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Allgemeine Zeitung, Nr. 158, 6. Juni 1860.

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Allgemeine Zeitung.


Mittwoch Nr. 158. 6 Junius 1860.


AUGSBURG. Das Abonnement,
welches je vierteljährlich und balb-
jährlich angenommen wird, beträgt in
Bayern vierteljährlich 4 fl. 45 kr.
Fereimsmünze.
Inserate werden von der Expedition
ausgenommen und der Raum einer
dreispaltigen Colonelzeile berechnet:
im Hauptblatt mit 12 kr., in der
Beilage mit 9 kr.


Correspondenzen sind an die Redaction, Inserate dagegen an die Expedition der Allgemeinen Zeitung zu adresstren.
Man abonnirt bei allen Postämtern Deutschlands Oesterreichs und der Schweiz; für Frankreich, Sardinten. Spanten und Portugal bei G. A. Alexandre in Strasburg, Paris bei demselben,
2 Cour du Commorce St. Andre des Arts, und ber der deutschen Buchhandlung von F. Klincksieck, Nr. 11 rue de Lille, oder bei dem Postamt in Karisruhe; für England bei Williams & Norgate,
14 Henriette-Street, Covent-Garden in London, für Nordamerlka bei dem königl. preussischen Postamt Coln oder Westermann & Comp. in New-York; für Italien bei den k. k. Postämtern zu
innsbruck, Verona, Venedig, Triest und Mailand; im Kirchenstaat und den Herzogthtimern Lucca, Modena, Parma und Toscana bei Buchhändler H. F. Münster in Verona, für Neapel und
Sicilien bei Buchhändler Albert Detken in Neapel: für Griechentand, Türket und die Levante etc. beim k. k. Postamt in Triest.
[Spaltenumbruch]
Uebersicht.
Aus Palermo.
Deutschland. München (die Büchersammlung Friedr. v. Thierschs);
Lindau (Großherzog Ferdinand von Toscana. Prinzessin Luitpold. Hagel-
wetter); Stuttgart (Familienvertrag); Ulm (großdeutsche Erklärung);
Heidelberg (die Anwesenheit des großherz. Paares); Diez (patriotischer
Toast); Lübeck (vom Sängerfest); Hamburg (Unglück durch Stürme. Ein
brennendes Schiff. Versuchter Mord. Stadttheater. Wetter); Bonn (die
Hochschule. Die Koblenzer Straße); Berlin (das Manteuffel'sche Manifest.
Zur Auswanderung nach Brasilien. Das Oberhoheitsrecht Frankreichs. Ber-
liner Pastoralconferenz. Militärische?. Dr. Haym. Bundesangelegenheiten);
Wien (die orientalische Frage. Nachrichten aus Sicilien. Die Thätigkeit der
kaiserlichen Akademie. Der Raubmordproceß); Triest (Generalversammlung
der Lloyd-Actionäre. Keine Truppen nach Italien. Der neue Staatssecretär
des Fürsten Danilo. Die Familie des Frhrn. v. Bruck. Der Herzog von
Branaschweig).
Oesterreichische Monarchie. Pesth (Szechenyi-Denkmal).
Schweiz. Genf (die Kaiserin-Wittwe von Rußland. Die savoyische
Brigade).
Großbritaunien. Parlamentsverhaudlungen. (Die Russell'sche
Erklärung über auswärtige Politik. Nepotismus in der Armee.)
Frankreich. Die Drei-Kaiser-Allianz der Köln. Zeitung. Die Bro-
schüre von Horn über Ungarn. Der Schmerzensschrei aus Posen. Einbern-
fung der beurlaubten Matrosen. Graf d'Haussonville angeklagt.
Belgien. Brüssel (eine Communalbank. Errichtung einer Kriegs-
marine).
Italien. Tnrin (Allarm am Po. Ein Beitrag für Sicilien aus Eng-
land. Fanti. Die Brigade Savoyen. Demonstration der Lazzaroni gegen den
Gesandten Piemonts. Der Dichter Prati. Frankreichs Berhalten zu Sici-
lien. Die Mailänder. Jahrestag von Magenta. Desertionen. Die Bischöfe
von Savoyen; Mailand (die Lügen aus Wien. Sammlungen für Sici-
lien. Garibaldi's Patent. Lohuerpressungen der Schmied - und Schlosser-
gesellen. Abzug der Franzosen).
Neueste Posten. München (Gesetzgebungsausschuß. Reclama-
tion des Abg. Boye. Reichsrathsernennung. Nachträgliches über das
Hagelwetter).


