitznamen „alter
Parteien“ haßt, nicht ſchwer fallen. Um ſeine Dynaſtie zu begründen und zu
ſichern, muß Napoleon das Princip worauf ſie beruht (nämlich den Staats-
ſtreich und das allgemeine Stimmrecht) zum herrſchenden in Europa machen,
er muß dieſelbe mit Dynaſtien umgeben welche ihr ſämmtlich Dank oder Tri-
but ſchuldig ſind, ſich gleichſam von ihr ableiten, und unter welchen ſie faſt
als die älteſte erſcheint. Der König Victor Emmanuel, der ſeine Wiege ver-
ſchachert hat, iſt ſtreng genommen der letzte aus dem Hauſe Savoyen. Als
Wahlkönig unter dem Patronat Frankreichs beginnt er eine neue Dynaſtie,
welche an Alter, Rang und Würde dem Hauſe Bonaparte, dem ſie alles ver-
dankt, nachſteht. Und verwirklichte ſich die Napoleoniſche Idee in Deutſch-
land, ſo würde auch das Haus Hohenzollern in eine neue Wahldynaſtie
mit vermehrtem Länderbeſitz ſich verwandeln. Der Napoleonismus würde
wohl in Deutſchland noch ein paar ähnliche Parvenus um ſich gruppiren, ſo
wie er darauf ausgeht ſich noch weiter nach Oſten Satelliten zu ſchaffen.
Auch das Haus Romanow iſt im Zuge ſich durch die Verbindung mit dem
Napoleonismus in der klaren Urquelle des allgemeinen Stimmrechts und der
Annexionen zu verjüngen und zu — ſubalterniſiren. Daran ſchließen ſich der
Fall der engliſchen Ariſtokratie, das Aufkommen des allgemeinen Stimm-
rechts in England, die Demüthigung des Hauſes Hannover und des ſtolzen
Brittenreichs. Alles dieß hat ja ſchon dem erſten Napoleon vorgeſchwebt, und
wenn die Sachen fortgehen wie ſie gehen, wird Napoleon III ſeinem Sohn
Napoleon IV ſein Haus als das älteſte, glorreichſte und mächtigſte in Neueu-
ropa hinterlaſſen; denn unter allen Parvenüs des Staatsſtreichs und des
allgemeinen Stimmrechts wird er der erſtgeborne ſeyn. Kleine Ereigniſſe
bedeutet die ruſſiſche Allianz ſicher nicht. L’Europe ne demande pas
mieux que d’être bouleversée,
ſagte mir ein dynaſtiſcher Demokrat,
welcher die Freiheit als ein doctrinäres Vorurtheil verachtet und in der Mo-
niteurnote nichts ſieht als den gewöhnlichen Rückſchritt der zu einem neuen
Anlauf und Sprung nothwendig iſt.



Deutſchland.

Die Verhandlungen der vom dentſchen
Bund niedergeſetzten Commiſſion für die Ausarbeitung eines für ganz
Deutſchland (und ganz Oeſterreich) gültigen Handelsrechtes, im An-
[Spaltenumbruch] ſchluß an die bereits beſtehende allgemeine deutſche Wechſelordnung, nehmen
zu Hamburg, was das Seehandelsrecht betrifft, ihren ungeſtörten, wenn
auch im Augenblick unter den obwaltenden allgemeinen Verhältniſſen, wo die
öffentliche Aufmerkſamkeit faſt ausſchließlich den auswärtigen Beziehungen
unſeres großen Geſammtvaterlandes zugewendet iſt, kaum beachteten Fort-
gang. Im Herbſt wird die Commiſſion, nachdem ſie auch dieſen wichtigen
Theil der ihr übertragenen Aufgabe erledigt haben wird, abermals zu Nürn-
berg zuſammentreten, um dort die letzte Hand an das Werk zu legen, bei
deſſen endlichem Zuſtandekommen ſo wichtige Intereſſen unſeres großen Ge-
ſammtvaterlandes betheiligt ſind. Wie ſchwierig auch die der betreffen-
den Commiſſion geſtellte Aufgabe iſt, ſo darf man ſich doch der erfreulichen
Hoffnung hingeben daß ſie in allgemein befriedigender Weiſe gelöst werden
wird. Für Bayern, das für ſich die Ehre in Anſpruch nehmen darf beim
Bunde die Anregung zu der ganzen Frage gegeben zu haben, ſitzt in der be-
treffenden Commiſſion bekanntlich der als einer unſerer ausgezeichnetſten
praktiſchen Juriſten bekannte k. Appellationsgerichtsdirector Dr. v. Seuffert,
ein Bruder des vor einigen Jahren dahier verſtorbenen ausgezeichneten frü-
heren Rechtslehrers (Pandektiſten) an der Univerſität Würzburg und nach-
maligen k. Appellationsgerichtsrath Dr. Joh. Adam v. Seuffert. — Die Ar-
beiten der gegenwärtig zu Frankfurt a. M. verſammelten deutſchen Poſt-
conferenz,
bei welcher Bayern durch den k. Oberpoſtrath Baumann ver-
treten iſt, werden noch einige Wochen in Anſpruch nehmen. Nach allem
was über den Gang der Verhandlungen der Conferenz verlautet, darf man
hoffen daß die als nothwendig erkannte Reform der Fahrpoſt-Taxordnung
für den ganzen deutſch-öſterreichiſchen Poſtverein zu Stande kommen wird.



Spanien.

