Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891.ich's nicht: aber er kommt, er zwingt mich, wehe! Der Tag klingt ab, allen Dingen kommt nun der Also sprach der alte Zauberer, sah listig umher und 3. Bei abgeheilter Luft, wenn schon des Thau's Tröstung zur Erde niederquillt, unsichtbar, auch ungehört -- denn zartes Schuhwerk trägt der Tröster Thau gleich allen Trost-Milden --: gedenkst du da, gedenkst du, heisses Herz, wie einst du durstetest, nach himmlischen Thränen und Thau-Geträufel versengt und müde durstetest, dieweil auf gelben Gras-Pfaden boshaft abendliche Sonnenblicke durch schwarze Bäume um dich liefen, blendende Sonnen-Gluthblicke, schadenfrohe. "Der Wahrheit Freier? Du? -- so höhnten sie --
Nein! Nur ein Dichter! ein Thier, ein listiges, raubendes, schleichendes, das lügen muss, ich's nicht: aber er kommt, er zwingt mich, wehe! Der Tag klingt ab, allen Dingen kommt nun der Also sprach der alte Zauberer, sah listig umher und 3. Bei abgeheilter Luft, wenn schon des Thau's Tröstung zur Erde niederquillt, unsichtbar, auch ungehört — denn zartes Schuhwerk trägt der Tröster Thau gleich allen Trost-Milden —: gedenkst du da, gedenkst du, heisses Herz, wie einst du durstetest, nach himmlischen Thränen und Thau-Geträufel versengt und müde durstetest, dieweil auf gelben Gras-Pfaden boshaft abendliche Sonnenblicke durch schwarze Bäume um dich liefen, blendende Sonnen-Gluthblicke, schadenfrohe. „Der Wahrheit Freier? Du? — so höhnten sie —
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ich's nicht: aber er kommt, er zwingt mich, wehe!
macht eure Sinne auf!
Der Tag klingt ab, allen Dingen kommt nun der
Abend, auch den besten Dingen; hört nun und seht,
ihr höheren Menschen, welcher Teufel, ob Mann, ob
Weib, dieser Geist der Abend-Schwermuth ist!
Also sprach der alte Zauberer, sah listig umher und
griff dann zu seiner Harfe.
3.
Bei abgeheilter Luft,
wenn schon des Thau's Tröstung
zur Erde niederquillt,
unsichtbar, auch ungehört —
denn zartes Schuhwerk trägt
der Tröster Thau gleich allen Trost-Milden —:
gedenkst du da, gedenkst du, heisses Herz,
wie einst du durstetest,
nach himmlischen Thränen und Thau-Geträufel
versengt und müde durstetest,
dieweil auf gelben Gras-Pfaden
boshaft abendliche Sonnenblicke
durch schwarze Bäume um dich liefen,
blendende Sonnen-Gluthblicke, schadenfrohe.
„Der Wahrheit Freier? Du? — so höhnten sie —
Nein! Nur ein Dichter!
ein Thier, ein listiges, raubendes, schleichendes,
das lügen muss,
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