Handelsberichte.

In London hat sich eine neue Actiengesellschaft gebildet, um einige Bleiberg-
werke in Thessalien und Epirus auszubeuten. Sie nennt sich "Thessalian Mining
Company," und will ein Capital von 100,000 Pf. St. in Actien a 2 Pf. St.
aufnehmen. Besagte Minen sind um 30,000 Pf. St. zu kaufen.


Die Einfuhr von Schafwolle nach England hat sich in den letzten 17 Jahren
nicht minder aussallend wie die Baumwolleinsuhr gehoben. Sie hatte im vorigen
Jahr ihre äußerste Höhe erreicht, nämlich 133,284,684 Pfd., gegen 126,738,723
in 1858 und 129,769,898 Pfd. in 1857. Im Jahr 1843 betrug sie nur
49,243,093 Pfd., so daß die Zunahme seit 17 Jahren an 170 Proc. ausmacht.
Im ganzen betrachtet ist England jetzt, trotz seines gestiegenen Berbrauchs, in Betreff
der Wolle weniger als früher vom Ausland abhängig. Es verdankt dieß einzig
der so wunderbar gestiegenen Wollzucht seiner Colomen. So hat sich die Einfuhr
aus Südafrika binnen 17 Jahren von 1,728,453 Pfd. auf 14,269,343 Pfd., die
aus Indien von 1,916,129 Pfd. auf 14,363,403 Pfd., und die aus den austra-
lischen Colonien von 17,433,780 Pfd. auf 53,700,542 Pfd. gehoben. Bon Spa-
nien und Deutschland bezieht England gegenwärtig weniger Wolle als im Jahr
1843 der Fall gewesen.



Aus Palermo.

Hier haben Sie die Uebersetzung des Auf-
rufs vom 11 Mai:

"Sicilianer! Garibaldi ist unter uns, und sein Name lautet Sieg. Unsere Au-
strengungen sind belohnt worden, erfüllt unser Flehen und unsere Hossnungen.
Nicht werde der Tag des Triumphs mit Blut befleckt, und wenn wir unerschrocken
in der Gefahr gewesen, seyen wir nun großmüthig und erhaben. Die Insulten
und die Ungerechtigkeiten seyen verziehen. Denkt daran daß wir alle i alienische
Brüder und versammelt sind unter dem dreifarbigen Banner, welches die lombar-
dischen Felder siegreich durchlief. Beleidigte und Beleidiger ziehen wir einen Schleier
über die Vergangenheit, und einer sey der Ruf: Es lebe Italien, es lebe Bictor
Emmannel! Das Comitat. -- Feruer dasjenige vom 12: Das Comitat von
Palermo an die Truppen und aus Volk. Brüder! Keine friedlichen Demonstrationen
mehr, sie würden vergebens seyn; nun da Garibaldi unter uns ist mit 1100 Ta-
[Spaltenumbruch] pfern, nun, da der Sieg sicher ist.... keine Demonstrationen mehr, das Comitato
bittet euch darum. Dagegen bereite sich jeder zum letzten Kampf vor, denn das
Vaterland wird euch zum heißesten Streit rufen. Soldaten! Ihr seyd verrathen
worden von euren Commandanten. Sie werden sich einschiffen, euch der Wuth
des Volkes überlassend. Bis heute haben sie euch zum Bruderkampf angestachelt,
um ein mit den Thränen des Volkes benetztes, mit der Schande gewürztes
Brod zu erhalten. Die geehrte Uniform des Soldaten ist für sie verwandelt in
die schofle Jacke (lurida casacca) des erbärmlichsten unter den Sbirren, des infa-
men Gendarmen Maniscalco. Wir bieten euch von neuem die Hand. Halte euch
nicht zurück das Schreckbild des Eides den ihr dem Vaterland geschworen, und nicht
der Person des Fürsten. Legt die Waffen nieder, fraternisirt mit dem Volk. Die
Heere der größten Nationen haben euch dazu das Beispiel gegeben. Dieselben Worte
der Verzeihung gelten den Cagnotti der Polizei. Wir sind alle Brüder ... umar-
men wir uns unter einer Fahne, unter dem Banner Italiens. Wehe, wenn un-
sere Worte verloren gehen, wehe denen die ein Attentat auf das Bolk begehen! ...
Dann keinen Pardon, kein Quartier. Dem Vaterlandsgefühl folgt das Verlaugen
nach wilder Rache (feroce vendetta!) Viva l'Italia! Viva Victor Emmanuel!"