Der Grund warum man die Hinrichtung des
unglücklichen Generals Ortega ſo beſchleunigte, war weil man die Kundwer-
dung ſeiner Erklärungen zu vermeiden wünſchte, welche geeignet waren keine
geringere Perſon als den König-Gemahl bloßzuſtellen, der um die Verſchwö-
rung wußte und mit ihr einverſtanden war. (?) Ortega war in dem guten Glau-
ben daß die Königin Iſabel abgedankt habe, und in der That wäre Ihre Ma-
jeſtät durch die berüchtigte Sor Patrocinio, im Einverſtändniß mit dem König,
nahebei dazu beredet worden. Letzterer hat einen Theil der Briefe Arana’s in ſeinem
Beſitz, die derſelbe während ſeiner Günſtlingſchaft an die Königin ſchrieb; „dieß
Bewußtſeyn macht ihn jetzt ſo kühn,“ und gibt ihm Gewalt über die Königin,
während andererſeits die Sor Patrocinio das Gewiſſen der hohen Dame be-
arbeitet, und mit Gewandtheit den Einfluß benutzt den ein ſtarker und intri-
ganter Geiſt auf einen ſchwachen und im Grund guten Charakter ausübt, wie
es der unſerer Königin iſt, um das zu erlangen was man wünſcht. Hier han-
delte es ſich darum daß die Königin zu Gunſten ihres Sohns abdanke, und der
König Regent bleibe. Eine der Urſachen warum Ortega’s Berſchwörung ſchei-
terte, war daß ein arges Unwetter die Ankunft der Infanten auf den Balea-
ren um einige Tage verzögert hatte, in Folge deſſen ihre mit vielen Perſonen
in Valencia verabredeten Plane in Störung geriethen. Ortega ſchickte einen
ſeiner Adjutanten, den Sohn des Marques v. Sobradiel, in dieſe Stadt, um
ſich zu erkundigen ob der Graf Montemolin eingetroffen ſey, oder was ſeine
Zögerung veranlaſſe; aber niemand wußte etwas von ihm, und ſo war, als
dann Ortega ankam, der günſtige Moment vorbei. Die Behörden Catalo-
niens, von den Verzweigungen unterrichtet die das Complott in der Nähe des
Throns hatte, begnügten ſich die Infanten zu beobachten ohne ſie zu verhaf-
ten, bis nach Ortega’s Hinrichtung, um eine ärgerliche Verwicklung zu ver-
meiden. Sofort wurde dann die Amneſtie verkündigt. Alle dieſe Zettelungen
hat. England gefördert, welches, ſo verſichert man, im Einverſtändniß mit
Louis Napoleon die Bourbonen von Neapel und Spanien zu entthronen
wünſcht; wobei Spanien bis an den Ebro an Frankreich abgetreten, das
übrige Land aber unter die Krone Portugal kommen ſoll.*) Leider gibt es
ſchlechte Spanier — wenn auch nur in geringer Anzahl — welche dieſe Idee
unterſtützen. England weiß zwar daß ſolche Plane nicht auszuführen wären,
aber es fördert jede europäiſche Wirrſal, in der ſtillen Hoffnung damit eine
Revolution in Frankreich und den Sturz „ſeines getreuen Alliirten“ herbei-
zuführen. Man verſichert: unſere Regierung beabſichtige ihre Armee zu ver-
mehren, und wolle ein Beobachtungscorps von 30,000 Mann am Ebro auf-
ſtellen. Die Geſandten Englands und Frankreichs am Madrider Hof, heißt
es ferner, ſeyen heimberufen, und würden in kurzem abreiſen. Borgeſtern,
wie Sie wohl ſchon wiſſen werden, wurden die Ratificationen mit den maroc-
caniſchen Bevollmächtigten ausgewechſelt. In den Cortes ſtehen ſtürmiſche
Debatten in Ausſicht. — Nachſchrift. Geſtern ſegelten die zwei Kriegs-
ſchiffe ab welche dem ſpaniſchen Geſandten in Neapel zur Verfügung geſtellt
ſind.