Am 12 brachte der "Eolo" folgende Nachrichten hieher, die sich wie ein
Lauffeuer verbreiteten: Am Abend vorher landeten in einer Bucht bei Mar-
sala, die bis ans Ufer 6 Fuß Wasser hat, also kleinen Schiffen das Einlaufen
ermöglicht, während größere nicht dahin folgen können, die beiden kleinen
sardinischen Dampfer "Piemonte" und "Lombardo." Während diese mit dem
Ausschiffen der an Bord befindlichen Freischärler in blauen Blousen und rothen
Hosen beschäftigt waren, traf die neapolitanische Dampffregatte "Stromboli"
mit dem "Eolo" ein, und erstere wollte die Ausschiffenden angreifen. Aber
ein anwesendes englisches Kriegsschiff, "Argus," legte sich zwischen die Aus-
schiffenden und den Neapolitaner, und verbot diesem zu feuern. Der "Strom-
boli" sandte den "Eolo" zum Intendanten von Trapani, mit der Anfrage
was er zu thun habe. Die Antwort lautete: er habe zu feuern. Mittler-
weile waren die Freischaaren am Strande; die Kugeln des "Stromboli"
konnten ihnen keinen Schaden mehr thun, und sie empfiengen sie hohnlachend
und Grimassen machend. Nun versicherte sich der "Eolo" (ein kleiner Dampfer,
der sonst zu Küstenfahrten verwendet wird) der beiden leeren Schiffe. Das
eine, "Piemonte," saß auf dem Sand; man hatte die Injectionsröhre abge-
schnitten, und es war bereits halb mit Wasser angefüllt. Man fand an Bord
nichts mehr als einigen Reis, Zwieback, und ein zerbrochenes sardinisches Ge-
wehr. Der "Lombardo" war noch flott; man hatte nicht Zeit gehabt die
Injectionsröhre abzuschneiden. Der "Stromboli" bemächtigte sich seiner,
und führte ihn mit nach Neapel. Es heißt: die Freischaaren seyen wirklich
von Garibaldi angesührt; sie hätten Munition, Waffen, vier gezogene und
vier Kanonen nach altem System mitgebracht. Ihre Zahl veranschlagt man
auf 1000 Mann. Das englische Schiff war nach Marsala gerufen durch
Ingham, den Marsalaer Weinfabricanten, welcher zum Schutz seines Eigen-
thums über hundert Mann in Waffen hatte. Diese wurden durch die Regie-
rung entwaffnet, und Ingham wandte sich nach Malta um Schutz. Die am
12 oder 13 gemeldeten weiteren Ausschiffungen in Mazzara, Sciacca und
noch an einem andern Ort der Südküste Siciliens sind wenigstens als ver-
früht zu bezeichnen. Die Vereinigung der Insurgenten mit den Emigranten
wird als geschehen dargestellt. Garibaldi soll in Trapani angekommen, eine
Truppenabtheilung zu ihm übergegangen seyn. Sofort ist am 13 ein Bataillon
des zehnten Regiments zur Verstärkung der Truppen in Marsala etc. abge-
gangen. Am 14 Morgens trafen in unserm Hafen vier Dampfer mit
Militär ein, welche frisch von Neapel kamen; man schätzt sie auf 2500 Mann
mit zwei Batterien Artillerie. Schon seit einigen Tagen verbreitete sich das
Gerücht: in dem sechsten und zehnten Regiment seyen Meutereien vorge-
fallen, Officiere seyen zu den Aufständischen übergegangen u. s. w. Was
daran wahr, oder nicht, ist unmöglich zu bestimmen. Ueber den Plan der
Patrioten verlautet daß sie ihr Hauptquartier in Alcamo aufschlagen, und von
da aus unterhandeln wollen. In der Stadt ist alles heiter, siegesgewiß;
nur die allerernstesten stehen noch in banger Erwartung. Aber einstimmig
heißt es jetzt: die Bourbouen haben sich unmöglich gemacht; es muß ein eini-
ges Italien werden. Früher handelte es sich bloß um Befreiung Siciliens,
aber mit dem Erfolg mehren sich die Ansprüche. Der Sohn des Königs
von Sardinien, den man früher als Candidaten für die Krone der Insel be-
zeichnet, tritt in den Hintergrund.


Allgemeine Zeitung.


Mittwoch Nr. 158. 6 Junius 1860.


AUGSBURG. Das Abonnement,
welches je vierteljährlich und balb-
jährlich angenommen wird, beträgt in
Bayern vierteljährlich 4 fl. 45 kr.
Fereimsmünze.
Inserate werden von der Expedition
ausgenommen und der Raum einer
dreispaltigen Colonelzeile berechnet:
im Hauptblatt mit 12 kr., in der
Beilage mit 9 kr.


Correſpondenzen ſind an die Redaction, Inſerate dagegen an die Expedition der Allgemeinen Zeitung zu adreſſtren.
Man abonnirt bei allen Postämtern Deutschlands Oesterreichs und der Schweiz; für Frankreich, Sardinten. Spanten und Portugal bei G. A. Alexandre in Strasburg, Paris bei demselben,
2 Cour du Commorce St. André des Arts, und ber der deutschen Buchhandlung von F. Klincksieck, Nr. 11 rue de Lille, oder bei dem Postamt in Karisruhe; für England bei Williams & Norgate,
14 Henriette-Street, Covent-Garden in London, für Nordamerlka bei dem königl. preussischen Postamt Coln oder Westermann & Comp. in New-York; für Italien bei den k. k. Postämtern zu
innsbruck, Verona, Venedig, Triest und Mailand; im Kirchenstaat und den Herzogthtimern Lucca, Modena, Parma und Toscana bei Buchhändler H. F. Münster in Verona, für Neapel und
Sicilien bei Buchhändler Albert Detken in Neapel: für Griechentand, Türket und die Levante etc. beim k. k. Postamt in Triest.
[Spaltenumbruch]
Ueberſicht.
Aus Palermo.
Deutſchland. München (die Bücherſammlung Friedr. v. Thierſchs);
Lindau (Großherzog Ferdinand von Toscana. Prinzeſſin Luitpold. Hagel-
wetter); Stuttgart (Familienvertrag); Ulm (großdeutſche Erklärung);
Heidelberg (die Anweſenheit des großherz. Paares); Diez (patriotiſcher
Toaſt); Lübeck (vom Sängerfeſt); Hamburg (Unglück durch Stürme. Ein
brennendes Schiff. Verſuchter Mord. Stadttheater. Wetter); Bonn (die
Hochſchule. Die Koblenzer Straße); Berlin (das Manteuffel’ſche Manifeſt.
Zur Auswanderung nach Braſilien. Das Oberhoheitsrecht Frankreichs. Ber-
liner Paſtoralconferenz. Militäriſche?. Dr. Haym. Bundesangelegenheiten);
Wien (die orientaliſche Frage. Nachrichten aus Sicilien. Die Thätigkeit der
kaiſerlichen Akademie. Der Raubmordproceß); Trieſt (Generalverſammlung
der Lloyd-Actionäre. Keine Truppen nach Italien. Der neue Staatsſecretär
des Fürſten Danilo. Die Familie des Frhrn. v. Bruck. Der Herzog von
Branaſchweig).
Oeſterreichiſche Monarchie. Peſth (Szechenyi-Denkmal).
Schweiz. Genf (die Kaiſerin-Wittwe von Rußland. Die ſavoyiſche
Brigade).
Großbritaunien. Parlamentsverhaudlungen. (Die Ruſſell’ſche
Erklärung über auswärtige Politik. Nepotismus in der Armee.)
Frankreich. Die Drei-Kaiſer-Allianz der Köln. Zeitung. Die Bro-
ſchüre von Horn über Ungarn. Der Schmerzensſchrei aus Poſen. Einbern-
fung der beurlaubten Matroſen. Graf d’Hauſſonville angeklagt.
Belgien. Brüſſel (eine Communalbank. Errichtung einer Kriegs-
marine).
Italien. Tnrin (Allarm am Po. Ein Beitrag für Sicilien aus Eng-
land. Fanti. Die Brigade Savoyen. Demonſtration der Lazzaroni gegen den
Geſandten Piemonts. Der Dichter Prati. Frankreichs Berhalten zu Sici-
lien. Die Mailänder. Jahrestag von Magenta. Deſertionen. Die Biſchöfe
von Savoyen; Mailand (die Lügen aus Wien. Sammlungen für Sici-
lien. Garibaldi’s Patent. Lohuerpreſſungen der Schmied - und Schloſſer-
geſellen. Abzug der Franzoſen).
Neueſte Poſten. München (Geſetzgebungsausſchuß. Reclama-
tion des Abg. Boyé. Reichsrathsernennung. Nachträgliches über das
Hagelwetter).


Handelsberichte.

In London hat ſich eine neue Actiengeſellſchaft gebildet, um einige Bleiberg-
werke in Theſſalien und Epirus auszubeuten. Sie nennt ſich „Theſſalian Mining
Company,“ und will ein Capital von 100,000 Pf. St. in Actien à 2 Pf. St.
aufnehmen. Beſagte Minen ſind um 30,000 Pf. St. zu kaufen.