*) Das iſt natürlich nur ein in Madrid umlaufendes Gerücht, und zwar ein ſehr
unwahrſcheinliches. So thöricht iſt wohl ſelbſt ein Miniſterium Palmerſton-
Ruſſell nicht daß es, wenn auch nur ſcheinbar, auf einen Plan eingehen könnte
Spanien im Intereſſe Frankreichs zu zerſtückeln.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jSupplement" n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div type="jWeatherReports" n="2">
              <div type="jArticle" n="3">
                <p><pb facs="#f0012" n="2640"/><cb/>
&#x017F;ich doch viele aus der Haupt&#x017F;tadt nach dem Dünen&#x017F;trande, um das granen-<lb/>
haft großartige Schau&#x017F;piel der Natur zu betrachten. So weit das Auge<lb/>
reichte, war die See mit ihren hochge&#x017F;chwollenen Schaumhügeln einer Bran-<lb/>
dung gleich. Ein Theil der Scheveninger Fi&#x017F;cherflotte i&#x017F;t während des<lb/>
Sturmes draußen gewe&#x017F;en. Wie wenige davon werden zurückkehren!</p>
              </div>
            </div><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <div type="jPoliticalNews" n="2">
              <div type="jComment" n="3">
                <head> <hi rendition="#b">Der Kampf der Parteien in Frankreich.</hi> </head><lb/>
                <dateline>:// //: <hi rendition="#b">Paris,</hi> 3 Juni.</dateline><lb/>
                <p>Hr. Saint-Marc-Girardin &#x017F;etzt in einem Artikel<lb/>
des J. <hi rendition="#g">des D<hi rendition="#aq">é</hi>bats,</hi> welcher das Tagesereigniß bildet, &#x017F;till&#x017F;chweigend voraus<lb/>
daß die Deputirten, wenn ihnen die Zungen gelöst würden, den Muth hätten<lb/>
gegen die kai&#x017F;erliche Demagogie im Auswärtigen zu prote&#x017F;tiren. Er dürfte<lb/>
&#x017F;ich kaum irren. Das be&#x017F;&#x017F;ere Gefühl, der Ge&#x017F;chmack, die Bildung und die<lb/>
Ge&#x017F;chäftsnoth reagiren &#x017F;ichtbar gegen den rohen, wü&#x017F;ten Chauvinismus. Die<lb/>
Grundbe&#x017F;itzer und die Indu&#x017F;trieelen, welche aus der Provinz hieher kommen,<lb/>
klagen laut und bitter über die europäi&#x017F;che Agitationspolitik, über die brutalen<lb/>
und doch &#x017F;o raf&#x017F;inirten Eroberungsgelü&#x017F;te, über die Um&#x017F;turzprojecte welche<lb/>
der Regierung von ihren eigenen Blättern zuge&#x017F;chrieben werden. Ich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
hörte Fabricanten, Großhändler, Ingenieure, alle Vertreter der Arbeit, der<lb/>
Production, der techni&#x017F;chen Erfindungen und Fort&#x017F;chritte &#x017F;ich hierüber mit<lb/>
einem manchmal an Verzweiflung gränzenden Unmuth äußern, während ein<lb/>
lichter Streifen welcher über den europäi&#x017F;chen Horizont fliegt &#x017F;ie mit Tro&#x017F;t und<lb/>
Freude erfüllt. Wenn die Regierung ihre eigene Umkehr und Bekehrung im<lb/>
Sinn der Moniteurnote beab&#x017F;ichtigt, &#x017F;o findet &#x017F;ie in jener Reaction alle er-<lb/>
forderlichen Elemente um den Chauvinismus auf ein ungefährliches Maß<lb/>
zurückzuführen. Die&#x017F;e Reaction, wenn &#x017F;ie nicht insgeheim von der Regierung<lb/>
bekämpft wird, wird &#x017F;ich bei den bevor&#x017F;tehenden Gemeindewahlen manife&#x017F;tiren,<lb/>
indem &#x017F;ie in die Gemeindeverwaltungen wahrhaft liberale Männer bringt,<lb/>
welche die Freiheit im eigenen Lande höher &#x017F;chätzen als die auswärtige<lb/>
In&#x017F;urrection, den Krieg und die Eroberung. Darin jedoch erkennt die<lb/>
Napoleoni&#x017F;che Demokratie eine Gefahr, gegen welche &#x017F;ie &#x017F;ich jetzt &#x017F;chon verwahrt.<lb/>
Die&#x017F;e Demokratie haßt nichts &#x017F;o &#x017F;ehr als die Freiheit. Sie will eine franzö&#x017F;i&#x017F;che<lb/>
Revolution in Europa hervorbringen, welche eine ungeheure Vergrößerung<lb/>
Frankreichs und die Hegemonie der großen Nation über Neueuropa zur Folge<lb/>
haben &#x017F;oll. Für die ganze Dauer die&#x017F;er Kri&#x017F;is hält &#x017F;ie die Dictatur des Kai-<lb/>
&#x017F;erreichs, an welchem &#x017F;ie ihren Mann gefunden hat, für unentbehrlich, und<lb/>
jedes Verlangen nach Freiheit für Landesverrath, für Hochverrath an der<lb/>
großen Nation. Dem Kai&#x017F;er kann die Wahl zwi&#x017F;chen der liberalen Demo-<lb/>
kratie, welche durch die Freiheit und auf parlamentari&#x017F;chen Wegen zu Wohl-<lb/>
&#x017F;tand, Bildung und Selfgovernment gelangen will, und der demago-<lb/>