Die Einfuhr von Schafwolle nach England hat ſich in den letzten 17 Jahren
nicht minder auſſallend wie die Baumwolleinſuhr gehoben. Sie hatte im vorigen
Jahr ihre äußerſte Höhe erreicht, nämlich 133,284,684 Pfd., gegen 126,738,723
in 1858 und 129,769,898 Pfd. in 1857. Im Jahr 1843 betrug ſie nur
49,243,093 Pfd., ſo daß die Zunahme ſeit 17 Jahren an 170 Proc. ausmacht.
Im ganzen betrachtet iſt England jetzt, trotz ſeines geſtiegenen Berbrauchs, in Betreff
der Wolle weniger als früher vom Ausland abhängig. Es verdankt dieß einzig
der ſo wunderbar geſtiegenen Wollzucht ſeiner Colomen. So hat ſich die Einfuhr
aus Südafrika binnen 17 Jahren von 1,728,453 Pfd. auf 14,269,343 Pfd., die
aus Indien von 1,916,129 Pfd. auf 14,363,403 Pfd., und die aus den auſtra-
liſchen Colonien von 17,433,780 Pfd. auf 53,700,542 Pfd. gehoben. Bon Spa-
nien und Deutſchland bezieht England gegenwärtig weniger Wolle als im Jahr
1843 der Fall geweſen.



Aus Palermo.

Hier haben Sie die Ueberſetzung des Auf-
rufs vom 11 Mai:

„Sicilianer! Garibaldi iſt unter uns, und ſein Name lautet Sieg. Unſere Au-
ſtrengungen ſind belohnt worden, erfüllt unſer Flehen und unſere Hoſſnungen.
Nicht werde der Tag des Triumphs mit Blut befleckt, und wenn wir unerſchrocken
in der Gefahr geweſen, ſeyen wir nun großmüthig und erhaben. Die Inſulten
und die Ungerechtigkeiten ſeyen verziehen. Denkt daran daß wir alle i alieniſche
Brüder und verſammelt ſind unter dem dreifarbigen Banner, welches die lombar-
diſchen Felder ſiegreich durchlief. Beleidigte und Beleidiger ziehen wir einen Schleier
über die Vergangenheit, und einer ſey der Ruf: Es lebe Italien, es lebe Bictor
Emmannel! Das Comitat. — Feruer dasjenige vom 12: Das Comitat von
Palermo an die Truppen und aus Volk. Brüder! Keine friedlichen Demonſtrationen
mehr, ſie würden vergebens ſeyn; nun da Garibaldi unter uns iſt mit 1100 Ta-
[Spaltenumbruch] pfern, nun, da der Sieg ſicher iſt.... keine Demonſtrationen mehr, das Comitato
bittet euch darum. Dagegen bereite ſich jeder zum letzten Kampf vor, denn das
Vaterland wird euch zum heißeſten Streit rufen. Soldaten! Ihr ſeyd verrathen
worden von euren Commandanten. Sie werden ſich einſchiffen, euch der Wuth
des Volkes überlaſſend. Bis heute haben ſie euch zum Bruderkampf angeſtachelt,
um ein mit den Thränen des Volkes benetztes, mit der Schande gewürztes
Brod zu erhalten. Die geehrte Uniform des Soldaten iſt für ſie verwandelt in
die ſchofle Jacke (lurida casacca) des erbärmlichſten unter den Sbirren, des infa-
men Gendarmen Maniſcalco. Wir bieten euch von neuem die Hand. Halte euch
nicht zurück das Schreckbild des Eides den ihr dem Vaterland geſchworen, und nicht
der Perſon des Fürſten. Legt die Waffen nieder, fraterniſirt mit dem Volk. Die
Heere der größten Nationen haben euch dazu das Beiſpiel gegeben. Dieſelben Worte
der Verzeihung gelten den Cagnotti der Polizei. Wir ſind alle Brüder ... umar-
men wir uns unter einer Fahne, unter dem Banner Italiens. Wehe, wenn un-
ſere Worte verloren gehen, wehe denen die ein Attentat auf das Bolk begehen! ...
Dann keinen Pardon, kein Quartier. Dem Vaterlandsgefühl folgt das Verlaugen
nach wilder Rache (feroce vendetta!) Viva l’Italia! Viva Victor Emmanuel!“

Am 12 brachte der „Eolo“ folgende Nachrichten hieher, die ſich wie ein
Lauffeuer verbreiteten: Am Abend vorher landeten in einer Bucht bei Mar-
ſála, die bis ans Ufer 6 Fuß Waſſer hat, alſo kleinen Schiffen das Einlaufen
ermöglicht, während größere nicht dahin folgen können, die beiden kleinen
ſardiniſchen Dampfer „Piemonte“ und „Lombardo.“ Während dieſe mit dem
Ausſchiffen der an Bord befindlichen Freiſchärler in blauen Blouſen und rothen
Hoſen beſchäftigt waren, traf die neapolitaniſche Dampffregatte „Stromboli“
mit dem „Eolo“ ein, und erſtere wollte die Ausſchiffenden angreifen. Aber
ein anweſendes engliſches Kriegsſchiff, „Argus,“ legte ſich zwiſchen die Aus-
ſchiffenden und den Neapolitaner, und verbot dieſem zu feuern. Der „Strom-
boli“ ſandte den „Eolo“ zum Intendanten von Trapani, mit der Anfrage
was er zu thun habe. Die Antwort lautete: er habe zu feuern. Mittler-
weile waren die Freiſchaaren am Strande; die Kugeln des „Stromboli“
konnten ihnen keinen Schaden mehr thun, und ſie empfiengen ſie hohnlachend
und Grimaſſen machend. Nun verſicherte ſich der „Eolo“ (ein kleiner Dampfer,
der ſonſt zu Küſtenfahrten verwendet wird) der beiden leeren Schiffe. Das
eine, „Piemonte,“ ſaß auf dem Sand; man hatte die Injectionsröhre abge-
ſchnitten, und es war bereits halb mit Waſſer angefüllt. Man fand an Bord
nichts mehr als einigen Reis, Zwieback, und ein zerbrochenes ſardiniſches Ge-
wehr. Der „Lombardo“ war noch flott; man hatte nicht Zeit gehabt die
Injectionsröhre abzuſchneiden. Der „Stromboli“ bemächtigte ſich ſeiner,
und führte ihn mit nach Neapel. Es heißt: die Freiſchaaren ſeyen wirklich
von Garibaldi angeſührt; ſie hätten Munition, Waffen, vier gezogene und
vier Kanonen nach altem Syſtem mitgebracht. Ihre Zahl veranſchlagt man
auf 1000 Mann. Das engliſche Schiff war nach Marſala gerufen durch
Ingham, den Marſalaer Weinfabricanten, welcher zum Schutz ſeines Eigen-
thums über hundert Mann in Waffen hatte. Dieſe wurden durch die Regie-
rung entwaffnet, und Ingham wandte ſich nach Malta um Schutz. Die am
12 oder 13 gemeldeten weiteren Ausſchiffungen in Mazzara, Sciacca und
noch an einem andern Ort der Südküſte Siciliens ſind wenigſtens als ver-
früht zu bezeichnen. Die Vereinigung der Inſurgenten mit den Emigranten
wird als geſchehen dargeſtellt. Garibaldi ſoll in Trapani angekommen, eine
Truppenabtheilung zu ihm übergegangen ſeyn. Sofort iſt am 13 ein Bataillon
des zehnten Regiments zur Verſtärkung der Truppen in Marſala ꝛc. abge-
gangen. Am 14 Morgens trafen in unſerm Hafen vier Dampfer mit
Militär ein, welche friſch von Neapel kamen; man ſchätzt ſie auf 2500 Mann
mit zwei Batterien Artillerie. Schon ſeit einigen Tagen verbreitete ſich das
Gerücht: in dem ſechsten und zehnten Regiment ſeyen Meutereien vorge-
fallen, Officiere ſeyen zu den Aufſtändiſchen übergegangen u. ſ. w. Was
daran wahr, oder nicht, iſt unmöglich zu beſtimmen. Ueber den Plan der
Patrioten verlautet daß ſie ihr Hauptquartier in Alcamo aufſchlagen, und von
da aus unterhandeln wollen. In der Stadt iſt alles heiter, ſiegesgewiß;
nur die allerernſteſten ſtehen noch in banger Erwartung. Aber einſtimmig
heißt es jetzt: die Bourbouen haben ſich unmöglich gemacht; es muß ein eini-
ges Italien werden. Früher handelte es ſich bloß um Befreiung Siciliens,
aber mit dem Erfolg mehren ſich die Anſprüche. Der Sohn des Königs
von Sardinien, den man früher als Candidaten für die Krone der Inſel be-
zeichnet, tritt in den Hintergrund.