gi&#x017F;chen Demokratie, welche &#x017F;ich dyna&#x017F;ti&#x017F;ch nennt, &#x017F;eine Dictatur proclamirt,<lb/>&#x017F;ar auf ihren Schild hebt und die Freiheit unter dem Spitznamen &#x201E;alter<lb/>
Parteien&#x201C; haßt, nicht &#x017F;chwer fallen. Um &#x017F;eine Dyna&#x017F;tie zu begründen und zu<lb/>
&#x017F;ichern, muß Napoleon das Princip worauf &#x017F;ie beruht (nämlich den Staats-<lb/>
&#x017F;treich und das allgemeine Stimmrecht) zum herr&#x017F;chenden in Europa machen,<lb/>
er muß die&#x017F;elbe mit Dyna&#x017F;tien umgeben welche ihr &#x017F;ämmtlich Dank oder Tri-<lb/>
but &#x017F;chuldig &#x017F;ind, &#x017F;ich gleich&#x017F;am von ihr ableiten, und unter welchen &#x017F;ie fa&#x017F;t<lb/>
als die älte&#x017F;te er&#x017F;cheint. Der König Victor Emmanuel, der &#x017F;eine Wiege ver-<lb/>
&#x017F;chachert hat, i&#x017F;t &#x017F;treng genommen der letzte aus dem Hau&#x017F;e Savoyen. Als<lb/>
Wahlkönig unter dem Patronat Frankreichs beginnt er eine neue Dyna&#x017F;tie,<lb/>
welche an Alter, Rang und Würde dem Hau&#x017F;e Bonaparte, dem &#x017F;ie alles ver-<lb/>
dankt, nach&#x017F;teht. Und verwirklichte &#x017F;ich die Napoleoni&#x017F;che Idee in Deut&#x017F;ch-<lb/>
land, &#x017F;o würde auch das Haus Hohenzollern in eine neue Wahldyna&#x017F;tie<lb/>
mit vermehrtem Länderbe&#x017F;itz &#x017F;ich verwandeln. Der Napoleonismus würde<lb/>
wohl in Deut&#x017F;chland noch ein paar ähnliche Parvenus um &#x017F;ich gruppiren, &#x017F;o<lb/>
wie er darauf ausgeht &#x017F;ich noch weiter nach O&#x017F;ten Satelliten zu &#x017F;chaffen.<lb/>
Auch das Haus Romanow i&#x017F;t im Zuge &#x017F;ich durch die Verbindung mit dem<lb/>
Napoleonismus in der klaren Urquelle des allgemeinen Stimmrechts und der<lb/>
Annexionen zu verjüngen und zu &#x2014; &#x017F;ubalterni&#x017F;iren. Daran &#x017F;chließen &#x017F;ich der<lb/>
Fall der engli&#x017F;chen Ari&#x017F;tokratie, das Aufkommen des allgemeinen Stimm-<lb/>
rechts in England, die Demüthigung des Hau&#x017F;es Hannover und des &#x017F;tolzen<lb/>
Brittenreichs. Alles dieß hat ja &#x017F;chon dem er&#x017F;ten Napoleon vorge&#x017F;chwebt, und<lb/>
wenn die Sachen fortgehen wie &#x017F;ie gehen, wird Napoleon <hi rendition="#aq">III</hi> &#x017F;einem Sohn<lb/>
Napoleon <hi rendition="#aq">IV</hi> &#x017F;ein Haus als das älte&#x017F;te, glorreich&#x017F;te und mächtig&#x017F;te in Neueu-<lb/>
ropa hinterla&#x017F;&#x017F;en; denn unter allen Parvenüs des Staats&#x017F;treichs und des<lb/>
allgemeinen Stimmrechts wird er der er&#x017F;tgeborne &#x017F;eyn. Kleine Ereigni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
bedeutet die ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;che Allianz &#x017F;icher nicht. <hi rendition="#aq">L&#x2019;Europe ne demande pas<lb/>
mieux que d&#x2019;être bouleversée,</hi> &#x017F;agte mir ein dyna&#x017F;ti&#x017F;cher Demokrat,<lb/>
welcher die Freiheit als ein doctrinäres Vorurtheil verachtet und in der Mo-<lb/>
niteurnote nichts &#x017F;ieht als den gewöhnlichen Rück&#x017F;chritt der zu einem neuen<lb/>
Anlauf und Sprung nothwendig i&#x017F;t.</p>
              </div><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <div n="3">
                <head> <hi rendition="#b">Deut&#x017F;chland.</hi> </head><lb/>
                <div type="jArticle" n="4">
                  <dateline>= <hi rendition="#b">München,</hi> 3 Jun.</dateline><lb/>
                  <p>Die Verhandlungen der vom dent&#x017F;chen<lb/>
Bund niederge&#x017F;etzten Commi&#x017F;&#x017F;ion für die Ausarbeitung eines für ganz<lb/>
Deut&#x017F;chland (und ganz Oe&#x017F;terreich) gültigen <hi rendition="#g">Handelsrechtes,</hi> im An-<lb/><cb/>
&#x017F;chluß an die bereits be&#x017F;tehende allgemeine deut&#x017F;che Wech&#x017F;elordnung, nehmen<lb/>
zu Hamburg, was das Seehandelsrecht betrifft, ihren unge&#x017F;törten, wenn<lb/>
auch im Augenblick unter den obwaltenden allgemeinen Verhältni&#x017F;&#x017F;en, wo die<lb/>
öffentliche Aufmerk&#x017F;amkeit fa&#x017F;t aus&#x017F;chließlich den auswärtigen Beziehungen<lb/>
un&#x017F;eres großen Ge&#x017F;ammtvaterlandes zugewendet i&#x017F;t, kaum beachteten Fort-<lb/>
gang. Im Herb&#x017F;t wird die Commi&#x017F;&#x017F;ion, nachdem &#x017F;ie auch die&#x017F;en wichtigen<lb/>
Theil der ihr übertragenen Aufgabe erledigt haben wird, abermals zu Nürn-<lb/>