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[0001] Allgemeine Zeitung. Mittwoch Nr. 158. 6 Junius 1860. AUGSBURG. Das Abonnement, welches je vierteljährlich und balb- jährlich angenommen wird, beträgt in Bayern vierteljährlich 4 fl. 45 kr. Fereimsmünze. Inserate werden von der Expedition ausgenommen und der Raum einer dreispaltigen Colonelzeile berechnet: im Hauptblatt mit 12 kr., in der Beilage mit 9 kr. Correſpondenzen ſind an die Redaction, Inſerate dagegen an die Expedition der Allgemeinen Zeitung zu adreſſtren. Man abonnirt bei allen Postämtern Deutschlands Oesterreichs und der Schweiz; für Frankreich, Sardinten. Spanten und Portugal bei G. A. Alexandre in Strasburg, Paris bei demselben, 2 Cour du Commorce St. André des Arts, und ber der deutschen Buchhandlung von F. Klincksieck, Nr. 11 rue de Lille, oder bei dem Postamt in Karisruhe; für England bei Williams & Norgate, 14 Henriette-Street, Covent-Garden in London, für Nordamerlka bei dem königl. preussischen Postamt Coln oder Westermann & Comp. in New-York; für Italien bei den k. k. Postämtern zu innsbruck, Verona, Venedig, Triest und Mailand; im Kirchenstaat und den Herzogthtimern Lucca, Modena, Parma und Toscana bei Buchhändler H. F. Münster in Verona, für Neapel und Sicilien bei Buchhändler Albert Detken in Neapel: für Griechentand, Türket und die Levante etc. beim k. k. Postamt in Triest. Ueberſicht. Aus Palermo. Deutſchland. München (die Bücherſammlung Friedr. v. Thierſchs); Lindau (Großherzog Ferdinand von Toscana. Prinzeſſin Luitpold. Hagel- wetter); Stuttgart (Familienvertrag); Ulm (großdeutſche Erklärung); Heidelberg (die Anweſenheit des großherz. Paares); Diez (patriotiſcher Toaſt); Lübeck (vom Sängerfeſt); Hamburg (Unglück durch Stürme. Ein brennendes Schiff. Verſuchter Mord. Stadttheater. Wetter); Bonn (die Hochſchule. Die Koblenzer Straße); Berlin (das Manteuffel’ſche Manifeſt. Zur Auswanderung nach Braſilien. Das Oberhoheitsrecht Frankreichs. Ber- liner Paſtoralconferenz. Militäriſche?. Dr. Haym. Bundesangelegenheiten); Wien (die orientaliſche Frage. Nachrichten aus Sicilien. Die Thätigkeit der kaiſerlichen Akademie. Der Raubmordproceß); Trieſt (Generalverſammlung der Lloyd-Actionäre. Keine Truppen nach Italien. Der neue Staatsſecretär des Fürſten Danilo. Die Familie des Frhrn. v. Bruck. Der Herzog von Branaſchweig). Oeſterreichiſche Monarchie. Peſth (Szechenyi-Denkmal). Schweiz. Genf (die Kaiſerin-Wittwe von Rußland. Die ſavoyiſche Brigade). Großbritaunien. Parlamentsverhaudlungen. (Die Ruſſell’ſche Erklärung über auswärtige Politik. Nepotismus in der Armee.) Frankreich. Die Drei-Kaiſer-Allianz der Köln. Zeitung. Die Bro- ſchüre von Horn über Ungarn. Der Schmerzensſchrei aus Poſen. Einbern- fung der beurlaubten Matroſen. Graf d’Hauſſonville angeklagt. 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Die Einfuhr von Schafwolle nach England hat ſich in den letzten 17 Jahren nicht minder auſſallend wie die Baumwolleinſuhr gehoben. Sie hatte im vorigen Jahr ihre äußerſte Höhe erreicht, nämlich 133,284,684 Pfd., gegen 126,738,723 in 1858 und 129,769,898 Pfd. in 1857. Im Jahr 1843 betrug ſie nur 49,243,093 Pfd., ſo daß die Zunahme ſeit 17 Jahren an 170 Proc. ausmacht. Im ganzen betrachtet iſt England jetzt, trotz ſeines geſtiegenen Berbrauchs, in Betreff der Wolle weniger als früher vom Ausland abhängig. Es verdankt dieß einzig der ſo wunderbar geſtiegenen Wollzucht ſeiner Colomen. So hat ſich die Einfuhr aus Südafrika binnen 17 Jahren von 1,728,453 Pfd. auf 14,269,343 Pfd., die aus Indien von 1,916,129 Pfd. auf 14,363,403 Pfd., und die aus den