berg zu&#x017F;ammentreten, um dort die letzte Hand an das Werk zu legen, bei<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en endlichem Zu&#x017F;tandekommen &#x017F;o wichtige Intere&#x017F;&#x017F;en un&#x017F;eres großen Ge-<lb/>
&#x017F;ammtvaterlandes betheiligt &#x017F;ind. Wie &#x017F;chwierig auch die der betreffen-<lb/>
den Commi&#x017F;&#x017F;ion ge&#x017F;tellte Aufgabe i&#x017F;t, &#x017F;o darf man &#x017F;ich doch der erfreulichen<lb/>
Hoffnung hingeben daß &#x017F;ie in allgemein befriedigender Wei&#x017F;e gelöst werden<lb/>
wird. Für Bayern, das für &#x017F;ich die Ehre in An&#x017F;pruch nehmen darf beim<lb/>
Bunde die Anregung zu der ganzen Frage gegeben zu haben, &#x017F;itzt in der be-<lb/>
treffenden Commi&#x017F;&#x017F;ion bekanntlich der als einer un&#x017F;erer ausgezeichnet&#x017F;ten<lb/>
prakti&#x017F;chen Juri&#x017F;ten bekannte k. Appellationsgerichtsdirector <hi rendition="#aq">Dr.</hi> v. Seuffert,<lb/>
ein Bruder des vor einigen Jahren dahier ver&#x017F;torbenen ausgezeichneten frü-<lb/>
heren Rechtslehrers (Pandekti&#x017F;ten) an der Univer&#x017F;ität Würzburg und nach-<lb/>
maligen k. Appellationsgerichtsrath <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Joh. Adam v. Seuffert. &#x2014; Die Ar-<lb/>
beiten der gegenwärtig zu Frankfurt a. M. ver&#x017F;ammelten deut&#x017F;chen <hi rendition="#g">Po&#x017F;t-<lb/>
conferenz,</hi> bei welcher Bayern durch den k. Oberpo&#x017F;trath Baumann ver-<lb/>
treten i&#x017F;t, werden noch einige Wochen in An&#x017F;pruch nehmen. Nach allem<lb/>
was über den Gang der Verhandlungen der Conferenz verlautet, darf man<lb/>
hoffen daß die als nothwendig erkannte Reform der Fahrpo&#x017F;t-Taxordnung<lb/>
für den ganzen deut&#x017F;ch-ö&#x017F;terreichi&#x017F;chen Po&#x017F;tverein zu Stande kommen wird.</p>
                </div>
              </div><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <div n="3">
                <head> <hi rendition="#b">Spanien.</hi> </head><lb/>
                <div type="jArticle" n="4">
                  <dateline><supplied>&amp;#xfffc;</supplied><hi rendition="#b">Madrid,</hi> 28 Mai.</dateline><lb/>
                  <p>Der Grund warum man die Hinrichtung des<lb/>
unglücklichen Generals Ortega &#x017F;o be&#x017F;chleunigte, war weil man die Kundwer-<lb/>
dung &#x017F;einer Erklärungen zu vermeiden wün&#x017F;chte, welche geeignet waren keine<lb/>
geringere Per&#x017F;on als den König-Gemahl bloßzu&#x017F;tellen, der um die Ver&#x017F;chwö-<lb/>
rung wußte und mit ihr einver&#x017F;tanden war. (?) Ortega war in dem guten Glau-<lb/>
ben daß die Königin I&#x017F;abel abgedankt habe, und in der That wäre Ihre Ma-<lb/>
je&#x017F;tät durch die berüchtigte Sor Patrocinio, im Einver&#x017F;tändniß mit dem König,<lb/>
nahebei dazu beredet worden. Letzterer hat einen Theil der Briefe Arana&#x2019;s in &#x017F;einem<lb/>
Be&#x017F;itz, die der&#x017F;elbe während &#x017F;einer Gün&#x017F;tling&#x017F;chaft an die Königin &#x017F;chrieb; &#x201E;dieß<lb/>
Bewußt&#x017F;eyn macht ihn jetzt &#x017F;o kühn,&#x201C; und gibt ihm Gewalt über die Königin,<lb/>
während anderer&#x017F;eits die Sor Patrocinio das Gewi&#x017F;&#x017F;en der hohen Dame be-<lb/>
arbeitet, und mit Gewandtheit den Einfluß benutzt den ein &#x017F;tarker und intri-<lb/>
ganter Gei&#x017F;t auf einen &#x017F;chwachen und im Grund guten Charakter ausübt, wie<lb/>
es der un&#x017F;erer Königin i&#x017F;t, um das zu erlangen was man wün&#x017F;cht. Hier han-<lb/>
delte es &#x017F;ich darum daß die Königin zu Gun&#x017F;ten ihres Sohns abdanke, und der<lb/>
König Regent bleibe. Eine der Ur&#x017F;achen warum Ortega&#x2019;s Ber&#x017F;chwörung &#x017F;chei-<lb/>
terte, war daß ein arges Unwetter die Ankunft der Infanten auf den Balea-<lb/>
ren um einige Tage verzögert hatte, in Folge de&#x017F;&#x017F;en ihre mit vielen Per&#x017F;onen<lb/>
in Valencia verabredeten Plane in Störung geriethen. Ortega &#x017F;chickte einen<lb/>
&#x017F;einer Adjutanten, den Sohn des Marques v. Sobradiel, in die&#x017F;e Stadt, um<lb/>
&#x017F;ich zu erkundigen ob der Graf Montemolin eingetroffen &#x017F;ey, oder was &#x017F;eine<lb/>
Zögerung veranla&#x017F;&#x017F;e; aber niemand wußte etwas von ihm, und &#x017F;o war, als<lb/>
dann Ortega ankam, der gün&#x017F;tige Moment vorbei. Die Behörden Catalo-<lb/>
niens, von den Verzweigungen unterrichtet die das Complott in der Nähe des<lb/>
Throns hatte, begnügten &#x017F;ich die Infanten zu beobachten ohne &#x017F;ie zu verhaf-<lb/>
ten, bis nach Ortega&#x2019;s Hinrichtung, um eine ärgerliche Verwicklung zu ver-<lb/>
meiden. Sofort wurde dann die Amne&#x017F;tie verkündigt. Alle die&#x017F;e Zettelungen<lb/>
hat. England gefördert, welches, &#x017F;o ver&#x017F;ichert man, im Einver&#x017F;tändniß mit<lb/>
Louis Napoleon die Bourbonen von Neapel und Spanien zu entthronen<lb/>
wün&#x017F;cht; wobei Spanien bis an den Ebro an Frankreich abgetreten, das<lb/>
übrige Land aber unter die Krone Portugal kommen &#x017F;oll.<note place="foot" n="*)">Das i&#x017F;t natürlich nur ein in Madrid umlaufendes Gerücht, und zwar ein &#x017F;ehr<lb/>
unwahr&#x017F;cheinliches. So thöricht i&#x017F;t wohl &#x017F;elb&#x017F;t ein Mini&#x017F;terium Palmer&#x017F;ton-<lb/>
Ru&#x017F;&#x017F;ell nicht daß es, wenn auch nur &#x017F;cheinbar, auf einen Plan eingehen könnte<lb/>
Spanien im Intere&#x017F;&#x017F;e Frankreichs zu zer&#x017F;tückeln.</note> Leider gibt es<lb/>
&#x017F;chlechte Spanier &#x2014; wenn auch nur in geringer Anzahl &#x2014; welche die&#x017F;e Idee<lb/>
unter&#x017F;tützen. England weiß zwar daß &#x017F;olche Plane nicht auszuführen wären,<lb/>
aber es fördert jede europäi&#x017F;che Wirr&#x017F;al, in der &#x017F;tillen Hoffnung damit eine<lb/>
Revolution in Frankreich und den Sturz &#x201E;&#x017F;eines getreuen Alliirten&#x201C; herbei-<lb/>
zuführen. Man ver&#x017F;ichert: un&#x017F;ere Regierung beab&#x017F;ichtige ihre Armee zu ver-<lb/>
mehren, und wolle ein Beobachtungscorps von 30,000 Mann am Ebro auf-<lb/>
&#x017F;tellen. Die Ge&#x017F;andten Englands und Frankreichs am Madrider Hof, heißt<lb/>
es ferner, &#x017F;eyen heimberufen, und würden in kurzem abrei&#x017F;en. Borge&#x017F;tern,<lb/>
wie Sie wohl &#x017F;chon wi&#x017F;&#x017F;en werden, wurden die Ratificationen mit den maroc-<lb/>
cani&#x017F;chen Bevollmächtigten ausgewech&#x017F;elt. In den Cortes &#x017F;tehen &#x017F;türmi&#x017F;che<lb/>
Debatten in Aus&#x017F;icht. &#x2014; <hi rendition="#g">Nach&#x017F;chrift.</hi> Ge&#x017F;tern &#x017F;egelten die zwei Kriegs-<lb/>
&#x017F;chiffe ab welche dem &#x017F;pani&#x017F;chen Ge&#x017F;andten in Neapel zur Verfügung ge&#x017F;tellt<lb/>
&#x017F;ind.</p><lb/>
                </div>
              </div>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[2640/0012] ſich doch viele aus der Hauptſtadt nach dem Dünenſtrande, um das granen- haft großartige Schauſpiel der Natur zu betrachten. So weit das Auge reichte, war die See mit ihren hochgeſchwollenen Schaumhügeln einer Bran- dung gleich. Ein Theil der Scheveninger Fiſcherflotte iſt während des Sturmes draußen geweſen. Wie wenige davon werden zurückkehren! Der Kampf der Parteien in Frankreich. :// //: Paris, 3 Juni. Hr. Saint-Marc-Girardin ſetzt in einem Artikel des J. des Débats, welcher das Tagesereigniß bildet, ſtillſchweigend voraus daß die Deputirten, wenn ihnen die Zungen gelöst würden, den Muth hätten gegen die kaiſerliche Demagogie im Auswärtigen zu proteſtiren. Er dürfte ſich kaum irren. Das beſſere Gefühl, der Geſchmack, die Bildung und die Geſchäftsnoth reagiren ſichtbar gegen den rohen, wüſten Chauvinismus. Die Grundbeſitzer und die Induſtrieelen, welche aus der Provinz hieher kommen, klagen laut und bitter über die europäiſche Agitationspolitik, über die brutalen und doch ſo rafſinirten Eroberungsgelüſte, über die Umſturzprojecte welche der Regierung von ihren eigenen Blättern zugeſchrieben werden. Ich ſelbſt hörte Fabricanten, Großhändler, Ingenieure, alle Vertreter der Arbeit, der Production, der techniſchen Erfindungen und Fortſchritte ſich hierüber mit einem manchmal an Verzweiflung gränzenden Unmuth äußern, während ein lichter Streifen welcher über den europäiſchen Horizont fliegt ſie mit Troſt und Freude erfüllt. Wenn die Regierung ihre eigene Umkehr und Bekehrung im Sinn der Moniteurnote beabſichtigt, ſo findet ſie in jener Reaction alle er- forderlichen Elemente um den Chauvinismus auf ein ungefährliches Maß zurückzuführen. Dieſe Reaction, wenn ſie nicht insgeheim von der Regierung bekämpft wird, wird ſich bei den bevorſtehenden Gemeindewahlen manifeſtiren, indem ſie in die Gemeindeverwaltungen wahrhaft liberale Männer bringt, welche die Freiheit im eigenen Lande höher ſchätzen als die auswärtige Inſurrection, den Krieg und die Eroberung. Darin jedoch erkennt die Napoleoniſche Demokratie eine Gefahr, gegen welche ſie