auſtra- liſchen Colonien von 17,433,780 Pfd. auf 53,700,542 Pfd. gehoben. Bon Spa- nien und Deutſchland bezieht England gegenwärtig weniger Wolle als im Jahr 1843 der Fall geweſen. Aus Palermo. * Palermo, 14 Mai. Hier haben Sie die Ueberſetzung des Auf- rufs vom 11 Mai: „Sicilianer! Garibaldi iſt unter uns, und ſein Name lautet Sieg. Unſere Au- ſtrengungen ſind belohnt worden, erfüllt unſer Flehen und unſere Hoſſnungen. Nicht werde der Tag des Triumphs mit Blut befleckt, und wenn wir unerſchrocken in der Gefahr geweſen, ſeyen wir nun großmüthig und erhaben. Die Inſulten und die Ungerechtigkeiten ſeyen verziehen. Denkt daran daß wir alle i alieniſche Brüder und verſammelt ſind unter dem dreifarbigen Banner, welches die lombar- diſchen Felder ſiegreich durchlief. Beleidigte und Beleidiger ziehen wir einen Schleier über die Vergangenheit, und einer ſey der Ruf: Es lebe Italien, es lebe Bictor Emmannel! Das Comitat. — Feruer dasjenige vom 12: Das Comitat von Palermo an die Truppen und aus Volk. Brüder! Keine friedlichen Demonſtrationen mehr, ſie würden vergebens ſeyn; nun da Garibaldi unter uns iſt mit 1100 Ta- pfern, nun, da der Sieg ſicher iſt.... keine Demonſtrationen mehr, das Comitato bittet euch darum. Dagegen bereite ſich jeder zum letzten Kampf vor, denn das Vaterland wird euch zum heißeſten Streit rufen. Soldaten! Ihr ſeyd verrathen worden von euren Commandanten. Sie werden ſich einſchiffen, euch der Wuth des Volkes überlaſſend. Bis heute haben ſie euch zum Bruderkampf angeſtachelt, um ein mit den Thränen des Volkes benetztes, mit der Schande gewürztes Brod zu erhalten. Die geehrte Uniform des Soldaten iſt für ſie verwandelt in die ſchofle Jacke (lurida casacca) des erbärmlichſten unter den Sbirren, des infa- men Gendarmen Maniſcalco. Wir bieten euch von neuem die Hand. Halte euch nicht zurück das Schreckbild des Eides den ihr dem Vaterland geſchworen, und nicht der Perſon des Fürſten. Legt die Waffen nieder, fraterniſirt mit dem Volk. Die Heere der größten Nationen haben euch dazu das Beiſpiel gegeben. Dieſelben Worte der Verzeihung gelten den Cagnotti der Polizei. Wir ſind alle Brüder ... umar- men wir uns unter einer Fahne, unter dem Banner Italiens. Wehe, wenn un- ſere Worte verloren gehen, wehe denen die ein Attentat auf das Bolk begehen! ... Dann keinen Pardon, kein Quartier. Dem Vaterlandsgefühl folgt das Verlaugen nach wilder Rache (feroce vendetta!) Viva l’Italia! Viva Victor Emmanuel!“ Am 12 brachte der „Eolo“ folgende Nachrichten hieher, die ſich wie ein Lauffeuer verbreiteten: Am Abend vorher landeten in einer Bucht bei Mar- ſála, die bis ans Ufer 6 Fuß Waſſer hat, alſo kleinen Schiffen das Einlaufen ermöglicht, während größere nicht dahin folgen können, die beiden kleinen ſardiniſchen Dampfer „Piemonte“ und „Lombardo.“ Während dieſe mit dem Ausſchiffen der an Bord befindlichen Freiſchärler in blauen Blouſen und rothen Hoſen beſchäftigt waren, traf die neapolitaniſche Dampffregatte „Stromboli“ mit dem „Eolo“ ein, und erſtere wollte die Ausſchiffenden angreifen. Aber ein anweſendes engliſches Kriegsſchiff, „Argus,“ legte ſich zwiſchen die Aus- ſchiffenden und den Neapolitaner, und verbot dieſem zu feuern. Der „Strom- boli“ ſandte den „Eolo“ zum Intendanten von Trapani, mit der Anfrage was er zu thun habe. Die Antwort lautete: er habe zu feuern. 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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2021-11-18T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 158, 6. Juni 1860, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine158_1860/1>, abgerufen am 21.11.2024.