ſich jetzt ſchon verwahrt. Dieſe Demokratie haßt nichts ſo ſehr als die Freiheit. Sie will eine franzöſiſche Revolution in Europa hervorbringen, welche eine ungeheure Vergrößerung Frankreichs und die Hegemonie der großen Nation über Neueuropa zur Folge haben ſoll. Für die ganze Dauer dieſer Kriſis hält ſie die Dictatur des Kai- ſerreichs, an welchem ſie ihren Mann gefunden hat, für unentbehrlich, und jedes Verlangen nach Freiheit für Landesverrath, für Hochverrath an der großen Nation. Dem Kaiſer kann die Wahl zwiſchen der liberalen Demo- kratie, welche durch die Freiheit und auf parlamentariſchen Wegen zu Wohl- ſtand, Bildung und Selfgovernment gelangen will, und der demago- giſchen Demokratie, welche ſich dynaſtiſch nennt, ſeine Dictatur proclamirt, Cäſar auf ihren Schild hebt und die Freiheit unter dem Spitznamen „alter Parteien“ haßt, nicht ſchwer fallen. Um ſeine Dynaſtie zu begründen und zu ſichern, muß Napoleon das Princip worauf ſie beruht (nämlich den Staats- ſtreich und das allgemeine Stimmrecht) zum herrſchenden in Europa machen, er muß dieſelbe mit Dynaſtien umgeben welche ihr ſämmtlich Dank oder Tri- but ſchuldig ſind, ſich gleichſam von ihr ableiten, und unter welchen ſie faſt als die älteſte erſcheint. Der König Victor Emmanuel, der ſeine Wiege ver- ſchachert hat, iſt ſtreng genommen der letzte aus dem Hauſe Savoyen. Als Wahlkönig unter dem Patronat Frankreichs beginnt er eine neue Dynaſtie, welche an Alter, Rang und Würde dem Hauſe Bonaparte, dem ſie alles ver- dankt, nachſteht. Und verwirklichte ſich die Napoleoniſche Idee in Deutſch- land, ſo würde auch das Haus Hohenzollern in eine neue Wahldynaſtie mit vermehrtem Länderbeſitz ſich verwandeln. Der Napoleonismus würde wohl in Deutſchland noch ein paar ähnliche Parvenus um ſich gruppiren, ſo wie er darauf ausgeht ſich noch weiter nach Oſten Satelliten zu ſchaffen. Auch das Haus Romanow iſt im Zuge ſich durch die Verbindung mit dem Napoleonismus in der klaren Urquelle des allgemeinen Stimmrechts und der Annexionen zu verjüngen und zu — ſubalterniſiren. Daran ſchließen ſich der Fall der engliſchen Ariſtokratie, das Aufkommen des allgemeinen Stimm- rechts in England, die Demüthigung des Hauſes Hannover und des ſtolzen Brittenreichs. Alles dieß hat ja ſchon dem erſten Napoleon vorgeſchwebt, und wenn die Sachen fortgehen wie ſie gehen, wird Napoleon III ſeinem Sohn Napoleon IV ſein Haus als das älteſte, glorreichſte und mächtigſte in Neueu- ropa hinterlaſſen; denn unter allen Parvenüs des Staatsſtreichs und des allgemeinen Stimmrechts wird er der erſtgeborne ſeyn. Kleine Ereigniſſe bedeutet die ruſſiſche Allianz ſicher nicht. L’Europe ne demande pas mieux que d’être bouleversée, ſagte mir ein dynaſtiſcher Demokrat, welcher die Freiheit als ein doctrinäres Vorurtheil verachtet und in der Mo- niteurnote nichts ſieht als den gewöhnlichen Rückſchritt der zu einem neuen Anlauf und Sprung nothwendig iſt. Deutſchland. = München, 3 Jun. Die Verhandlungen der vom dentſchen Bund niedergeſetzten Commiſſion für die Ausarbeitung eines für ganz Deutſchland (und ganz Oeſterreich) gültigen Handelsrechtes, im An- ſchluß an die bereits beſtehende allgemeine deutſche Wechſelordnung, nehmen zu Hamburg, was das Seehandelsrecht betrifft, ihren ungeſtörten, wenn auch im Augenblick unter den obwaltenden allgemeinen Verhältniſſen, wo die öffentliche Aufmerkſamkeit faſt ausſchließlich den auswärtigen Beziehungen unſeres großen Geſammtvaterlandes zugewendet iſt, kaum beachteten Fort- gang. Im Herbſt wird die Commiſſion, nachdem ſie auch dieſen wichtigen Theil der ihr übertragenen Aufgabe erledigt haben wird, abermals zu Nürn- berg zuſammentreten, um dort die letzte Hand an das Werk zu legen, bei deſſen endlichem Zuſtandekommen ſo wichtige Intereſſen unſeres großen Ge- ſammtvaterlandes betheiligt ſind. Wie ſchwierig auch die der betreffen- den Commiſſion geſtellte Aufgabe iſt, ſo darf man ſich doch der erfreulichen Hoffnung hingeben daß ſie in allgemein befriedigender Weiſe gelöst werden wird. Für Bayern, das für ſich die Ehre in Anſpruch nehmen darf beim Bunde die Anregung zu der ganzen Frage gegeben zu haben, ſitzt in der be- treffenden Commiſſion bekanntlich der als einer unſerer ausgezeichnetſten praktiſchen Juriſten bekannte k. Appellationsgerichtsdirector Dr. v. Seuffert, ein Bruder des vor einigen Jahren dahier verſtorbenen ausgezeichneten frü- heren Rechtslehrers (Pandektiſten) an der Univerſität Würzburg und nach- maligen k. Appellationsgerichtsrath Dr. Joh. Adam v. Seuffert. — Die Ar- beiten der gegenwärtig zu Frankfurt a. M. verſammelten deutſchen Poſt- conferenz, bei welcher Bayern durch den k. Oberpoſtrath Baumann ver- treten iſt, werden noch einige Wochen in Anſpruch nehmen. Nach allem was über den Gang der Verhandlungen der Conferenz verlautet, darf man hoffen daß die als nothwendig erkannte Reform der Fahrpoſt-Taxordnung für den ganzen deutſch-öſterreichiſchen Poſtverein zu Stande kommen wird. Spanien. &#xfffc; Madrid, 28 Mai. Der Grund warum man die Hinrichtung des unglücklichen Generals Ortega ſo beſchleunigte, war weil man die Kundwer- dung ſeiner Erklärungen zu vermeiden wünſchte, welche geeignet waren keine geringere Perſon als den König-Gemahl bloßzuſtellen, der um die Verſchwö- rung wußte und mit ihr einverſtanden war. (?) Ortega war in dem guten Glau- ben daß die Königin Iſabel abgedankt habe, und in der That wäre Ihre Ma- jeſtät durch die berüchtigte Sor Patrocinio, im Einverſtändniß mit dem König, nahebei dazu beredet worden. Letzterer hat einen Theil der Briefe Arana’s in ſeinem Beſitz, die derſelbe während ſeiner Günſtlingſchaft an die Königin ſchrieb; „dieß Bewußtſeyn macht ihn jetzt ſo kühn,“ und gibt ihm Gewalt über die Königin, während andererſeits die Sor Patrocinio das Gewiſſen der hohen Dame be- arbeitet, und mit Gewandtheit den Einfluß benutzt den ein ſtarker und intri- ganter Geiſt auf einen ſchwachen und im Grund guten Charakter ausübt, wie es der unſerer Königin iſt, um das zu erlangen was man wünſcht. Hier han- delte es ſich darum daß die Königin zu Gunſten ihres Sohns abdanke, und der König Regent bleibe. Eine der Urſachen warum Ortega’s Berſchwörung ſchei- terte, war daß ein arges Unwetter die Ankunft der Infanten auf den Balea- ren um einige Tage verzögert hatte, in Folge deſſen ihre mit vielen Perſonen in Valencia verabredeten Plane in Störung geriethen. Ortega ſchickte einen ſeiner Adjutanten, den Sohn des Marques v. Sobradiel, in dieſe Stadt, um ſich zu erkundigen ob der Graf Montemolin eingetroffen ſey, oder was ſeine Zögerung veranlaſſe; aber niemand wußte etwas von ihm, und ſo war, als dann Ortega ankam, der günſtige Moment vorbei. Die Behörden Catalo- niens, von den Verzweigungen unterrichtet die das Complott in der Nähe des Throns hatte, begnügten ſich die Infanten zu beobachten ohne ſie zu verhaf- ten, bis nach Ortega’s Hinrichtung, um eine ärgerliche Verwicklung zu ver- meiden. Sofort wurde dann die Amneſtie verkündigt. Alle dieſe Zettelungen hat. England gefördert, welches, ſo verſichert man, im Einverſtändniß mit Louis Napoleon die Bourbonen von Neapel und Spanien zu entthronen wünſcht; wobei Spanien bis an den Ebro an Frankreich abgetreten, das übrige Land aber unter die Krone Portugal kommen ſoll. *) Leider gibt es ſchlechte Spanier — wenn auch nur in geringer Anzahl — welche dieſe Idee unterſtützen. England weiß zwar daß ſolche Plane nicht auszuführen wären, aber es fördert jede europäiſche Wirrſal, in der ſtillen Hoffnung damit eine Revolution in Frankreich und den Sturz „ſeines getreuen Alliirten“ herbei- zuführen. Man verſichert: unſere Regierung beabſichtige ihre Armee zu ver- mehren, und wolle ein Beobachtungscorps von 30,000 Mann am Ebro auf- ſtellen. Die Geſandten Englands und Frankreichs am Madrider Hof, heißt es ferner, ſeyen heimberufen, und würden in kurzem abreiſen. Borgeſtern, wie Sie wohl ſchon wiſſen werden, wurden die Ratificationen mit den maroc- caniſchen Bevollmächtigten ausgewechſelt. In den Cortes ſtehen ſtürmiſche Debatten in Ausſicht. — Nachſchrift. Geſtern ſegelten die zwei Kriegs- ſchiffe ab welche dem ſpaniſchen Geſandten in Neapel zur Verfügung geſtellt ſind. *) Das iſt natürlich nur ein in Madrid umlaufendes Gerücht, und zwar ein ſehr unwahrſcheinliches. So thöricht iſt wohl ſelbſt ein Miniſterium Palmerſton- Ruſſell nicht daß es, wenn auch nur ſcheinbar, auf einen Plan eingehen könnte Spanien im Intereſſe Frankreichs zu zerſtückeln.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2021-11-18T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine158_1860
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine158_1860/12
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 158, 6. Juni 1860, S. 2640. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine158_1860/12>, abgerufen am 21.11.2024.